Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Kläger haben am 16.8.1994 mit der Beklagten einen Kaufvertrag über die den Klägern je zur Hälfte gehörige Liegenschaft EZ 814, GB 50326 W***** geschlossen. Im Punkt XII. des Kaufvertrages wurde unter der Überschrift "Mietausfallgarantie" vereinbart:
"Die Verkäufer verpflichten sich, entweder
a) spätestens bei Unterfertigung dieses Vertrages der Käuferin einen Bestandnehmer namhaft zu machen, der in der am Kaufobjekt errichteten "grünen Halle" ab 1.9.1994 zumindest 1000 m**2 zu einem Bestandzins von 55,-- S/m**2 zuzüglich Mehrwertsteuer für zumindest 5 Jahre in Bestand nimmt, oder
b) bei Unterfertigung dieses Vertrages der Käuferin eine Mietausfallgarantie in Form einer Bankgarantie zu übergeben mit einer Laufzeit beginnend mit 1.9.1994 auf die Dauer von 12 Monaten für eine Bestandfläche von 1000 m**2 und einem Bestandzins von 55,-- S/m**2 zuzüglich Mehrwertsteuer. Diese Mietausfallgarantie kann von der Käuferin jeweils monatlich ab 1.9.1994 abgerufen werden".
Da es den Klägern nicht gelang, der Beklagten einen Mieter zu bringen, übergaben sie der Beklagten eine Zahlungsgarantie der Oberbank, Filiale V***** mit folgendem Inhalt:
"... In diesem Zusammenhang verlangen Sie vom Verkäufer eine
Bankgarantie gemäß Punkt XII. b) des Kaufvertrages in Höhe von S
726.000,-- mit einer Laufzeit von 12 Monaten. Dies vorausgeschickt
übernehmen wir ..... Ihnen gegenüber diese unwiderrufliche Garantie
und verpflichten uns, den uns namhaft gemachten Betrag, höchstens
jedoch S 726.000,-- innerhalb von 8 Tagen nach Erhalt Ihrer
schriftlichen Aufforderung ohne Prüfung des zugrundeliegenden
Rechtsverhältnisses an Sie zu überweisen. ..... Diese Garantie
erlischt durch die Rückgabe dieses Garantieschreibens an uns, spätestens jedoch am 31.8.1995."
Die Beklagte rief von der Zahlungsgarantie 1994 S 60.500,-- und per 21.3.1995 weitere S 54.000,-- ab. Mit Schreiben vom 23.8.1995 rief sie S 477.263,20 ab, wovon S 68.550,-- ausbezahlt und die Differenz von S 408.713,20 nicht gezahlt wurde. Nach einer Korrektur des Abrufes wurde unter Anrechnung von S 68.550,-- ein Rest von S 400.348,20 gefordert. Mit einstweiliger Verfügung des BG Vöcklabruck vom 1.9.1995 wurde der Oberbank V***** bis auf weitere gerichtliche Anordnung verboten, aus der von ihr übernommenen Bankgarantie in Höhe von S 726.000,--, den S 68.550,-- übersteigenden Betrag an die Antragsgegnerin auszufolgen. Den Klägern wurde aufgetragen binnen 4 Wochen die Rechtfertigungsklage beim zuständigen Gericht einzubringen.
Die Kläger begehren nunmehr die Feststellung, daß die Beklagte aus der von den Klägern durch die von der Oberbank V***** ausgestellten Bankgarantie vom 1.9.1994 anstatt S 68.550,-- zu Unrecht S 477.263,20 am 23.8.1995 abberufen hat und diese Bankgarantie, soweit sie den Betrag von S 68.550,-- übersteigt, erloschen ist.
Die Kläger brachten vor, daß der Mietausfall der Beklagten S 55.000,-- für September 1994, je S 9.500,-- für Oktober 1994 bis August 1995 zuzüglich S 23.550,-- Umsatzsteuer sohin S 183.050,-- betrage. Abzüglich der bereits abgerufenen S 114.500,-- sei die Beklagte nur berechtigt, den zugestandenen Betrag von S 68.550,-- abzurufen. Der Mehrbetrag, der sich aus einem behaupteten Mietzinsausfall ab September 1995 bis August 1999 errechne, sei durch die übernommene Mietausfallsgarantie nicht gedeckt und widerspreche Treu und Glauben.
Die Beklagte beantragte die Klageabweisung und wendet ein, berechtigt zu sein, den Mietausfall bis August 1999 bereits im August 1995 abrufen zu können.
Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt.
