OGH 10ObS178/02b

OGH10ObS178/02b18.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Komm. Rat Mag. Paul Kunsky (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Georg Eberl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Elisabeth L*****, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Jänner 2002, GZ 10 Rs 441/01y-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 12. September 2001, GZ 32 Cgs 39/01m-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei ab 1. 10. 2000 die Alterspension in einer Höhe von monatlich (brutto) 1.524,70 EUR zu gewähren.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei auch über den 30. 9. 2000 hinaus eine Teilpension gemäß § 253 Abs 2 ASVG im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, wird abgewiesen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 333,12 EUR (darin 55,52 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 28. 5. 1937 geborene Klägerin stellte am 13. 5. 1997 bei der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten einen Antrag auf Gewährung der Alterspension. Mit Bescheid vom 18. 8. 1997 hat die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten den Anspruch auf Alterspension ab 1. 6. 1997 anerkannt und ausgesprochen, dass die Pension ab 1. 6. 1997 als Teilpension in einer Höhe von monatlich 13.575,30 S gebührt (= 85 % der Gesamtpension in Höhe von 15.970,90 S). Die Klägerin stand zum Stichtag in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis zum Landesschulrat ***** und übte diese Erwerbstätigkeit auch nach dem Pensionsantritt aus, wodurch sie ein Erwerbseinkommen erzielte, dessen Höhe über dem jeweiligen Ausgleichszulagen-Einzelrichtsatz nach § 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG lag.

Mit Bescheid vom 11. 12. 2000 stellte die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten fest, dass die Teilalterspension infolge Aufhebung der Bestimmungen über die Teilalterspension ab 1. 10. 2000 als Alterspension gewährt werde und ab diesem Zeitpunkt erhöht und neu mit 20.980,30 S (1.524,70 EUR) berechnet worden sei. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, dass eine (neuerliche) Neuberechnung der Alterspension künftig nicht mehr vorgesehen sei, da nunmehr die volle Alterspension auch neben einem Erwerbseinkommen bezogen werden könne.

Das Erstgericht wies das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin auch über den 30. 9. 2000 hinaus eine Teilpension gemäß § 253 Abs 2 ASVG im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, ab. Die Regelung über die Teilpension sei mit Wirkung ab 1. 10. 2000 aufgehoben worden, weshalb die von der Klägerin begehrte Weitergewährung einer Teilpension nach diesem Zeitpunkt mangels gesetzlicher Grundlage nicht mehr möglich sei. Ab 1. 10. 2000 habe eine gleichzeitig ausgeübte Erwerbstätigkeit - unabhängig vom erzielten Einkommen - keinen Einfluss mehr auf die gebührende Alterspension, sodass diese ungekürzt zur Auszahlung gelange. Gleichzeitig sei durch das SRÄG 2000 eine Gesetzesänderung dahingehend erfolgt, dass nach Beendigung der Erwerbstätigkeit für die bis dahin (neben dem nunmehr ungekürzten Bezug der Alterspension) erworbenen weiteren Beitragsmonate keine Neuberechnung der Alterspension mehr erfolge und daher auch keine allfällige Erhöhung mehr möglich sei. Auf den Einwand der Verfassungswidrigkeit sei im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz nicht Bedacht zu nehmen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Zu den in der Berufung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Art 1 Z 22b und Z 32a SRÄG 2000 führte es zusammengefasst Folgendes aus:

