Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 10. 3. 1948 geborene Klägerin erlernte den Beruf einer Verkäuferin. In den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1. 8. 1997) arbeitete sie 60 Monate als Verkäuferin, 8 Monate als Küchenhilfskraft bzw Serviererin, 24 Monate als Fabriksarbeiterin, 54 Monate als Reinigungskraft, und 2 Monate als AMFG-Umschülerin. Zuletzt war sie bis Mai 1997 als Reinigungskraft bei der oö. Landesregierung beschäftigt. Insgesamt hat sie 148 Beitragsmonate erworben. Nach dem medizinischen Leistungskalkül kann sie leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung im Gehen, Stehen und Sitzen unter Einhaltung der üblichen Arbeitspausen verrichten. Auszuschließen sind Arbeiten mit einer länger als 20 bis 30 Minuten dauernden ununterbrochenen Überkopfhaltung des rechten Armes, Arbeiten in Zwangshaltung der Lendenwirbelsäule und Arbeiten mit häufigem Bücken bis zu Boden, Arbeiten unter vermehrtem Zeitdruck, Akkord-, Nacht- und Schichtarbeiten. In intellektueller Hinsicht ist die Klägerin für einfache Arbeiten geeignet, die keine besonders rasche Anpassung an neue Situationen erfordern. Tätigkeiten, die mit belastender Kommunikation, erhöhter Verantwortung, Eigeninitiative, Durchsetzungs- und Entscheidungsbereitschaft einhergehen, sind nicht mehr durchführbar. Unter Beachtung dieses Leistungskalküls kann die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beispielsweise folgende Arbeiten verrichten:
Reinigungskraft, Handentgraterin, einfache Kontrolltätigkeiten in der Industrie.
Mit Bescheid vom 15. 10. 1997 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung der Invaliditätspension ab 1. 8. 1997 ab.
Das Erstgericht wies das dagegen erhobene Klagebegehren ab. Die Klägerin sei in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag nicht überwiegend in erlernten oder angelernten Berufen tätig gewesen und daher gemäß § 255 Abs 3 ASVG auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Die Voraussetzungen für eine Invaliditätspension lägen nicht vor.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Klägerin sei überdies auf die offenkundigen Verweisungsberufe einer Büroaufräumerin oder einer Verpackungsarbeiterin kleiner Werkstücke verweisbar. Die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens sei nicht erforderlich gewesen. Der neurologisch-psychiatrische Sachverständige habe zum psychopathologischen Gesamtbild der Klägerin Stellung genommen und ausgeführt, daß daraus keine Arbeitsunfähigkeit resultiere.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Klagestattgebung, hilfsweise Aufhebung und Zurückverweisung an einer der beiden Vorinstanzen.
Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zunächst ist darauf einzugehen, daß nach Schluß der Verhandlung erster Instanz, aber vor Einbringung der Berufung der nunmehr als Klagevertreter einschreitende Rechtsanwalt gemäß § 273 ABGB zum Sachwalter der Klägerin bestellt wurde, dessen Aufgabenkreis die Vermögensverwaltung sowie die Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten umfaßt (Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 10. 9. 1998, GZ 4 P 57/98h-11). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin sei aufgrund eines manischen Zustandsbildes mit paranoider Ausgestaltung und einer leichtgradigen Intelligenzminderung nicht in der Lage, die genannten Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen.
