OGH 10ObS16/24m

OGH10ObS16/24m12.3.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Annerl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Herbert Böhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*, geboren *, vertreten durch Mag. Anna Konzett, Rechtsanwältin in Bludenz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich‑ Hillegeist‑Straße 1, wegen Ausgleichszulage, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Jänner 2024, GZ 25 Rs 44/23 s‑30, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:010OBS00016.24M.0312.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Sozialrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Der Oberste Gerichtshof ist bereits in den – denselben Kläger betreffenden – Entscheidungen 10 ObS 73/19m und 10 ObS 144/20d von folgenden Grundsätzen ausgegangen:

Gemäß § 292 Abs 1 ASVG hat der Pensionsberechtigte Anspruch auf Ausgleichszulage, solange er seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat.

Nach Art 7 Abs 1 der Richtlinie 2004/38/EG steht das Recht auf Aufenthalt wirtschaftlich nicht aktiven Unionsbürgern zu, die sich länger als drei Monate (aber nicht mehr als fünf Jahre) im Aufenthaltsmitgliedstaat aufhalten und die die Voraussetzungen des Art 7 Abs 1 lit b RL 2004/38/EG erfüllen, also über ausreichende Existenzmittel und einen Krankenversicherungsschutz verfügen, sodass sie während ihres Aufenthalts für sich und ihre Angehörigen keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen (RS0130764).

[2] 1.2. Eine unrichtige Anwendung dieser auch im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Grundsätze durch die Vorinstanzen zeigt die außerordentliche Revision des Klägers nicht auf.

[3] 2.1. Der Kläger setzte sich in der Berufung mit der Beurteilung des Erstgerichts nicht näher auseinander, nach der er nicht über ausreichende Existenzmittel verfüge und daher die Voraussetzungen des Art 7 Abs 1 lit b RL 2004/38/EG bzw § 51 Abs 1 Z 2 NAG nicht erfülle. Insofern war die Rechtsrüge in der Berufung nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043603 [T9]). Soweit der Kläger nunmehr in der außerordentlichen Revision das Fehlen ausreichender Existenzmittel in Zweifel zieht, kann die in der Berufung nicht erhobene Rechtsrüge auch in diesem Punkt im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden (RS0043603 [T11]; RS0043573 [T3, T30]; RS0043480). Auf die in der Revision dazu erstatteten Rechtsausführungen ist somit nicht einzugehen (RS0043480 [T9, T16]).

[4] 2.2. In der Berufung stützte sich der Kläger zur Begründung der Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts auch nicht auf ein von Familienangehörigen abgeleitetes Aufenthaltsrecht im Sinn des Art 7 lit d RL 2004/38/EG (bzw § 52 NAG), sodass er dies in der Revision ebenso wenig nachholen kann.

[5] 3. Mit der Behauptung, dass die Ausweisung des Klägers aufgrund des Naheverhältnisses zu seinen in Österreich aufhältigen Familienangehörigen durch das Bundesverwaltungsgericht aufgehoben worden sei, wird das Vorliegen der Voraussetzungen des § 292 ASVG, insbesondere die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts, nicht dargetan. Für Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte gilt wie für Bescheide der Verwaltungsbehörden, aber auch wie für Entscheidungen der ordentlichen Gerichtsbarkeit, dass das Ausmaß der Bindungswirkung eines rechtskräftigen Erkenntnisses grundsätzlich durch den Spruch bestimmt wird (5 Ob 103/22s Rz 30); die Beurteilung von bloßen Vorfragen löst keine Bindungswirkung aus (RS0042554 ua).

[6] Davon, dass das Bundesverwaltungsgericht mit dem Erkenntnis vom 24. März 2022, mit dem es den gegen den Kläger erlassenen Ausweisungsbescheid ersatzlos behob (./D), (spruchmäßig oder als Hauptfrage) die Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts des Klägers bejaht hätte, geht nicht einmal die Revision aus. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO wird mit dem Hinweis auf dieses Erkenntnis somit nicht aufgezeigt.

[7] 4. Der behauptete Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens, der darin liegen soll, dass der Kläger in erster Instanz trotz Beantragung der Beigebung eines Verfahrenshilfevertreters nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war, wurde in der Berufung nicht beanstandet und kann daher in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RS0043111; RS0074223).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte