Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Ehe des am 29. 1. 1924 geborenen Versicherten Eckhard B*** mit der am 18. 12. 1929 geborenen Klägerin wurde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 23. 12. 1985 aus beiderseitigem gleichteiligem Verschulden geschieden. Dieses Urteil erwuchs mit Ablauf des 20. 2. 1987 in Rechtskraft. Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 14. 4. 1989 wurde Eckhard B*** schuldig erkannt, der geschiedenen Gattin und nunmehrigen Klägerin ab 21. 2. 1987 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 3.000,- zu zahlen. In den Entscheidungsgründen wurde unter anderem auf die gemäß § 71 EheG bestehende Unterhaltspflicht der Kinder, die einer auf § 68 EheG gegründeten Unterhaltsbeitragspflicht des Ehegatten vorgeht, näher eingegangen. Dazu wurde ausgeführt, daß die Tochter Elisabeth B*** der nunmehrigen Klägerin Naturalunterhalt in der Form gewährt, daß sie in dem von ihr betriebenen gastgewerblichen Unternehmen der Klägerin zwei Zimmer zum Wohnen und die Verpflegung zur Verfügung stellt. Der Wert dieses Naturalunterhaltes wurde mit monatlich S 3.000,- angenommen. An einer anderen Stelle dieser Entscheidung wurde offen gelassen, ob man den durch die freie Station gewährten Naturalunterhalt zur Gänze als Unterhaltsleistung der Tochter Elisabeth B*** oder teilweise auch als Unterhaltsleistung des am Hotelbetrieb beteiligten Eckhard B*** ansieht. Auch Eckhard B*** erhielt in dem von seiner Tochter geführten Gastronomiebetrieb freie Station, die ebenfalls mit S 3.000,- veranschlagt wurde. Er war bis zu seinem Tod am 16. 5. 1989 Eigentümer des Gasthofes bzw. späteren Hotels "Strasserwirt". Die Klägerin konnte in der Zeit ab 1. 6. 1984 mit Zustimmung ihres Gatten und der Tochter weiterhin unentgeltlich im Gasthof wohnen und sich dort kostenlos verpflegen. Ohne bestimmte Vereinbarung, aber mit Duldung des Ehegatten und der Tochter wohnte die Klägerin auch noch nach Rechtskraft des Scheidungsurteiles im Gasthof, wo ihr im Altbau zwei Zimmer zur Verfügung standen. Für die Benützung dieser Räume hatte sie weder Entgelt noch Betriebskosten zu zahlen. Mit Duldung der Genannten erhielt sie auch Verpflegung zu Lasten des Gastwirtschaftsbetriebes. Auch seit dem Tod des Eckhard B*** wird der Gastgewerbebetrieb von der Tochter Elisabeth geführt. Sie hat mit ihrem Bruder, der als Alleinerbe eingesetzt wurde, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zu denselben Bedingungen wie seinerzeit mit ihrem Vater gegründet. Auf Grund eines von Elisabeth B*** eingeleiteten Räumungsverfahrens ist die Klägerin inzwischen aus dem Gasthof ausgezogen.
Mit Bescheid vom 6. 10. 1989 hat die beklagte Partei der Klägerin die Witwenpension nach dem Versicherten Eckhard B*** gemäß § 136 Abs.4 GSVG ab 1. 6. 1989 zuerkannt und unter Berücksichtigung fremdstaatlicher Versicherungszeiten mit monatlich S 2.850,- festgesetzt.
Dagegen erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem Begehren, bei der Bemessung der Witwenpension neben dem Geldunterhalt von S 3.000,- auch die in Form freier Unterkunft und Verpflegung gewährten Naturalleistungen im Ausmaß von ebenfalls S 3.000,-
mitzuberücksichtigen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin die dem angefochtenen Bescheid entsprechende Witwenpension zu gewähren, wies aber das Mehrbegehren auf Gewährung einer höheren Witwenpension unter zusätzlicher Berücksichtigung der mit S 3.000,-
bewerteten Naturalleistung ab. Es sei unstrittig, daß für den der Klägerin gewährten Naturalunterhalt keine vertragliche Verpflichtung bestanden habe. Auf Grund des Unterhaltstitels könne der Naturalunterhalt nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Die der Klägerin gewährte freie Unterkunft und Verpflegung im Gasthaus bzw. Hotel stelle eine Unterhaltsleistung der Tochter Elisabeth B*** dar. Ein allfälliger Anteil des Verstorbenen Eckhard B*** an dieser Unterhaltsleistung sei nicht bestimmbar. Die der Klägerin gewährte freie Unterkunft und Verpflegung sei auch nicht infolge des Todes ihres geschiedenen Gatten weggefallen, sondern auf Grund des von ihrer Tochter eingeleiteten Räumungsverfahrens. Die beklagte Partei sei daher zu Recht bei der Berechnung der Witwenpension ausschließlich von dem urteilsmäßig zuerkannten Unterhaltsanspruch von S 3.000,- monatlich ausgegangen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge.
