OGH 10ObS137/97p

OGH10ObS137/97p19.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr.Gerhard Fuchs (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag.Ernst Löwe (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Reinhard Sch*****, vertreten durch Dr.Werner Mäntler und Dr.Michael Mäntler, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Dr.Vera Kremslehner, Dr.Josef Milchram und Dr.Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen Waisenrente, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.Februar 1997, GZ 12 Rs 4/97p-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 24.Oktober 1996, GZ 3 Cgs 88/96m-7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil einschließlich des bestätigenden Teiles dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.873,34 bestimmten Verfahrenskosten aller Instanzen (darin enthalten S 1.311,99 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 13.3.1996 lehnte die Beklagte den Antrag des damals noch minderjährigen Klägers auf Wiedergewährung der Waisenrente wegen Schulausbildung ab 22.1.1996 über das 18.Lebensjahr hinaus mit der Begründung ab, daß der Besuch eines theologischen Seminars in Schloß B***** seit 22.1.1996 nicht den Besuch einer in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtung darstelle, weshalb die Voraussetzungen des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG nicht gegeben seien.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage brachte der Kläger vor, daß das Seminar der Ausbildung des Klägers zum Pastor der Kirche der S*****-T*****-A***** in Österreich diene.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht legte folgenden wesentlichen außer Streit gestellten bzw festgestellten Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde:

Bei der Gemeinschaft der S.T.-A***** handelt es sich um eine bis jetzt nicht anerkannte Religionsgesellschaft. Der Kläger besucht nicht das im Rahmen des Seminars Schloß B***** eingerichtete Oberstufenrealgymnasium mit Öffentlichkeitsrecht, sondern wird im Rahmen des Predigerseminars ausgebildet. Dem Kläger wurde die Waisenrente nach seinem am 15.9.1986 verstorbenen Vater aufgrund einer Berufsausbildung zum Tischler auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres ab 1.6.1995 bis 31.8.1995 weitergewährt. Mit der Studienbestätigung des theologischen Seminars Schloß B***** des Schulvereins der S.T.-A***** beantragte der Kläger die Weitergewährung der Waisenrente wegen des am 22.1.1996 begonnenen Studiums. Der Schulverein bestätigte, daß der Kläger im zweiten Semester des laufenden Studienjahres 1995/96 ab 22.1.1996 als ordentlicher Theologiestudent eingeschrieben sei und dieses Studium eine fünfjährige Berufsausbildung zum Pastor der Kirche der S.T.-A***** darstelle. Der Kläger hat im Rahmen seiner bisherigen schulischen Laufbahn die Volksschule und anschließend die Musikhauptschule besucht, wo er keinen polytechnischen Lehrgang zu absolvieren hatte, sondern als Überbrückung ein Jahr Hoch- und Tiefbau an der HTL studierte. Im Anschluß daran hat der Kläger eine Tischlerlehre begonnen und diese nach dreijähriger Lehrzeit mit der Gesellenprüfung abgeschlossen. Dann arbeitete er einige Monate als Vertreter im Rahmen seiner religiösen Gemeinschaft der S.T.-A*****. Er begann, wie schon festgestellt, am 22.1.1996 seine Ausbildung als Prediger. Bis Ende Juni 1996 hatte er im Rahmen eines Vorbereitungsjahres auf das Predigerseminar im ersten Semester Englischunterricht, Deutsch- und Geschichtsunterricht genossen. Seit 1.10.1996 absolviert der Kläger den Zivildienst.

