OGH 10Ob501/87

OGH10Ob501/8728.2.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier, Dr.Angst, Dr.Bauer und Dr.Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm.Adolf T***, Beamter, D-8000 München, Hohenzollernstraße 37, vertreten durch Dr.Albert Feichtner, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagten Parteien 1. Dr.Heino D***, Lehrer, 2. Heike D***, Hausfrau, beide D-8000 München, Ungererstraße 19/609, Fuchsbau, beide vertreten durch Dr.Herwig Grosch, Dr.Günter Harasser und Dr.Simon Brüggl, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Feststellung (Wert des Streitgegenstandes 100.000 S) infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 23.Juli 1987, GZ 2 R 189/87-13, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 29.April 1987, GZ 16 Cg 442/86-9, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die mit 4.668,18 S (darin enthalten 424,38 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

In der am 11. November 1986 beim Landesgericht Innsbruck eingebrachten Klage behauptete der Kläger, er sei seit 1978 Eigentümer der Liegenschaft EZ 340 (II) KG Jochberg. Diese sei zusammen mit den Beklagten gekauft worden, die gemeinsam das Hälfteeigentum anstrebten. Zur Umgehung der mit einem Eigentumserwerb durch die ausländischen Beklagten verbundenen grundverkehrsrechtlichen Schwierigkeiten seien mehrere Verträge geschlossen worden, die den Beklagten eine eigentümerähnliche Stellung geben sollten. So sei ihnen im "Mietvertrag" vom 15. Mai 1978 das lebenslange, unkündbare Bestandrecht eingeräumt worden. Am selben Tag hätten der Kläger und seine Ehegattin ein Schuldanerkenntnis über den dem Kläger von den Beklagten zur Verfügung gestellten Kaufpreisanteil von 150.000 DM abgegeben, womit die Beklagten eine gewisse Sicherheit bekommen sollten. Dabei hätten sich der Kläger und seine Ehegattin ausdrücklich verpflichtet, den Hälfteanteil an der erwähnten Liegenschaft den Beklagten dinglich zu übertragen, "so bald es die Gesetzeslage in Österreich" zulasse. Damit sollte auch das Schuldanerkenntnis hinfällig werden. Auf Betreiben des Erstbeklagten, der angeblich aus steuerlichen Gründen eine solche Urkunde benötigte, habe der Kläger schließlich am 27. Dezember 1978 in Notariatsaktform die Verpflichtung zum Kaufvertragsabschluß übernommen. Als Gegenleistung für die Übertragung des Hälfteeigentums an die Beklagten sei das erwähnte Schuldanerkenntnis bezeichnet worden. Weiters seien in dieser Urkunde wechselseitige Vorkaufsrechte und ein Belastungs- und Veräußerungsverbot für die Beklagten vorgesehen. Diese zwecks Umgehung der grundverkehrsrechtlichen Vorschriften geschlossenen Vereinbarungen seien zur Gänze nichtig. Später hätten sich die Parteien zerstritten. Mit Schreiben vom 30. Dezember 1985 hätten die Beklagten das "Schuldanerkenntnis" aufgekündigt und die Rückzahlung von 150.000 DM begehrt. Sie hätten auf Grund des vollstreckbaren Notariatsaktes gegen den Kläger zunächst in der Bundesrepublik Deutschland Exekution geführt, die auf Grund einer Klage und eines entsprechenden Antrages und Leistung einer Bankgarantie über 200.000 DM durch den Kläger einstweilen eingestellt worden sei. Obwohl die Beklagten dadurch vollständig sichergestellt seien, hätten sie auf Grund desselben Notariatsaktes in Österreich die Zwangsverwaltung der Liegenschaft EZ 340 (II) KG Jochberg beantragt und mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 1. Oktober 1986 5 Nc 614/86 auch bewilligt erhalten. Der Kläger sei daher gezwungen, die materiellrechtliche Nichtigkeit des Notariatsaktes durch Urteil feststellen zu lassen. Er stellte daher das Begehren, daß das von ihm abgegebene Schuldanerkenntnis laut notarieller Urkunde des Notars W*** vom 22. (richtig wohl 27.) Dezember 1978 (URNr 5.528/78) nichtig sei.

