OGH 10ObS167/02k

OGH10ObS167/02k29.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Herbert Stegmüller (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Herbert W*****, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, Wienerbergstraße 15-19, 1103 Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kostenerstattung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Februar 2002, GZ 8 Rs 4/02w-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 13. August 2001, GZ 3 Cgs 95/01h-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung

Da das hier zu beurteilende Klagebegehren auf Kostenerstattung keine wiederkehrenden Leistungen in Sozialrechtssachen betrifft, ist nach § 46 Abs 1 ASGG die Revision nur bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig. Eine solche wird in der außerordentlichen Revision jedoch nicht dargetan.

Der unentbehrliche Zahnersatz kann unter Kostenbeteiligung des Versicherten gewährt werden. Anstelle der Sachleistung können auch Zuschüsse zu den Kosten eines Zahnersatzes geleistet werden. Das Nähere wird durch die Satzung des Versicherungsträgers bestimmt (§ 153 Abs 2 ASVG).

Unentbehrlicher Zahnersatz ist eine Pflichtleistung der Krankenversicherung (SSV-NF 13/139 ua), deren konkrete Ausgestaltung den Sozialversicherugnsträgenr überlassen ist, die sie in ihren Satzungen festzulegen haben (SSV-NF 13/139). Diese Satzungen der Krankenversicherungsträger sind Rechtsverordnungen (VfSlg 3709, 5422 ua).

Entsprechend dem für verbindlich erklärten § 32 Abs 2 bis 4 der Mustersatzung 1999 des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, SozSi 1999, Amtliche Verlautbarung Nr 39/1999, 325, lauten die Abs 2 bis 4 des § 32 der im vorliegenden Fall anzuwendenden Satzung 1999 der beklagten Wiener Gebietskrankenkasse, SozSi 1999, Amtliche Verlautbarung Nr 70/199, 650:

"...

(2) Unentbehrlicher Zahnersatz ist der Zahnersatz, der notwendig ist, um eine Gesundheitsstörung zu vermeiden oder zu beseitigen.

(3) Als unentbehrlicher Zahnersatz wird im Allgemeinen der abnehmbare Zahnersatz samt medizinisch notwendiger Halteelemete (Zahnkrone) erbracht. Fest sitzender Zahnersatz wird nur dann erbracht, wenn ein abnehmbarer Zahnersatz aus medizinischen Gründen nicht möglich ist; dies ist insbesondere der Fall

(4) Kronen, Brücken, gegossene Stiftaufbauten und Implantate gelten jedenfalls als fest sitzender Zahnersatz."

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber macht als erhebliche Rechtsfrage allein geltend, die Bestimmung des § 32 Abs 3 letzter Satz der Mustersatzung 1999 und der Satzung 1999 der beklagten Partei seien gesetzwidrig, weil es hiefür keine gesetzliche Ermächtigung gebe. Die Bestimmung verstoße auch gegen den Gleichheitssatz (Art 7 B-VG).

Der Senat legte bereits in der Entscheidung 10 ObS 252/97z = SSV-NF 11/96 ausführlich dar, dass er gegen die Gesetz- und Verfassungsmäßigkeit der gleichlautenden Regelung im § 32 Abs 3 der Satzung 1995 der Salzburger Gebietskrankenkasse, SozSi 1995, Amtliche Verlautbarung Nr 66/195, 512, keine Bedenken hegt. Zusammengefasst führte er aus: Nach § 133 Abs 2 ASVG muss die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf aber das Maß des Notwendigen nicht übersteigen. Aus dieser auch für den Zahnersatz anwendbaren Bestimmung folgt, dass Zweckmäßigkeit des Zahnersatzes dann gegeben ist, wenn die gesetzten Maßnahmen nach dem anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft zum Zeitpunkt der Maßnahme objektiv geeignet waren, die durch das Fehlen von Zähnen oder Zahnstücken bzw durch schadhafte Zähne beeinträchtigen Funktionen des Kauens, Beißens oder Sprechens wiederherzustellen. Das Maß des Notwendigen (als grundsätzliches Ziel einer Krankenbehandlung) bestimmt sich zwar aus dem Zweck der Leistung; notwendig ist jedoch nur jene Maßnahme, die zur Erreichung des Zweckes unentbehrlich oder unvermeidbar ist. Diese Einschränkung soll nicht notwendige und kostenintensive Maßnahmen vermeiden und damit die finanzielle Belastung in Grenzen halten und damit auch dem Gebot der Wirtschaftlichkeit der Krankenbehandlung zum Durchbruch verhelfen. Bei mehreren gleichermaßen zweckmäßigen Behandlungsmethoden ist jeweils diejenige zu wählen, welche die geringsten Kosten verursacht, bzw bei der die Relation der Kosten zum Nutzen (Heilerfolg) am Günstigsten ist. Unter dem Gesichtspunkt dieses im Gesetz verankerten Prinzips der Kostenbegrenzung erachtete es der Senat als jedenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich und gesetzmäßig, bei einem auch als Pflichtleistung zu erbringenden Zahnersatz zwischen abnehmbarem und festsitzendem zu differenzieren und letzteren nur subsidiär für den Fall, dass ein abnehmbarer Zahnersatz aus medizinischen Gründen nicht möglich ist, zu gewähren und die Ersatzleistung auf den unbedingt notwendigen Zahnersatz zu beschränken. Gegen diese Rechtsauffassung des Senats werden in der Revision keine Argumente vorgebracht. Da der Oberste Gerichtshof die vorgetragenen Bedenken gegen die Gesetz- und die Verfassungsmäßigkeit der im vorliegenden Fall anzuwendenden Satzungsbestimmung nicht teilt, erweist sich die außerordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage als unzulässig.

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