OGH 10ObS267/99h

OGH10ObS267/99h9.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Walter Holzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Andrea Svarc (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Stadt W*****, vertreten durch den Magistrat der Stadt W*****, Abteilung Finanz-Patientenservice, ***** im Revisionsverfahren nicht vertreten, als Fortsetzungsberechtigte nach der am 10. Dezember 1998 verstorbenen Margarethe H*****, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen Pflegegeld, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Juni 1999, GZ 7 Rs 199/99g-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. Februar 1999, GZ 2 Cgs 142/98f-14, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei als Fortsetzungsberechtigter nach der am 10. 12. 1998 verstorbenen Margarethe H***** für die Zeit vom 1. 5. 1998 bis 30. 11. 1998 das Pflegegeld der Stufe 7 von S 21.074 monatlich binnen 14 Tagen zu zahlen. Das Mehrbegehren auf Zahlung eines Pflegegeldes über den 30. 11. 1998 hinaus wird abgewiesen."

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 23. 6. 1915 geborene ursprüngliche Klägerin Margarethe H***** bezog von der beklagten Partei eine Alterspension, eine Ausgleichszulage sowie einen Hilflosenzuschuss bzw in der Folge Pflegegeld der Stufe 2 und seit 1. 7. 1993 der Stufe 3.

Mit Bescheid der beklagten Partei vom 26. 6. 1998 wurde das Pflegegeld ab 1. 5.1998 neu bemessen und Margarethe H***** ein Pflegegeld der Stufe 5 zuerkannt.

Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage stellte sie das Begehren auf Gewährung des Pflegegeldes der Stufe 7 ab Antragstellung.

Margarethe H***** ist am 10. 12. 1998 verstorben. Das Verfahren wurde gemäß § 19 Abs 3 BPGG mit der nunmehr klagenden Partei als Träger der seinerzeitigen Pflegekosten fortgesetzt.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei als Fortsetzungsberechtigter das Pflegegeld der Stufe 7 im gesetzlichen Ausmaß vom 1. 5. 1998 bis 10. 12. 1998 zu gewähren.

Nur gegen die Gewährung des Pflegegeldes für den Zeitraum vom 1. 12. 1998 bis 10. 12. 1998 erhob die Beklagte Berufung. Das Berufungsgericht gab der Berufung teilweise Folge und änderte das Ersturteil im angefochtenen Umfang dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, der klagenden Partei als Bezugsberechtigter S

1.335 an anteiligem Pflegegeld der Stufe 7 für die Zeit vom 1. 12. 1998 bis 10. 12. 1998 zu zahlen. Es verwies auf die Bestimmung des § 9 Abs 1 BPGG (idF Art 21 Z 3 des StrukturanpassungsG 1996), wonach der Anspruch auf Pflegegeld mit dem Todestag des Anspruchsberechtigten erlischt und in diesem Kalendermonat nur der verhältnismäßige Teil des Pflegegeldes gebührt. Der anteilige Pflegegeldanspruch für das Sterbemonat betrage S 7.024,70. Davon sei das gemäß § 47 Abs 4 BPGG im Jänner 1997 vorschussweise gezahlte Pflegegeld der Stufe 3 in Höhe von S 5.690 in Abzug zu bringen, sodass sich noch ein offener Betrag von S 1.335 für den Zeitraum vom 1. 12. 1998 bis 10. 12. 1998 ergebe. Die Rechtsansicht der beklagten Partei, dass für den Sterbemonat nur die im Jänner 1997 geleistete Vorschusszahlung gebühre, finde im Gesetz keine Deckung. Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die Entscheidung (im angefochtenen Umfang) im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Die klagende Partei hat von der ihr eingeräumten Möglichkeit, eine Revisionsbeantwortung zu erstatten, keinen Gebrauch gemacht.

Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 46 Abs 3 ASGG auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig, weil es sich beim Pflegegeld um wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen im Sinn des § 46 Abs 3 Z 3 ASGG handelt und auch ein Klagebegehren, das zeitlich befristete Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen und damit bereits einen Gesamtbetrag zum Gegenstand hat, unter die Bestimmung des § 46 Abs 3 Z 3 ASGG fällt (Feitzinger/Tades, ASGG2 Anm 14 zu § 46; vgl auch 10 ObS 29/97f; 10 ObS 348/98v ua). Die Revision ist auch berechtigt.