Die Beklagten erhoben die Einreden der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Unzuständigkeit und beantragten die Zurückweisung, allenfalls die Abweisung der Klage. Sie bestritten, daß sie das Grundverkehrsgesetz umgehen und sich eine eigentümerähnliche Position verschaffen wollten. Sie hätten seit vielen Jahren in Kitzbühel eine Wohnung gemietet gehabt und den Kläger beim Erwerb des Hauses in Jochberg mit einem in der Bundesrepublik Deutschland gewährten Darlehen von 150.000 DM unterstützt und gleichzeitig eine Option für den Kauf eines Hälfteanteils dieses Hauses für den Fall erworben, daß sie dieses kaufen wollten und die österreichische Gesetzeslage dies zulasse. Bis dahin hätten sie in diesem Haus eine Wohnung gemietet. Nach Ausübung der Option wären Mietzinszahlungen und Darlehen gegen die Kaufpreisforderung des Klägers aufzurechnen gewesen. Nach dem Bruch des zwischen den Parteien bestandenen freundschaftlichen Verhältnisses habe der Kläger zunächst gegen die Beklagten beim Bezirksgericht Kitzbühel zu 2 C 1621/85 Betriebskostenforderungen eingeklagt und sodann mit der Behauptung, die Verträge seien nichtig, zu 2 C 1163/86 auf Räumung geklagt. Deshalb hätten die Beklagten das dem Kläger gewährte Darlehen fällig gestellt und aus dem über die Darlehensgewährung errichteten vollstreckbaren Notariatsakt in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich Vollstreckungsmaßnahmen gesetzt. Gegen die Vollstreckung in der Bundesrepublik sei beim Landgericht München I zu 25 O 14.899/86 eine Vollstreckungsgegenklage anhängig. Das Darlehen basiere auf einem bei einem Notar in München geschlossenen Rechtsgeschäft, sei in der Bundesrepublik Deutschland zugezählt worden, alle Beteiligten seien deutsche Staatsbürger, die Anwendung österreichischen Rechts sei für dieses Darlehensgeschäft nicht vereinbart worden. Die Parteien hätten den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen an ihren Wohnorten in München, wo die Beklagten auch ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt und damit allgemeinen Gerichtsstand hätten. In Jochberg hielten sie sich nur vorübergehend zu Ferien- und Erholungszwecken auf.

In der Tagsatzung vom 19. Februar 1987 brachten die Parteien unter anderem vor, daß im Münchner Rechtsstreit für den 23. März 1987 eine Streitverhandlung zur vergleichsweisen Bereinigung anberaumt sei. Nach Verkündung eines Beweisbeschlusses zur Frage der Zuständigkeit des Landesgerichtes Innsbruck und über Inhalt und Zweck der Vereinbarungen der Parteien sowie über die Genehmigung des Rechtsgeschäftes durch die Österreichische Nationalbank wurde die Tagsatzung auf den 27. April 1987 erstreckt. In einem vorbereiteten Schriftsatz gestand der Kläger zu, daß die Hauptwohnsitze der Parteien in München liegen und das Schuldanerkenntnis vom 22. (richtig 27.) Dezember 1978 in München verfaßt und unterzeichnet wurde. Er wiederholte aber die schon in der Klage gegebene Darstellung, die er noch dadurch ergänzte, daß die Beklagten ihm kein Darlehen gewährt hätten und daß auch keine Gegenverrechnung mit Mietzinszahlungen geplant gewesen sei, weil die Beklagten, die sich als Miteigentümer verstanden hätten, gar keine Miete gezahlt hätten. Die Beklagten hätten vielmehr als außerbücherliche Miteigentümer anteilig die Grundsteuer und alle weiteren mit dem Eigentum an der Liegenschaft verbundenen Abgaben, ja sogar die Grunderwerbssteuer gezahlt und seien auch bemüht gewesen, die auf der Liegenschaft lastende Hypothek anteilig abzuzahlen und löschen zu lassen. Sie hätten die Liegenschaft als "unser Grundstück" bezeichnet und noch im Jahre 1985 dem Kläger geschrieben, "daß sie das Objekt in Jochberg nicht miterworben hätten, um anschließend zu streiten".

