Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die zwischen der Klägerin und dem Versicherten Karl K***** am 14.6.1947 geschlossene Ehe wurde mit rechtskräftigem Urteil des Kreisgerichtes St.Pölten vom 8.6.1967, 1 Cg 58/67, aus dem Alleinverschulden des Mannes geschieden. Sowohl mit Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 25.6.1969 als auch mit Urteil des Bezirksgerichtes Montafon in Schruns vom 16.4.1984 wurden Unterhaltsbegehren der Klägerin gegen ihren geschiedenen Ehegatten (den Versicherten) rechtskräftig abgewiesen. Im Jänner 1985 erklärte sich der Versicherte bereit, der Klägerin nunmehr freiwillig einen Unterhalt zu bezahlen, damit sie nach seinem Tode abgesichert sei. Der Sohn der Klägerin verfaßte daraufhin eine maschinschriftliche Unterhaltsvereinbarung des Inhalts, daß sich der Versicherte verpflichtete, ab 1.1.1985 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 1.000 an die Klägerin zu leisten. Am 22.1.1985 unterfertigten die Klägerin und der Versicherte diese Vereinbarung vor dem Bezirksgericht St.Pölten, bei dem zu G 87/85 die Echtheit der beiden Unterschriften bestätigt wurde. Auf Grund dieser Vereinbarung zahlte der Versicherte bis zu seinem Tod am 27.1.1990 der Klägerin monatliche Unterhaltsbeiträge.
Mit Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 2.5.1990 wurde der Antrag der Klägerin auf Zuerkennung einer Witwenpension nach dem verstorbenen Versicherten abgelehnt. Zur Begründung wurde angeführt, daß zur Zeit des Todes des Versicherten eine Unterhaltsverpflichtung im Sinn des § 258 Abs.4 ASVG nicht bestanden habe.
Das Erstgericht gab der dagegen erhobenen Klage Folge und erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin ab 1.2.1990 eine Witwenpension "im gesetzlichen Ausmaß" zu gewähren und eine vorläufige Zahlung von S 2.000 monatlich zu leisten. Es stellte noch fest, daß anläßlich der Unterschriftsbeglaubigung der Beglaubigungsbeamte erklärt habe, daß die Klägerin auf Grund der unterfertigten Vereinbarung nach dem Tod ihres geschiedenen Gatten eine Witwenpension erhalten werde und daß dieser im Zeitpunkt seines Todes eine Nettopension von monatlich S 10.479,10 bezogen habe. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, ein gerichtlicher Vergleich komme ebenso wie eine außergerichtliche Unterhaltsvereinbarung ausschließlich auf Grund einer Parteieneinigung zustande. Eine inhaltliche Prüfung des Unterhaltsanspruches durch das Gericht müsse dabei keineswegs erfolgen. Insbesondere bei einem prätorischen Vergleich (§ 433 ZPO) beschränke sich die Tätigkeit des Gerichtes oft auf die Protokollierung und Beurkundung des Parteienwillens. Der Unterschied zu einer außergerichtlichen Vereinbarung liege einerseits in der besseren Beweisbarkeit auf Grund der Protokollierung durch das Gericht und andererseits in der Tatsache, daß ein gerichtlicher Vergleich einen Exekutionstitel darstelle. Durch die im vorliegenden Fall getroffene außergerichtliche Vereinbarung und Beglaubigung der Unterschriften sei die Beweisbarkeit in gleicher Weise wie bei einem gerichtlichen Vergleich gegeben. Die Mitwirkung des Gerichtes an dieser Vereinbarung entspreche etwa der gerichtlichen Tätigkeit bei einem gerichtlichen Vergleich. Es könne auch jederzeit im Register des beglaubigenden Gerichtes unter der entsprechenden Zahl nachgesehen werden, auf welcher Urkunde die Unterschriften der Parteien beglaubigt wurden. Im Hinblick auf die Publizität und Beweisbarkeit könne also eine Vereinbarung mit gerichtlich beglaubigten Unterschriften einem gerichtlichen Vergleich gleichgehalten werden. Das Vorliegen eines Exekutionstitels sei aber für die Frage der Gewährung der Witwenpension nicht von entscheidender Bedeutung. Es reiche ja auch eine vor Ehescheidung eingegangene Unterhaltsverpflichtung für die Gewährung einer Witwenpension aus. Eine derartige Vereinbarung sei an keine bestimmte Form gebunden und stelle auch keinen Exekutionstitel dar. Es müsse auch berücksichtigt werden, daß die Klägerin beim Bezirksgericht St.Pölten die Auskunft bekommen habe, sie werde auf Grund der beglaubigten Vereinbarung nach dem Tod des geschiedenen Gatten eine Witwenpension erlangen. Entsprechend dem Grundsatz der sozialen Rechtsanwendung sei also im konkreten Fall die Unterhaltsvereinbarung einem gerichtlichen Vergleich gleichzuhalten. Da die Klägerin im Zeitpunkt des Todes ihres geschiedenen Gatten auf Grund eines der im § 258 Abs.4 ASVG genannten Unterhaltstitels Unterhalt bezogen habe, lägen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Witwenpension vor.