Das Predigerseminar dient dazu, Studenten zu adventistischen Predigerinnen und Predigern heranzubilden, um Menschen durch die Verkündigung des Evangeliums zu Christus zu führen. Die Absolventen sollen die Botschaft der Adventgemeinde und die ihr innewohnenden christlich-adventistischen Wertmaßstäbe hochhalten und verkündigen. Sie sollen ihren Missionsauftrag in der jeweiligen Ortsgemeinde durch ihren persönlichen Einsatz zum Tragen bringen. Mit dem Predigerdiplom empfiehlt die Schule den Absolventen für das Predigeramt. Ein Anspruch auf Anstellung besteht jedoch nicht. Das Predigerseminar besteht aus dem Diplom des Grundlehrganges für Theologie bzw Diplom für Theologie (Maturanten) Theologie I sowie aus dem Predigerdiplom (Nichtmaturanten) Theologie II. Der Lehrgang Theologie I wird von Studenten mit Maturaabschluß besucht. Der 4- bzw 5-jährige theologische Lehrgang Theologie II erfordert eine abgeschlossene Pflichtschulausbildung mit gutem Notendurchschnitt und eine 3-jährige Berufsausbildung. Das erste der fünf Studienjahre stellt ein sogenanntes allgemeinbildendes Jahr dar. In diesem Jahr werden allgemeinbildende Fächer (Deutsch, Englisch, Weltgeschichte) belegt, die auch mit einigen theologischen Fächern nach Wahl kombiniert werden können. Sie versetzen den Nichtmaturanten in die gleiche Ausgangslage wie den Maturanten zu Beginn seines Studiums in B*****. Diese allgemeinbildenden Fächer können bei entsprechender Vorbildung und Begabung durch positiv bestandene Einstandsprüfungen absolviert werden, wobei sich die Gesamtzeit verkürzt. Im Anschluß daran verbringt der Student vier Jahre in B*****, um dem auch für Maturanten gültigen Seniorcollege-Programm zu folgen. Im Rahmen des Vorbereitungsjahres ist im ersten sowie im zweiten Semester eine Ausbildung Englisch Grammatik mit sechs Stunden, Englisch Lektüre mit vier Stunden, Deutsch Grammatik mit zwei Stunden, Deutsch Aufsatz mit einer Stunde, Deutsch Orthographie mit einer Stunde, Deutsch Literatur mit einer Stunde und Weltgeschichte mit vier Stunden, das sind insgesamt 19 Wochenstunden, vorgesehen. An zusätzlich zu absolvierenden Gegenständen werden angeboten Studienmethoden im Blockseminar, Gemeindepraktikum in jedem Semester, Pastoralpsychologie im Blockseminar jedes zweite Jahr sowie Musikausbildung vier Semester und die Freigegenstände Maschinschreiben, Kochen und Nähen. Theologische Fächer können nach Wahl besucht werden. Nach erfolgreicher Absolvierung dieses Vorbereitungsjahres kann der Student das eigentliche 4-jährige Predigerseminar besuchen, das überwiegend aus theologischen Fächern, wie beispielsweise Schöpfung-Evolution, Hebräisch, Griechisch, Altem Testament, Evangelien, Altorientalistik, Kirchengeschichte, Geschichte der S.T.-A*****, Musiktheorie usw besteht. Neben den angeführten Fächern des ersten Semesters hat der Kläger im Vorbereitungsjahr noch drei Wochenstunden Evangelien belegt gehabt und an einem Praxisnachmittag seinen Beruf als Tischler zur Anwendung gebracht. Der Ausbildungsverlauf im Predigerseminar ist mit Anwesenheitspflicht verbunden und mit einem Schulbetrieb vergleichbar. Der Kläger rechnet damit, nach Abschluß des Predigerseminars im Rahmen seiner Gemeinschaft als Prediger und Seelsorger eingesetzt und von dieser Gemeinschaft auch bezahlt zu werden. Die Anzahl der im Rahmen der Gemeinschaft tätigen Seelsorger beträgt ca 30 bis 40 Personen, die diese Tätigkeit hauptberuflich ausüben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es vertrat die Rechtsansicht, daß die Qualifikation einer Schulausbildung ein ordentliches Studium und den Besuch einer in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtung erfordere. Der Besuch des Predigerseminars sei nicht darunter einzuordnen. Es sei einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht nicht gleichzuhalten. Es liege aber auch nicht eine Berufsausbildung im Sinne des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG vor. Eine Ausbildung wie auch eine Spezialausbildung müsse zumindest abstrakt verwertbar sein, was bedeutet, daß dafür ein allgemeiner oder spezifischer Arbeitsmarkt mit einer ausreichenden Anzahl von Arbeitsplätzen vorhanden sein muß. Dies sei aber für das Ausbildungsziel des Klägers nicht der Fall.

Beschäftigungsmöglichkeiten gebe es nur ausschließlich im Rahmen der Glaubensgemeinschaft. Lediglich bei staatlich anerkannten Kirchen- und Religionsgesellschaften sei ein Arbeitsmarkt gegeben. Der Gesetzgeber bezwecke Berufsausbildungen, die nur im Rahmen geschlossener Gemeinschaften angewendet und verwertet werden könnten, nicht mit besonderem sozialversicherungsrechtlichen Schutz durch Verlängerung der Kindeseigenschaft auszustatten.