Die sogenannte Altersteilpension sei - nach Aufhebung der Ruhensbestimmungen des § 94 ASVG durch den Verfassungsgerichtshof (Kundmachung BGBl 1991/50 [richtig: BGBl 1991/15]) - mit der 51. ASVG-Novelle (BGBl 1993/335) eingeführt worden. Danach habe ein Pensionswerber, der seine Erwerbstätigkeit nicht eingestellt und daher ein über dem Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende liegendes Einkommen erzielt habe, die normale Alterspension in Form der Teilpension beziehen können, deren Höhe von der Anzahl der erworbenen Beitragsmonate abgehangen sei. Bei bis zu 360 Beitragsmonaten habe die Teilpension 85 vH der normalen Alterspension betragen. Für jeden weiteren Beitragsmonat habe sich die Teilpension um 0,25 vH bis zum Höchstausmaß der vollen Höhe der normalen Alterspension erhöht (§ 253 Abs 2 ASVG). Nach Einstellung der Tätigkeit sei die Pensionshöhe auf der Grundlage des § 261b ASVG neu berechnet worden, sodass es zu einer höheren Pension gekommen sei. Der Herabsetzung der Alterspension bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit um höchstens 15 vH sei offensichtlich Ruhenscharakter zugekommen.

Seit 1. 10. 2000 sei die weitere Ausübung von versicherungspflichtigen Tätigkeiten ohne Kürzung der Pension möglich. Gleichzeitig sei allerdings die frühere Regelung über die Neuberechnung der Pension in dem Zeitpunkt, in dem die während des Bezuges der Alterspension ausgeübte Erwerbstätigkeit aufgegeben worden sei, entfallen. Gesetzestechnisch sei dies durch die Aufhebung des § 253 Abs 2 ASVG durch Art 1 Z 22b des SRÄG 2000 umgesetzt worden. In den Schlussbestimmungen zu Art 1 des SRÄG 2000 sei als § 588 Abs 2 ASVG normiert worden, dass § 253 Abs 2 mit Ablauf des 30. 9. 2000 außer Kraft trete. Gleichzeitig bestimme Art 1 Z 32a SRÄG 2000, dass in § 261b Abs 1 erster Satz ASVG der Ausdruck "253 Abs. 2" durch den Ausdruck "253c Abs. 9" ersetzt werde, wobei gemäß § 588 Abs 1 ASVG § 261b Abs 1 ASVG in der Fassung des SRÄG 2000 ebenfalls mit 1. 10. 2000 in Kraft trete.

Die Ansicht, dass die Bestimmungen des Art 1 Z 22b und Z 32a SRÄG 2000 mit dem Gleichheitsgrundsatz in Konflikt geraten, weil sie die im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage Handelnden nachträglich belastet hätten, indem sie schwerwiegend und plötzlich in erworbene Rechtspositionen eingegriffen hätten, sei zu verneinen. Es gebe grundsätzlich kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf gleichbleibende einfachgesetzliche Regelungen. Vielmehr stehe es dem Gesetzgeber frei, die Rechtslage für die Zukunft anders und auch ungünstiger zu gestalten. Auch von einem schutzwürdigen Vertrauen auf das Fortbestehen der Regelung des § 253 Abs 2 ASVG in unveränderter Form könne nicht ausgegangen werden. Aufgrund der diversen "Pensionsreformen" habe der Bürger zumindest seit Mitte der 80er-Jahre nicht mehr darauf vertrauen können, dass das Pensionssystem ohne Korrektur bei den Anwartschaften und Ansprüchen längerfristig aufrecht erhalten werden könne. Der Gesetzgeber habe vielmehr bereits durch drei Reformen in den letzten zwölf Jahren unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass die Normunterworfenen ihre Lebensplanung nicht mehr auf eine unveränderte Beibehaltung der jeweils geltenden Rechtslage einstellen können, sondern auch mit für sie nachteiligen Veränderungen rechnen müssen.

