OGH 10ObS259/01p

OGH10ObS259/01p25.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz W*****, Pensionist, ***** vertreten durch Zauner & Mühlböck Rechtsanwälte KEG in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Pflegegeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. Mai 2001, GZ 12 Rs 96/01a-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Dezember 2000, GZ 19 Cgs 89/99f-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das Urteil des Erstgerichtes wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die beklagte Partei schuldig ist, dem Kläger ab 1. 8. 1998 ein (erhöhtes) Pflegegeld der Stufe 5 von S 11.591 monatlich zu zahlen; das Mehrbegehren auf Zahlung eines höheren Pflegegeldes wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der für eine Gewährung von Pflegegeld der Stufe 6 vor und nach dem Inkrafttreten der Novelle zum BPGG, BGBl I 1998/111 und der neuen EinstV, BGBl II 1999/37, erforderlichen Voraussetzungen zutreffend verneint, sodass auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO).

Nach § 4 Abs 2 BPGG ist für die Erlangung von Pflegegeld der Stufe 6 neben dem hier von der beklagten Partei nicht mehr bestrittenen Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden pro Monat erforderlich:

§ 4 Abs 2 aF: die dauernde Beaufsichtigung oder ein gleichzuachtender Pflegebedarf;

§ 4 Abs 2 nF: 1. zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen, die regelmäßig während des Tages und in der Nacht zu erbringen sind oder

2. die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson während des Tages und der Nacht, weil die Wahrscheinlichkeit einer Eigen- oder Fremdgefährdung gegeben ist.

Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist keine vom medizinischen Sachverständigen zu klärende Tatfrage, sondern eine Rechtsfrage, die ausgehend von den Feststellungen über die Bedürfnisse des Betroffenen im konkreten Fall zu beurteilen ist (SSV-NF 11/77, 11/86 ua). Der beim Kläger unbestritten vorliegende außergewöhnliche Pflegebedarf der Stufe 5 erfordert die dauernde Bereitschaft, nicht jedoch die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson. Dies ist dahin zu verstehen, dass der Pflegebedürftige jederzeit Kontakt mit der Pflegeperson aufnehmen und diese in angemessener Zeit die erforderliche Betreuung und Hilfe leisten kann oder die Pflegeperson von sich aus in angemessenen Zeitabständen Kontakt mit dem Pflegebedürftigen aufnimmt (SSV-NF 11/48 ua).

Die Feststellungen bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Zustand des Klägers eine dauernde Beaufsichtigung oder einen gleichzuachtenden Pflegeaufwand oder zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen erfordert. Der Umstand, dass beim Kläger nach den Feststellungen eine teilweise Harninkontinenz bei häufigem Harndrang besteht, rechtfertigt weder für sich allein (Versorgung mit Windeln bzw Einlagen) noch im Zusammenhang mit dem weiteren Umstand, dass ein häufiges Alleinlassen die beim Kläger vorhandene depressive Symptomatik verschlechtern würde, die Annahme des Erfordernisses zeitlich unkoordinierbarer Betreuungsmaß- nahmen und damit der Notwendigkeit der dauernden Anwesenheit einer Pflegeperson, zumal der Kläger in der Lage ist, bei Bedarf mit Hilfe des vorhandenen Schnurlostelefons eine Betreuungsperson herbeizurufen (SSV-NF 11/48, 11/69, 10 ObS 113/00s, 10 ObS 135/00a ua). Es genügt somit beim Kläger neben der koordinierbaren Pflegeleistung eine Rufbereitschaft. Diese ist aber nur Voraussetzung des in der dem Kläger von den Vorinstanzen ohnehin gewährten Pflegegeldstufe 5 zum Ausdruck gelangenden außergewöhnlichen Pflegeaufwandes.

Da somit der Kläger weder nach altem noch nach neuem Recht Anspruch auf ein die Stufe 5 übersteigendes Pflegegeld hat, waren die Urteile der Vorinstanzen mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der ziffernmäßige Betrag des dem Kläger seit 1. 8. 1998 gebührenden Pflegegeldes der Stufe 5 auch im Urteilsspruch des Erstgerichtes ausgewiesen wird (SSV-NF 12/41 mwN ua).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch an den Kläger nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.

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