In rechtlicher Hinsicht seien die Kläger mit der Feststellung, daß die Garantie erloschen sei, wie auch die bezogene Bank berechtigt, die Auszahlung trotz Vorliegens eines Abrufes weiterhin zu verweigern. Es bedürfe keines ausdrücklichen Widerrufs der Inanspruchnahme, weil die Kläger den von ihnen angestrebten Zweck bereits dadurch erreicht hätten, daß die Auszahlung des Mehrbetrages tatsächlich nicht erfolgt. Eine klarere und deutlichere Fassung des Urteilsantrages sei nicht erforderlich. Ob die Klage tatsächlich die zum Sicherungsantrag erhobene Rechtfertigungsklage sei, sei nicht zu prüfen, weil es den Klägern freistehe, ihre behaupteten Ansprüche zur Unterlassung des Abrufes der Bankgarantie (oder auf Widerruf eines vorgenommenen Abrufes) in jeder von ihnen gewählten Form geltend zu machen. Die Feststellung, daß der S 68.550,-- übersteigende Abruf unrechtmäßig war, sowie die weitere Feststellung, daß die restliche Garantie zum vereinbarten Zeitpunkt abgelaufen und somit erloschen ist, reiche aus, daß aufgrund dieser Entscheidung der strittige Geldbetrag zurückgehalten werden könne.
Das Berufungsgericht änderte über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Erstgerichtes im Sinne einer Klageabweisung ab.
Es vertrat die Rechtsansicht, daß bei rechtsmißbräuchlicher Abrufung der Garantie, der Garantieauftraggeber das Recht hätte, den Widerruf der Inanspruchnahme zu begehren. Mit einer solchen Leistungsklage könnten die Kläger ihr Rechtsschutzziel, die Auszahlung des rechtsmißbräuchlich abberufenen Garantiebetrages zu verhindern, erreichen. Ein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse sei nicht dargetan worden, sodaß die Klage in Stattgebung der Berufung abzuweisen gewesen wäre.
Gegen diese Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, in Stattgebung der Revision das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei stellt den Antrag, der Revision der Kläger nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes mit der Rechtsprechung, daß für die Art des Klagebegehrens nicht nur der Wortlaut, sondern der Sinngehalt des gesamten Klagevorbringens entscheidend ist, nicht im Einklang steht.
Die Revision ist im Sinne ihres Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß ein Anspruch des Garantieauftraggebers gegen den Begünstigten auf Widerruf des Abrufes einer Bankgarantie durch einstweilige Verfügung unter bestimmten Umständen gesichert werden kann (ÖBA 1986, 486 [Koziol]; ÖBA 1988, 609 [Doralt]; SZ 54/189; JBl 1990, 328; ÖBA 1992, 167).
Unter Hinweis auf Mülbert (Mißbrauch von Bankgarantie und einstweiliger Rechtsschutz, 150) vertritt Doralt die Meinung (Klage auf Feststellung oder Unwirksamkeit einer rechtsmißbräuchlichen Garantieinanspruchnahme oder Klage auf Unterlassung bzw Widerruf, ÖBA 1990, 182; ÖBA 1988, 609), daß eine rechtsmißbräuchliche Inanspruchnahme einer Garantie ohnehin unwirksam ist und es daher keines Widerrufs bedürfe, um ihre Wirkungen zu beseitigen. Es käme daher nur ein Begehren auf Feststellung der Unwirksamkeit in Betracht (Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht II, 273). Infolge der Tatbestandswirkung des Feststellungsurteiles wirke es auch gegenüber einem Dritten, also hier der Bank. Auch bei einem Feststellungsbegehren sei ausnahmsweise ein Sicherungsbedürfnis gegeben.
Dagegen wendet Konecny (Grundlagen der einstweiligen Verfügungen
gegen den Mißbrauch von Bankgarantien (ÖBA 1989, 755) ein, daß dem
Garantieauftraggeber mit einem klagestattgebenden Feststellungsurteil
wenig geholfen sei, weil die materielle Rechtskraft von Urteilen
grundsätzlich nur die Prozeßparteien erfasse. Ein Zahlungsverbot
könne durch das Feststellungsurteil nicht gerechtfertigt werden. Es
könne dem Begünstigten daher nur mit Unterlassungs- und Widerrufsurteilen wirksam entgegen getreten werden (Koziol aaO, 273).
Der Oberste Gerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, daß
ein Anspruch des Garantieauftraggebers auf Widerruf einer
unberechtigt in Anspruch genommenen Bankgarantie bzw der Anspruch,
die unberechtigte Garantieinanspruchnahme zu unterlassen durch
einstweilige Verfügung gesichert werden kann und dann zusteht, wenn das Nichtbestehen des Anspruches des Begünstigten im Valutaverhältnis evident ist (Schuhmacher, Sperre der Bankgarantie durch EV, RdW 1986, 329 [330]; SZ 54/189, SZ 61/39; ÖBA 1986, 486; 4 Ob 602/95). Daraus ist aber abzuleiten und in diesem Sinne Konecny zu folgen, daß die prozessuale Durchsetzung dieses im vorliegenden Fall durch einstweilige Verfügung gesicherten Anspruches auf Unterlassung des Abrufes der Garantie bzw von Einziehungshandlungen, durch die die Bankgarantie mißbräuchlich in Anspruch genommen wird (vgl die bereits zwischen den Parteien ergangene Entscheidung 4 Ob 602/95) durch Leistungsklage zu erfolgen hat, für deren Durchsetzung auch nach Ablauf der materiellen Geltungsdauer der Garantie vor Aufhebung der einstweiligen Verfügung ein Rechtschutzinteresse besteht (ecolex 1997, 497).