Die beklagte Partei vertritt in ihrer Revision im Wesentlichen den Standpunkt, dass auf Grund der im § 47 Abs 4 BPGG vorgesehenen (einmaligen) Vorschusszahlung in der Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes sämtliche weitergehenden Ansprüche des Pflegebedürftigen bzw des Eintrittsberechtigten auf ein Pflegegeld für den Sterbemonat ausgeschlossen seien. Der Vorschuss gebühre gemäß § 47 Abs 4 BPGG an Stelle des verhältmismäßigen Teiles des im Sterbemonat gebührenden Pflegegeldes. Änderungen des Pflegegeldes (Erhöhungen, Minderungen), die nach der Auszahlung des Vorschussbetrages eingetreten seien, seien nicht mehr zu berücksichtigen. Diese vom Gesetzgeber aus Gründen der leichteren Administrierbarkeit vorgenommene Pauschalierung des Pflegegeldanspruches im Sterbemonat sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.

Während nach der Stammfassung des BPGG das Pflegegeld nach dessen § 17 Abs 1 jeweils am Monatsersten im Voraus fällig war, wurde diese Bestimmung durch Art 21 Z 8 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 201, dahin geändert, dass nunmehr bezüglich der Auszahlung des Pflegegeldes, soweit dieses Bundesgesetz nichts Anderes bestimmt, die beim jeweiligen Entscheidungsträger in Vollziehung der im § 3 genannten Normen anzuwendenden Bestimmungen gelten. Damit ist der bisher den Abs 2 dieser Bestimmung bildende subsidiäre Verweis auf die für die Grundleistungen maßgebenden Regelungen auch für die Fälligkeit des Pflegegeldes ausschlaggebend geworden. Die Neuregelung über die Auszahlung trat nach § 48 BPGG (idF Art 21 Z 11 BGBl 1996/201) am 1. 5. 1996 in Kraft. Damit einher ging die Neuregelung des § 104 Abs 2 ASVG (idF Art 34 Z 56 BGBl 1996/201), § 72 Abs 2 GSVG (idF Art 35 Z 15 leg cit), § 68 Abs 2 BSVG (idF Art 36 Z 13 leg cit) und § 45 Abs 1 B-KUVG (idF Art 38 Z 3 leg cit), wonach Renten und Pensionen aus der Unfall- und Pensionsversicherung in Hinkunft monatlich im Nachhinein am Ersten des Folgemonats ausgezahlt werden. Die Pensionsauszahlung im Nachhinein soll in erster Linie eine Verbesserung der Liquidität der Pensionsversicherungsträger durch eine Verringerung der notwendigen Kreditaufnahmen mit sich bringen (RV 72 BlgNR XX. GP 245). Diese Regelung trat jedoch erst am 1. 1. 1997 in Kraft, sodass es 1996 auch für Pflegegeldbezieher mit einer Pension oder Vollrente als Grundleistung beim bisherigen Auszahlungsmodus blieb (Pfeil, BPGG, Nachtrag 10).

Um zu vermeiden, dass es bei der Umstellung des Auszahlugsmodus zu einer Unterbrechung des Bezuges kommt (Auszahlung für Dezember 1996 noch im Voraus, für Jänner 1997 erst im Nachhinein) sehen die damit im Zusammenhang stehenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen (§ 563 Abs 3 ASVG; § 266 Abs 2 GSVG; § 255 Abs 2 BSVG und § 181 Abs 2 B-KUVG) eine Vorschusszahlung in Höhe der im Dezember 1996 gebührenden Pension (Rente) vor. Für Neupensionen (Neurenten) sehen die sozialversicherungsrechtlichen Änderungen des StrukturanpassungsG 1996 (§ 100 Abs 1 lit b ASVG; § 68 Abs 1 lit b GSVG; § 64 Abs 1 lit b BSVG und § 41 B-KUVG) vor, dass der Anspruch auf Pension (Rente) mit dem Tod des Anspruchsberechtigten erlischt und eine Aliquotierung der Leistung im Sterbemonat erfolgt. Es soll daher in dem Monat, in dem der Pensions-(Renten-)Bezieher stirbt, hinsichtlich der Neupensionen (Neurenten) künftig nur noch der aliquote Teil der Leistung gebühren (RV aaO). Hinsichtlich der Altpensionen (Altrenten) sehen die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen (§ 563 Abs 3 ASVG; § 266 Abs 2 GSVG; § 255 Abs 2 BSVG und § 181 Abs 2 B-KUVG) vor, dass dem anspruchsberechtigten Personenkreis die bereits erwähnte (einmalige) Vorschusszahlung an Stelle des aliquoten Teils der Leistung im Sterbemonat gebühren soll. Es war somit der ausdrücklich erklärte Wille des Gesetzgebers, dass hinsichtlich der Altpensionen (Altrenten) dieser Anspruch auf den aliquoten Teil der Leistung durch die (einmalige) Vorschusszahlung pauschaliert abgegolten sein soll und somit im Sterbemonat keine Leistung mehr gebühren soll (vgl RV aaO). Begründet wurden die mit dem StrukturanpassungsG 1996 auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechtes eingeleiteten Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung unter anderem auch mit der Reduzierung der Ausfallhaftung des Bundes und mit Einsparungen beim Verwaltungsaufwand der Pensionsversicherungsträger (vgl RV aaO 200).