Bei der im Sozialversicherungsrecht vorzunehmenden Prüfung unterscheide der Verfassungsgerichtshof im Speziellen weiters, ob es sich um Eingriffe in beitragsgedeckte Leistung handle oder bloß um den Wegfall von Begünstigungen. Letzteres sei in concreto aber der Fall: Grundsätzlich könne nach dem Anfall einer Alterspension ein weiterer Anspruch auf eine Alterspension nicht entstehen, und es könne auch nicht die bisherige Alterspension unter Bedachtnahme auf zwischenzeitig erworbene Versicherungszeiten zu einem neuen Antragsstichtag neu zuerkannt werden. Damit stelle sich die Möglichkeit der Neuberechnung der Pension als begünstigende Ausnahmebestimmung dar, wobei allerdings die Begünstigung offensichtlich zum Teil durch den 85 %igen Bezug der sonst gebührenden Alterspension relativiert worden sei. Wenn nun der einfache Gesetzgeber diese Begünstigung der Neuberechnung beseitige, dafür gleichzeitig aber die Alterspension (neben einem Erwerbseinkommen) ungekürzt in voller Höhe zur Auszahlung gelangen lasse, könne auch unter diesem Blickwinkel eine Verfassungswidrigkeit nicht erblickt werden.

Selbst wenn man ein schutzwürdiges Vertrauen bejahen würde, ergäben sich bei Abwägung des Ausmaßes der Eingriffswirkung mit dem den Eingriff rechtfertigenden öffentlichen Interessen keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit: Dabei sei wesentlich, ob eine Verschlechterung der Rechtsposition des Rechtsunterworfenen eintrete, die intensiv nachteilig sei und eine gravierende Auswirkung auf den langfristig geplanten Lebensstandard habe. Auch dies sei deshalb zu verneinen, weil der Klägerin ihr Anspruch auf Alterspension verbleibe, wobei ihr die bis zum Inkrafttreten der Neuregelung (dem 1. 10. 2000) neben dem Bezug der Teilpension zusätzlich erworbenen Versicherungszeiten zugute kämen und diese bei der Neuberechnung (noch) im Sinne einer Erhöhung der Alterspension berücksichtigt werden hätten können. Zwar könne sich in ihrem Fall durch die nicht weitere Erhöhung der Bemessungsgrundlage tatsächlich in Zukunft eine finanzielle Einbuße ergeben, der aber die nunmehrige Vollauszahlung der Alterspension entgegenzuhalten sei. Eine intensive Beeinträchtigung des langfristig geplanten Lebensstandards in der Weise, dass eine "Anpassungsleistung" unzumutbar wäre, sei damit nicht gegeben.

Die Gesetzesänderung, die sich zu Lasten der Klägerin auswirke, sei im Übrigen Teil eines zur Entlastung des Bundeshaushalts beschlossenen allgemeinen Belastungspakets, das nicht eine kleine wirtschaftlich schwächere Gruppe stärker belaste als alle anderen. Selbst wenn die Klägerin die Alterspension nur im Vertrauen darauf beantragt habe, dass die Teilpensionsregelung zumindest bis zu jenem Zeitpunkt unverändert weiter bestehe, bis sie das 65. Lebensjahr vollendet habe, habe sie einkalkulieren müssen, dass in der Praxis wirtschaftliche Entscheidungen häufig durch gesetzgeberische Akte beeinträchtigt oder in ihren Wirkungen zunichte gemacht würde, ohne dass daraus ein Anwendungsfall für den Vertrauensschutz entstehe. Einschränkungen der umfassenden Befugnis des Gesetzgebers zur Änderung der Rechtslage seien nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nur unter ganz besonderen Umständen denkbar, etwa wenn der Normunterworfene erst durch eine gesetzlich in Aussicht gestellte mittelbare Begünstigung zu einem beträchtlichen wirtschaftlichen Aufwand veranlasst worden sei, den er ansonsten nicht getätigt hätte, beispielsweise wenn Angehörige einer Berufsgruppe in ein bestimmtes System der Versorgungssicherung gelockt worden seien, das dann infolge gesetzlicher Regelung seiner Wirkung (gänzlich) beraubt werde. Der vorliegende Sachverhalt sei jedoch insofern anders gelagert, als die Klägerin keinerlei vom Gesetzgeber gewünschte finanzielle Aufwendungen getätigt habe, die dann im Nachhinein ab ovo durch eine unerwartete und übergangslose Gesetzesänderung frustriert worden seien. Selbst wenn man den Erwerb weiterer Versicherungszeiten (neben dem Bezug der Teilpension) als "Investition" ansehen wolle, sei diese nicht rückwirkend zunichte gemacht worden, da die bis zum 30. 9. 2001 (richtig: 2000) erhöhten Bemessungsgrundlagen ohnedies berücksichtigt worden seien. Allein das Bestreben der Klägerin, die Vorteile einer für sie persönlich speziell günstigen Norm auch nach dem 30. 9. 2001 (richtig: 2000) in Anspruch nehmen zu können, vermöge aber eine Einschränkung der Befugnis des Gesetzgebers zur Gesetzesänderung nicht zu rechtfertigen.

Letztendlich könne auch dem Argument der Klägerin, sie sei in ihrem Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums beeinträchtigt worden, nicht gefolgt werden. Durch die Aufhebung der Bestimmungen über die Teilpension bleibe der Anspruch auf Alterspension völlig unberührt. Ein Eingriff in durch eigene Leistung erworbene Sozialversicherungsansprüche finde insofern nicht statt. Dass der Klägerin in Hinkunft die Möglichkeit nicht mehr offen stehe, durch den Erwerb weiterer Versicherungszeiten ihre Bemessungsgrundlagen für die Alterspension zu erhöhen, stelle keinen formalen Eingriff in ihre Rechtsposition dar, sondern lediglich eine Veränderung des gesetzlichen Umfeldes im Sinne einer Enttäuschung einer Erwartungshaltung, welcher vom Verfassungsgerichtshof nur in hier nicht gegebenen besonderen Ausnahmefällen des Vorhandenseins schützenwertens Vertrauens Bedeutung beigemessen werde. Im Übrigen müsse die Klägerin im Hinblick auf die Nichtgeltung des Grundsatzes der Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung in Kauf nehmen, dass es in manchen Fällen trotz Weiterleistung von Pflichtbeiträgen zu keiner Versicherungsleistung komme. Zusammenfassend sehe sich daher das Berufungsgericht nicht veranlasst, ein Normprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im klagsstattgebenden Sinn.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).

Den Revisionsausführungen, dass die Klägerin durch das SRÄG 2000 (insbesondere dessen Art 1 Z 22b und 32a) in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz iSd Art 7 B-VG und Art 2 StGG verletzt worden sei, ist ergänzend insbesondere entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber einen "Eingriff in eine bereits mit individuell-konkretem Rechtsakt rechtskräftig verfügte Alterspension" gar nicht vorgenommen hat. Die Klägerin hat am 13. 5. 1997 einen Antrag auf Alterspension gestellt, dem die Pensionsversicherungsanstalt mit Bescheid vom 18. 8. 1997 stattgegeben hat, wobei im Sinne des (damaligen) § 253 Abs 2 ASVG ausgesprochen wurde, dass die Alterspension ab 1. 6. 1997 als Teilpension (im Ausmaß von 85 vH der "normalen" Alterspension) gebührt.

