Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Ehefrau des bei der beklagten Partei krankenversicherten Klägers stand wegen Stammvarikose (Krampfadern) an beiden Beinen in Behandlung eines praktischen Arztes, der nicht Vertragsarzt der beklagten Partei ist. Dieser wandte eine Sklerotherapie (Verödungsbehandlung) an, wobei im Rahmen von 11 Ordinationen insgesamt 127 Injektionen zur Krampfadernverödung verabreicht und 14 Inzisionen vorgenommen wurden. Diese Behandlung führte zu einer Besserung des Venenleidens der Gattin des Klägers. In der Schulmedizin ist bei Stammvarikose die Strippingmethode als Heilmethode anerkannt. Es handelt sich um einen operativen Eingriff, der unter Vollnarkose durchgeführt wird und einen mehrtägigen Spitalsaufenthalt erfordert. Dieser Eingriff führt nicht nur zu einer Besserung des Gesundheitszustandes, sondern zu einem dauerhaften Erfolg.
Die Gattin des Klägers zahlte an den praktischen Arzt für die Verödungsbehandlung 21.047 S.
Mit Bescheid vom 4. März 1992 gewährte die beklagte Partei für 3 Ordinationen, 6 Injektionen zur Krampfadernverödung (erste Injektionen) sowie 8 Injektionen (weitere Injektionen) einen Kostenzuschuß von 1.758,70 S und lehnte einen Leistungsanspruch für weitere 8 Ordinationen, 113 Injektionen zur Krampfadernverödung und 14 Inzisionen mit der Begründung ab, daß sie das Maß des Notwendigen übersteigen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Klage, mit der der Kläger begehrt, die beklagte Partei zur Leistung eines Kostenzuschusses in der gesetzlichen Höhe für die gesamten Behandlungskosten zu verpflichten. Es habe sich um eine notwendige und zweckmäßige Krankenbehandlung gehandelt, die im gesamten Umfang notwendig gewesen sei.
Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Anspruch des Klägers, dessen Frau einen Wahlarzt aufgesucht habe, auf Kostenzuschuß sei mit dem Betrag begrenzt, der von der beklagten Partei bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes aufzuwenden gewesen wäre. Die vorgenommene Therapie habe im von der beklagten Partei nicht anerkannten Umfang das Maß des Notwendigen überschritten. Für die Durchführung der erforderlichen Behandlung wären maximal 3 Sitzungen notwendig gewesen. Die ungewöhnlich hohe Zahl der Injektionen weise darauf hin, daß auch kosmetische Behandlungen (Verödung kleiner Seitenäderchen) durchgeführt worden seien. Es handle sich dabei nicht um die Besserung oder Beseitigung funktioneller Krankheitszustände; solche Behandlungen seien von der Leistungspflicht ausgeschlossen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Krankenbehandlung sei ausreichend und zweckmäßig, wenn sie nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft, sohin nach den Regeln der Schulmedizin erfolge und unter Beachtung des Kriteriums der Wirtschaftlichkeit erfolgversprechend sei oder erfolgreich gewesen sei. Nach der Strippingmethode, die der Schulmedizin entspreche, werde nicht nur eine Besserung erzielt, sondern ein dauerhafter Erfolg. Die im vorliegenden Fall angewandte Behandlungsmethode sei möglicherweise ausreichend gewesen, habe jedoch das Maß des Notwendigen überstiegen; der Aspekt der Wirtschaftlichkeit sei unbeachtet geblieben. Dem Einwand, daß die Gattin des Klägers im Betrieb unentbehrlich gewesen sei und daher ein Spitalsaufenthalt nicht möglich gewesen sei, komme keine Berechtigung zu. Auch die tatsächlich angewendete Behandlungsmethode habe bedingt durch die Anreise zum Arzt, die Wartezeit und die Dauer der Behandlung einen beträchtlichen Zeitaufwand erfordert, der entsprechende Umorganisationen im Betrieb notwendig gemacht habe; die Dauer des erforderlichen Krankenhausaufenthaltes wäre demgegenüber nicht ins Gewicht gefallen. Darüber hinaus stelle sich im Hinblick auf die große Zahl der Injektionen bereits die Frage nach der Zumutbarkeit für den Patienten.