Das Berufungsgericht gab der dagegen von der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung Folge und änderte das Urteil im klagsabweisenden Sinne ab. Voraussetzung für den Anspruch des geschiedenen Ehegatten auf Witwenpension sei, daß der Versicherte im Zeitpunkt seines Todes Unterhalt auf Grund eines der im § 258 Abs.4 ASVG taxativ aufgezählten Rechtstitel zu leisten gehabt habe. Dort seien ein gerichtliches Urteil, ein gerichtlicher Vergleich oder eine vor Auflösung der Ehe eingegangene vertragliche Verpflichtung genannt. Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (599 BlgNR 7.GP) führten dazu aus, daß diese Sicherungen eingebaut wurden, um eine spekulative Ausnützung dieser Einrichtung auszuschließen. Der Anspruch auf Witwenpension hänge davon ab, ob der Versicherte auf Grund der im Gesetz angeführten rechtsbegründenden Tatbestände im Zeitpunkt des Todes Unterhalt zu leisten hatte. Ob Unterhalt auch tatsächlich gewährt worden sei, sei nicht von Bedeutung. Lege der Gesetzgeber genau bezeichnete, im einzelnen angeführte Rechtstitel für den Anspruchserwerb fest, so bleibe für eine analoge Anwendung auf davon abweichende Sachverhalte und Rechtstitel kein Raum.
Eine außergerichtliche Unterhaltsvereinbarung im Sinne eines außergerichtlichen Vergleiches, der nicht einmal gerichtlich protokolliert werde, sondern bei dem lediglich die Echtheit der Unterschriften der Parteien beglaubigt worden sei, könne einem gerichtlichen Vergleich nicht gleichgehalten werden, da dieser an bestimmte im § 204 ZPO genannte Voraussetzungen gebunden sei und vor allem der Mitwirkung des Gerichtes bedürfe. Ein solcher außergerichtlicher Vergleich entspreche einer vertraglichen Regelung der Parteien, die nach § 258 Abs.4 ASVG nach Scheidung der Ehe nicht ausreiche, einen Anspruch auf Witwenpension zu begründen. Ob das Datum der außergerichtlichen Unterhaltsvereinbarung mit dem Datum der Beglaubigung der Unterschriften identisch sei, habe keine Bedeutung. Auch könne die Mitwirkung des Urkundsbeamten das gerichtliche Protokoll, das über den Vergleichsabschluß aufzunehmen sei, nicht ersetzen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Klägerin erhobene Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache ist nicht berechtigt.