Diese Form der "Teilpension" wurde mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 1993 (51. ASVG-Novelle, BGBl 1993/335) eingeführt. In den Gesetzesmaterialien (RV 932 BlgNR 18. GP) wird auf das Spannungsfeld hingewiesen, dass die Pension im Rahmen einer "Sozial"-Versicherung Ersatz des verlorengegangenen Erwerbseinkommens sei und damit den Lebensstandard nach der Aufgabe der Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung einer dann etwas geringeren Bedürfnisstruktur sichern solle. Dem gegenüber stehe der Anspruch einer Sozial-"versicherung" auf ein Äquivalent für erbrachte Beitragsleistungen. Diese Problematik solle anders als zuvor gelöst werden. Beim Betrachten einer globalen Äquivalenz zwischen Beiträgen und Leistungen seien die Hundertsätze des Steigerungsbetrages einer Pension aus der Sicht des reinen Versicherungsprinzips zu hoch. Aus der Sicht des Lebensstandardprinzips entsprächen sie den an sie gestellten Anforderungen der Absicherung bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit. Der Anspruch auf eine Leistung unabhängig von einem weiter erzielten Erwerbseinkommen bei Eintritt eines Versicherungsfalles (Invalidität, Tod, Alter) in voller Höhe widerspreche daher nicht nur dem Versicherungsprinzip, sondern auch dem Sozialprinzip, weil dadurch nicht der Lebensstandard gesichert, sondern erhöht werde. Die bisherigen Bedingungen für den Anfall einer Pension, nämlich "keine Erwerbstätigkeit am Stichtag bzw in einer gewissen Zeit nach dem Stichtag", hätten dieses Problem nicht ausreichend lösen können; Umgehungen seien möglich gewesen. Es solle daher zwischen der nach dem Versicherungsprinzip auf jeden Fall zustehenden Leistung aufgrund der eingezahlten Beiträge und der notwendigen Leistung zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit getrennt werden. Da die Hundertsätze des Steigerungsbetrages einer Pension aus der Sicht des Versicherungsprinzips zu hoch seien, werde, um bei der "normalen" Alterspension dem Versicherungsprinzip zum Durchbruch zu verhelfen, durch die Konstruktion einer Teilpension, deren Höhe von der Zahl der Beitragsjahre abhängig ist, ein progressiver Verlauf der Steigerungsbeträge nachgebildet. Dieser Teil der Pension, der sich nach dem Äquivalenzprinzip aufgrund der eingezahlten Beiträge ergebe, gebühre auf jeden Fall auch bei weiterer Erwerbstätigkeit mit einem entsprechenden Einkommen.

Diese Absichten wurden in § 253 Abs 2 ASVG in der Form umgesetzt, dass ab dem Tag der Aufnahme einer nach dem ASVG, GSVG oder BSVG versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit (mit einem über dem Ausgleichszulagen-Einzelrichtsatz liegenden Einkommen) die Alterspension als Teilpension im Ausmaß von 85 vH der nach § 261 ASVG ermittelten Pension gebührte, sofern am Stichtag nicht mehr als 360 Beitragsmonate vorlagen. Der Hundertsatz von 85 erhöhte sich ab dem

