Spruch:
Zur Verhandlung und Entscheidung über eine Klage des Dr. med. Andreas O*****, Facharzt *****, gegen die A***** GmbH wegen S 27.029,80 sA wird das Bezirksgericht Innsbruck als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt von der Beklagten mit Sitz in Deutschland einen Betrag von S 27.029,80 sA. Diese sei als Reiseveranstalter einer vom Kläger in Österreich aufgrund eines Reiseprospekts der beklagten Partei über Vermittlung eines österreichischen Reisebüros als Verbraucher gebuchten Pauschalreise auf die Seychellen aufgetreten. Der Vertrag sei von der beklagten Partei nur mangelhaft erfüllt, die im Prospekt zugesagten Leistungen nur teilweise erbracht und der Grundsatz der Prospektwahrheit verletzt worden. Daraus leitet die klagende Partei einen Preisminderungsanspruch von 30 vH des Gesamtpauschalpreises abzüglich einer von der beklagten Partei geleisteten Gutschrift von S 13.000 ab. Die Gattin des Klägers hätte ihm ihre Gewährleistungsansprüche aus dieser Reise abgetreten. Für den als Verbrauchergeschäft zu qualifizierenden Reisevertrag sei gemäß § 14 EuGVÜ die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte gegeben. Eine getroffene Gerichtsstandvereinbarung sei unwirksam.
Über die von der beklagten Partei erhobene Einrede der örtlichen Unzuständigkeit hat sich das Bezirksgericht Innsbruck mit Beschluss vom 18. 6. 2000 für unzuständig erklärt und die Klage zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist nach der Aktenlage in Rechtskraft erwachsen.
Die klagende Partei beantragt nunmehr mangels eines nach innerstaatlichen Rechtsvorschriften örtlich zuständigen Gerichtes die Vorlage der Rechtssache an den Obersten Gerichtshof und die Bestimmung eines zuständigen Gerichtes gemäß § 28 JN.
Der Ordinationsantrag ist im Ergebnis berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 28 JN hat der Oberste Gerichtshof ein örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wenn für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes im Sinne dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln sind und wenn Österreich aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung von Gerichtsbarkeit verpflichtet ist oder der Kläger österreichischer Staatsbürger ist oder seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre oder wenn die inländische Gerichtsbarkeit, nicht aber ein örtlich zuständiges Gericht vereinbart worden ist. Voraussetzung für die Ordination ist, dass die inländische Gerichtsbarkeit gegeben, ein österreichisches Gericht jedoch nicht örtlich zuständig ist (9 Nd 503/00).
Der Kläger leitet die österreichische internationale Zuständigkeit aus den Bestimmungen der seit 1. 12. 1998 in Kraft befindlichen Art 13, 14 EuGVÜ, somit aus seiner Verbraucherstellung ab. Von den Zuständigkeitsbestimmungen des 4. Abschnittes des EuGVÜ werden nicht alle von Verbrauchern geschlossenen Verträge erfasst. Art 13 EuGVÜ engt den Anwendungsbereich unter anderem auf Verträge ein, die die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, soferne dem Vertragsschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (9 Nd 503/00, 9 Nd 506/00).
Die vom Kläger in Österreich aufgrund eines Reiseprospekts der beklagten Partei, sohin einer dem Vertragsschluss vorangegangenen Anbotstellung in Österreich, in seinem Wohnsitzstaat, vorgenommenen zum Vertragsabschluss notwendigen Rechtshandlungen sind für ihn ein Verbrauchergeschäft im Sinne des § 13 EuGVÜ (2 Nd 502/99; 9 Ob 506/00). Nach Art 14 dieses Übereinkommens kann die Klage des Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner auch vor den Gerichten des Vertragssstaates, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eingebracht werden. Die inländische Gerichtsbarkeit ist somit gegeben. Es fehlt an einem örtlich zuständigen inländischen Gericht, weshalb für diese Rechtssache das sachlich zuständige Bezirksgericht Innsbruck als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen war.
Die nach den Reisebedingungen getroffene Gerichtsstandvereinbarung Frankfurt am Main ist durch Art 15 EuGVÜ eingeschränkt. Die vor Entstehen des Rechtsstreits geschlossene Gerichtsstandvereinbarung ist unwirksam, weil sie dem Kläger keine anderen, im Verhältnis zu Art 14 EuGVÜ günstigeren Gerichtsstände einräumt.
Die Ordination kann nur für einen bestimmten Anspruch, der im streitigen Verfahren auch durch Vorlage einer Klage entsprechend zu individualisieren ist, bewilligt werden (RIS-Justiz RS0046300). Dieser Individualisierung hat die klagende Partei durch die vorliegende Klage Rechnung getragen. Da das Bezirksgericht Innsbruck nicht nur über die Unzuständigkeitseinrede erkannt hat, sondern auch die Klage unbekämpft zurückgewiesen hat, kann für diese rechtskräftig erledigte Rechtssache ein örtlich zuständiges Gericht nicht mehr bestimmt werden. Vor Entscheidung über die Ordination stand ja noch nicht fest, ob das in der Hauptsache angerufene Bezirksgericht Innsbruck nicht kraft Ordination als örtlich zuständiges Gericht zu gelten haben wird (Matscher in Fasching2 I Rz 149 zu § 28 JN).
Dies hindert aber die Ordination nicht. In einem solchen Falle muss die klagende Partei nach der über ihren Antrag erfolgten Ordination die Klage für den hier bereits individualisierten Anspruch neu beim ordinierten Gericht einbringen (10 Nd 502/98).
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