Die Witwenpension gebührt gemäß § 258 Abs.4 ASVG nach Maßgabe der dieser Bestimmung vorangehenden Absätze unter anderem auch der Frau, deren Ehe mit dem Versicherten für nichtig erklärt, aufgehoben oder geschieden worden ist, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes einen Unterhaltsbeitrag auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor Auflösung (Nichtigerklärung) der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung zu leisten hatte, und zwar sofern und solange die Frau nicht eine neue Ehe geschlossen hat. Nach dem Wortlaut des Gesetzes hängt der Anspruch auf Witwenpension davon ab, ob dem hinterbliebenen geschiedenen Ehegatten auf Grund eines der drei im Gesetz angeführten rechtsbegründenden Tatbestände im Zeitpunkt des Todes ein Anspruch auf Unterhalt zustand. Während das Gesetz für die ersten beiden Fälle des § 258 Abs.4 ASVG Formvorschriften normiert (gerichtliches Urteil, gerichtlicher Vergleich), fehlt eine solche Anordnung für den dritten Fall. Die vertragliche Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt in diesem Fall ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, für das die Einigung der Vertragsteile über die Leistung wesentlich ist. Da im bürgerlichen Recht besondere Formvorschriften für Unterhaltsvereinbarungen von Ehegatten nicht bestehen, ist gemäß § 883 ABGB auch eine bloß mündlich zustandegekommene Vereinbarung für den wirksamen Vertragsabschluß ausreichend (SSV-NF 4/75, 4/161). Nach herrschender Auffassung ist die vertragliche Verpflichtung des Ehemannes, seiner Frau nach der Scheidung der Ehe Unterhalt zu leisten, weder an die Form eines Notariatsaktes noch an eine andere Form gebunden, weshalb auch eine schlüssige Vereinbarung genügt (§ 863 ABGB). Mit Rücksicht auf den diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 258 Abs.4 ASVG reicht allerdings eine tatsächliche Unterhaltsgewährung nach der Ehescheidung ohne vorherige Vereinbarung nicht aus (vgl. SSV-NF 1/63). Auch nach der Lehre, welche die allzu strengen Maßstäbe der Judikatur an die vertragliche Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung kritisiert, ist eine vor der Auflösung der Ehe getroffene Vereinbarung wenigstens in der Form erforderlich, daß etwa eine Abrede getroffen wurde, den gesetzlichen oder den notwendigen Unterhalt leisten zu wollen oder eine Erklärung vorliegt, leisten zu wollen "wie bisher" (siehe SSV-NF 4/115 mwN).
Untersucht man den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der formalen Voraussetzungen des § 258 Abs.4 ASVG, so ist dieser wohl darin zu erblicken, daß den Sozialversicherungsträgern die materielle Prüfung des Grundes, insbesondere aber der Höhe des Unterhaltsanspruches erspart bleiben soll; weiters sollen damit zweifellos auch Manipulationsmöglichkeiten zu Lasten der Sozialversicherungsträger verhindert werden. Daß beide Ziele in Wahrheit nicht erreichbar sind, wurde bereits aufgezeigt (Kerschner in ZAS 1982, 111 mwN), ist aber für die hier zu beantwortende Rechtsfrage nicht weiter von Bedeutung.
Daß zwischen den seinerzeitigen Ehegatten vor Scheidung der Ehe eine Vereinbarung über die Unterhaltsleistung für die Zeit nach der Scheidung geschlossen worden wäre, wurde weder behauptet noch festgestellt. Es liegt auch kein gerichtliches Urteil vor, das eine Unterhaltspflicht des Versicherten festlegte. Entgegen einzelnen in der Lehre vertretenen Meinungen (vgl. Rummel in ZAS 1978, 114 f; Kerschner aaO 110 f) reicht ein Verschuldensausspruch im Scheidungsurteil nicht aus, sondern es bedarf eines Urteiles, das über die Unterhaltspflicht an sich abspricht. Eine von der Klägerin am 7.12.1967, also kurz nach Rechtskraft der Scheidung eingebrachte Unterhaltsklage wurde hinsichtlich des laufenden Unterhaltsanspruches ab 1.10.1968 wegen ausreichender eigener Einkünfte abgewiesen (C 2008/67 des Bezirksgerichtes Dornbirn). Eine weitere Unterhaltsklage vom 16.4.1982 wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 16.4.1984 wegen Bestehens einer Lebensgemeinschaft abgewiesen (C 93/82 des Bezirksgerichtes Montafon in Schruns). Selbst wenn die Klägerin wegen schuldloser Scheidung einen (gesetzlichen) Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Mann gehabt hätte, wäre durch Eingehen einer Lebensgemeinschaft Ruhen dieses Unterhaltsanspruches eingetreten; ein solches Ruhen im Zeitpunkt des Todes des Unterhaltspflichtigen hätte aber einen Anspruch auf Witwenpension gemäß § 258 Abs.4 ASVG verhindert (SSV-NF 4/28 mwN). Ob die Lebensgemeinschaft der Klägerin mit einem anderen Mann im Zeitpunkt der schriftlichen Unterhaltsvereinbarung vom Jänner 1985 oder aber im Zeitpunkt des Todes des Versicherten noch bestand, steht nicht fest. Auszugehen ist aber davon, daß der Versicherte der Klägerin ab 1.1.1985 auf Grund der im Jänner 1985 "freiwillig" eingegangenen vertraglichen Verpflichtung bis zu seinem Tod monatlich Unterhaltsbeiträge von S 1.000 leistete. Da diese vertragliche Verpflichtung nicht vor Auflösung der Ehe eingegangen wurde, ist sie nicht anspruchsbegründend im Sinne des § 258 Abs.4 ASVG. Daß es auf die tatsächliche Unterhaltsgewährung nicht ankommt, wurde bereits gesagt.
Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß diese schriftliche Unterhaltsvereinbarung trotz gerichtlicher Beglaubigung der Unterschriften keinen gerichtlichen Vergleich im Sinn des § 258 Abs.4 ASVG darstellt. Es mag sein, daß einem in Rechtsangelegenheiten Unerfahrenen der Unterschied zwischen einem gerichtlichen Vergleich und einer außergerichtlichen Vereinbarung, bei der die Unterschriften gerichtlich beglaubigt sind, nicht geläufig ist; dem Gesetzgeber des ASVG darf freilich eine solche Unkenntnis nicht unterstellt werden. Die im § 258 Abs.4 ASVG aufgezählten Voraussetzungen für die Witwenpension ("gerichtliches Urteil, gerichtlicher Vergleich, vertragliche Verpflichtung") zeigen deutlich, daß der Gesetzgeber klar zwischen einer gerichtlichen ("Vergleich") und außergerichtlichen ("Vertrag") Einigung über den Unterhalt unterschied. Auch der privatrechtliche, außergerichtliche Vergleich gehört schon nach dem Wortlaut des § 1380 ABGB zu den (zweiseitig verbindlichen) Verträgen (siehe auch Koziol-Welser Grundriß8 I 272 f). Der gerichtliche Vergleich ist higegen in den §§ 204 bis 206 und 433 ZPO geregelt und wird als eine vor Beginn oder im Zuge eines gerichtlichen Verfahrens vor Gericht getroffene und gerichtlich protokollierte Vereinbarung über streitige oder zweifelhafte Ansprüche oder Rechtsverhältnisse zum Zweck gänzlicher oder teilweiser Beendigung oder Verhinderung des Rechtsstreites definiert (Fasching ZPR2 Rz 1324, 1341).
Die am Anfang jeder Auslegung stehende wörtliche (sprachliche, grammatikalische) Auslegung, bei der auch die eigentümliche Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang zu untersuchen ist, spricht für die Ansicht, daß die hier auszulegende Gesetzesstelle einen gerichtlichen Vergleich im technischen Sinne im Auge hat. Die Gesetzesauslegung darf freilich nicht bei der Wortinterpretation stehen bleiben. Der übliche formale Wortsinn ist nämlich nur ein Hinweis für die Auslegung der Norm, nicht mehr; erst der äußerste mögliche Wortsinn steckt die Grenze jeglicher Auslegung ab, die auch mit den sonstigen Interpretationsmethoden nicht überschritten werden darf (Koziol-Welser aaO 21 unter Berufung auf Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft5 310 und Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff 441; SZ 54/135; JBl.1991, 591 ua).
Bei Gesetzen, die erfahrungsgemäß auf Vermittlung durch rechtskundige Personen angelegt sind, geht im Zweifel ein präziser rechtstechnischer Sprachgebrauch dem allgemeinen vor (Bydlinski in Rummel2 Rz 17 zu § 6 ABGB unter Berufung auf Larenz aaO 307). Es spricht nichts dafür, daß das Gesetz gerade im Fall des § 258 Abs 4 ASVG vom präzisen juristischen Sprachgebrauch ("gerichtlicher Vergleich") abgewichen ist.
