OGH 10Ob15/12x

OGH10Ob15/12x12.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj L*****, geboren am 1. August 2011, und des mj P*****, geboren am 14. November 2003, beide vertreten durch das Land Wien als Jugendwohlfahrtsträger (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung, Bezirk 22, 1220 Wien, Kapellenweg 35), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Jänner 2012, GZ 45 R 29/12s, 45 R 30/12p‑16, womit infolge Rekurses des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, die Beschlüsse des Bezirksgerichts Donaustadt jeweils vom 25. Oktober 2011, GZ 17 PU 193/11k‑4 und ‑5, abgeändert wurden, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Beschlüsse des Erstgerichts wiederhergestellt werden.

Text

Begründung

Die beiden Minderjährigen sind ‑ ebenso wie ihr Vater ‑ österreichische Staatsbürger. Sie haben ihren ständigen Aufenthalt in der Slowakei und werden dort während der Woche von der mütterlichen Großmutter und am Wochenende (Freitag bis Sonntag) von ihrer Mutter betreut. Die Mutter ist slowakische Staatsbürgerin. Sie ist in Österreich als Arbeitnehmerin beschäftigt und bezieht Familienbeihilfe für die beiden Kinder. Der Vater befand sich in der Zeit vom 22. 9. 2011 bis voraussichtlich 17. 4. 2012 in Österreich in Strafhaft.

Das Erstgericht gewährte jeweils mit Beschluss vom 25. 10. 2011 den beiden Kindern gemäß § 4 Z 3 UVG Unterhaltsvorschüsse für die Zeit vom 1. 10. 2011 bis 30. 4. 2012 in der jeweiligen Höhe nach § 6 Abs 2 UVG. Es begründete seine Entscheidung damit, dass dem Unterhaltsschuldner aufgrund einer Anordnung in einem gerichtlichen Strafverfahren für die Zeit vom 22. 9. 2011 bis voraussichtlich 17. 4. 2012 die Freiheit im Inland entzogen worden sei, weshalb er seine Unterhaltspflicht nicht erfüllen könne. Die Kinder, die ihren ständigen Aufenthalt in der Slowakei hätten, hätten daher Anspruch auf Unterhaltsvorschuss gemäß § 4 Z 3 UVG.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, Folge und wies den Unterhaltsvorschussantrag der beiden Kinder ab. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass seit dem 1. 5. 2010 keine Exportverpflichtung von österreichischen Unterhaltsvorschüssen für Kinder, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, bestehe. Es liege aber auch keine Fallkonstellation vor, bei der allenfalls aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 18 AEUV oder aus der Verordnung (EWG) 1612/68 ein Anspruch der Kinder auf österreichische Unterhaltsvorschüsse abgeleitet werden könnte.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung zulässig sei, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Wegfall der Exportverpflichtung bei Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 4 Z 3 UVG vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Kinder wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts.

Der Bund, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen bzw ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Rechtsfrage, ob die in einem anderen EU‑Mitgliedstaat wohnhaften Kinder einen Anspruch auf österreichische Unterhaltsvorschüsse aufgrund der Bestimmungen der VO (EWG) 1612/68 bzw der neuen VO (EU) 492/2011 haben, vorliegt. Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Die Revisionsrekurswerber stützen ihren Anspruch auf Unterhaltsvorschuss nur noch auf die Freizügigkeitsverordnungen VO (EWG) 1612/68 bzw VO (EU) 492/2011 . Ihre Mutter gehe als betreuender Elternteil in Österreich als Grenzgängerin einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nach, indem sie wochen‑ oder tageweise von der Slowakei zur Ausübung dieser Tätigkeit nach Österreich pendle. Eine solche Arbeitnehmerin genieße gemäß Art 7 Abs 2 der erwähnten Freizügigkeitsverordnungen dieselben sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie inländische Arbeitnehmer. Unterhaltsvorschüsse seien soziale Vergünstigungen im Sinne der beiden Freizügigkeitsverordnungen, weshalb bei einer solchen Grenzgängerkonstellation österreichische Unterhaltsvorschüsse auch nach dem 30. 4. 2010 in das EU‑Ausland zu exportieren seien.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

