Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen. Die Kosten der Rekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Klägerin wurde von der beklagten Wiener Gebietskrankenkasse anlässlich der Geburt ihres Kindes A***** am 4. 1. 2003 unter anderem für den Zeitraum vom 1. 1. 2004 bis 31. 12. 2004 neben dem Kinderbetreuungsgeld auch der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von 2.217,96 EUR zuerkannt.
Mit Bescheid vom 21. 10. 2009 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 1. 1. 2004 bis 31. 12. 2004 und verpflichtete die Klägerin zum Ersatz der unberechtigt empfangenen Leistung in der Höhe von insgesamt 1.961,76 EUR. Sie begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Einkünfte des Ehegatten der Klägerin im Jahr 2004 12.585,30 EUR betragen hätten und der daraus errechnete maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte des Ehegatten der Klägerin für das Jahr 2004 in Höhe von 16.360,89 EUR die Freigrenze des § 12 Abs 2 KBGG um 1.960,89 EUR überschritten habe.
Gegen diese Entscheidung richtete sich die Klage, es werde festgestellt, dass die Klägerin nicht zur Rückzahlung des ihr für das Kalenderjahr 2004 gewährten Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld verpflichtet sei. Sie bestritt die Höhe des von der beklagten Partei errechneten Gesamtbetrags der Einkünfte ihres Ehegatten und brachte vor, sie habe dieses Einkommen bereits bei der Antragstellung korrekt angegeben. Auf dieser Grundlage sei ihr von der beklagten Partei der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld gewährt worden. Auch im Nachhinein sei es zu keinen gravierenden Lohnsteigerungen gekommen, weshalb die nunmehrige Rückforderung für die Klägerin völlig überraschend und unter Missachtung des Vertrauensschutzes erfolgt sei. Die beklagte Partei habe auch zu Unrecht die KBGG‑Härtefälle‑Verordnung nicht angewendet, obwohl die darin genannten Voraussetzungen wegen der geringfügigen Überschreitung der Grenzbeträge um nicht mehr als 15 % erfüllt seien. Schließlich sei die Bescheiderlassung verspätet erfolgt, weil die Rückforderung gemäß § 31 Abs 7 KBGG für Zeiträume nicht zulässig sei, die länger als fünf Jahre, gerechnet ab der Kenntnis des maßgeblichen Sachverhalts, zurückliegen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete insbesondere ein, es seien ihr erst nach der Gewährung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld von der Finanzverwaltungsbehörde die Einkünfte des Ehegatten der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 12.585,30 EUR für das Jahr 2004 bekannt gegeben worden. Daraus errechne sich gemäß § 8 Abs 1 Z 1 KBGG ein maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte für das Jahr 2004 von 16.360,89 EUR, welcher den maßgebenden Grenzbetrag für 2004 von 14.400 EUR um 1.960,89 EUR überschreite. Die Klägerin sei gemäß § 31 iVm § 12 Abs 2 KBGG zum Ersatz der unberechtigt empfangenen Leistung im Ausmaß der Höhe der tatsächlichen Überschreitung des Grenzbetrags verpflichtet. Diese Verpflichtung der Klägerin zur Rückerstattung unrechtmäßiger Bezüge sei von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft.
Das Erstgericht sprach im zweiten Rechtsgang aus, dass „der für die Zeit vom 1. 1. 2004 bis 31. 12. 2004 für das am 4. 1. 2003 geborene Kind der Klägerin ... ausbezahlte Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld widerrufen werde“ und die Klägerin verpflichtet sei, diesen in insgesamt 20 monatlichen Raten zurückzuzahlen. Es traf folgende Feststellungen:
Als die Klägerin bei der beklagten Partei um Zuerkennung eines Kinderzuschusses zum Kinderbetreuungsgeld im April 2004 ansuchte, bat sie um Auskunft, ob sie die Voraussetzungen für den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld erfüllte. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, welche Unterlagen sie damals vorlegte. Die Sachbearbeiterin erklärte eingehend, dass der Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von der Nichtüberschreitung bestimmter Einkommensgrenzen abhängig sei und die Frage der Überschreitung erst anlässlich der Beibringung von Lohnunterlagen des gesamten Jahres geprüft werde.
Jedenfalls wurde es seitens der beklagten Partei so gehandhabt, dass bei Vorliegen eines formell zulässigen Antrags zunächst an Hand von irgendwelchen Angaben über die Einkommenssituation die Auszahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld nicht verweigert wurde. Seitens der beklagten Partei war es Verwaltungspraxis, die Auszahlung dieser Leistung jedenfalls bei einem zulässigen Antrag durchzuführen und sich auf die Möglichkeit einer Rückforderung dieser Leistung im Rahmen einer Nachprüfung der Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere wenn man konkrete Daten über den für das jeweilige Jahr geltenden Jahresbezug, beispielsweise des Ehegatten der Antragstellerin übermittelt erhält, (zu berufen).