Die Notwendigkeit der Konsolidierung des Budgethaushaltes erforderte nach Ansicht des Gesetzgebers auch geeignete Maßnahmen im Bereich des Pflegegeldes. So wurde durch das StrukturanpassungsG 1996 der Betrag des Pflegegeldes in der Stufe 1 von bisher S 2.635 monatlich auf S 2.000 gekürzt. Weiters wurde vorgesehen, dass das Pflegegeld künftig frühestens mit dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten gewährt bzw erhöht wird. Weiters wurde normiert, dass auch der Anspruch auf Pflegegeld mit dem Todestag des Anspruchsberechtigten erlischt und eine Aliquotierung des Pflegegeldes im Sterbemonat erfolgt (§ 9 Abs 1 und 3 BPGG idF Art 21 Z 3 und 4 BGBl 1996/201). Um zu vermeiden, dass es zu einer Unterbrechung der Auszahlung des Pflegegeldes durch die Änderung des Auszahlungsmodus kommt, war es erforderlich, eine den bereits erwähnten sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen entsprechende Regelung auch in das BPGG aufzunehmen (vgl RV aaO 233). Nach § 47 Abs 4 BPGG idF Art 21 Z 11 BGBl 1996/201 ist dann, wenn in den in Vollziehung der im § 3 genannten Normen eine Vorschusszahlung zur Pension (Rente) gesetzlich angeordnet ist, Personen, die im Dezember 1996 ein Pflegegeld beziehen und bei denen der Leistungsanspruch am 31. Dezember 1996 aufrecht ist, auch ein Vorschuss an Pflegegeld zu leisten. Dieser Vorschuss gebührt an Stelle des verhältnismäßigen Teiles des Pflegegeldes gemäß § 9 Abs 1 letzter Satz idF des Bundesgesetzes BGBl Nr 201/1996 für den Kalendermonat, in dem der Anspruch auf Pflegegeld erlischt. Die Vorschusszahlung ist in der Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes spätestens am 1. Jänner 1997 flüssig zu machen. Alle auf das Pflegegeld anzuwendenden Bestimmungen gelten auch für die Vorschusszahlung.

Auf Grund der Wortinterpretation (arg "anstelle") und der aus den zitierten Gesetzesmaterialien hervorgehenden Absicht des Gesetzgebers soll damit zweifellos der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck gebracht werden, dass auch hinsichtlich der Bezieher von Pflegegeld die spätestens am 1. 1. 1997 in der Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes zur Auszahlung zu bringende (einmalige) Vorschusszahlung den Anspruch auf den aliquoten Teil der Leistung im Sterbemonat pauschaliert abgelten soll und somit im Sterbemonat keine Leistung mehr gebühren soll (vgl Radner ua, BSVG3 Anm 3 zu § 64). Deshalb hat der Gesetzgeber auch keine Bestimmungen über eine allfällige Verrechnung oder Rückforderung für die Fälle vorgesehen, bei denen im Sterbemonat ein höheres oder auch ein geringeres anteiliges Pflegegeld gebühren würde als im Monat der Vorschusszahlung - Dezember 1996 (in diesem Sinne auch jüngst 10 ObS 114/99h).

