Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
B e g r ü n d u n g :
Rechtliche Beurteilung
Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung (§ 177a ABGB), welchem Elternteil bei Gegenüberstellung der Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände die Obsorge für das Kind übertragen werden soll, ist immer eine solche des Einzelfalls, der keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zuerkannt werden kann, wenn - wie im Anlassfall - die Entscheidung das Kindeswohl als oberstes Prinzip des Pflegschaftsverfahrens wahrt (RIS-Justiz RS0007101 ua). Dabei ist nicht nur von der aktuellen Situation auszugehen, sondern auch eine Zukunftsprognose anzustellen (RIS-Justiz RS0048632). Nach der Rechtsprechung ist die Kontinuität der Erziehung, sofern sie dem Kindeswohl entspricht, jedenfalls nicht zu vernachlässigen (RIS-Justiz RS0047903 [T6, T7]). Von diesen Grundsätzen weicht das Rekursgericht nicht ab. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen weisen die Kinder eine stärkere Bindung zur Mutter auf und wollen auch bei dieser leben. Die Vorinstanzen berücksichtigten insbesondere die Unterbringungs- und Betreuungsmöglichkeiten sowie erzieherischen Fähigkeiten beider Eltern. Das Rekursgericht hat entgegen den Rechtsmittelausführungen nicht vertreten, dass der 67-jährige Vater aufgrund seines Alters nicht in der Lage sei, seine 12 und 10 Jahre alten Töchter zu erziehen, sondern in der Gesamtschau der für die Obsorgeentscheidung maßgeblichen Umstände den Altersunterschied zwischen Vater und Töchter als „nicht ideal“ angesehen (damit offenbar die Erwägung des Erstgerichts geteilt, es sei auch zu bedenken, dass beide Mädchen kurz vor der Pubertät stehen und damit in eine schwierigere Entwicklungsphase eintreten). Im Übrigen hat das Rekursgericht aber dem Altersunterschied nicht allein entscheidende Bedeutung beigemessen.
Ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz kann keinen Revisionsrekursgrund bilden (RIS-Justiz RS0050037 ua). Dies gilt umso mehr, wenn ein behaupteter Mangel des Verfahrens erster Instanz - wie im Anlassfall die Nichteinholung eines kinderpsychologischen Gutachtens - im Rekurs gar nicht gerügt wurde (8 Ob 116/09f; 1 Ob 67/04s). Die Voraussetzung für die Durchbrechung dieses Grundsatzes aus Gründen des Kindeswohls (9 Ob 13/08i ua) liegt hier nicht vor. Die Unterlassung der Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens - im Akt erliegen zwei psychologische Stellungnahmen einer klinischen- und Gesundheitspsychologin (ON S-14) - vermag daher eine iSd § 62 AußStrG erhebliche Streitfrage nicht zu begründen.
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