Das Berufungsgericht gab über Berufung des Klägers dem Klagebegehren statt. Auch bei der bei der Gattin des Klägers angewendeten Therapie handle es sich um eine von der Schulmedizin anerkannte Heilmethode. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß dabei das Maß des Notwendigen überschritten worden sei. Ob nämlich eine Behandlung über das Maß des Notwendigen hinausgehe, sei keine Frage der Behandlungsmethode, sondern sei danach zu beurteilen, ob im Zuge einer gewählten Behandlungsmethode das Maß des Notwendigen überschritten wurde. Die angewendete Therapie habe zu einer Besserung des Venenleidens geführt und sei auch eine schonende Methode gewesen, weil sie gegenüber der Strippingmethode nicht eine Operation mit einem mehrtägigen Spitalsaufenthalt notwendig gemacht und daher ein geringeres Risiko dargestellt habe. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil zur Frage des Umfanges der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Fällen, in denen zur Behandlung eines Leidenszustandes mehrere Methoden zur Verfügung stehen, bzw. nach welchen Kriterien die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit einer bestimmten Behandlungsmethode in einem solchen Fall zu bewerten ist, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist auch berechtigt.
Nimmt der Versicherte (oder Angehörige) nicht die Vertragspartner, die eigenen Einrichtungen oder die Vertragseinrichtungen der Sozialversicherungsanstalt der Bauern zur Erbringung der Leistungen der Krankenbehandlung in Anspruch, so gebührt ihm ein Kostenzuschuß (§ 80 BSVG) zu einer anderweitigen Krankenbehandlung in der Höhe des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner aufzuwenden gewesen wäre (§ 88 Abs 1 BSVG, § 23 der Satzung der beklagten Partei). Damit ist dem Versicherten die freie Arztwahl gesichert.
Hier nahm die Gattin des Klägers einen Arzt in Anspruch, der in keinem Vertragsverhältnis zur beklagten Partei steht. Der Kostenersatzanspruch des Klägers besteht daher in dem Umfang, in dem von der beklagten Partei bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes Leistungen zu erbringen gewesen wären (SSV-NF 3/154, 4/77, 5/133, 6/142).
Daß nach dem Gesamtvertrag bzw. der Honorarordnung die Zahl der im Rahmen einer Verödungsbehandlung verabreichten Injektionen der Höhe nach begrenzt wäre, wurde bisher weder eingewendet noch erörtert. Die beklagte Partei hat dem Kostenzuschußbegehren des Klägers nur entgegengehalten, die Krankenbehandlung habe das Maß des Notwendigen überschritten und zum Teil habe es sich um eine kosmetische Behandlung gehandelt; mit dem Vorbringen, durch die angewendete Therapie sei das Leiden zwar gebessert worden, ein dauerhafter Erfolg wäre aber nur bei Anwendung der Stripping-Methode erzielbar gewesen, wird auch die Zweckmäßigkeit der vorgenommenen Behandlung in Frage gestellt.
Mit der letztgenannten Einwendung werden auch ökonomische Gesichtspunkte angesprochen. Im Hinblick darauf, daß bei der Verödungsmethode mit dem Wiederauftreten der Krampfadern zu rechnen ist, was eine neuerliche Behandlung erforderlich mache, könnte sich die Stripping-Methode, die die Wurzel des Leidens beseitigt, selbst wenn sie einen höheren Aufwand erforderte, was hier allerdings gar nicht feststeht, letztlich doch als die ökonomischere Methode erweisen.