1. Es ist im vorliegenden Fall unstrittig davon auszugehen, dass Unterhaltsvorschüsse ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der neuen Koordinierungsverordnung VO (EG) 883/2004 ausgenommen wurden und daher seit 1. 5. 2010 keine „Exportpflicht“ betreffend Unterhaltsvorschusszahlungen nach dieser Verordnung mehr besteht (vgl RIS‑Justiz RS0125933). Diese Rechtslage gilt auch für sogenannte Haftvorschüsse nach § 4 Z 3 UVG. Es liegt auch kein Anwendungsfall des Art 18 AEUV vor, der ein allgemeines Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsbürgerschaft innerhalb des Unionsrechts enthält und daher dazu führt, dass allen Kindern mit der Staatsbürgerschaft eines EU‑Mitgliedstaats während ihres gewöhnlichen Aufenthalts in Österreich unter denselben Voraussetzungen wie Kindern mit österreichischer Staatsbürgerschaft und gewöhnlichem Aufenthalt im Inland Unterhaltsvorschüsse zu gewähren sind (vgl Neumayr in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1 UVG Rz 16).

2. Die Frage, ob bei Sachverhalten mit Unionsbezug österreichische Unterhaltsvorschüsse gebühren, ist daher seit 1. 5. 2010 wieder auf der Grundlage des § 2 UVG zu beurteilen, wobei allerdings bei der Anwendung dieser Bestimmung das europäische Primär‑ und Sekundärrecht nicht ausgeblendet werden darf (Neumayr aaO § 1 UVG Rz 17 mwN).

3. Nach § 2 Abs 1 erster Satz UVG haben minderjährige Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und entweder österreichische Staatsbürger oder staatenlos sind, Anspruch auf Vorschüsse.

3.1 Ein wesentlicher Anknüpfungspunkt für einen Vorschussanspruch in Österreich ist somit neben der österreichischen Staatsbürgerschaft (bzw der Staatsbürgerschaft eines EU‑Mitgliedstaats) ein gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes in Österreich.

3.2 Im vorliegenden Fall ist strittig, ob dieses in § 2 Abs 1 UVG normierte Aufenthaltskriterium mit der Freizügigkeitsverordnung (EU) 492/2011, durch die die mehrfach geänderte Freizügigkeitsverordnung (EWG) 1612/68 neu kodifiziert wurde, vereinbar ist. Die neue VO (EU) 492/2011 ist mit 16. 6. 2011 in Kraft getreten (vgl Art 42).

3.3 Vorauszuschicken ist, dass die VO (EU) 492/2011 neben der Koordinierungsverordnung (EG) 883/2004 zur Anwendung gelangt (vgl Felten in Spiegel [Hrsg], Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht Art 67 Rz 7 mwN; Spiegel, Revolution oder Evolution, SozSi 2001, 365 ff [370 ff] mwN). Da die VO (EU) 492/2011 für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer allgemeine Bedeutung hat, kann Art 7 Abs 2 dieser Verordnung auf soziale Vergünstigungen Anwendung finden, die gleichzeitig in den besonderen Geltungsbereich der VO (EG) 883/2004 fallen. Es kann daher auch der Umstand, dass Unterhaltsvorschussleistungen nunmehr ausdrücklich aus dem Geltungsbereich der VO (EG) 883/2004 ausgenommen sind, nicht dazu führen, dass deshalb eine allfällige Exportverpflichtung von Unterhaltsvorschüssen nicht aus der VO (EU) 492/2011 abgeleitet werden könnte.

3.4 Nach Art 7 Abs 2 der VO (EU) 492/2011 genießt ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer. Die VO (EWG) 1612/68 enthielt in Art 7 Abs 2 eine gleichlautende Bestimmung, weshalb zur Auslegung der Bestimmung des Art 7 Abs 2 der VO (EU) 492/2011 auf die bisherige Rechtsprechung des EuGH zurückgegriffen werden kann.

3.5 Die Judikatur des EuGH zum Begriff der „sozialen Vergünstigung“ ist äußerst weit. Nach dieser Rechtsprechung fallen unter den Begriff der sozialen Vergünstigungen „alle Vergünstigungen, die ‑ ob sie an einen Arbeitsvertrag anknüpfen oder nicht ‑ den inländischen Arbeitnehmern hauptsächlich wegen ihrer objektiven Arbeitnehmereigenschaft oder einfach wegen ihres Wohnorts im Inland gewährt werden und deren Ausdehnung auf die Arbeitnehmer, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedsstaats sind, deshalb als geeignet erscheint, deren Mobilität innerhalb der Gemeinschaft zu erleichtern“. Außerdem bezweckt der in Art 7 der VO (EWG) 1612/68 verankerte Gleichbehandlungsgrundsatz nach ständiger Rechtsprechung, die Diskriminierung von Kindern, denen der Arbeitnehmer Unterhalt gewährt, zu verhindern (M. Windisch‑Graetz, Neuerungen im Europäischen koordinierten Sozialrecht, DRdA 2011, 219 ff [221]; Felten/Neumayr, Die neue Wanderarbeitnehmerverordnung und Unterhaltsvorschuss, iFamZ 2010, 164 ff [167] mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

