OGH 10ObS326/01s

OGH10ObS326/01s30.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Karlheinz Kux und MR Dr. Robert Göstl (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Nicolaus N*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, vertreten durch Dr. Paul Bachmann und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. Juli 2001, GZ 11 Rs 215/01v-11, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 1. Februar 2001, GZ 11 Cgs 184/00s-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 7. 8. 2000 hat die beklagte Partei entschieden, dass dem Kläger die Erwerbsunfähigkeitspension gemäß § 132 GSVG samt Zurechnungszuschlag gemäß § 140 GSVG in ziffernmäßig bestimmter Höhe gebührt, dass die Feststellung der Pension unter Berücksichtigung der Verordnungen (EG) 1408/71 und 574/72 erfolgte, dass dem Kläger ein Kinderzuschuss gemäß § 144 GSVG in ziffernmäßig bestimmter Höhe gebührt und dass der Vorschuss gegen die Nachzahlung aufgerechnet wird.

Der Bescheid vom 7. 8. 2000 wurde von der beklagten Partei am 22. 8. 2000 expediert und am Freitag, 25. 8. 2000 in den Briefkasten des Klägers eingelegt. Der Kläger (der sich auf eine Ortsabwesenheit beruft) hat spätestens am 14. 9. 2000 von diesem Zustellvorgang Kenntnis erlangen können. Am Freitag, 15. 9. 2000 wurde der Kläger bei der beklagten Partei vorstellig und forderte Unterlagen über die Berechnung der Pensionshöhe. Diese wurden ihm spätestens am 21. 9. 2000 zugestellt.

Am Montag, 18. 12. 2000 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 7. 8. 2000 eine Protokollarklage wegen unrichtiger Festsetzung der Pensionshöhe.

Mit Beschluss vom 1. 2. 2001 wies das Erstgericht die Klage zurück. Der Bescheid vom 7. 8. 2000 sei dem Kläger am 25. 8. 2000 zugestellt worden, sodass die Klagseinbringung bis 26. 11. 2000 zulässig gewesen sei. Da dieser Tag auf einen Sonntag gefallen sei, wäre die Klage spätestens am 27. 11. 2000 einzubringen gewesen. Ein allenfalls auf die Ortsabwesenheit des Klägers zurückzuführender Zustellmangel sei am 14. 9. 2000 gemäß § 7 ZustellG geheilt worden. Da der Kläger den Bescheid am 15. 9. 2000 in Händen gehabt habe, könne nicht davon gesprochen werden, dass er an einer rechtzeitigen Klagseinbringung bis 27. 11. 2000 gehindert gewesen wäre.

Das Rekursgericht gab dem vom Kläger erhobenen Rekurs nicht Folge. Selbst wenn man im Sinne der Behauptungen des Klägers unterstelle, dass er zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides an seine Wohnadresse ortsabwesend gewesen sei und den Bescheid erst am 15. 9. 2000 aus seinem Postkasten entnommen habe, sei die am 18. 12. 2000 erhobene Protokollarklage verspätet. Nach § 125 Abs 2 ZPO enden nach Monaten bestimmte Fristen mit Ablauf desjenigen Tags des letzten Monats, der durch seine Zahl dem Tag entspreche, an dem die Frist begonnen habe. Wenn der Kläger den Bescheid vom 7. 8. 2000 tatsächlich am 15. 9. 2000 erhalten habe, so habe die dreimonatige Klagsfrist am 15. 12. 2000, einem Freitag, geendet. Die vom Kläger am 18. 12. 2000 erhobene Protokollarklage sei daher verspätet.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der erstinstanzliche Beschluss aufgehoben und die Rechtssache zur Einleitung bzw Fortführung des ordentlichen Verfahrens an das Erstgericht zurückverwiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs gegen die aus formellen Gründen erfolgte Bestätigung der Zurückweisung der Klage ohne Sachentscheidung durch das Rekursgericht ist gemäß § 47 Abs 2 ASGG auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zulässig (10 ObS 231/98p = ÖJZ-LSK 1999/37), jedoch nicht berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts, dass selbst bei Annahme einer Bescheidzustellung am 15. 9. 2000 die Klage verspätet sei, ist zutreffend, weshalb es gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO iVm § 528a ZPO genügt, auf die diesbezüglichen Ausführungen zu verweisen. Den Ausführungen im Revisionsrekurs ist noch Folgendes zu erwidern:

Zustellungen gelten nach dem ZustellG (§§ 16, 17, 26, 26a) als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Im konkreten Fall wurde somit die Zustellung des angefochtenen Bescheides - folgt man den Behauptungen des Klägers über die Rückkehr an die Abgabestelle am 14. 9. 2000 - jedenfalls am 15. 9. 2000 wirksam. Spätestens an diesem Tag ist der Bescheid dem Kläger im Übrigen auch tatsächlich zugekommen, wie seine Vorsprache bei der beklagten Partei zeigt. Mit dem 15. 9. 2000 wurde daher spätestens der Lauf der Dreimonatsfrist für die Klagserhebung ausgelöst.

Gemäß § 125 Abs 2 ZPO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages, der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Ebenso wie im Fall des § 125 Abs 1 ZPO wird mit dieser Regelung bewirkt, dass der den Fristenlauf auslösende Tag - zB der Tag der Zustellung - nicht in die Frist eingerechnet wird (SZ 57/65 = RZ 1985/4; SZ 70/159; RIS-Justiz RS0108338). Die Unterscheidung zwischen nach Tagen einerseits und nach Wochen bzw nach Monaten andererseits bestimmten Fristen in den Abs 1 und 2 des § 125 ZPO ist daher nur eine scheinbare (vgl Gitschthaler in Rechberger, ZPO2, §§ 124 - 126 Rz 3).

Bei einer Zählung ab dem Tag, der dem Wirksamwerden der Zustellung folgt (hier also ab dem 16. 9. 2000, dem ersten voll zur Verfügung stehenden Tag der dreimonatigen Frist), endet die Frist mit Ablauf des Freitag, 15. 12. 2000. Der 16. 12. 2000 wäre bereits der erste Tag des vierten Monats (ebenso 10 ObS 359/97k zur vierwöchigen Frist des § 67 Abs 2 ASGG). Die erst am Montag, 18. 12. 2000 zu gerichtlichem Protokoll gegebene Klage ist daher jedenfalls verspätet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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