Bei Prüfung der Frage, welche Art Klagebegehren erhoben ist, ist nicht am Wortlaut des Begehrens zu haften. Entscheidend dafür, ob ein Feststellungs-, Rechtsgestaltungs- oder Leistungsbegehren vorliegt, ist vielmehr, welchen Ausspruch des Gerichtes die Klage im Zusammenhalt mit dem Sachvorbringen seinem Sinngehalt nach begehrt (SZ 42/25; ÖBA 1994, 566). Es ist zu prüfen, ob das Klagebegehren auch nach dem Sinngehalt im Zusammenhang mit dem Sachvorbringen nicht in Wahrheit ein Unterlassungs- oder Widerrufsbegehren ist. Die Klage soll nach ihrem Inhalt zur Rechtfertigung der bereits vor Klagseinbringung erlassenen einstweiligen Verfügung, womit der Bank verboten wurde, den nach den Behauptungen mißbräuchlich abgerufenen Betrag an die begünstigte Beklagte auszufolgen, dienen. Damit ist aber klargestellt, daß die Klage eingebracht wurde, die § 391 Abs 2 EO zur Rechtfertigung der einstweiligen Verfügung verlangt. Es ist daher nicht entscheidend, ob die Formulierung des Klagebegehrens mit dem in der EV bezeichneten Anspruch völlig übereinstimmt (ZBl 1936/164). Da die vorprozessuale einstweilige Verfügung als Sicherungsmittel nur ein Vorläufer des im Hauptprozeß angestrebten Rechtschutzes ist, muß aber das Klagebegehren des Rechtfertigungsprozesses inhaltsgleich mit der Bezeichnung des Anspruches im Provisorialverfahren sein (6 Ob 82/74). Ein nur unrichtig formuliertes Klagebegehren ist im Sinne des offenkundig verfolgten Rechtsschutzzieles umzudeuten und wäre selbst vom Obersten Gerichtshof neu zu formulieren (ÖBA 1994, 566 mwN), ohne daß dadurch gegen § 405 ZPO verstoßen wird (SZ 58/175; SZ 68/156; ZAS 1991/3 [Marhold]). Da die Beklagte bereits in erster Instanz eingewendet hat, daß der Urteilsantrag verfehlt sei, wurde diese Frage in erster Instanz behandelt, sodaß auch eine ergänzende Erörterung nach § 182 ZPO diesbezüglich nicht mehr notwendig wäre.
Die durch Bankgarantie gesicherte Mietausfallsgarantie in Höhe eines Jahreszinses wurde nach den bisherigen Feststellungen nur für eine Laufzeit von 12 Monaten ab 1.9.1994 eingeräumt; ein Abruf für einen noch gar nicht fälligen Mietzinsausfall nach dem 1.9.1994 bis August 1999 wäre daher davon nicht umfaßt. Die Fünfjahresfrist des Punktes XII. des Kaufvertrages bezog sich nach den jetzigen Verfahrensergebnissen nur auf die Verpflichtung der Kläger einen Nachmieter für 5 Jahre namhaft zu machen. Die Kläger haben sich jedoch, nachdem es ihnen nicht gelang einen Nachmieter zu bringen, für die alternativ eingeräumte Möglichkeit der Bankgarantie entschieden.
Die Revisionsgegnerin relevierte jedoch bereits in erster Instanz und auch in der Berufung, daß unterschiedliche Interpretationsauffassungen des Vertrages durch die Parteien den Parteiwillen bestimmten. Die nun behaupteten Mängel in der Unterlassung der Einvernahme der Zeugen Ing.Maximilian K***** und Dr.Christian R***** sind daher relevant, weil damit eine vom Wortlaut des Vertrages angeblich abweichende Parteienabsicht zu erforschen ist (JBl 1991, 56).
Die Rechtssache ist somit noch nicht im Sinne einer auf Widerruf des Abrufes der Bankgarantie lautenden Klagestattgebung spruchreif, weil das Berufungsgericht auf Grund seiner Rechtsansicht die dargestellte Mängelrüge in der Berufung nicht behandelt hat.
Zur Erledigung derselben war das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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