3.6 Der Unterhaltsvorschuss dient der vollständigen und rechtzeitigen Befriedigung des Unterhaltsanspruchs minderjähriger Kinder und trägt somit zu den Lebensverhältnissen der Familie bei. Es handelt sich dabei zwar nicht um eine Leistung, die hauptsächlich an die Arbeitnehmereigenschaft gekoppelt ist, aber um eine solche, die wegen des Wohnsitzes des Arbeitnehmers im Inland gewährt wird. Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls davon auszugehen, dass Unterhaltsvorschüsse nach dem UVG als „soziale Vergünstigungen“ iSd Art 7 Abs 2 VO (EU) 492/2011 anzusehen sind (vgl Neumayr aaO § 1 UVG Rz 20; M. Windisch‑Graetz aaO DRdA 2011, 221; Felten/Neumayr aaO iFamZ 2010, 168 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Der Unterhaltsvorschuss ist daher auch auf jeden Fall als soziale Vergünstigung für eine Wanderarbeitnehmerin, die mit dem den Unterhaltsvorschuss beantragenden Kind im gleichen Haushalt lebt, zu beurteilen. Dass der Anspruch formal ein Anspruch des Kindes ist und nicht der obsorgeberechtigten Mutter, schadet nach ständiger Rechtsprechung des EuGH nicht der Qualifikation als Familienleistung oder soziale Vergünstigung für den Wanderarbeitnehmer (M. Windisch‑Graetz aaO DRdA 2011, 221). Für eine Mutter mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat, die in Österreich einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht und somit in den persönlichen Anwendungsbereich der VO (EWG) 1612/68 bzw nunmehr der VO (EU) 492/2011 fällt, stellt nämlich der Empfang von Unterhaltsvorschüssen zweifelsfrei eine soziale Vergünstigung dar, da auf diese Weise ihr Beitrag am Aufkommen für den Unterhalt des Kindes verringert wird (Felten/Neumayr aaO iFamZ 2010, 169 mwN). Da die Gewährung eines Unterhaltsvorschusses an ein Kind einer Wanderarbeitnehmerin somit für diese eine soziale Vergünstigung darstellt, kann sich das Kind selbst auf Art 7 Abs 2 der VO (EU) 492/2011 berufen, um diese Leistung zu erhalten, wenn sie nach nationalem Recht unmittelbar dem Kind gewährt wird.

3.7 Es ist somit zu prüfen, ob die Versagung von österreichischen Unterhaltsvorschüssen wegen des fehlenden Wohnsitzes des Kindes und damit mangels gewöhnlichen Aufenthalts im Inland sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. Man kann diese Frage nicht schon deshalb bejahen, weil die Verordnung ja nur einen Anspruch auf die gleichen sozialen Vergünstigungen wie für die eigenen Staatsbürger gewährt und auch für diese die Voraussetzung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Inland gilt. Gerade ein Kriterium wie das der Wohnsitzvoraussetzung kann nämlich zu einer mittelbaren Diskriminierung von Wanderarbeitnehmern führen. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH verbietet der sowohl in Art 45 AEUV als auch in Art 7 der VO (EWG) 1612/68 niedergelegte Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur offene Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verdeckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen. Eine Regelung ist als mittelbar diskriminierend anzusehen, wenn sie sich ihrem Wesen nach eher auf Wanderarbeitnehmer als auf inländische Arbeitnehmer auswirken kann und folglich die Gefahr besteht, dass sie Wanderarbeitnehmer besonders benachteiligt. Dies ist insbesondere im Fall von Grenzarbeitnehmern gegeben, die ihren Wohnsitz definitionsgemäß in einem anderen Mitgliedstaat haben, wo im Allgemeinen auch ihre Familienangehörigen wohnen (vgl M. Windisch‑Graetz aaO DRdA 2011, 221 f mwN). Das Wohnsitzkriterium wirkt sich somit eher auf Wanderarbeitnehmer (Grenzgänger) als auf österreichische Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, die ihren Wohnsitz meistens im Inland haben, benachteiligend aus, was den Tatbestand der mittelbaren Diskriminierung erfüllt (Felten/Neumayr aaO iFamZ 2010, 169).