Das Gericht der zweiten Instanz gab der Berufung der klagenden Partei Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es dem Kläger eine Waisenrente im gesetzlichen Ausmaß ab 22.1.1996 bis einschließlich 30.9.1996 dem Grunde nach zuerkannte und das Mehrbegehren abwies.

Es vertrat die Rechtsansicht, daß eine Unterscheidung zwischen einer Ausbildung im Rahmen einer staatlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft und jener in einer staatlich nicht anerkannten Glaubensgemeinschaft aus dem Gesetz nicht ableitbar noch sachlich begründet sei. Entscheidend sei lediglich, daß der Kläger für einen von ihm angestrebten, tatsächlich existierenden Beruf eine Ausbildung erhält. Nicht maßgeblich sei die Anzahl der auf dem Arbeitsmarkt vorhandenen Arbeitsplätze. Auch beim Noviziat als Ausbildung für den Ordensberuf innerhalb der katholischen Kirche oder bei einer Ausbildung an einer evangelischen Gemeindemitarbeiterschule stehe nur ein spezifischer Arbeitsmarkt mit einer verhältnismäßig geringen Anzahl von Arbeitsplätzen zur Verfügung. Dennoch sei in diesen Fällen von der Rechtsprechung die Ausbildung als Berufsausbildung anerkannt worden. Die Berufsausbildung bestehe demnach bis zum Antritt des Zivildienstes zu Recht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision der beklagten Partei nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

In der Entscheidung SSV-NF 2/51 führte der Oberste Gerichtshof aus, daß eine Schulausbildung im Sinne des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG nicht auf eine Ausbildung an öffentlichen Schulen oder Privatschulen, denen das Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde, beschränkt sei. Schulen seien auch Einrichtungen, in denen eine Mehrzahl von Schülern nach einem festen Lehrplan unterrichtet wird, wenn im Zusammenhang mit der Vermittlung von allgemein bildenden oder berufsbildenden Kenntnissen und Fähigkeiten ein erzieherisches Ziel angestrebt wird (SSV-NF 7/20).

Der Begriff der Schulausbildung ist im Gesetz nicht definiert. Die Rechtsprechung geht bei der Auslegung dieses Begriffes vom allgemeinen Sprachgebrauch aus. Danach ist unter diesem Begriff der Besuch allgemeinbildender und weiterführender Schulen zu verstehen. Weiters wird verlangt, daß die Ausbildung in öffentlichen oder privaten Schulen erfolgt und der Unterricht nach staatlich genehmigten Lehrplänen erteilt wird; auch Abendschulen und Maturaschulen, die dazu dienen, auf die Ablegung der Matura vorzubereiten, vermitteln in diesem Sinne Schulausbildung (BSGE 65/48; idS auch SSV-NF 3/26, 4/62).

Beim Predigerseminar Schloß B***** handelt es sich um eine rein interne Ausbildung der Gemeinschaft der S.T.-A*****, die auf eine Tätigkeit vorbereitet, die ausschließlich innerhalb der Glaubensgemeinschaft ausgeübt werden kann. Die Ausbildung unterliegt keiner staatlichen Kontrolle; die Lehrpläne werden nur von der Glaubensgemeinschaft festgelegt. Im Sinne der obigen Ausführungen handelt es sich daher beim Besuch des Predigerseminars nicht um eine Schulausbildung im Sinne des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG.

Zu prüfen ist im weiteren, ob es sich beim Besuch des Predigerseminares B***** um eine Berufsausbildung handelt. Berufsausbildung ist der Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten, die für die Ausübung eines zukünftig gegen Entgelt auszuübenden Berufes erforderlich sind. Unter Beruf ist eine für Dauer vorgesehene Arbeit zu verstehen, die der Existenzsicherung dient und die geeignet ist, materielle oder geistige, in der Gesellschaft auftretende Bedürfnisse zu befriedigen und zu der die Befähigung durch Ausbildung erworben wird. Die Berufsausbildung betrifft alle staatlich anerkannten Ausbildungsberufe, für die rechtsverbindliche Vorschriften bestehen, wie etwa die in § 3 BAG genannten Lehrberufe oder wenn es keine Ausbildungsordnungen gibt, ist Berufsausbildung anzunehmen, sofern die Ausbildung allgemein üblich und anerkannt ist (Hauck/Heines, Gesetzliche Rentenversicherung3, SGB VI Rz 27 zu § 48; idS auch Lueg/Maydell/Ruland, Gemeinschaftskommentar, SGB VI Rz 72 ff zu § 48). Wenn auch der Begriff der Berufsausbildung nicht zu eng gesehen werden darf, muß sich doch aus dem Programm der Ausbildung klar der Zweck, nämlich die Vermittlung der Grundlage für eine Berufslaufbahn ergeben. Die Ausbildung muß auf einen tatsächlich existierenden und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Beruf oder Spezialbereiche davon vorbereiten. Dies trifft für die Tätigkeit eines Predigers der Gemeinschaft der S.T.-A***** nicht zu. Am allgemeinen Arbeitsmarkt steht dieser Beruf nicht zur Verfügung; er kann nur innerhalb der Glaubensgemeinschaft, die auch die Ausbildung organisiert, ausgeübt werden. Es handelt sich nicht um einen Beruf, der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angeboten wird. Wird jemand innerhalb einer privaten Gemeinschaft für eine, wenn auch von dieser bezahlte Tätigkeit ausgebildet, die nur in diesem Bereich umgesetzt werden kann, wobei keine in sonstigen selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeiten verwertbaren Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, so handelt es sich dabei nicht um eine Berufsausbildung im Sinne des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG.

