European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E126915
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.096,56 EUR (darin enthalten 182,76 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Begründung:
Die Liegenschaft der Beklagten ist mit einem (testamentarisch eingeräumten) Wohnungsgebrauchsrecht zugunsten der Klägerin belastet. Die Beklagte bewohnt den ersten Stock, die Klägerin das Erdgeschoß des auf der Liegenschaft vor mehr als 100 Jahren errichteten Hauses. Anlässlich der Errichtung des Zubaus vor etwa 35 Jahren wurde das Badezimmer im Erdgeschoß saniert. Die vorhandenen, in die Bodenplatte integrierten Bleirohre wurden nicht ausgetauscht. 2016 trat im Badezimmer ein Wasserschaden auf. Ein Bleirohr war leck. Bleirohre dürfen seit 1. 12. 2013 nicht mehr in einer Hausinstallation für Trinkwasserleitungen vorhanden sein. Sie entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik, dürfen nicht mehr neu verbaut werden und sind weder im Handel noch in der Industrie erhältlich. Die Kosten der Wiederherstellung des Bades in einem Zustand, der jenem bei der Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechts im Jahr 2009 entspricht, würden 18.872,93 EUR betragen.
Die Vorinstanzen verpflichteten die beklagte Liegenschaftseigentümerin zur Zahlung des eingeklagten Betrags von 14.801,45 EUR sA. Sie müsse nach § 508 ABGB die Sache auf ihre Kosten in gutem Stand erhalten.
Das Berufungsgericht ließ die Revision zur Klärung der Frage zu, ob die in § 508 ABGB enthaltene Instandhaltungspflicht bei einem zu Versorgungszwecken eingeräumten Wohnrecht eine Sanierung bei einem Wasserschaden umfasse, bei dem auch bereits vorhandene Bleirohre getauscht und dadurch umfangreiche Sanierungsarbeiten erforderlich wurden.
Rechtliche Beurteilung
Die beantwortete Revision der Beklagten ist entgegen dem nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1. § 508 Satz 2 ABGB verpflichtet den Eigentümer, die mit dem Gebrauchsrecht belastete Sache auf seine Kosten in gutem Zustand zu erhalten. Im Fall eines (hier) zu Versorgungszwecken eingeräumten Wohnungsgebrauchsrechts muss er die Kosten der Instandhaltung ohne Einschränkung tragen, soweit dies zur Erreichung des Zwecks der Dienstbarkeit erforderlich ist. Er muss die Sache nicht verbessern, sondern grundsätzlich in dem brauchbaren Zustand erhalten, in dem sie sich zur Zeit der Einräumung der Dienstbarkeit befunden hat (RIS‑Justiz RS0011777). Die Verpflichtung des Eigentümers steht auch bei einem zu Versorgungszwecken eingeräumten Wohnungsgebrauchsrecht unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit (8 Ob 140/09k, RS0011777 [T6]).
2. Die Beklagte bezweifelt nicht die Notwendigkeit der Wiederherstellung an sich, meint aber, nur die Kosten der provisorischen Sanierung (Leckortung, Aufstemmen etc) tragen zu müssen, nicht hingegen den Austausch von Bleirohren. Ihrer Ansicht nach hat die Gebrauchsberechtigte den zum Zeitpunkt der Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechts vorhandenen Zustand (inklusive der Bleileitungen) als vertragsmäßig akzeptiert.
3. Diese gewünschte Versteinerung des Ausstattungszustands eines Badezimmers steht mit der Rechtsprechung nicht in Einklang. Danach müssen Ausstattungsteile nicht im Abnützungsgrad aufrechterhalten bleiben, den sie zum Zeitpunkt der Dienstbarkeitsbegründung aufwiesen. Müssen einzelne Ausstattungsstücke ausgewechselt werden, können sie durch solche aus einem anderen Material ersetzt werden. Aufgrund des Versorgungscharakters sind der besondere Ausstattungsbedarf und in Grenzen auch die geänderte allgemeine Auffassung über den durchschnittlichen Wohnkomfort in vergleichbaren Wohnungen zu berücksichtigen (6 Ob 716/83, RS0011809).
4. Ein Bad, das zur notwendigen provisorischen Sanierung einer im Fußboden verlaufenden Leitung aufgestemmt wurde, hat zweifellos nicht den Wohnstandard, den es der Gebrauchsberechtigten vorher geboten hat. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen kostete die Wiederherstellung des Bades in einem Zustand, der jenem bei Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechts entspricht, 18.872,93 EUR, was den zugesprochenen Betrag übersteigt. Dass der gesamte zugesprochene Wiederherstellungsaufwand ausschließlich dem Austausch alter Bleileitungen zuzuordnen ist, behauptete die Beklagte in der Revision nicht. Auf eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Kostentragung beruft sie sich ebenfalls nicht.
5. Die – auf den konkreten Fall bezogene – Rechtsfrage zum Ausmaß der Instandhaltungspflicht im Sinn des § 508 ABGB nach Sanierung eines Wasserschadens in den vom Wohnungsgebrauchsrecht erfassten Räumlichkeiten muss aus diesen Erwägungen nicht beantwortet werden.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)