Die Bestellung des Sachwalters durch das Pflegschaftsgericht, an welche das Prozeßgericht gebunden ist, hat für die Klägerin den Verlust ihrer Prozeßfähigkeit bewirkt. Künftige d. h. die der Bestellung nachfolgenden Prozeßhandlungen hat der Sachwalter für die Klägerin vorzunehmen. Was den bereits abgeführten Teil des Prozesses betrifft (hier das erstinstanzliche Verfahren und das Berufungsverfahren), so hat das Gericht grundsätzlich nach § 6 Abs 2 ZPO einen Sanierungsversuch vorzunehmen, der im Allgemeinen darin besteht, daß der Sachwalter unter Fristsetzung aufgefordert wird mitzuteilen, ob er die bisherige Prozeßführung genehmige oder nicht. Nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO ist eine angefochtene Entscheidung und, soweit der Nichtigkeitsgrund das vorangegangene Verfahren ergreift, auch dieses als nichtig aufzuheben, wenn eine Partei in dem Verfahren gar nicht oder falls sie eines gesetzlichen Vertreters bedarf, nicht durch einen solchen vertreten war, sofern die Prozeßführung nicht nachträglich ordnungsgemäß genehmigt wurde. Eine solche nachträgliche Genehmigung der Prozeßführung liegt nach § 477 Abs 2 ZPO insbesondere dann vor, wenn der gesetzliche Vertreter, ohne den Mangel der Vertretung geltend zu machen, durch Erstattung der Berufungsschrift oder der Berufungsbeantwortung in das Berufungsverfahren eingetreten ist; in einem solchen Fall tritt die Genehmigung rückwirkend ein (Fasching, ZPR2 Rz 352). Ein solcher Eintritt in das Berufungsverfahren erfolgt etwa, wenn es der Vertreter unterläßt, den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO aufzuzeigen; zeigt er ihn auf, dann bringt er damit eindeutig zum Ausdruck, daß er das Verfahren nicht genehmigen will (Fasching, Komm. IV 134 Anm 31 zu § 477).
Wie sich aufgrund der Aktenlage ergibt, wurde für die Klägerin, die von Anfang an durch einen qualifizierten Vertreter im Sinne des § 40 Abs 1 Z 2 ASGG (Sekretär der Arbeiterkammer) vertreten war, im Verlauf des Rechtsmittelverfahrens ein Rechtsanwalt zum Sachwalter bestellt, der die vorliegende Revision für die Klägerin einbrachte, ohne darin den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 5 iVm § 503 Z 1 ZPO oder auch nur inhaltlich (vgl § 84 Abs 2 zweiter Satz ZPO) den Mangel der Vertretung geltend zu machen. Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache nach § 503 Z 4 ZPO weist er zwar auf das im Sachwalterschaftsverfahren erstellte psychiatrische Gutachten hin, das von dem im vorliegenden Verfahren eingeholten Gutachten eines anderen Sachverständigen für Neurologie und Psychiatrie etwas abweiche und führt auch aus, daß die Klägerin "in ihrer Berufung durch ihren damaligen Vertreter" noch nicht die Ergebnisse der Untersuchung im Sachwalterschaftsverfahren gekannt habe und auch nicht in der Lage gewesen sei, diese im Sozialgerichtsverfahren geltend zu machen, doch stellen diese Ausführungen in Wahrheit nur die Bekämpfung der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen und der daraus getroffenen Feststellungen dar, indem versucht wird, das vom Prozeßgericht über das medizinische Leistungskalkül eingeholte und für die Frage der Invalidität maßgebliche Gutachten unter Hinweis auf das in einem anderen Verfahren zu einem völlig anderen Beweisthema erstattete Gutachten zu erschüttern. Die Frage, ob die Klägerin zur Besorgung gewisser eingeschränkter Angelegenheiten wie Vermögensverwaltung (sie verfügt nach dem Inhalt des Pflegschaftsaktes über ein Vermögen von rund 1 Million S) oder Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten eines Sachwalters bedarf, steht mit der hier interessierenden Frage, welche (geistig einfachen) Arbeiten sie noch verrichten kann, in keinem unmittelbaren Zusammenhang.
Diese Erwägungen zeigen, daß die Genehmigung des bisherigen Verfahrens durch den Sachwalter als erteilt anzusehen ist, daß aber andererseits seiner Revision kein Erfolg beschieden sein kann, weil die Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, sondern ein anderes Leistungskalkül unterstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit sind nicht ersichtlich.
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