Die Auffassung, eine außergerichtliche vertragliche Vereinbarung sei deshalb wie ein gerichtlicher Vergleich zu behandeln, weil die Unterschriften gerichtlich beglaubigt wurden, überschreitet aber den äußersten möglichen Wortsinn des § 258 Abs.4 ASVG. Der gerichtliche Vergleich setzt nicht nur die Willenseinigung beider Parteien voraus, sondern die Parteienvereinbarung wird erst dadurch zum gerichtlichen Vergleich, daß sie vor Gericht geschlossen und gerichtlich protokolliert wird. Vergleiche, die ohne Mitwirkung eines Richters oder Rechtspflegers, etwa von Rechtspraktikanten, Richteramtsanwärtern, Beamten der Geschäftsstelle oder anderen nichtrichterlichen Gerichtsbediensteten protokolliert werden, sind unwirksam (Fasching aaO Rz 1351). Der Richter darf den Vergleich auch nur dann protokollieren, wenn die inländische Gerichtsbarkeit gegeben ist und der Streit um das zweifelhafte Rechtsverhältnis oder den Anspruch auf den Rechtsweg gehört, die Parteien partei- und prozeßfähig sowie im Anwaltsprozeß durch Rechtsanwälte vertreten sind, über den Gegenstand des Vergleichs keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, und letztlich der Vergleich so bestimmt formuliert ist, daß er den Erfordernissen der Bestimmtheit eines Exekutionstitels entspricht (§ 7 EO). Fehlt eine dieser beispielsweise angeführten Voraussetzungen, dann hat der Richter die Aufnahme des Protokolls zu verweigern. Bei Vorliegen der oben aufgezählten Voraussetzungen können die Parteien vom Richter auch die Protokollierung eines außergerichtlichen Vergleichs verlangen, der damit zum gerichtlichen Vergleich mit allen seinen prozessualen Wirkungen wird (Fasching aaO Rz 1354). Auch das bis zum Inkrafttreten des ASGG als letzte Instanz in Leistungsstreitsachen berufene Oberlandesgericht Wien war der Ansicht, daß ein gerichtlicher Unterhaltsvergleich im Sinne des § 258 Abs.4 ASVG erst durch seine Protokollierung zustandekommt (SSV 21/89).
Wie der Oberste Gerichtshof in anderem Zusammenhang dargelegt hat, fehlt etwa auch einer vor der Ehescheidung gemäß § 55a EheG dem Gericht unterbreiteten schriftlichen Vereinbarung monatlicher Unterhaltsleistungen der Charakter eines gerichtlichen Vergleiches (SZ 56/22). Hingegen wird eine außergerichtliche Vereinbarung nicht dadurch in einen gerichtlichen Vergleich transformiert, daß die Unterschriften der Parteien beglaubigt sind, gleichgültig ob es sich um gerichtliche (vgl. § 285 AußStrG, §§ 426 bis 429 Geo) oder notarielle Beglaubigung handelt. Zwar ist der Richter in jenen Fällen gerichtlicher Vergleiche, in denen nur eine außergerichtlich erfolgte Parteieneinigung protokolliert wird, vor allem Urkundsperson, für die die Einhaltung der Formvorschriften bei der Beurkundung im Vordergrund steht (Fasching aaO Rz 1326), doch unterscheidet sich das Ergebnis einer solchen Beurkundung schon dadurch wesentlich von der bloßen Legalisierung der Unterschriften, daß der gerichtliche Vergleich einen Exekutionstitel im Sinn des § 1 Z 5 EO darstellt. Würde es im Rahmen des § 258 Abs.4 ASVG nur auf die Beglaubigung der Unterschriften eines Unterhaltsvertrages ankommen, müßte nämlich auch die notarielle Beglaubigung genügen:
Auch die notarielle Beglaubigung der Unterschriften würde (wie übrigens überhaupt jeder Notariatsakt) geeignet sein, Manipulationsmöglichkeiten zu Lasten der Sozialversicherungsträger hintanzuhalten. Gerade dieses Argument zeigt deutlich, daß der Gesetzgeber eben nicht die Beglaubigung der Unterschriften für erheblich ansah, sondern das Vorliegen eines gerichtlichen Vergleiches im technischen Sinn. Aus der Rechtsnatur des gerichtlichen Vergleiches als doppelfunktionielle Prozeßhandlung (Fasching aaO Rz 1335; Ertl in Rummel ABGB Rz 8 zu § 1380 jeweils mwN) läßt sich für den Rechtsstandpunkt der Klägerin nichts gewinnen, weil es eben für den Pensionsanspruch nicht ausreicht, daß sich der Versicherte (nach der Ehescheidung) materiell in irgendeiner Weise verpflichten wollte.