361. Beitragsmonat für jeden Beitragsmonat um 0,25 bis zum Höchstausmaß von 100. Mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit gebührte die Alterspension in der sich nach § 261b ASVG ergebenden Höhe. Diese Bestimmung sieht einen erhöhten Steigerungsbetrag der Pension, von der die Teilpension berechnet wurde, im Hinblick auf die neben dem Pensionsbezug ausgeübte Erwerbstätigkeit vor. Materiell kam der Herabsetzung der Alterspension auf eine "Teilpension" bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit Ruhenscharakter zu (10 ObS 330/00b = SSV-NF 15/45; Teschner in Tomandl, SV-System 14. Erg-Lfg 425); auf der anderen Seite stand ihr aber eine Neuberechnung (Erhöhung) der Pensionshöhe iSd § 261b ASVG gegenüber. Mit Art 1 Z 22b des SRÄG 2000 (BGBl I 2000/92 bzw 101) wurde § 253 Abs 2 ASVG mit Wirkung ab 1. 10. 2000 ersatzlos aufgehoben; die §§ 261 und 261b ASVG wurden durch Art 1 Z 30 - 32b geändert. Diese - in der Regierungsvorlage (RV 181 BlgNR 21. GP) noch nicht enthaltenen - Änderungen wurden im Ausschussbericht folgendermaßen begründet: "Geht der Bezieher (die Bezieherin) einer Alterspension einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit nach, übersteigt das Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit den Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende (derzeit 8.312 S monatlich) und hat der Pensionist (die Pensionistin) weniger als 35 Beitragsjahre erworben, so wird die Alterspension bloß als 'Teilpension' in der Höhe von mindestens 85 % der sonst gebührenden Alterspension ausgezahlt. Diese 'Ruhensbestimmungen' sollen - wie im Koalitionsübereinkommen festgehalten - mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 2000 vollständig entfallen." (AB 254 BlgNR 21. GP 5). Übergangsbestimmungen sind nicht vorgesehen; die Änderungen traten gemäß § 588 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG mit 1. 10. 2000 in Kraft. Damit konnte ab der Novellierung neben einer Alterspension ohne schädliche Auswirkungen auf die Pensionshöhe auch ein der Höhe nach über dem Ausgleichszulagen-Einzelrichtsatz liegendes Einkommen bezogen werden. Die Möglichkeit, durch den parallelen Bezug eines Erwerbseinkommens und einer Teilpension gemäß § 253 Abs 2 ASVG eine Neuberechnung der Pensionshöhe mit Einstellen der Erwerbseinkommens zu erreichen, fiel demgegenüber mit 1. 10. 2000 weg. Damit hat der Gesetzgeber aber nicht in den bereits bescheidmäßig zuerkannten Anspruch der Klägerin auf Alterspension eingegriffen, sondern die Erwartung der Klägerin enttäuscht, mit einer erst in weiterer Zukunft liegenden Einstellung der Erwerbstätigkeit eine Neuberechnung der Pensionshöhe iSd § 261b ASVG erreichen zu können, so wie sie im angefochtenen Bescheid unter Einbeziehung der bis zum Inkrafttreten der Neuregelung erworbenen Beitragszeiten vorgenommen wurde. Dabei fanden diese Zeiten bereits Berücksichtigung in Form einer Erhöhung einer Pensionsleistung. Selbst wenn die Erwartung, auch die geplantermaßen darüber hinaus weiter zu erwerbenden Zeiten würden in gleicher Weise in eine spätere Neuberechnung der Pension (bei Einstellung der Erwerbstätigkeit) einfließen, schon eine schützenswerte Rechtsposition begründete, begegnet die diese Erwartung vernichtende Gesetzesänderung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wie auch schon das Berufungsgericht eingehend dargestellt hat.

Der Verfassungsgerichtshof hat zuletzt in seinem Erkenntnis vom 11. 12. 2002, G 186/02, G 187/02 und G 202/02, teilweise veröffentlicht in ARD 5368/17/2003, zum Schutz "erworbener Rechtspositionen" erneut ausgeführt, dass keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbener Rechtspositionen gewährleistet (zB VfSlg 11.665/1988 und VfSlg 14.864/1997). Es fällt daher im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Der Verfassungsgerichtshof hat aber auch stets betont, dass der Gesetzgeber durch den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitssatz gehalten ist, dem Vertrauensschutz bei seinen Regelungen Beachtung zu schenken. Er hat daher nicht nur (echte) Rückwirkungen von gesetzlichen Regelungen, sondern auch Eingriffe in bestehende Rechtspositionen unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes geprüft. Im Erkenntnis VfSlg 12.186/1989 hat der Gerichtshof - unter Vertiefung früherer Rechtsprechung - dargetan, dass gesetzliche Vorschriften mit dem Gleichheitssatz in Konflikt geraten können, weil und insoweit sie die im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage handelnden Normunterworfenen nachträglich belasten, und dass schwerwiegende und plötzlich eintretende Eingriffe in erworbene Rechtspositionen, auf deren Bestand der Normunterworfene mit guten Gründen vertrauen konnte, zur Gleichheitswidrigkeit des belastenden Eingriffes führen können. Er hat im Erkenntnis VfSlg 12.322/1990 daraus abgeleitet, dass es zur Beurteilung der Gleichheitskonformität insbesondere von Bedeutung sei, ob Normunterworfene bei einem Eingriff in ihre Rechtsposition in einem Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht werden, auf das sie sich berechtigterweise berufen konnten, und nicht etwa besondere Umstände vorliegen, die eine solche Rückwirkung - beispielsweise um einen gleichheitswidrigen Zustand zu beseitigen - verlangen (vgl auch VfSlg 12.485/1990, 12.944/1991). In dieser Rechtsprechung kommt jedoch auch zum Ausdruck, dass die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, sachlich begründbar sein muss. In diesem Sinn verletzt der Gesetzgeber den Gleichheitssatz beispielsweise dann, wenn er bei Änderung der Rechtslage plötzlich - ohne entsprechende Übergangsregelung - und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift, wobei dem Vertrauensschutz gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zukommt (siehe dazu vor allem VfSlg 12.568/1990, 14.090/1995). Wie bereits betont genießt das bloße Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage jedoch als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (VfSlg 11.368/1987, 13.461/1993, 13.657/1993).