Die Beklagten gestanden zu, daß sie die Grundsteuer und auch die übrigen Betriebskosten anteilig getragen hätten, erklärten aber, daß ihnen eine anteilige Zahlung der Grunderwerbssteuer bisher nicht bekannt geworden sei.

In der Tagsatzung vom 27. April 1987 brachte der Kläger anläßlich der Erörterung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit und der inländischen Gerichtsbarkeit vor, daß alle Geschäfte zwischen den Parteien eine österreichische Liegenschaft beträfen. Der "gegenständliche" Vertrag sei auch in Österreich geschlossen und lediglich in München mittels Notariatsaktes nachvollzogen worden. "Der Beklagte" hätte einen Zweitwohnsitz in Österreich. Nachdem die Beklagten auch die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges erhoben hatten, wurde "der Rechtsstreit" auf die Frage der Zuständigkeit des Landesgerichtes Innsbruck eingeschränkt. Das Erstgericht wies die Klage zurück und stellte nach Vernehmung des Klägers und des Erstbeklagten sowie nach Einsicht in die von den Parteien vorgelegten Urkunden im wesentlichen fest:

Die Beklagten sind deutsche Staatsbürger, der Kläger ist deutscher und österreichischer Staatsbürger. Die miteinander befreundeten Parteien wollten sich ein Domizil in Österreich schaffen. Weil sie wußten, daß den Beklagten ein Liegenschaftserwerb wegen ihrer Staatsbürgerschaft - anders als dem Kläger - nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz nicht möglich sein würde, sollte der Kläger eine Liegenschaft erwerben, die Beklagten einen Beitrag zum Kaufpreis erbringen und ihre Stellung rechtlich abgesichert werden. Mit dem mit 150.000 DM vereinbarten Beitrag sollte die erste Kaufpreisrate von 160.000 DM bezahlt werden. Die Parteien vereinbarten diesbezüglich in München, daß dieser Betrag dem Kläger von den Beklagten anläßlich ihres Wochenendaufenthaltes in ihrer Kitzbüheler Mietwohnung übergeben werden sollte. Tatsächlich wurde dem Kläger am 16. Mai 1978 in Kitzbühel ein durch die Zentralbank bestätigter Scheck der Hypo-Bank in München übergeben. Der Kläger löste den Scheck in einer bayrischen Bank ein und überwies 150.000 DM der Verkäuferin der Liegenschaft in die Bundesrepublik Deutschland. Anläßlich der Scheckübergabe unterfertigten der Kläger und seine Ehegattin ein Schuldanerkenntnis, in dem sie anerkannten, den Beklagten seit dem 16. Mai 1978 jährlich mit 10 % zu verzinsende 150.000 DM zu schulden. Gleichzeitig unterfertigten die Parteien einen Vertrag, wonach das erwähnte Schuldanerkenntnis unter folgenden Bedingungen unwirksam sein sollte: "Sobald es die Gesetzeslage in Österreich zuläßt", verpflichteten sich die Kläger, den Hälfteanteil am Grundstück Jochberg den Beklagten ohne weitere Zahlung dinglich zu übertragen. "Damit verfallen auch die Zinsen aus diesem Schuldanerkenntnis, die nicht ausbezahlt werden müssen". "Ein Belastungs- und Veräußerungsverbot für die oben genannten Grundstücksteile in diesem Vertrag für die beiden Eheleute D*** und ihre Erben wird eingetragen". "Weiterhin wird zwischen den Vertragspartnern ein gegenseitiges Vorkaufsrecht eingeräumt, möglichst ein dingliches, sonst nach § 504 BGB. Wenn dieses Vorkaufsrecht nicht eintragsfähig sein sollte, wird ein persönliches schuldrechtliches Vorkaufsrecht eingeräumt". Weiters schlossen die Parteien einen "Mietvertrag", in dem die Beklagten im Hause Jochberg 399 die untere Wohnung, bestehend aus Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche, Toilette, Bad und Flur allein sowie Nebenräumen und Grundstück je zur Hälfte ab Mitte Juli 1978 auf Lebenszeit der Beklagten unter Ausschluß einer Kündigung mieteten. Der Mietzins wurde "in Höhe der Hälfte der Grundstücksabgaben sowie der Außenreparaturen am Haus zuzüglich Zins- und Abtrag für einen Teil der Hypothek in Höhe von 35.000 DM der Frau Z*** - K***" vereinbart. Ohne gegenseitige schriftliche Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter kann eine Veränderung am Grundstück nicht vorgenommen werden. Eine Untervermietung der "Ober- und Unterwohnung" ist im Einvernehmen mit den jeweiligen Bewohnern der anderen Wohnung möglich. Nach dem Tod eines Mieters soll das Mietverhältnis mit dessen überlebendem Ehepartner fortgesetzt werden. Auf Ersuchen der Beklagten wurde am 27. Dezember 1978 in Ausgestaltung des Schuldanerkenntnisses vom 