Spruch:
Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt in einem zur AZ 18 Cgs 58/08b beim Landesgericht Wels als Arbeits- und Sozialgericht anhängigen Rechtsstreit von der beklagten Partei die Zahlung von Behandlungskosten. Ihrem Antrag auf Ablehnung des in erster Instanz tätigen Vorsitzenden des Landesgerichts Wels als Arbeits- und Sozialgericht wegen Befangenheit wurde mit Beschluss des zuständigen Senats dieses Gerichtshofs mit der Begründung, die geltend gemachten Ablehnungsgründe seien teils verfristet und teils auch inhaltlich nicht berechtigt, keine Folge gegeben.
Das Rekursgericht gab dem von der Klägerin dagegen erhobenen Rekurs keine Folge, weil die geltend gemachten Ablehnungsgründe teils materiell nicht berechtigt seien und teils auch nicht ausreichend konkret geltend gemacht worden seien. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 24 Abs 2 JN jedenfalls unzulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Befangenheit des in erster Instanz tätigen Vorsitzenden des Landesgerichts Wels als Arbeits- und Sozialgericht festgestellt werde.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, ihr Revisionsrekurs sei entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichts nicht gemäß § 24 Abs 2 JN jedenfalls unzulässig, weil das Rekursgericht aus formellen Gründen eine meritorische Behandlung der geltend gemachten Ablehnungsgründe teilweise abgelehnt habe. Da im vorliegenden Fall auch erhebliche Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO zu beurteilen seien, sei der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig. In der Sache selbst wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihr Vorbringen, dass ausreichende Gründe dafür vorlägen, die Unbefangenheit des in erster Instanz tätigen Senatsvorsitzenden in Zweifel zu ziehen und sie diese Gründe auch rechtzeitig und hinreichend konkret dargelegt habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Klägerin ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Es ist davon auszugehen, dass im ASGG keine abweichende Regelung über das Ablehnungsverfahren getroffen wurde, sodass auch im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren die Rechtsmittelbeschränkung des § 24 Abs 2 JN anzuwenden ist (RIS-Justiz RS0046000). Gemäß § 24 Abs 2 JN findet gegen die Stattgebung der Ablehnung kein Rechtsmittel, gegen die Zurückweisung der Ablehnung der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht statt. In Ablehnungssachen ist daher ein Rechtsmittelzug gegen Entscheidungen der zweiten Instanz grundsätzlich ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0098751). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat der Oberste Gerichtshof jedoch für einen solchen Beschluss anerkannt, in dem das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung (über den Ablehnungsantrag) gerichteten Rekurses aus verfahrensrechtlichen Gründen ablehnte (10 Ob 48/07t mwN uva; RIS-Justiz RS0044509; RS0046065). Diese Einschränkung des grundsätzlichen Ausschlusses eines Revisionsrekurses wurde damit begründet, dass sich in diesen Fällen nicht zwei Instanzen mit derselben Frage befasst haben (1 Ob 240/07m ua).
Im vorliegenden Fall hat, wie bereits ausgeführt, der für Ablehnungen zuständige Senat des Landesgerichts Wels die von der Klägerin geltend gemachten Ablehnungsgründe teils inhaltlich geprüft und für nicht berechtigt erachtet, teils aber bereits wegen angenommener Verfristung ihrer Geltendmachung ohne inhaltliche Prüfung für nicht berechtigt beurteilt. Das Rekursgericht hat einen Teil dieser bereits in erster Instanz inhaltlich nicht geprüften Ablehnungsgründe mit der ebenfalls formellen Begründung, diese Ablehnungsgründe seien von der Klägerin nicht ausreichend konkret geltend gemacht worden, wiederum ohne inhaltliche Prüfung als nicht berechtigt erkannt. Damit liegen somit insoweit auch nicht zwei Entscheidungen vor, in denen sich die beiden Instanzen mit derselben - verfahrensrechtlichen - Frage befasst haben (vgl 1 Ob 240/07m ua).
In dem hier vorliegenden Fall kommt daher der Rechtsmittelausschluss des § 24 Abs 2 JN nicht zum Tragen. Es steht vielmehr der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof offen, sofern die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO (Vorliegen einer im Sinne dieser Gesetzesstelle erheblichen Rechtsfrage) gegeben sind (RIS-Justiz RS0044509 [T6 und T7]). Ausgehend von einer anderen Rechtsansicht hat das Rekursgericht einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nach dieser Gesetzesstelle unterlassen. Ein Ergänzungsauftrag an das Rekursgericht ist aber nicht notwendig, weil der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses in der vorliegenden Sozialrechtssache ohnehin an den Ausspruch des Rekursgerichts nicht gebunden wäre. Eine erhebliche Rechtsfrage muss im vorliegenden Fall aber nicht beantwortet werden.
Die Frage, ob Befangenheit vorliegt, ist bezogen auf den jeweiligen Einzelfall zu beurteilen (RIS-Justiz RS0045933). Verfahrensmängel können den Anschein der Befangenheit begründen, wenn es sich dabei um schwerwiegende Verstöße gegen Verfahrensgrundsätze handelt, die an der Objektivität des Richters mit Grund zweifeln lassen (4 Ob 117/98d). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die telefonische Kontaktaufnahme des Vorsitzenden mit einem Zeugen und dessen telefonische Befragung (anstatt der Vernehmung in der Verhandlung) habe zwar einen Verfahrensverstoß bewirken können, aber keinen so schweren, dass daraus begründet auf eine mangelnde Objektivität geschlossen werden könnte, zumal der Vorsitzende darüber einen Aktenvermerk angelegt habe, woraus das eindeutige Motiv erkennbar geworden sei, die objektive Sachlage auf kurzem Weg abzuklären und nicht in unsachlicher Weise eine Partei zu bevorzugen, ist ebenso vertretbar wie die weitere Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass auch die beruflichen Kontakte des Vorsitzenden zur Beklagtenvertreterin im Rahmen eines von ihm herausgegebenen juristischen Handbuchs für sich allein noch keine Befangenheit begründen (vgl 3 Ob 155/98k mwN). Schließlich betrifft auch die Frage, ob Befangenheitsgründe im Ablehnungsantrag ausreichend konkret angegeben wurden bzw rechtzeitig geltend gemacht wurden, vorwiegend Umstände des Einzelfalls. Die vom Erstgericht in diesem Zusammenhang vertretene Rechtsansicht, alle dem Klagevertreter in der Tagsatzung am 1. 2. 2010 bekannt gewordenen Befangenheitsgründe hätten von ihm noch in dieser Tagsatzung ausdrücklich als Ablehnungsgründe geltend gemacht werden müssen (vgl Ballon in Fasching 2 § 21 JN Rz 1 mwN), ist ebensowenig zu beanstanden wie die weitere Rechtsansicht des Rekursgerichts, es sei auch dem Protokollberichtigungsantrag der Klägerin nicht zu entnehmen, dass sie bzw ihr Vertreter bereits in der Tagsatzung am 1. 2. 2010 über die beiden im Verhandlungsprotokoll ohnehin angeführten Ablehnungsgründe hinaus weitere konkrete Ablehnungsgründe in Bezug auf die Person des Vorsitzenden des in erster Instanz tätigen arbeits- und sozialrechtlichen Senats geltend gemacht hätte. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO wird im Rechtsmittel der Klägerin jedenfalls nicht aufgezeigt.
Der Revisionsrekurs der Klägerin war daher zurückzuweisen.
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