Gemäß § 83 Abs 2 BSVG muß die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein und darf das Maß des Notwendigen nicht übersteigen. Durch die Krankenbehandlung soll die Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, wiederhergestellt werden. In diesem Umfang besteht die Leistungspflicht der beklagten Partei. Mit diesen Regelungen werden vordergründig vor allem wirtschaftliche Gesichtspunkte betont. In der Bundesrepublik Deutschland wird das im wesentlichen gleich formulierte Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Sozialgesetzbuch (SGB) V vor allem im Sinne einer ökonomischen Betrachtungsweise verstanden (Heinze, SGB Komm V § 12, 5 Rz 2 ff; ders SV Gesamtkommentar, V § 12 S 1 ff, insbes Rz 3). Bereits Mazal (Krankheitsbegriff und Risikobegrenzung, 334 ff) hat jedoch überzeugend nachgewiesen, daß eine allein an ökonomischen Gesichtspunkten orientierte Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Behandlung kein geeignetes Instrument darstellt, weil dabei wesentliche, insbesondere die Person des Patienten betreffende Kriterien unberücksichtigt bleiben. Der Konflikt zwischen Medizin und Ökonomie bei der Beurteilung der Beschränkung der Krankenbehandlung auf das Maß des Notwendigen ist im Grunde genommen ein Konflikt um die Therapiefreiheit des Arztes. Das entsprechende Spannungsfeld wird auf der einen Seite durch die in den Bestimmungen über die Ausübung des ärztlichen Berufes normierte Eigenverantwortung des Arztes gebildet, die sich wesentlich in der Entscheidung über die Wahl der Diagnose- und Therapiemethoden manifestiert; auf der anderen Seite wirkt sich die Einbeziehung ökonomischer Überlegungen zwangsläufig als Einschränkung der medizinischen Entscheidung aus (Mazal aaO, 342). Eine rein ökonomische Betrachtung stünde über weite Strecken in Konflikt mit der Würde des Menschen. Es kann nämlich auch die Entscheidung des betroffenen Patienten, der uU die Wahl zwischen mehreren Behandlungsmethoden hat, die zwar im wesentlichen zum selben Ziel führen, jedoch unterschiedlich belastende Therapien zum Gegenstand haben, nicht außer Acht gelassen werden. Die Kosten sind neben der Qualität, der Quantität und der Eignung einer Maßnahme, den mit § 83 Abs 2 2. Satz BSVG angestrebten Erfolg herbeizuführen, nur eines von mehreren Beurteilungskriterien, die in einen im Ergebnis einheitlichen Bewertungsakt einfließen. Die Frage, welches Gewicht den Kosten innerhalb dieses Wertungsaktes zukommt, ist eine Frage der Gewichtung der Elemente. Das Gewicht des Kostenargumentes nimmt zu, je geringer der von der Behandlung tangierte aus § 83 Abs 2 Satz 2 BSVG hervorleuchtende Zweck der Krankenbehandlung bewertet wird; umgekehrt tritt die Höhe der Kosten als Argument in den Hintergrund, je höher das tangierte Gut zu bewerten ist. Für das Gewicht des Kostenargumentes ist sohin das Ausmaß der Betroffenheit des Patienten im Einzelfall maßgebend (Mazal aaO, 361 f).
Das bedeutet, je geringer sich die Unterschiede zwischen zwei Behandlungsmethoden erweisen oder je geringer die Auswirkungen der Entscheidung, überhaupt eine Leistungspflicht der Krankenkasse zu bejahen, im Hinblick auf die Ziele der Krankenbehandlung sind und je geringerwertige Güter dabei tangiert werden, desto eher wird man von Zweckwidrigkeit sprechen können, wenn der Unterschied durch hohe Kosten erkauft wird. Von Zweckwidrigkeit kann andererseits keine Rede sein, wenn hohe Kosten anfallen, um ein höher bewertetes Ziel der Krankenbehandlung zu erreichen oder wenn die Entscheidung auffallende Effekte im Hinblick auf die Erreichung von Zielen der Krankenbehandlung hat. Steht man vor der Entscheidung, ob eine Behandlung das Maß des Notwendigen überschreitet, die den Patienten zB nur einen unwesentlichen Vorteil der Schmerzlinderung bringt, jedoch wesentlich teuerer ist, als eine andere, wird man unter dem Gesichtspunkt der Zweckwidrigkeit die Gewährung der teureren Behandlung trotz ihrer Vorteile ablehnen. Bei Behandlungen, in denen der Unterschied in der Betroffenheit des Patienten groß ist, weil entweder hohe oder viele Ziele der Krankenbehandlung tangiert werden, wenn es etwa um eine raschere, risikoärmere oder bedeutend schmerzfreiere Behandlung geht, wird man hingegen nicht als Zweckwidrigkeit ansehen können, diese, allenfalls auch teurere Behandlung zu gewähren (Mazal aaO 365).
