Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Am 24.6.1997 wurde eine Ausfertigung des klageabweisenden Urteils des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22.8.1996, 7 Cgs 167/94p-27, und des Bescheides des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 17.6.1997 über die Bestellung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Verfahrenshilfe dem für den Kläger bestellten Verfahrenshelfer zugestellt. Dessen Substitutin adressierte die Berufung gegen das Ersturteil direkt an das Berufungsgericht und gab sie am 21.7.1997 zur Post. Am 22.7.1997 langte die Berufung beim Berufungsgericht ein. Von diesem wurde sie umgehend an das Erstgericht zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung weitergeleitet, wo sie am 23.7.1997 einlangte.
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht die vom Erstgericht vorgelegte Berufung als verspätet zurück. Prozessuale Fristen würden durch eine Postaufgabe am letzten Tag gewahrt, wenn das befristete Schriftstück an das zuständige Gericht adressiert werde (§ 89 Abs 1 GOG; EvBl 1980/87; SZ 52/155 ua). Werde jedoch eine Berufung unrichtig an das Berufungsgericht und nicht an das Erstgericht adressiert, so könne sie nur dann als rechtzeitig angesehen werden, wenn sie noch innerhalb der offenstehenden Frist beim zuständigen Gericht einlange (Gitschthaler in Rechberger, ZPO Rz 12 zu § 126 mwN). Zur Wahrung der Frist reiche es nicht aus, daß das unrichtig adressierte Schriftstück am letzten Tag der Frist bei der unrichtigen Stelle einlange, wenn es auch von dieser mit der Amtspost noch am selben Tag an das zuständige Gericht weitergeleitet werde, bei dem jedoch erst nach Ablauf der Frist eintreffe. In einem solchen Fall komme der Partei nicht die Vorschrift des § 89 GOG zugute. Die Zeit der Übersendung des Rechtsmittels an das zuständige Gericht sei in die Frist einzurechnen (7 Ob 598/80; RZ 1990/109). Die vorliegende Berufung sei daher verspätet, weil sie erst einen Tag nach Ablauf der Berufungsfrist beim Erstgericht eingelangt sei.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Berufungsgericht die Durchführung des Berufungsverfahrens aufzutragen.
Der Rekurs ist zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO; Fink, ASGG 117); er ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodaß auf diese Ausführungen verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 528a ZPO; s. auch EvBl 1995/90).
Der Ansicht des Rekurswerbers, das Berufungsgericht hätte übersehen, daß es für den Fristbeginn auf den ersten, der betreffenden Partei voll zur Verfügung stehenden Tag ankomme, weshalb die am 23.7.1997 beim Erstgericht eingelangte Berufung ohnehin rechtzeitig gewesen sei, kann nicht gefolgt werden. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Fristberechnung ist richtig.
Gemäß § 464 Abs 1 ZPO beträgt die Berufungsfrist 4 Wochen. Sie beginnt gemäß § 464 Abs 2 ZPO mit der an die Partei erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Urteils. Hat eine Verfahrenshilfe beantragende Partei innerhalb dieser Frist die Beigebung eines Rechtsanwaltes beantragt, so beginnt für sie die Berufungsfrist mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes und einer schriftlichen Urteilsausfertigung an ihn (§ 464 Abs 3 ZPO). Was die Berechnung der vierwöchigen Berufungsfrist betrifft, so normiert § 125 Abs 2 ZPO, daß eine nach Wochen bestimmte Frist mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche endet, der durch seine Bezeichnung dem Tag entspricht, an dem die Frist zu laufen begonnen hat. Bei einer nach Tagen berechneten Frist sieht § 125 Abs 1 ZPO vor, daß der Tag des fristauslösenden Ereignisses nicht mitgezählt wird, wogegen § 125 Abs 2 ZPO keine Regelung über den Beginn, sondern nur über den Ablauf der Frist enthält und demnach nichts darüber aussagt, ob der Tag, mit dem die Frist beginnt, mitzuzählen ist (SZ 57/65; Arb 11.142 = ARD 4.693/13/95). Für die Berufungsfrist ist die Aussage aber im § 464 Abs 2 ZPO enthalten: Sie beginnt mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Urteiles, das heißt am Tag der Zustellung und endet daher einem gleich bezeichneten Tag. § 125 Abs 2 ZPO kann daher nicht dahin verstanden werden, daß eine Frist von vier Wochen anders zu berechnen wäre als eine Frist von 28 Tagen. Die vierwöchige Frist endet vielmehr - wie eine solche von 28 Tagen - mit dem Tag, der seiner Bezeichnung nach dem Tag des fristauslösenden Ereignisses entspricht (EFSlg 57.781, 60.808 ua). Die Unterscheidung für nach Tagen und für nach Wochen bestimmte Fristen in den Abs 1 und 2 des § 125 ZPO ist daher nur eine scheinbare (Gitschthaler in Rechberger aaO Rz 4). Aus Fasching, Lehrbuch**2 Rz 554 und SZ 57/65 ergibt sich entgegen der Ansicht des Rekurswerbers keine anderslautende Berechnung der Berufungsfrist.
Dem unbegründeten Rekurs ist ein Erfolg zu versagen.
Ein Zuspruch der Kosten des erfolglosen Rechtsmittels kommt mangels Vorliegens von Billigkeitsgründen nicht in Betracht (§ 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG).
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