16. Mai 1978 zwischen den Parteien ein Vertrag geschlossen, der in München vor dem Notar Raimund W*** unterfertigt wurde. Darin wurde festgehalten, daß die Beklagten dem Kläger 150.000 DM zur Verfügung gestellt und daß der Kläger und seine Ehegattin dafür am 16. Mai 1978 ein schriftliches Schuldanerkenntnis abgegeben haben. "Dieses Schuldanerkenntnis wird hiermit vom Kläger ausdrücklich wiederholt. Der Schuldbetrag ist ab 16. Mai 1978 mit jährlich 10 % zu verzinsen. Die Zinsen sind jährlich nachträglich zu zahlen. Wegen der Kündigung gelten die gesetzlichen Bestimmungen, jedoch ist die Kündigung vor Ablauf von 5 Jahren unzulässig". Wegen dieses Schuldanerkenntnisses unterwarf sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Festgehalten wurde auch, daß der Kläger den zur Verfügung gestellten Betrag dazu mitverwendet hat, das Grundstück Jochberg zu kaufen. Der Kläger verpflichtete sich, einen Hälfteanteil aus diesem Grundbesitz den Beklagten als Miteigentümern zu gleichen Teilen zu übertragen, sobald sie es von ihm verlangen. Als Gegenleistung für die Übertragung des Hälfteanteils sollte die Verpflichtung aus dem Schuldanerkenntnis samt etwa aufgelaufenen Zinsen als getilgt gelten. Der Kläger verpflichtete sich, an dem Grundstück ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Beklagten eintragen zu lassen. Die Parteien räumten sich gegenseitig an ihrem jeweiligen halben Miteigentumsanteil ein Vorkaufsrecht ein, das möglichst dinglich und allenfalls schuldrechtlich bestellt werden sollte, entsprechend bzw in Anpassung an die Bedingungen des BGB, vererblich und nur für den ersten Vorkaufsfall. Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ungültig sein oder werden, so sollte dadurch die Wirksamkeit des übrigen Vertragsinhaltes nicht berührt werden. Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft in Jochberg. Nach Abschluß der Verträge nahmen die Beklagten Investitionen zur "Wohnbarmachung" der ihnen laut Mietvertrag eingeräumten Bestandrechte vor. Sie verbrachten nahezu jedes Wochenende in dieser Wohnung und hielten sich auch überwiegend während ihres Urlaubs in der als Ferienund Urlaubswohnung gedachten Wohnung auf, die ihr ständiger Ruhestandswohnsitz werden sollte. Der "tatsächliche" Wohnsitz der Beklagten mit dem Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen ist München. Dort gehen sie auch ihrer Berufstätigkeit nach. In die Wohnung in Jochberg brachten sie Gegenstände im Wert von mindestens mehreren 1.000 DM ein. Der Bruch der zwischen den Parteien bestandenen Freundschaft führte dazu, daß die Beklagten ihre Wochenenden nicht mehr so häufig in Jochberg verbrachten und dort auch nicht mehr ausschließlich ihre Urlaube verbrachten. Sie stellten das Darlehen gegenüber dem Kläger fällig und führten in München Exekution, gegen die der Kläger am 30. Juli 1986 beim Landgericht München I eine Vollstreckungsgegenklage erhob, über die noch nicht entschieden wurde. Weiters wurde den Beklagten vom Landesgericht Innsbruck auf Grund des Notariatsaktes die Zwangsverwaltung der Liegenschaft in Jochberg bewilligt.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß das Rechtsgestaltungsbegehren ausdrücklich den in München abgeschlossenen vollstreckbaren Vertrag betreffe. Es könne nicht erkannt werden, inwieweit sich aus dem Umstand, daß das Schuldanerkenntnis am 16. Mai 1978 in Jochberg unterfertigt wurde, eine Zuständigkeit des Erstgerichtes ableiten lasse. Daß der Vertrag vereinbarungsgemäß in Österreich zu erfüllen wäre, ergebe sich weder aus den Verträgen noch aus den Parteiaussagen, noch sei dieser Umstand urkundlich nachgewiesen. Weil der Kläger auch keinen vermögensrechtlichen Anspruch geltend mache, könne der Umstand, daß die Beklagten in Österreich Vermögenswerte von mehreren 1.000 DM besäßen, den Gerichtsstand des Vermögens nicht begründen. Die Beklagten hätten den Wohnsitz in München. Daß sie sich auch zur Zeit der Klageerhebung in der Mietwohnung in Jochberg aufgehalten hätten, sei weder behauptet noch bewiesen. Darüber hinaus sei es dem Kläger, der seinen Wohnsitz ebenfalls in München habe, zumutbar, eine Klage bei einem deutschen Gericht anhängig zu machen. Deshalb sei die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichtes oder eines anderen österreichischen Gerichtes nicht gegeben.