§ 136 Abs.4 GSVG zähle jene Rechtstitel taxativ auf, die der Frau, deren Ehe mit dem Verstorbenen geschieden worden sei, einen Anspruch auf Witwenpension sicherten. Demnach müsse der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor Auflösung der Ehe eingegangenen Verpflichtung geleistet haben. Im Falle der Klägerin komme nur ein gerichtliches Urteil in Frage, da ein gerichtlicher Vergleich gar nicht behauptet und in der Berufungsschrift ausdrücklich eingeräumt worden sei, daß eine vertragliche Verpflichtung zur Leistung eines Naturalunterhaltes nicht bestanden habe. Eine tatsächliche Unterhaltsgewährung im Zeitpunkt des Todes reiche ebensowenig aus wie die abstrakte gesetzliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung, hier der Unterhaltsanspruch der Klägerin nach Billigkeit gemäß § 68 EheG. Überdies werde dieser Unterhaltsbeitrag erst durch den rechtsgestaltenden Richterspruch zu einem gesetzlichen Unterhaltsanspruch. Daraus folge, daß ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch der Klägerin nur im Umfang des - wenn auch unter Berücksichtigung einer Naturalalimentation - gerichtlich festgesetzten Unterhaltsbeitrages von S 3.000,- monatlich bestehen könne. Eine urteilsmäßige Verpflichtung, darüber hinaus auch in natura einen Teil des Unterhaltsbeitrages zu leisten, sei nicht ausgesprochen worden. Es wäre daher selbst dann, wenn der Verstorbene der Klägerin zum Zeitpunkt des Todes die Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestellt haben sollte, dies nicht im Rahmen der urteilsmäßig festgesetzten Unterhaltspflicht geschehen, so daß dieser Teilbetrag nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen wäre.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
Die Klägerin führt den allein geltend gemachten Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache dahin aus, daß die Naturalleistungen nicht allein von der Tochter Elisabeth B*** erbracht worden seien, sondern - was das Wohnrecht im anzunehmenden Gegenwert von S 2.500,- monatlich betreffe - auf Grund einer zumindest zu unterstellenden stillschweigenden Verpflichtung vom geschiedenen Ehegatten. Auch das den Unterhaltstitel darstellende Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 14. 4. 1989 habe den Geldunterhalt von S 3.000,- monatlich unter Berücksichtigung einer Naturalalimentation in ebensolcher Höhe festgesetzt. Dem ist zu entgegnen, daß in dem genannten Urteil letztlich offengelassen wurde, ob der Naturalunterhalt in Form der freien Station zur Gänze von der primär unterhaltspflichtigen Tochter Elisabeth B*** (die den Gastbetrieb führte) oder teilweise auch von dem am Betrieb beteiligten geschiedenen Gatten erbracht worden sei. In dem Unterhaltstitel wurde also der allenfalls dem nur in zweiter Linie unterhaltspflichtigen (SZ 54/140 = EvBl. 1982/5 = JBl. 1982, 660; SZ 22/140; Pichler in Rummel, ABGB Rz 1 zu § 69 EheG und Rz 2 zu § 71 EheG) geschiedenen Gatten zuzurechnende Teil des Naturalunterhaltes nicht bestimmt. Daher muß die Frage, ob es im Sinne der § 136 Abs.4 GSVG iVm § 145 Abs.2 GSVG zur Berücksichtigung auch eines tatsächlich gewährten Naturalunterhaltes bei Berechnung der Witwenpension ausreichen würde, wenn in dem den Geldunterhalt festsetzenden Urteil ein solcher Naturalunterhalt als gegeben angenommen und aus diesem Grund der zugesprochene Geldunterhalt um einen bestimmten Betrag vermindert wurde, nicht näher geprüft werden. Zu prüfen bleibt daher lediglich, ob der Versicherte zur Zeit seines Todes einen zusätzlichen Naturalunterhalt auf Grund einer vor Auflösung der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung zu leisten hatte (§ 136 Abs.4 GSVG).
Auch diese Frage ist schon deshalb zu verneinen, weil der allenfalls dem geschiedenen Gatten zuzurechnende Teil des Naturalunterhaltes eben unbestimmt geblieben ist, sodaß auch der Gesichtspunkt der Konkludenz im Sinne des § 863 ABGB keine andere Beurteilung erlaubt. Nach den Feststellungen wäre eine vertragliche Unterhaltsgewährung des geschiedenen Gatten nicht bestimmbar. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs.1 Z 2 lit.b ASGG (SSV-NF 1/19, 2/26, 2/27 ua).
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