Gegen dieses Ergebnis wurden von Baldauf in seinem Aufsatz: "Kein Pflegegeld im Sterbemonat § 47 Abs 4 zweiter Satz BPGG - eine Pensionistenfalle?" in ASok 1999, 51 ff verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Baldauf führt gegen eine so verstandene Pauschalierung mit Abgeltungswirkung für sämtliche nach dem Stichtag 1. 12. 1996 eingetretenen Änderungen der Leistungsstufe vor allem ins Treffen, dass davon nicht alle Anspruchsberechtigten im Sinn des § 3 BPGG erfasst wären. Betroffen wäre ausschließlich jener Kreis an grundsätzlich anspruchsberechtigten Personen, die im Dezember 1996 eine Pension oder Rente bezogen haben, und zwar selbst dann, wenn in der Zwischenzeit eine Änderung in den Voraussetzungen für die Gewährung des Pflegegeldes eingetreten wäre, die eine Anhebung des bisherigen Pflegegeldes bis auf das Zehnfache berechtigt erscheinen ließe. Der Anspruch auf ein aufteiliges Pflegegeld für den Sterbemonat bliebe dagegen erhalten, wenn der Betroffene erst im Jahr 1997 in Pension gegangen oder pflegebedürftig geworden wäre. Damit würde die Zuerkennung eines Pflegegeldes für den Sterbemonat (Differenzbetrag) aber nicht mehr, wie vom Gesetzgeber vorgesehen, vom Pflegebedarf des Betroffenen (§ 4 Abs 2 BPGG) und der Dauer seiner Pflege in diesem Monat abhängig gemacht, sondern von einer Anspruchsberechtigung, wie sie zu einem völlig beliebigen Zeitpunkt, nämlich jenem der Umstellung der Altersversorgung (einer völlig anderen Leistung), bestanden habe. Selbst für eine Pauschalierung gelte, dass sie sachlich begründbar sein müsse und nicht exzessiv sein dürfe. Gerade dies sei nicht mehr der Fall, wenn sie, gemessen am Zweck des Gesetzes, einseitig und zwar nur mehr zum Teil jener Personen (Eintrittsberechtigten) wirke, die Pflegeleistungen erbracht haben (§ 19 BPGG), wobei der Nachteil umso größer sein soll, je aufwendiger diese Leistungen tatsächlich gewesen seien. Daran könne auch das Interesse des Gesetzgebers an einer Vermeidung von unnötigem Verwaltungsaufwand nichts ändern, weil ein solches Interesse nicht jede Pauschalierung rechtfertigen könne, insbesondere nicht eine solche, die auf typische Fälle einer Änderung des Pflegeaufwandes in den letzten Lebensmonaten vor dem Tod (Erhöhung des Pflegeaufwandes durch fortschreitende Verschlechterung des Gesundheitszustandes) keine Rücksicht nehme.

Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Änderungen des StrukturanpassungsG 1996 auch für den Personenkreis von Betroffenen, die erst im Jahr 1997 oder später in Pension gegangen sind bzw pflegebedürftig geworden sind, wesentliche Verschlechterungen im Bereich des Anspruches auf Pflegegeld gebracht haben. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass durch das StrukturanpasssungsG 1996 insbesondere der Betrag des Pflegegeldes in der Stufe 1 auf S 2.000 monatlich gekürzt wurde, das Pflegegeld nunmehr frühestens mit dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten gewährt bzw erhöht wird (bisher: Beginn des Monates der Antragstellung bzw des Monates, in dem die wesentliche Veränderung geltend gemacht oder von Amts wegen ärztlich festgestellt wurde), das Pflegegeld nunmehr ebenfalls im Nachhinein ausbezahlt wird und der Anspruch auf Pflegegeld mit dem Todestag des Anspruchsberechtigten erlischt. Von den Verschlechterungen im Pflegegeldrecht durch das StrukturanpassungsG 1996 war somit nicht nur jene Gruppe anspruchsberechtigter Personen betroffen, die im Dezember 1996 eine Pension oder Rente bezogen haben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entspricht es dem Gleichheitssatz, wenn der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und dabei auch eine pauschalierende Regelung trifft. Dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig (VfSlg 3568, 7891, 8767, 8942 uva). Das Ausmaß der hinzunehmenden ungleichen Auswirkungen (Regelfall/Härtefall) hängt davon ab, ob eine differenzierende Lösung ohne erhebliche Schwierigkeiten vollziehbar ist und welches Gewicht die unterschiedlichen Rechtsfolgen haben. Der Gesetzgeber kann in Grenzen aus Gründen der Verwaltungsökonomie einfache und leicht handhabbare Regelungen schaffen (VfSlg 8827, 9524, 11.775 uva). Ihm kommt auch eine - freilich nicht unbegrenzte - rechtspolitische Gestaltungsfreiheit zu, die außer bei einem Exzess nicht der verfassungsrechtlichen Kontrolle unterliegt und insoweit auch nicht mit den aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitbaren Maßstäben zu messen ist. Innerhalb dieser Grenzen ist die Rechtskontrolle nicht zur Beurteilung der Rechtspolitik berufen (VfSlg 9583 mwN).