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, die Überschreitung des Grenzbetrags sei bereits im ersten Rechtsgang abschließend geklärt worden weshalb es dazu keiner (neuerlichen) Feststellungen bedürfe. Das Berufungsgericht habe bei seinem Aufhebungsbeschluss nicht ausreichend bedacht, dass man bei der Antragstellung mitten im Jahr 2004 naturgemäß über das Gesamteinkommen des Jahres 2004 nicht Bescheid wissen könne. Selbst wenn bei üblichem Lauf der Dinge zu erwarten gewesen wäre, dass sich ein bisher völlig gleichartiges Einkommen weiterhin bis zum Ende des Jahres völlig gleichartig entwickelt und man aufgrund dieser Hochrechnung erkennen hätte können, dass es zu einer Überschreitung des Grenzbetrags kommt, sei dies jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit vorhersehbar gewesen. Da die gesetzliche Konstruktion auf das gesamte Jahr 2004 abstelle und dieses erst mit Sicherheit am Ende des Jahres festgestanden sei, könne auch für die beklagte Partei erst nach Ablauf dieses Jahres feststehen, ob dieser Anspruch gerechtfertigt sei. Die einzige Ausnahme hätte sein können, dass bereits bei Antragstellung aus den vorgelegten Urkunden eindeutig erkennbar gewesen wäre, dass zu diesem Zeitpunkt die Zuverdienstgrenze überschritten gewesen sei, wozu jedoch nichts Konkretes festgestellt werden habe können.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es hielt den Sachverhalt insoweit für klärungsbedürftig, als die Klägerin bereits in der Klage die Höhe des durch die beklagte Partei zugrunde gelegten Einkommens ihres Ehegatten bestritten habe. Das Erstgericht werde daher im fortzusetzenden Verfahren konkrete Feststellungen über das Einkommen des Ehegatten der Klägerin (im Jahr 2004) zu treffen und davon ausgehend zu beurteilen haben, ob die Freigrenze des § 12 KBGG überschritten wurde. Dabei seien auch weitere Feststellungen über die Unterhaltspflichten des Ehegatten der Klägerin zu treffen, weil sich dadurch die Freigrenze von 7.200 EUR um jeweils weitere 3.600 EUR erhöhen könnte.
Darüber hinaus vertrat das Berufungsgericht ‑ wie bereits in seinem im ersten Rechtsgang gefassten Aufhebungsbeschluss ‑ die Rechtsansicht, die hier ausschließlich in Betracht kommende Bestimmung des § 31 Abs 2 KBGG normiere eine objektive Rückzahlungsverpflichtung, welche nur davon abhänge, dass sich nachträglich eine (ursprünglich nicht bekannte) Tatsache herausstelle, bei deren Vorliegen kein Anspruch auf die Leistung bestehe. Daher scheide dieser Rückforderungsanspruch aus, wenn dem Krankenversicherungsträger bereits bei der Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes (oder Zuschusses) alle für die Gewährung maßgeblichen Umstände bekannt gewesen seien und er ‑ etwa aufgrund einer unrichtigen Rechtsansicht oder einer unrichtigen Berechnung ‑ trotzdem diese Leistung auszahle, weil er die Unrichtigkeit der Gewährung erst nachträglich bemerke. Der Widerrufsgrund müsse sich somit, um eine Grundlage für die Rückforderung bilden zu können, erst nachträglich herausgestellt haben.
Es fehlten daher auch notwendige Feststellungen darüber, ob es für die beklagte Partei bei üblicher Einkommensentwicklung auch unter Berücksichtigung von Biennalsprüngen, kollektivvertraglichen Erhöhungen und Ähnlichem bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung erkennbar gewesen sei, dass das Einkommen des Ehegatten der Klägerin den Grenzbetrag des § 12 KBGG überschreiten werde.
Das Berufungsgericht sprach aus, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil eine Rechtsprechung zur Frage, ob die allfällige Vorlage von zwei Monate umfassenden Lohnunterlagen für eine Hochrechnung des künftigen Einkommens auf ein Jahr überhaupt relevant sei, nicht vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern.
Die Klägerin beantragte in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.
