European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:010OBS00078.18W.0913.000
Spruch:
Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Der 1974 geborene Kläger hat sein Hochschulstudium an der Universität für Musik und Darstellende Kunst am 28. 11. 2003 abgeschlossen. In den Jahren 2004 und 2005 erwarb er insgesamt 15 Beitragsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit als Angestellter, einen Beitragsmonat als Angestellter bei freiem Dienstvertrag (§ 4 Abs 4 ASVG) sowie einen Beitragsmonat als Selbständiger (§ 2 Abs 1 Z 4 GSVG). Am 14. 10. 2005 erlitt er einen Arbeitsunfall, infolge dessen er seinen erlernten Beruf als Konzertposaunist nicht mehr ausüben kann. Im Rahmen der beruflichen Rehabilitation durch die beklagte Partei studierte er von Oktober 2006 bis 30. 6. 2011 Rechtswissenschaften (ohne Abschluss). Er bezog vom 15. 4. 2006 bis 29. 6. 2006 und vom 5. 10. 2006 bis 30. 6. 2011 Übergangsgeld. Vom 1. 7. 2011 bis 31. 12. 2012 wurde ihm befristet die Berufsunfähigkeitspension zuerkannt; mit Bescheid vom 4. 4. 2013 wurde diese bis 31. 12. 2014 weiter gewährt.
Mit Bescheid vom 26. 3. 2015 wies die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Berufsunfähigkeitspension über den 31. 12. 2014 hinaus ab und sprach aus, dass kein Anspruch auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation bestehe.
Das Erstgericht wies das dagegen gerichtete Klagebegehren ab. Dem Kläger komme kein Berufsschutz zu, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er als Museumsaufseher oder im einfachen Wachdienst einsetzbar.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und ließ die Revision nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Gemäß § 255 Abs 2 ASVG muss dann, wenn zwischen dem Ende der Ausbildung und dem Stichtag weniger als 15 Jahre liegen, zumindest in der Hälfte der Kalendermonate, jedenfalls aber für 12 Pflicht-versicherungsmonate eine Erwerbstätigkeit als (an‑)gelernter Arbeiter oder als Angestellter vorliegen.
2. Der Revisionswerber wendet sich nicht mehr dagegen, dass er zur Erfüllung dieser Voraussetzungen nicht ausreichend Versicherungsmonate aufweisen kann (zwischen dem 1. 12. 2003 [dem Monatsersten nach Abschluss des Studiums an der Universität für Musik und Darstellende Kunst] und dem Stichtag 1. 7. 2011 liegen 91 Kalendermonate, sodass 46 Kalendermonate einer berufsschutzerhaltenden Erwerbstätigkeit vorliegen müssten, tatsächlich sind aber weitaus weniger Kalendermonate einer Berufstätigkeit gegeben). Er möchte aber die Anwendung des § 255 Abs 2 letzter Satz ASVG für sich erreichen:
3.1 Nach dieser Bestimmung verlängert sich dann, wenn zwischen dem Ende der Ausbildung und dem Stichtag mehr als 15 Jahre liegen, der Rahmenzeitraum der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag unter anderem um Monate des Bezugs von Übergangsgeld.
3.2 Diese Regelung wurde durch das SVAG 2014 rückwirkend ab 1. 1. 2014 (§ 688 Abs 1 Z 2 ASVG) eingeführt. Wie sich schon aus dem Wortlaut und auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt, ist diese Bestimmung nur dann anwendbar, wenn zwischen dem Ende der Ausbildung und dem Stichtag mehr als 15 Jahre liegen. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, ist die Verlängerung dieses Rahmenzeitraums um Zeiten des Bezugs von Übergangsgeld vorgesehen (ErläutRV 321 BlgNR 25. GP 6). Auch die Rechtsprechung und die Lehre gehen einhellig dahin, dass bei Vorliegen von weniger als 15 Beobachtungsjahren eine Ausdehnung des Beobachtungszeitraums nicht möglich ist (10 ObS 63/14h, SSV‑NF 28/48; 10 ObS 50/12v, SSV‑NF 26/33; RIS‑Justiz RS0129831; Födermayr in SV‑Komm [197. Lfg] § 255 ASVG Rz 114; Sonntag in ASVG9 § 255 Rz 73; siehe auch ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 205). Für diese Personengruppe – zu der auch der Kläger zu zählen ist – gilt die „Hälfteregelung“ bezogen auf den Berufsschutz demnach unbeschränkt.
Mit dieser Rechtslage steht die Entscheidung der Vorinstanzen in Einklang.
Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
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