In der Entscheidung SSV-NF 2/51 wurde ausgesprochen, daß es sich bei der Ausbildung in einer Evangelischen Gemeindemitarbeiterschulen um eine Berufsausbildung im Sinne des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG handelt. Dieser Fall unterscheidet sich aber von dem der vorliegenden Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt insofern, als dort die Ausbildung zu einer Jugendwartin, Gemeindeschwester und Religionslehrerin an Pflichtschulen erfolgte. Offengelassen wurde in dieser Entscheidung, ob es sich bei der Ausbildung in der von den Evangelischen Kirchen AB und HB betriebenen, kirchenamtlich anerkannten, vom zuständigen Landesschulrat nicht untersagten Privatschule um eine Schulausbildung im Sinne des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG handle; die Ausbildung sei jedenfalls als Berufsausbildung anzusehen. Zumindest dadurch, daß dort die Befähigung zur Ausübung des Berufes eines Religionslehrers erworben wurde, diente diese Ausbiildung auch der Vorbereitung auf einen am allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Beruf. Da für die gesetzlich nicht anerkannten Religionsgemeinschaften in der österreichischen Rechtsordnung kein schulischer Religionsunterricht vorgesehen ist (Schwendenwein, Österr. Staatskirchenrecht 387) kann eine solche Tätigkeit für den Kläger nicht in Frage kommen; derartiges wurde im Verfahren auch nicht vorgebracht.

Bei den staatlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften handelt es sich um Körperschaften öffentlichen Rechts. Sie ordnen und verwalten ihre inneren Angelegenheiten selbständig (Gampl, Staatskirchenrecht 54; VfSlg 11.300); zu diesen Angelegenheiten zählt auch die Ausbildung der Amtsträger (Gampl aaO 61). Staatlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften handeln bei der Ausbildung von Geistlichen und Religiosen im Rahmen ihrer ihnen im Rahmen der staatlichen Ordnung gemäß Art 15 StGG eingeräumten autonomen Stellung (Adamovic/Funk, Österreichisches Verfassungsrecht3, 415, Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Rz 1444 ff; Budrichowsky, Anerkennung von Kirchen und Religionsgesellschaften, Verordnungserlassung und Säumnisbeschwerde, ÖJZ 1997, 401; EvBl 1988/32; ZfVB 1989/673; RdW 1997, 417). Eine derartige Stellung kommt den nicht anerkannten Religionsgemeinschaften nicht zu. Auf die Frage, ob die Ausbildung zum Ordensgeistlichen oder das Noviziat Umstände bilden, durch die die Kindeseigenschaft im Sinne des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG verlängert wird, ist hier nicht einzugehen. Selbst wenn dies im Sinne der deutschen Judikatur (BSGE Bd 23/53) und der Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien als seinerzeitiges Höchstgericht in Leistungsstreitsachen (SSV 22/25) bejaht würde, wäre hieraus für den Kläger nichts gewonnen, weil die Rechtsgrundlagen für eine solche Ausbildung von denen der Ausbildung, der sich der Kläger unterzieht, völlig verschieden sind. Die Voraussetzungen für die Verlängerung der Kindeseigenschaft liegen daher nicht vor.

Das Urteil des Erstgerichtes war daher wiederherzustellen.

Im Hinblick auf die erstmals zu lösende Rechtsfrage waren aus Gründen der Billigkeit gemäß § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG dem Kläger die halben Kosten zuzusprechen.

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