Je mehr der genannte Zweck der Behandlung und die Betroffenheit des Patienten in den Hintergrund treten, tritt der ökonomische Aspekt in den Vordergrund. Bei im wesentlichen wirkungsgleichen diagnostischen oder therapeutischen Verfahren wäre dann aber das billigere zu wählen (Mazal aaO 380 f). Die Abwägung zwischen den Interessen des Individuums und den der krankenversicherungsrechtlichen Solidargemeinschaft wird jeweils von den Umständen des Einzelfalles abhängen.
Im vorliegenden Fall darf etwa nicht unbeachtet bleiben, daß die Stripping-Methode unter Vollanästhesie durchgeführt wird; daß eine Vollnarkose aber immer mit gewissen Risken verbunden ist, kann als allgemein bekannt unterstellt werden. Es kann vom Versicherten im Interesse der Kostensparung nicht ohne Einschränkung verlangt werden, daß er sich einem solchen Risiko unterwirft, wenn andererseits Methoden zur Verfügung stehen, die mit einer gefahrloseren Therapie zu einer Besserung des Leidens führen; dies selbst dann, wenn bei dieser Behandlung das Wiederauftreten des Leidenszustandes nicht ausgeschlossen werden kann. Letztlich wird der vom Arzt im Einvernehmen mit dem Patienten festgelegten Behandlungsmethode die wesentliche Bedeutung zukommen. Davon, daß das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschritten wird, kann nur ausgegangen werden, wenn - bezogen auf den im konkreten Fall vorliegenden Leidenszustand - eine überflüssige oder mit den Regeln der ärztlichen Wissenschaft nicht zu vereinbarende Therapie angewendet wurde. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn zwischen den Kosten der unterschiedlichen Behandlungsmethode ein Mißverständnis besteht, das in der den Versicherten schonenderen Behandlungsweise kein Äquivalent findet.
Der Oberste Gerichtshof hat zwar in der Entscheidung vom 9. November 1993, 10 ObS 174/93 (SSV-NF 7/112 in Druck), ausgesprochen, daß dann, wenn mehrere gleichermaßen zweckmäßige Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen, jeweils diejenige zu wählen ist, die die geringsten Kosten verursacht bzw. bei der die Relation der Kosten zum Nutzen (Heilerfolg) am günstigsten ist und sich dazu auf Mazal (aaO 335) berufen, der an der zitierten Stelle die gängige Theorie der ökonomischen Wirtschaftlichkeitsanalyse darstellt (die er im weiteren allerdings als ungeeignetes Instrument verwirft), sowie deutsche Literatur als Belegstelle zitiert. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt kann allerdings mit dem vorliegenden Fall nicht verglichen werden. Gegenstand der dortigen Entscheidung war ein Begehren auf Kostenersatz für einen im Ausland - nach Behauptung des Krankenversicherungsträgers unsachgemäß - angefertigten Zahnersatz. In einem solchen Fall, ist eine objektive Betrachtungsweise unter Berücksichtigung primär ökonomischer Gesichtspunkte durchaus angebracht, ohne daß in bedenklicher Weise in die persönliche Sphäre des Versicherten eingegriffen würde.