3.8 Bezüglich etwaiger Rechtfertigungsgründe für eine derartige mittelbare Diskriminierung ist auf den Zweck des Unterhaltsvorschusses Bedacht zu nehmen. Dieser besteht darin, den Unterhalt minderjähriger Kinder in jenen Fällen sicherzustellen, in denen den Obsorgeberechtigten neben der Tatsache, Alleinerzieher zu sein, auch noch die Schwierigkeit aufgelastet ist, den Kindesunterhalt vom Unterhaltsschuldner hereinzubringen. Der Familie soll damit eine ständige Liquidität gewährleistet und der betreuenden Person sollen nervlich und administrativ belastende Schritte gegenüber dem Unterhaltsschuldner erspart werden. Gerade die Entlastung der obsorgeberechtigten Person rechtfertigt eine Beschränkung auf im Inland ansässige Kinder nicht. Das Wohnsitzkriterium ist aber auch nicht durch Maßnahmen der Armutsbekämpfung, die auf das wirtschaftliche Umfeld des Wohnorts zugeschnitten wären, gerechtfertigt. Der Unterhaltsvorschuss bemisst sich nämlich nicht ‑ wie eine Leistung der Sozialhilfe ‑ an den Lebensverhältnissen im Inland, sondern nach dem tatsächlich geschuldeten Unterhalt (M. Windisch‑Graetz aaO DRdA 2011, 222).

3.9 Nach der Rechtsprechung des EuGH stellen zwingende Gründe des Allgemeininteresses, wie zB die Gewährleistung des finanziellen Gleichgewichts der Systeme der sozialen Sicherheit, grundsätzlich Rechtfertigungsgründe für freizügigkeitsbeschränkende Maßnahmen dar. Dennoch ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass der EuGH der Verwirklichung von Allgemeininteressen durch ausschließliche Anknüpfung an einen Wohnsitz im Inland sehr kritisch gegenübersteht. Hingegen kann das Fehlen eines Wohnsitzes im Inland in Kombination mit dem Fehlen einer ausreichend ins Gewicht fallenden Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ein zulässiger Rechtfertigungsgrund für die Versagung eines Anspruchs auf eine soziale Vergünstigung sein. Der EuGH hat daher einen Exportanspruch von Familienleistungen über die VO (EU) 492/2011 verneint, wenn zu dem zuständigen Staat keine hinreichend enge Bindung besteht, zB weil die betreffende Person dort lediglich eine geringfügige Beschäftigung ausübt (vgl Felten/Neumayr aaO iFamZ 2010, 169 mwN).

4. Bei Berücksichtigung der dargelegten Erwägungen gelangt der erkennende Senat zu dem Ergebnis, dass die Beschränkung auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes im Inland gemäß § 2 Abs 1 UVG im vorliegenden Fall mit der Freizügigkeitsverordnung (EU) 492/2011 nicht vereinbar ist und die Minderjährigen daher aus der Rechtsstellung ihrer Mutter als Wanderarbeitnehmer (Grenzgängerin), die in Österreich einer Beschäftigung über der Geringfügigkeitsgrenze nachgeht und mit ihren beiden unterhaltsberechtigten Kindern in einem anderen Mitgliedstaat (Slowakei) lebt, mit Recht einen Anspruch auf Gewährung österreichischer Unterhaltsvorschüsse ableiten können.

Es besteht somit zusammenfassend ein Anspruch auf Gewährung österreichischer Unterhaltsvorschüsse, wenn ein Kind mit der Staatsbürgerschaft eines EU‑Mitgliedsstaats seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat hat und der Elternteil, mit dem ein gemeinsamer Aufenthalt besteht, in Österreich einer sozialversicherungspflichtigen ‑ und somit ausreichend ins Gewicht fallenden ‑ unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht (Neumayr aaO § 1 UVG Rz 20; Felten/Neumayr aaO iFamZ 2010, 170; Felten in Spiegel [Hrsg], Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht Art 67 VO EG 883/2004 Rz 7; M. Windisch‑Graetz aaO DRdA 2011, 222; Spiegel in Mazal [Hrsg], Die Familie im Sozialrecht 145 f).

Es waren daher in Stattgebung des Revisionsrekurses der Kinder die antragstattgebenden Beschlüsse des Erstgerichts wiederherzustellen.

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