OGH 10Ob14/21p

OGH10Ob14/21p27.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. T*****, geboren ***** 2016 und 2. Z*****, geboren ***** 2019, vertreten durch das Land Steiermark als Kinder‑ und Jugendhilfeträger (Bezirkshauptmannschaft Leoben, Bereich Kinder‑ und Jugendhilfe, 8700 Leoben, Peter‑Tunner‑Straße 6), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 10. Februar 2021, GZ 2 R 30/21t, 2 R 31/21i‑46, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichts Leoben vom 19. November 2020, GZ 2 Pu 67/20b‑27 und 2 Pu 67/20b‑28, bestätigt wurden, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0100OB00014.21P.0427.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Mit Beschlüssen des Bezirksgerichts F***** vom 6. 5. 2020 wurden den beiden Kindern Unterhaltsvorschüsse in Titelhöhe jeweils für den Zeitraum von 1. 4. 2020 bis 30. 9. 2020 gemäß § 7 1. COVID‑19‑Justiz‑Begleitgesetz (1. COVID‑19‑JuBG, BGBl I 2020/16) gewährt (ON 13 und 14).

[2] Mit ihren am 19. 11. 2020 beim Erstgericht eingelangten Anträgen (ON 25 und 26) begehrten die Kinder, ihnen erneut Unterhaltsvorschüsse gemäß § 7 1. COVID‑19‑JuBG in Titelhöhe zu gewähren. Ein Exekutionsantrag war diesen als „Weitergewährungsanträgen“ bezeichneten Anträgen jeweils nicht beigeschlossen.

[3] Das Erstgericht bewilligte antragsgemäß beiden Kindern erneut Unterhaltsvorschüsse nach § 7 1. COVID‑19‑JuBG, und zwar jeweils für den Zeitraum von 1. 10. 2020 bis 31. 3. 2021 (ON 27 und 28); die Beschlüsse wurden mit „Weitergewährung“ überschrieben.

[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Bundes nicht Folge und ließ den Revisionsrekurs zur Auslegung der Bestimmung des § 7 des 1. COVID‑19‑JuBG (bei mehrmaliger Gewährung von COVID‑19‑Vorschüssen) zu. Zur Frage, ob die COVID‑19‑Gesetzgebung im Zusammenhang mit der Gewährung von Vorschüssen ohne Bescheinigung eines entsprechenden Exekutionsantrags nur eine einzige oder auch mehrfache Antragstellungen zulasse, bestehe noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

[5] Entgegen diesem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Zulassungsbeschluss ist der Revisionrekurs des Bundes nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[6] Wie in den zwischenzeitig ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs vom 30. 3. 2021, 10 Ob 5/21i und 10 Ob 8/21f ausführlich begründet wurde, ist eine neue Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 7 1. COVID‑19‑JuBG nach Ablauf der Periode, für die zwar bereits Vorschüsse nach diesem Gesetz gewährt worden waren, zulässig.

[7] Da die Kinder im vorliegenden Fall ihren (zweiten) Antrag auf Gewährung von Titelvorschüssen nach § 7 1. COVID-19-JuBG am 19. 11. 2020 gestellt haben, fallen diese Anträge in den zeitlichen Anwendungsbereich der 2. COVID-19-ZivVO (BGBl II 2020/459), mit der der Geltungsdauer des § 7 1. COVID‑19‑JuBG bis zum 31. 12. 2020 verlängert worden war.

[8] Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Vereinfachung des § 7 1. COVID‑19‑JuBG komme auch für erneute Vorschussanträge nach dieser Bestimmung weiterhin zum Tragen, steht im Einklang mit den erwähnten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zu 10 Ob 5/21i und 10 Ob 8/21f.

[9] Der Revisionsrekurs des Bundes ist daher wegen Fehlens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung als unzulässig zurückzuweisen.

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