Nach den Ergebnissen des vorliegenden Verfahrens stehen zur Behandlung des Leidens der Gattin des Klägers mehrere Methoden zur Verfügung. Die Behandlung der Stammvarikose ist durch Verödung, die Air-Bloc-Methode oder die Stripping-Methode möglich. Alle diese Methoden sind medizinisch anerkannt und stehen nebeneinander. Es ist daher primär die vom Arzt im Einvernehmen mit dem Patienten zu treffende Entscheidung, welche dieser Methoden angewendet wird, sofern nicht im Hinblick auf den konkreten Fall eine dieser Methoden von vornherein als völlig unzweckmäßig erscheinen mußte. Fest steht hier vielmehr, daß durch die Behandlung der Leidenszustand der Gattin des Klägers gebessert wurde. Die bisherigen Verfahrensergebnisse bieten daher keinen Hinweis dafür, daß die angewendete Verödungsmethode völlig unzweckmäßig gewesen wäre oder daß zwischen den in Frage kommenden Kosten unverhältnismäßige Unterschiede bestehen.
Im weiteren hat die beklagte Partei eingewendet, durch die vorgenommene Behandlung sei das Maß des Notwendigen überschritten worden. Entsprechend den oben dargestellten Kriterien ist auch die Frage des Umfanges der Behandlung in erster Linie eine Sache der ärztlichen Entscheidung. Nur soweit die Therapie den objektiv erforderlichen Umfang klar überschreitet und eine unzweckmäßige Mehrbehandlung durchgeführt wurde, kann davon gesprochen werden, daß die Behandlung in einem für den Kostenzuschuß maßgeblichen Umfang das Maß des Notwendigen überstieg. Ob die Behandlung im Rahmen der Verödungstherapie im Hinblick auf die Intensität der Injektionsbehandlung bei den einzelnen Ordinationen zumutbar war, ist nicht relevant. Wenn die Behandlung insgesamt notwendig und zweckmäßig im oben dargestellten Sinne war, so hat es für den Anspruch auf Kostenzuschuß keine nachteiligen Auswirkungen, wenn sich die Gattin des Klägers bei den jeweiligen Sitzungen den Behandlungen in einer Intensität unterzog, die allenfalls objektiv gesehen nicht zumutbar war.
Ob die Behandlung den Rahmen des Notwendigen überstieg, blieb bisher ungeklärt. Das Erstgericht hat nur Feststellungen über die grundsätzlichen Auswirkungen der in Frage kommenden Therapien und den Umfang der bei der Gattin des Klägers vorgenommenen Behandlung im Rahmen der Verödungstherapie getroffen. Die Frage, ob die Therapie in diesem Umfang notwendig war bzw. aus welchem Grund sie in dieser Intensität durchgeführt wurde, wurde bisher jedoch ebensowenig geprüft wie die Frage, ob die Verödungsmethode und die gleichermaßen in einer Injektionsbehandlung bestehende Air-Bloc-Methode im wesentlichen wirkungsgleiche therapeutische Verfahren sind und ob das Ausmaß allfälliger Begleiterscheinungen bei der Air-Bloc-Methode auf die Betroffenheit des Patienten zu vernachlässigen wären. Erst dann kann der ökonomische Gesichtspunkt in den Vordergrund treten.
Bedeutung kommt insbesondere auch der Einwendung der beklagten Partei zu, es seien im Rahmen der Verödungsbehandlung auch sogenannte "Besenreißer" (kleine, nur optisch störende Äderchen) behandelt worden, was medizinisch nicht erforderlich sei, sondern nur ästethischen Zwecken diene. Auch zu diesem Vorbringen werden entsprechende Feststellungen zu treffen sein. Gemäß § 83 Abs 3 BSVG gelten kosmetische Behandlungen nur dann als Krankenbehandlung, wenn sie zur Beseitigung anatomischer oder funktioneller Krankheitszustände dienen. Andere kosmetische Behandlungen können nur als freiwillige Leistungen gewährt werden, wenn sie der vollen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit förderlich oder aus Berufsgründen notwendig sind. Ein Rechtsanspruch auf die Kosten einer kosmetischen Behandlung besteht nur im ersten Fall, da es sich bei den im zweiten Satz der bezogenen Gesetzesstelle genannten Leistungen nicht um Pflichtleistungen handelt. Soweit die Verödungstherapie nicht der Behandlung eines anatomischen oder funktionellen Leidens, sondern bloß der Verbesserung der äußeren Erscheinung im Sinne einer kosmetischen Behandlung diente, besteht daher kein Anspruch auf Kostenzuschuß.
Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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