Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird eine neue Entscheidung über den Rekurs der Klägerin aufgetragen. Die Kosten des Revisionsrekurses sind Kosten des Rekursverfahrens.
Text
Begründung
Das Begehren der Klägerin auf Gewährung der Invaliditätspension wurde mit dem am 2.11.1989 rechtskräftig gewordenen Urteil des Erstgerichtes vom 24.November 1988 abgewiesen.
Am 5.3.1990 langte bei der beklagten Partei ein neuer Antrag der Klägerin auf Zuerkennung der Invaliditätspension ein, den die beklagte Partei gemäß § 362 ASVG zurückwies.
Das Erstgericht wies die Klage, welche die Klägerin gegen diesen Bescheid der beklagten Partei erhob, ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ebenfalls zurück. Es führte zur Glaubhaftmachung der Änderung des Gesundheitszustands der Klägerin aus, daß die von ihr hiezu vorgelegten ärztlichen Gutachten und Atteste keinerlei Befunde enthielten, aus denen festgestellt werden könne, daß sich der im Vorverfahren festgestellte Gesundheitszustand und die dort festgestellten Leiden verschlechtert hätten oder neue Leiden hinzugetreten seien. Die Klägerin habe daher eine wesentliche Änderung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustands nicht gemäß § 68 ASGG glaubhaft gemacht.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge, wobei es davon ausging und begründete, daß die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Urkunden nicht ausreichten, um eine wesentliche Änderung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustandes glaubhaft zu machen.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Klägerin gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.
Hat der Versicherungsträger in den Fällen des § 362 ASVG den Antrag zurückgewiesen, so ist der Rechtsweg gemäß § 73 iVm § 68 ASGG unzulässig, wenn der Versicherte dem Gericht eine wesentliche Änderung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustands nicht glaubhaft zu machen vermag (vgl SSV-NF 2/54, 4/133). Es genügt also nicht, daß er irgendeine Änderung des Gesundheitsstands glaubhaft macht, sondern es muß sich um eine Änderung handeln, die wesentlich ist. Wesentlich ist die Änderung dann, wenn sie eine Entscheidung im Sinn des Leistungsantrags des Versicherten rechtfertigen kann (vgl Kuderna, ASGG Anm 2 zu § 68). Begehrt der Versicherte die Zuerkennung einer Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit, so liegt eine wesentliche Änderung nur vor, wenn sich infolge der Änderung seines Gesundheitszustands sein Leistungskalkül gegenüber jenem zur Zeit des Verfahrens, das über den früheren Antrag auf Zuerkennung der Pension durchgeführt wurde, so weit verschlechtert hat, daß ihm nunmehr die Ausübung der Berufstätigkeiten nicht mehr zugemutet werden kann, die zur Zeit des Vorverfahrens der Zuerkennung der Pension entgegenstanden, weil er sie damals noch ausüben konnte (vgl die §§ 255 und 273 ASVG).
Die dem Versicherten zur Pflicht gemachte Glaubhaftmachung kann
sich nur auf den Tatsachenbereich beziehen. Der Wortlaut des
Gesetzes ist daher mißverständlich, weil der Versicherte nur eine
Änderung des Gesundheitszustandes glaubhaft machen kann. Die
Lösung der Frage, ob sie wesentlich ist, fällt in den Bereich der
rechtlichen Beurteilung, auf die sich die Glaubhaftmachung,
soweit nicht ausnahmsweise ausländisches Recht anzuwenden ist
(vgl § 4 Abs 1 IPRG), nicht beziehen kann. § 68 ASGG ist daher so
zu verstehen, als ob der hier zu beurteilende Satzteil etwa
lauten würde: "......vermag der Versicherte dem Gericht eine
Änderung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustands glaubhaft
zu machen und ist diese Änderung wesentlich, so.......".
Da der Obersten Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz ist, haben die Vorinstanzen daher zunächst als Tatfrage zu beurteilen, ob der Versicherte überhaupt eine Änderung seines Gesundheitszustands glaubhaft gemacht hat und gegebenenfalls welche. Betrifft die Entscheidung Leistungen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit, so muß ihren Entscheidungen zumindest zu entnehmen sein, ob sich infolge der glaubhaft gemachten Änderung das Leistungskalkül des Versicherten so weit verschlechtert hat, daß er die Berufstätigkeiten, die ihm zur Zeit des Vorverfahrens noch zuzumuten waren, nicht mehr ohne der Gefahr der Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands ausüben kann.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes entspricht dem Gesagten nicht, weil darin die Lösung der Tatfrage mit der rechtlichen Beurteilung vermischt wurde. Es heißt dort nur, daß das von der Klägerin vorgelegte psychiatrische Gutachten nicht ausreiche, um eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustands glaubhaft zu machen, es geht aus der Entscheidung aber nicht eindeutig hervor, ob das Rekursgericht überhaupt eine Änderung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustands und gegebenenfalls in welchem Ausmaß es diese Änderung als glaubhaft gemacht angesehen hat. Diese - wie erwähnt, in den Tatsachenbereich fallende - Frage hätte das Rekursgericht aber klären müssen, zumal die Klägerin in dem Rekurs, den sie gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhob, dessen Ansicht bekämpfte, daß sie überhaupt keine Änderung ihres Gesundheitszustandes glaubhaft gemacht habe. Die Entscheidung des Rekursgerichtes mußte daher aufgehoben werden.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 2 Abs 1 ASGG iVm § 52 Abs 1 ZPO.
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