European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0100OB00016.22H.0420.000
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] D* bezog von 1. Juni 1982 bis 31. Mai 1985 Unterhaltsvorschüsse nach § 4 Z 2 UVG von insgesamt 5.990,86 EUR.
[2] Der Präsident des Oberlandesgerichts Wien forderte den Vater mit Zahlungsaufforderung vom 9. Dezember 2015 zur Überweisung der rückständigen Unterhaltsforderungen in monatlichen Raten von 220 EUR beginnend mit Jänner 2016 jeweils zum 15. des Monats auf.
[3] Der Vater wendete dagegen ein, dass er sich mit der Mutter im Jahr 1992 geeinigt und einen Geldbetrag für den Lebensunterhalt des Kindes gezahlt habe.
[4] Das Erstgericht sprach aus, dass den Einwendungen des Vaters gegen die Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der nach § 4 Z 2 UVG gewährten Unterhaltsvorschüsse „nicht stattgegeben“ werde. Die Zahlungen im Jahr 1992 seien für die Zukunft geleistet worden und nicht für die Vergangenheit.
[5] Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs des Vaters mit dem angefochtenen Beschluss als verspätet zurück und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
[6] Dagegen richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ das Vaters (in eventu: Zulassungsvorstellung), den das Erstgericht samt den Akten dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
[7] Diese Aktenvorlage entspricht nicht der Rechtslage.
[8] 1.1. Weist das Gericht zweiter Instanz „im Rahmen des Rekursverfahrens“ den Rekurs gegen die erstinstanzliche Sachentscheidung wegen Verspätung zurück, ist dieser Beschluss nur unter den Voraussetzungen des § 62 AußStrG anfechtbar (RS0120565 [T3]). Danach ist ein Revisionsrekurs (außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG) jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und – wie hier – das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den (ordentlichen) Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 62 Abs 3 AußStrG).
[9] 1.2. Nach § 62 Abs 4 AußStrG gilt § 62 Abs 3 AußStrG nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist. Ob ein Anspruch vermögensrechtlicher Natur ist, ergibt sich aus seinem materiell-rechtlichen Inhalt (RS0007110; RS0109789). Ein rein vermögensrechtlicher Entscheidungsgegenstand liegt jedenfalls immer dann vor, wenn der Anspruch auf eine Geldleistung gerichtet ist (RS0007110 [T30]; RS0109789 [T12]). Im vorliegenden Fall geht es um die Einwendungen des unterhaltspflichtigen Vaters gemäß § 28 Abs 3 UVG gegen den Rückforderungsanspruch des Bundes gemäß § 28 Abs 1 UVG. Der Entscheidungsgegenstand ist somit eine Geldleistung und daher rein vermögensrechtlicher Natur (vgl 10 Ob 12/19s zum Rückersatzanspruch nach § 22 Abs 1 UVG).
[10] 2. Da der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, nur 5.990,86 EUR beträgt und somit 30.000 EUR nicht übersteigt, steht einer Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG nur ein Antrag an das Rekursgericht offen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des Revisionsrekurses zu verbinden und zunächst dem funktional zuständigen Rekursgericht zur Entscheidung über den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs vorzulegen.
[11] 3. Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T14]).
[12] 4. Da der vom Rechtsmittelwerber eingebrachte „außerordentliche Revisionsrekurs“ nicht dem Obersten Gerichtshof vorgelegt werden durfte, sondern dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen ist (§ 69 Abs 3 AußStrG), ist die Rückstellung an das Erstgericht anzuordnen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)