Dagegen erhob der Kläger wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung Rekurs mit dem Antrag, die Einreden der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Unzuständigkeit zu verwerfen und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen, allenfalls den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und änderte den angefochtenen Beschluß im Sinn des Rekursantrages ab. Es führte im wesentlichen aus, der angefochtene Beschluß sei zwar nicht nichtig und das Verfahren auch nicht mangelhaft. Die erstgerichtliche Entscheidung beruhe jedoch auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung, weil die Voraussetzungen des § 99 JN vorlägen. Die Beklagten verfügten über vermögenswerte Gegenstände in Jochberg von mindestens mehreren 1.000 DM. Da der Kläger den Streitgegenstand unbeanstandet mit 100.000 S bewertet habe, bestehe kein Anlaß anzunehmen, daß der Wert des im Inland befindlichen Vermögens der Beklagten unverhältnismäßig geringer sei als der Wert des Streitgegenstandes. Bei dem geltend gemachten Anspruch handle es sich um einen vermögensrechtlichen im Sinn des § 99 JN. Der Kläger begehre, das Schuldanerkenntnis für nichtig zu erklären, weil dessen Inhalt einem gesetzlichen Verbot zuwiderliefe. Damit habe sein Begehren die Aufhebung seiner Verbindlichkeiten aus dem Notariatsakt gegenüber den Beklagten zum Ziel und sei deshalb als vermögensrechtlicher Anspruch zu qualifizieren. Das Erstgericht sei daher nach § 99 JN zuständig. Auch die inländische Gerichtsbarkeit liege im Sinn der Indikationentheorie vor, zumal neben der die örtliche Zuständigkeit begründenden Umständen weitere Inlandsbeziehungen bestünden. Die inländische Jurisdiktion sei auch nicht durch die Bestimmungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6. Juni 1959 BGBl 1960/105 (im folgenden als Abk bezeichnet) ausgeschlossen. Dessen Art 13 bestimme lediglich, daß öffentliche Urkunden, die in einem Staat errichtet und dort vollstreckbar sind, in dem anderen Staate wie rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen vollstreckt werden, während gerichtliche Vergleiche nach Art 11 Abs 1 den rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen gleichgestellt würden. Schon aus dieser unterschiedlichen Textierung gehe hervor, daß gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden nicht völlig gleich zu behandeln seien. Während bei gerichtlichen Vergleichen eine Inhaltskontrolle über die Vereinbarungen durch die Mitwirkung des Gerichtes gegeben und eine völlige Gleichstellung mit gerichtlichen Entscheidungen daher vertretbar sei, treffe dies auf öffentliche Urkunden nicht zu. Die Anwendung des Art 4 auch auf letztere würde bedeuten, daß der Inhalt von Parteienvereinbarungen, wie immer er beschaffen wäre, nur in den außerordentlich engen Grenzen des Art 2 Z 1 überprüfbar wäre. Eine solche weitgehende Bindung an Parteienvereinbarungen könne jedoch nicht angenommen werden, weshalb Art 4 - wie der gesamte erste Abschnitt des Abk auf öffentliche Urkunden nicht angewendet werden könne. Die inländische Gerichtsbarkeit sei daher durch das Abkommen nicht ausgeschlossen. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten (wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung) mit den Anträgen, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern oder ihn aufzuheben. Der Kläger beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben. Da das Rekursgericht nach § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 1 und 3 und Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, daß der Beschwerdegegenstand, über den es entschieden hat, 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und mit zutreffender Begründung, daß der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 2 ZPO (§ 502 Abs 4 Z 1 leg cit) zulässig sei, ist das nach § 521 a ZPO zweiseitige Rechtsmittel zulässig. Es ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurswerber vermeinen zunächst, das Fehlen der inländischen Gerichtsbarkeit aus Bestimmungen des Abk ableiten zu können.