Bei einem Eingriff des Gesetzgebers in noch nicht effektuierte Anwartschaften ist eine Güterabwägung vorzunehmen, bei der die Intensität des Eingriffs und die den Eingriff tragenden öffentlichen Interessen gegenüberzustellen sind. Im konkreten Fall hat der Gesetzgeber bei Personen, die bereits einen Anspruch auf Alterspension erworben haben, die durch den Bezug eines Erwerbseinkommens bewirkte Kürzung dieser Pension auf eine "Teilpension" und gleichzeitig auch die Möglichkeit beseitigt, während des Bezugs der Teilpension bis zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit die Voraussetzungen für eine Neuberechnung der Höhe der Alterspension (mit der Einstellung der Erwerbstätigkeit) zu schaffen. Im Vordergrund steht dabei die Aufhebung der ruhensähnlichen Pensionskürzung. Gleichzeitig wurde eine Privilegierung beseitigt, dass es trotz des Bezuges einer Pensionsleistung zu einer Neuberechnung der Pension unter Einbeziehung weiterer Versicherungszeiten kommen konnte. Diese vom einfachen Gesetzgeber getroffene Maßnahme bewirkt jedenfalls auch dann, wenn eine in Zukunft erwartete höhere Pensionsleistung nicht mehr erreicht werden kann, kein unzumutbares Anpassungserfordernis des langfristig ins Auge gefassten Lebensstandards. In diesem Sinn ist der aus dem Demokratieprinzip abzuleitende Spielraum des einfachen Gesetzgebers nicht überschritten worden.

Der Oberste Gerichtshof verkennt nicht, dass es durch die getroffene gesetzgeberische Maßnahme - wie im Fall der Klägerin - auch zu einer gewissen Härtesituation kommen kann. Eine von der Klägerin gewünschte Übergangsregelung hätte jedoch im Hinblick auf den Umstand, dass eine Teilpension nach § 253 Abs 2 ASVG (alt) nur relativ kurze Zeit bezogen werden konnte, im Ergebnis nur darin bestehen können, dass für den betroffenen Personenkreis die frühere gesetzliche Regelung aufrechterhalten wird, was wiederum mit dem gesetzgeberischen Ziel kollidiert hätte, die ruhensähnliche Kürzung der Alterspension abzuschaffen. Es ist - wie bereits ausgeführt - keineswegs undenkbar, dass ein größerer Personenkreis von der Neuregelung profitiert als von ihr benachteiligt wird.

Insgesamt sieht sich auch der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst, einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen. Da der angefochtene Bescheid mit der Klagsführung außer Kraft getreten ist (§ 71 Abs 1 ASGG), ist die als unwiderruflich anerkannt anzusehende Leistungsverpflichtung der beklagten Partei in den Urteilsspruch aufzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Die Einbringung der Revision war im Ergebnis notwendig, weil aufgrund dieses Rechtsmittels der urteilsmäßige Zuspruch der bereits in dem durch die Klagsführung außer Kraft getretenen Bescheid der beklagten Partei zuerkannten Alterspension in der neu berechneten Höhe von 1.524,70 EUR erfolgte (SSV-NF 3/31, 7/46).

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