Prüft man nun die Übergangsbestimmung des § 47 Abs 4 BPGG an diesen Kriterien, ist zunächst darauf zu verweisen, dass in all den Fällen, in denen im Sterbemonat eines Pflegegeldbeziehers keine höhere Pflegegeldstufe gebührt als im Vergleichsmonat Dezember 1996 die vom Gesetzgeber in der erwähnten Bestimmung vorgesehene Pauschalierung des Pflegegeldanspruches im Sterbemonat mit der in Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes erhaltenen Vorschusszahlung regelmäßig zu einer finanziellen Begünstigung des Pflegegeldbeziehers führt, wobei das Ausmaß dieser Begünstigung vom jeweiligen Todestag des Anspruchsberechtigten abhängig ist. Umgekehrt kann es aber durch die vorgesehene Pauschalierung bei einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs im Sterbemonat gegenüber dem Vergleichsmonat Dezember 1996 auch zu einer finanziellen Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers kommen, wobei eine solche Schlechterstellung vor allem dann eintreten wird, wenn der Anspruchsberechtigte erst gegen Monatsende stirbt. Hingegen muss es bei einem frühen Todestag des Anspruchsberechtigten selbst bei einer in den letzten Lebensmonaten vor dem Tod häufig eintretenden Erhöhung des Pflegebedarfes nicht unbedingt zu einer finanziellen Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers kommen, sondern es kann insbesondere, wenn der Anspruchsberechtigte am Beginn des Kalendermonats stirbt, auch zu einer finanziellen Begünstigung des Pflegegeldbeziehers kommen. Diese Ausführungen zeigen, dass je nach Änderung des Pflegebedarfs im Sterbemonat gegenüber dem Vergleichsmonat Dezember 1996 und nach dem Todestag des Anspruchsberechtigten die vom Gesetzgeber für den Sterbemonat vorgesehene pauschalierte Abgeltung in bestimmten Fällen zu einer finanziellen Begünstigung oder auch Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers in einem durchaus vergleichbaren Ausmaß führen kann, während sich bei der für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung maßgebenden Durchschnittsbetrachtung keine beträchtlichen Unterschiede ergeben.

Wenn auch vom erkennenden Senat nicht verkannt wird, dass durch die vorgesehene Pauschalierung auch Härtefälle entstehen können, muss es dem Gesetzgeber gestattet sein, eine an einer durchschnittlichen Betrachtung orientierte einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen. Wenn man weiters berücksichtigt, dass diese Pauschalierung nicht den laufenden Pflegegeldbezug, sondern nur den (einmaligen) Pflegegeldbezug im Sterbemonat des Anspruchsberechtigten betrifft und das Pflegegeld selbst gemäß § 1 BPGG als Beitrag zur pauschalierten Abgeltung der pflegebedingten Mehraufwendungen konzipiert ist, bestehen nach Ansicht des erkennenden Senates gegen die Anwendung der Übergangsbestimmung des § 47 Abs 4 BPGG auch keine Bedenken aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit (in diesem Sinne auch 10 ObS 114/99h).

Der erkennende Senat hält daher auf Grund der dargelegten Erwägungen seine in der Entscheidung SSV-NF 12/46 zur Auslegung der Übergangsbestimmung des § 47 Abs 4 BPGG geäußerte gegenteilige Rechtsansicht nicht mehr aufrecht.

Es war somit in Stattgebung der Revision der beklagten Partei das allein noch strittige Mehrbegehren auf Gewährung eines Pflegegeldes über den 30. 11. 1998 hinaus abzuweisen.

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