Das Abk gliedert sich in fünf Abschnitte:

  1. 1. Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen (Art 1 bis 4),
  2. 2. Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen (Art 5 bis 10),
  3. 3. Gerichtliche Vergleiche, Schiedssprüche und öffentliche Urkunden (Art 11 bis 13),
  4. 4. Besondere Bestimmungen (Art 14 bis 20) und
  5. 5. Schlußbestimmungen (Art 21 bis 23).

    Durch Art 11 Abs 1 werden gerichtliche Vergleiche den rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen gleichgestellt. Nach Art 12 Abs 1 bestimmen sich die Anerkennung und die Vollstreckung von Schiedssprüchen nach dem Übereinkommen, das zwischen beiden Staaten jeweils in Kraft ist. Nach Abs 2 dieses Art werden vor einem Schiedsgericht abgeschlossene Vergleiche den Schiedssprüchen gleichgestellt. Nach Art 13 Abs 1 werden öffentliche Urkunden, die in einem Staat errichtet und dort vollstreckbar sind, in dem anderen Staate wie rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen vollstreckt. Zu diesen Urkunden gehören insbesondere gerichtliche oder notarielle Urkunden und die in Unterhaltssachen von einer Verwaltungsbehörde - Jugendamt - aufgenommenen Verpflichtungserklärungen und Vergleiche. Nach Abs 2 dieses Art hat der betreibende Gläubiger dem Antrag auf Bewilligung der Exekution (Vollstreckbarerklärung) eine mit amtlichem Siegel oder Stempel versehene Ausfertigung der öffentlichen Urkunde beizufügen. Ist eine Sache vor dem Gericht eines Staates streitanhängig (rechtshängig) und wird die Entscheidung in dieser Sache in dem anderen Staat anzuerkennen sein, so hat das Gericht dieses Staates nach Art 17 in einem Verfahren, das bei ihm wegen desselben Gegenstandes und zwischen denselben Parteien später anhängig wird, die Entscheidung abzulehnen.

    Nach § 794 Abs 1 Z 5 dZPO findet die Zwangsvollstreckung ferner statt aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, und der Schuldner sich in der Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat...