Die beklagte Partei macht in ihrem Rechtsmittel im Wesentlichen geltend, der gegenständliche Sachverhalt sei entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht unter den Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 erster Fall KBGG sondern unter jenen des § 31 Abs 2 dritter Fall KBGG zu subsumieren. Die Abgabenbehörde habe der beklagten Partei am 19. 2. 2008 elektronisch die steuerpflichtigen Bezüge des Ehegatten der Klägerin für das Jahr 2004 in Höhe von 12.717,30 EUR gemeldet. Daraus habe die beklagte Partei den maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte des Ehegatten der Klägerin für das Jahr 2004 in Höhe von 16.360,89 EUR errechnet. Der hier maßgebende Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 dritter Fall KBGG stelle ausschließlich auf die ‑ hier vorliegende ‑ Überschreitung der Zuverdienst-grenze/Freigrenze, die an Hand der Meldung der Einkunftsdaten durch die Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse ermittelt werde, und nicht auf rückwirkend festgestellte Tatsachen ab. Im Übrigen könne aus den Lohnzetteln aus der Vergangenheit nicht auf die Höhe der tatsächlichen Einkünfte in der Zukunft geschlossen werden. Da die Anzahl der Unterhaltspflichten des Ehegatten des Klägers im Verfahren unbestritten geblieben sei, sei die vom Berufungsgericht angeordnete Verfahrensergänzung nicht notwendig.
Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:
1. Gemäß § 12 Abs 1 KBGG in der hier noch anzuwendenden Stammfassung (BGBl I 2001/103) erhalten verheiratete Mütter bzw Väter einen Zuschuss (zum Kinderbetreuungsgeld), sofern ihr Ehegatte kein Einkommen erzielt oder der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8 KBGG) nicht mehr als 7.200 EUR (Freigrenze) beträgt. Die Freigrenze erhöht sich für jede weitere Person, für deren Unterhalt der Ehepartner aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt, um 3.600 EUR. Übersteigt das Einkommen des Ehegatten die Freigrenze, so ist der Unterschiedsbetrag auf den Zuschuss anzurechnen (§ 12 Abs 2 KBGG). Die Höhe des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld beträgt 6,06 EUR täglich (§ 10 KBGG).
1.1 § 8 KBGG legt die Details zur Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte unter anderem für die Freigrenze nach § 12 Abs 1 KBGG fest. Die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit hat nach § 8 Abs 1 Z 1 KBGG zu erfolgen.
Danach ist, soweit im Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 2 Abs 2 EStG 1988 solche aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) enthalten sind, von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) zugeflossen sind. Sonstige Bezüge iSd § 67 EStG 1988 bleiben außer Ansatz. Der danach ermittelte Betrag ist um 30 % zu erhöhen und sodann auf einen Jahresbetrag umzurechnen ...
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die von der beklagten Partei ihren Berechnungen zugrunde gelegte Höhe der Einkünfte des Ehegatten der Klägerin für das Kalenderjahr 2004 weder von der Klägerin außer Streit gestellt, noch im ersten Rechtsgang inhaltlich geklärt wurde. Die vom Berufungsgericht insoweit aufgetragene Verfahrensergänzung ist daher nicht zu beanstanden. Weiters wird das Erstgericht Feststellungen über die Unterhaltspflichten des Ehegatten der Klägerin zu treffen haben, um abschließend beurteilen zu können, ob der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte des Klägers im Kalenderjahr 2004 die entsprechende Freigrenze des § 12 KBGG überschritten hat.
3. Die Rückforderungsbestimmung des § 31 KBGG regelt taxativ jene Fälle, in denen die bezogene Leistung zurückzuzahlen ist. Allen Rückforderungs-tatbeständen ist gemeinsam, dass die Leistung (Kinderbetreuungsgeld oder Zuschuss) zu Unrecht bezogen wurde, wobei aber nicht immer ein Verschulden des Leistungsbeziehers vorliegen muss (vgl Ehmer ua, KBGG² 227 f).
3.1 Nach § 31 Abs 1 KBGG ist der Leistungsbezieher zum Rückersatz des zu Unrecht Empfangenen verpflichtet, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
3.2 Gemäß § 31 Abs 2 erster (Halb‑)Satz KBGG besteht die Verpflichtung zum Rückersatz auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht. Zu diesem Rückforderungstatbestand hat der erkennende Senat in den vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen 10 ObS 54/10d (SSV‑NF 24/86) und 10 ObS 91/11x ausgesprochen, dass kein Rückforderungsanspruch nach § 31 Abs 2 (erster Halbsatz) KBGG besteht, wenn dem Krankenversicherungsträger bei der Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes bereits alle für die Gewährung maßgebenden Umstände bekannt waren und er ‑ etwa aufgrund einer unrichtigen Rechtsansicht oder einer unrichtigen Berechnung ‑ trotzdem das Kinderbetreuungsgeld auszahlt und er erst nachträglich die Unrichtigkeit der Gewährung bemerkt (vgl auch RIS‑Justiz RS0126122).