Die von der Revisionswerberin angestrebte teleologische Auslegung des Begriffes "gerichtlicher Vergleich" im Sinne einer Ausdehnung auf "außergerichtliche Vereinbarung mit Beglaubigung der Unterschriften" scheitert, wie bereits oben dargelegt, am äußersten möglichen Wortsinn der Norm. Da außergerichtliche Vereinbarungen hier nur dann bedeutsam werden können, wenn sie vor der Ehescheidung geschlossen wurden, bedeutet dies im Fall der Klägerin, daß an den hier festgestellten Sachverhalt keine witwenpensionsrechtliche Rechtsfolge geknüpft werden kann. Für das Vorliegen einer Rechtslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten Rechtsordnung (Koziol-Welser aaO 24 mwN), fehlen entsprechende Anhaltspunkte, auch die Revision zeigt solche nicht auf und macht das Vorliegen einer Rechtslücke gar nicht geltend.
Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 258 Abs.4 ASVG bestehen entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht keine Bedenken. Dies hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (SSV-NF 2/27; vgl. auch SSV-NF 4/126 am Ende), allerdings anläßlich einer Prüfung der Frage, ob das Gleichheitsgebot dadurch verletzt werde, daß die Witwenpension nach der Ehescheidung nur gebühre, wenn der Versicherte zur Zeit des Todes Unterhalt oder einen Unterhaltsbeitrag auf Grund der genannten Titel zu leisten hatte, während für den mit dem Versicherten in aufrechter Ehe lebenden Ehegatten diese Voraussetzungen auch dann nicht erfüllt sein müßten, wenn der gemeinsame Haushalt aufgehoben sei. Schon die Tatsache der Scheidung der Ehe wurde als ausreichende Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung des geschiedenen Ehegatten angenommen; weiters wurde hervorgehoben, daß Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten nicht dieselben seien wie die des (wenn auch getrennt lebenden) Ehegatten. Schließlich wurde auch das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel, durch die strittige Regelung eine spekulative Ausnützung der Einrichtung der Witwenpension auszuschließen, als sachlicher Grund für die differenzierte Behandlung der Witwenpension des in aufrechter Ehe lebenden und des geschiedenen Ehegatten angesehen.
Die Revisionswerberin erblickt zu Unrecht eine Verletzung des Gleichheitssatzes darin, daß nach § 258 Abs.4 ASVG gerichtliche Vergleiche andere Auswirkungen haben als außergerichtliche Vereinbarungen, die (wenngleich beglaubigt) nach der Ehescheidung geschlossen wurden. Mit dieser gesetzlichen Regelung wird jedoch nicht Gleiches ungleich behandelt. Die obigen Ausführungen haben gezeigt, daß es dem Gesetzgeber nicht darum ging, ob der wahre Wille der Parteien durch entsprechendes Verhalten offenkundig sei, sondern vielmehr darum, bestimmte Fälle herauszugreifen, in denen (ausnahmsweise) ein "früherer Ehegatte" der Witwe bzw. dem Witwer pensionsrechtlich gleichgestellt werden sollte (vgl. Schrammel in Tomandl SV-System 4.ErgLfg.121). Die Differenzierungen sind sachlich begründbar, auch wenn Härtefälle nicht ausgeschlossen werden können. Rechtspolitische Erwägungen des Gesetzgebers unterliegen - außer im Fall eines hier nicht ersichtlichen Exzesses - nicht der Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes und sind insoweit auch nicht mit den aus dem Gleichheitsgebot ableitbaren Maßstäben zu messen. Innerhalb dieser Grenze ist die Rechtskontrolle nicht zu einem Urteil in Angelegenheiten der Rechtspolitik berufen (VfSlg.9583 mwN; SSV-NF 2/27). Der Oberste Gerichtshof hat daher auch diesmal unter dem Aspekt des Gleichheitsgebotes keine Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit der zitierten Regelung, weshalb er sich nicht veranlaßt sieht, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag zu stellen, auf Verfassungswidrigkeit der angeführten Bestimmung zu erkennen.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs.1 Z 2 lit.b ASGG. Da die Klägerin im Revisionsverfahren durch einen ihr im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt vertreten wird, ist sie mit Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht belastet, so daß schon aus diesem Grund keine Veranlassung besteht, ihr aus Billigkeit Kosten zuzuerkennen (SSV-NF 1/19, 2/26, 27 uva).
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