    Einwendungen, die den in einer solchen notariellen Urkunde beurkundeten Anspruch selbst betreffen, sind vom Schuldner im Wege der Klage (Vollstreckungsabwehrklage) im Sinn des § 767 Abs 1 dZPO geltend zu machen, wobei gemäß § 797 Abs 4 leg cit die beschränkende Vorschrift des § 767 Abs 2, wonach diese Einwendungen nur insoweit zulässig sind, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften der dZPO spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können, - naturgemäß nicht anzuwenden ist. Es sind daher (zumindest) bei der ersten Vollstreckungsabwehrklage gegen die Urkunde sämtliche sachrechtlichen Einwendungen zulässig (so auch Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO47 § 797 Anm 2 B unter Berufung auf OLG Düsseldorf Rpfleger 77, 67; OLG Hamm RR 87, 1331). Für eine solche Vollstreckungsabwehrklage ist nach § 802 dZPO örtlich ausschließlich das Gericht des allgemeinen Gerichtsstandes des Schuldners, hilfsweise das Gericht des Gerichtsstandes des Vermögens des Schuldners zuständig. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Streitwert (Wert des zu vollstreckenden Anspruchs) (so auch der zitierte Kurzkommentar aaO Anm 3 A B). Die Vollstreckungsabwehrklage läßt die "leugnende Feststellungsklage", also die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens des Anspruches unberührt (so auch der zitierte Kurzkommentar aaO § 767 Anm 1 B a; BGH FamRZ 84, 879; OLG München FamRZ 81, 913; OLG Hamm RR 88, 432).

    Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß das Abkommen der inländischen Gerichtsbarkeit nicht entgegensteht.

    Art 4 des Abkommens bezieht sich nur auf die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen, während Art 13 die Art der Vollstreckung öffentlicher Urkunden regelt. Die im Art 4 vorgesehene Prüfungsmöglichkeit betrifft auch fast ausschließlich Sachverhalte, die bei öffentlichen Urkunden, die vollstreckt werden sollen, nicht möglich sind. Es kann daher nicht unterstellt werden, daß durch Art 4 letzter Satz des Abkommens jede Überprüfung ausländischer öffentlicher Urkunden, ausgenommen die Fälle des Art 2 Z 1, ausgeschlossen werden sollte.

    Daß auch der Vertragspartner durch das Abkommen die Möglichkeit der Überprüfung nicht ausschließen wollte, ergibt sich auch aus dem deutschen Ausführungsgesetz zu diesem Abkommen.

    Das deutsche Ausführungsgesetz zum Abk 8. März 1960, dBGBl I 169 regelt die Vollstreckbarerklärung von (österreichischen) gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden (1. Abschnitt §§ 1 bis 6), die Aufhebung oder Abänderung der Vollstreckbarkeit solcher (österreichischer) Titel (2. Abschnitt §§ 7 und 8) und die Versehung (deutscher) Vollstreckungsbescheide und einstweiliger Verfügungen mit der Vollstreckungsklausel (3. Abschnitt § 9).

    Aus § 5 dieses deutschen Ausführungsgesetzes ergibt sich nun, daß der Schuldner in dem (vor einem deutschen Gericht geführten) Verfahren der Vollstreckbarerklärung einer (österreichischen) gerichtlichen Entscheidung auch Einwendungen gegen den Anspruch selbst insoweit geltend machen kann, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Erlaß der (österreichischen) gerichtlichen Entscheidung entstanden sind (Abs 1), in dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines (österreichischen) gerichtlichen Vergleiches oder einer (österreichischen) öffentlichen Urkunde sogar ungeachtet der in Abs 1 enthaltenen Beschränkung (Abs 2). Ist eine (österreichische) gerichtliche Entscheidung, ein gerichtlicher Vergleich oder eine öffentliche Urkunde für vollstreckbar erklärt, so kann der Schuldner Einwendungen gegen den Anspruch selbst in einem Verfahren nach § 767 dZPO nur geltend machen, wenn die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach Ablauf der Frist, innerhalb deren er Widerspruch hätte einlegen können (§ 1042c Abs 2, § 1042d Abs 1 dZPO), oder erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung entstanden sind, in der er die Einwendungen spätestens hätte geltend machen müssen.

    Daraus ergibt sich, daß Einwendungen gegen den in einer (österreichischen) gerichtlichen Entscheidung, einem solchen Vergleich oder einer solchen öffentlichen Urkunde titulierten Anspruch vor den deutschen Gerichten geltend gemacht werden können. Das muß auch umgekehrt gelten, so daß Einwendungen gegen den in einer deutschen öffentlichen Urkunde titulierten Anspruch nicht nur vor den deutschen, sondern auch vor den österreichischen Gerichten geltend gemacht werden können.