3.3 Nach dem durch BGBl I 2003/122 in § 31 Abs 2 KBGG eingefügten zweiten Halbsatz kann eine Rückforderung vom Leistungsempfänger auch erfolgen, wenn die erforderliche Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 8 KBGG) trotz Aufforderung innerhalb angemessener Frist verweigert wird.
3.4 Ein weiterer Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 KBGG betrifft die Überschreitung der Zuverdienstgrenze bzw der Freigrenze. Nach § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG ist der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden aufgrund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat.
4. Die beklagte Partei hat sich in ihrem Vorbringen inhaltlich auf diesen Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG berufen, indem sie geltend gemacht hat, dass ihr nach Gewährung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld an die Klägerin von der Finanzverwaltungsbehörde die Einkünfte des Ehegatten der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 12.585,30 EUR für das Jahr 2004 bekannt gegeben wurden und sich daraus eine Überschreitung der maßgebenden Freigrenze nach § 12 KBGG ergebe. Dieser im vorliegenden Verfahren relevante Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG stellt ausschließlich auf die objektive Überschreitung der Zuverdienst‑ bzw Freigrenze, die an Hand der Meldung der Einkunftsdaten durch die Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse ermittelt wird, und nicht auf rückwirkend festgestellte Tatsachen iSd § 31 Abs 2 erster Halbsatz KBGG ab. Für die Heranziehung des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG ist nicht das zusätzliche Vorliegen eines der Rückforderungstatbestände des ersten Satzes des § 31 Abs 2 KBGG erforderlich. Das Berufungsgericht lässt bei seiner gegenteiligen Rechtsansicht außer Acht, dass nach dem zweiten Satz des § 31 Abs 2 KBGG der Leistungsempfänger „auch“, das heißt, unabhängig vom Vorliegen eines der beiden Tatbestände des § 31 Abs 2 erster Satz KBGG, in dem dort genannten Fall zum Ersatz der unberechtigt empfangenen Leistung zu verpflichten ist.
4.1 Der von einem Verschulden des Leistungsbeziehers unabhängige Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG zeigt somit, dass die Gewährung von Kinderbetreuungsgeld bzw Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld an Personen, bei denen erst im Nachhinein feststellbar ist, ob ihnen diese Leistungen mit Rücksicht auf ihr Einkommen bzw das Einkommen ihres Ehegatten tatsächlich gebühren, vorerst nicht endgültig erfolgt. Die Alternative, dass solchen Personen erst im Nachhinein derartige Sozialleistungen gewährt werden können, wodurch die mit der Gewährung von Kinderbetreuungsgeld bezweckte finanzielle Absicherung von Familien während der Kinderbetreuung konterkariert werden würde, wird vom Gesetzgeber damit vermieden. Im Übrigen verweist die beklagte Partei zutreffend darauf, dass mit der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung für die Leistungsempfänger im Ergebnis erhebliche Nachteile verbunden wären, welche mit den Zielen des KBGG nicht vereinbar wären, und ganz allgemein aus den Lohnzetteln der Vergangenheit seriöserweise nicht auf die Höhe der tatsächlichen Einkünfte des Betreffenden in der Zukunft geschlossen werden kann.
4.2 Es bedarf daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keiner weiteren Verfahrensergänzung zu der Frage, ob der beklagten Partei aufgrund der von der Klägerin bei der Antragstellung vorgelegten Einkommensunterlagen bereits ein Überschreiten der Freigrenze durch die zu erwartenden Einkünfte des Ehegatten der Klägerin erkennbar gewesen wäre.
5. Die Richtigkeit der vom Berufungsgericht bereits im ersten Rechtsgang dargelegten Rechtsansicht, dass die KBGG‑Härtefälle‑Verordnung im Falle einer Überschreitung der Freigrenze durch Einkünfte des Ehegatten gemäß § 12 KBGG keine Anwendung findet und auch eine Verjährung des Rückforderungsanspruchs der beklagten Partei gemäß § 31 Abs 7 KBGG idF BGBl I 2001/103 nicht eingetreten ist, wurde von der Klägerin im zweiten Rechtsgang zu Recht nicht mehr in Zweifel gezogen, sodass darauf inhaltlich nicht mehr näher einzugehen ist.
6. Dem Rekurs der beklagten Partei musste somit aufgrund der zu Punkt 2. dargelegten Erwägungen im Ergebnis ein Erfolg versagt bleiben.
Die beklagte Partei hat als Versicherungsträger iSd § 77 Abs 1 Z 1 ASGG die Kosten ihres Rekurses ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens selbst zu tragen. Der Kostenvorbehalt hinsichtlich der Kosten der Klägerin beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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