    Auch dies spricht daher dafür, daß die Bestimmungen des Art 4 des Abkommens daher der inländischen Gerichtsbarkeit nicht entgegenstehen. Ob für solche Einwendungen in Österreich außerhalb des Exekutionsverfahrens eine Feststellungsklage zulässig ist, hat aber mit der Frage der inländischen Gerichtsbarkeit nichts zu tun. Mit der vorliegenden Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, daß das von ihm abgegebene Schuldanerkenntnis "laut dieser notariellen Urkunde" (aus materielirechtlichen Gründen) nichtig sei, werden daher die Grenzen der österreichischen Gerichtsbarkeit so lange nicht überschritten, als diese Rechtssache zufolge eines durch die inländischen (österreichischen) Verfahrensordnungen anerkannten Anknüpfungspunktes an das Inland vor die österreichischen Gerichte verwiesen ist, was vom Rekursgericht zutreffend bejaht wurde. Selbst wenn es bei der beim Landgericht München I zwischen den Parteien rechtshängigen

    Vollstreckungsabwehr-(Vollstreckungsgegen)klage gegen den durch die in der vollstreckbaren Notariatsurkunde beurkundeten Anspruch selbst und bei der später anhängig gewordenen vorliegenden Klage um denselben Gegenstand ginge und die Entscheidung in der erstgenannten Sache in Österreich anzuerkennen wäre, hätte das österreichische Gericht die Entscheidung nach Art 17 Abk zwar abzulehnen, doch nicht mangels inländischer Gerichtsbarkeit, sondern wegen Streitanhängigkeit (so auch Heller-Berger-Stix aaO I 828 FN 42; Fasching, ZPR Rz 1191). Über diese Einrede wurde bisher ebensowenig verhandelt und entschieden wie über die der Unzulässigkeit des Rechtsweges.

    Auch der gegen den die inländische Gerichtsbarkeit indizierenden Gerichtsstand des Vermögens nach § 99 Abs 1 JN gerichtete Einwand der Rekurswerber, die vorliegende Klage sei nicht wegen eines vermögensrechtlichen Anspruches angebracht worden, weil das Begehren sich weder aus vermögensrechtlichen Beziehungen ableiten lasse, noch auf Geld oder Geldeswert gerichtet sei, ist unzutreffend. Die Jurisdiktionsnorm gebraucht den Ausdruck "vermögensrechtliche Ansprüche" im § 49 Abs 1 und im § 99 Abs 1 und spricht im § 56 Abs 2 von einem "vermögensrechtlichen Streitgegenstand" und im § 100 von "nicht rein vermögensrechtlichen Streitigkeiten aus dem Eheverhältnis".

    "Vermögensrechtliche Ansprüche" sind ein Gegensatz zu Ansprüchen, die dem Personen- oder Familienrecht angehören. Es handelt sich dabei nicht nur um Ansprüche, die auf Geld- oder Geldeswert gerichtet sind, sondern auch um solche, die sich aus vermögensrechtlichen Beziehungen ableiten. Darunter fallen auch Feststellungsbegehren, denen eine vermögensrechtliche Beziehung zugrundeliegt und Rechtsgestaltungsklagen, mit denen die Gestaltung eines Vermögensrechtes begehrt wird (Fasching, Komm I 477 mit Judikaturzitaten; ZfRV 1979, 205 ua). In diesem Sinn liegt auch dem auf Feststellung der Nichtigkeit eines Schuldanerkenntnisses gerichteten Begehren keine personen- oder familienrechtliche, sondern eine vermögensrechtliche Beziehung der Parteien zugrunde, nämlich ein nach der Behauptung des Klägers nichtiger Darlehensvertrag.

    Da das Rekursgericht den Gerichtsstand des Vermögens auch im übrigen und die inländische Gerichtsbarkeit im Sinn der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (zB SZ 55/95, 56/162; EvBl 1987/25; SZ 59/205; JBl 1989/48 ua) zutreffend bejaht hat, war dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

    Nach den §§ 41, 50 und 52 Abs 1 ZPO haben die im Zwischenstreit über die von ihnen erhobenen Einreden der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Unzuständigkeit vollständig unterlegenen Beklagten dem Kläger auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw Verteidigung notwendigen Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

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