DSG §1
DSG §24
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W287.2254678.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag.aDr.in Julia KUSZNIER als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Margareta MAYER-HAINZ und den fachkundigen Laienrichter Dr. Ulrich E. ZELLENBERG als Beisitzerin und Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RA Dr. Herwig Aichholzer, 9020 Klagenfurt, gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom XXXX , Zl. XXXX , wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung im Umlaufweg nach mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
Zum Hintergrund und Verfahrensgegenstand:
Die Beschwerdeführerin ist gewerberechtliche Betreiberin einer Hotelsuitenanlage, die sie im Jahr 2014 errichtet hat und die zunächst in ihrem Alleineigentum stand. Die Liegenschaft wurde sodann parifiziert, und die einzelnen Wohnungseigentumseinheiten wurden mit Ausnahme von Top 1 an Dritte verkauft. Die Liegenschaft befindet sich in einer Zone, die als „Bauland-Kurgebiet Rein“ gewidmet ist und innerhalb der grundsätzlich keine baulichen Anlagen zur Wohnsitznutzung, sondern ausschließlich zur touristischen Nutzung errichtet werden dürfen.
Im Zuge eines Bauansuchens der Beschwerdeführerin zur Nutzungsänderung von Top 1 sowie zur Änderung des Betriebskonzeptes der Hotelsuitenanlage kam es zur Prüfung der widmungsgemäßen Nutzung der einzelnen Wohneinheiten durch die mitbeteiligte Partei und in weiterer Folge zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens sowie eines Wiederherstellungsverfahrens.
Verfahrensgegenstand ist die Frage, ob die mitbeteiligte Partei die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Geheimhaltung iSd § 1 Abs. 1 DSG dadurch verletzt hat, dass die mitbeteiligte Partei als Baubehörde Gästeverzeichnisdaten aus den Jahren 2018-2020 von der Meldebehörde erhoben bzw. als Meldebehörde an die Baubehörde weitergegeben und im baubehördlichen Bewilligungsverfahren verwendet hat.
I. Verfahrensgang
1. In ihrer an die Datenschutzbehörde (in weiterer Folge: „belangte Behörde“) gerichteten Beschwerde vom 17.06.2021 machte die Beschwerdeführerin eine Verletzung der §§ 1 und 6 DSG bzw. der Art. 5, 6 und 9 DSGVO durch den Bürgermeister der XXXX einerseits als Melde- und Abgabenbehörde, andererseits als Baubehörde (in der Folge „mitbeteiligte Partei“) geltend. Dazu brachte sie zusammengefasst vor, dass sie gemäß § 5a Abs 1 K-ONTG zur Geheimhaltung personenbezogener Gästedaten gegenüber Dritten verpflichtet sei. Diese Verpflichtung treffe auch die Melde- und Abgabenbehörde als Datenempfängerin. Durch die Weitergabe der Daten an die Baubehörde habe die mitbeteiligte Partei als Meldebehörde in grundrechtswidriger Weise gegen diese Bestimmung verstoßen. Die Beschwerdeführerin beantragte die Feststellung eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 DSG, in eventu gegen Art. 5 sowie Art. 6 bzw. 9 DSGVO, in eventu die Feststellung, dass die unerlaubte und missbräuchliche Weitergabe an die Baubehörde einen strafrechtlich zu verfolgenden Tatbestand darstellt. Ferner beantragte die Beschwerdeführerin, die Datenschutzbehörde möge feststellen, dass die von der Baubehörde rechtswidrig verwerteten Gäste-Meldedaten umgehend zu löschen und im baubehördlichen Verfahren nicht weiter zu verwenden seien. Der Beschwerde angehängt waren ein Parteiengehör im Baubewilligungsverfahren zu AZ XXXX vom 08.01.2021 sowie der in diesem Verfahren ergangene Bescheid der Baubehörde vom 23.02.2021.
2. Mit Schreiben vom 22.06.2021 forderte die belangte Behörde die mitbeteiligte Partei zur Stellungnahme binnen zwei Wochen auf. Diese Frist wurde sodann um weitere drei Wochen erstreckt.
3. Am 28.07.2021 erstattete die mitbeteiligte Partei fristgerecht eine Stellungnahme, in der sie im Wesentlichen Folgendes ausführte: Beschwerdeführerin sei eine juristische Person, die über keine Beschwerdelegitimation verfüge, zumal sie Verletzungen des Grundrechts auf Datenschutz von Dritten geltend mache. In inhaltlicher Hinsicht brachte die mitbeteiligte Partei vor, dass die Baubehörde im Vorprüfungsverfahren nach § 13 Kärntner Bauordnung (K-BO) insbesondere zu prüfen habe, ob einem Vorhaben der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan entgegenstehe. Gemäß § 20 Abs. 3 2. Satz MeldeG 1991 seien die Bürgermeister ermächtigt, die von ihnen als Meldebehörde verarbeiteten Daten zu verarbeiten, sofern diese zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden. Mit der gegenständlichen Übermittlung sei faktisch nicht einmal eine Zweckänderung der Verarbeitung verbunden, da einer der Hauptzwecke der Verarbeitung von Meldedaten die Verhinderung bzw. Zurückdrängung des „illegalen Wohnens“ sei. Die konkrete Datenverarbeitung durch den Bürgermeister als Baubehörde sei daher jedenfalls auch im Lichte des Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO rechtmäßig.
4. Mit Schreiben vom 09.08.2021 wurde der Beschwerdeführerin der Schriftsatz der mitbeteiligten Partei übermittelt und Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.
5. Mit Stellungnahme vom 01.09.2021 führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Ausführungen der mitbeteiligten Partei zu § 20 MeldeG unzutreffend seien. Es sei weder geboten noch sachlich begründbar, weshalb eine Baubehörde in einem Baubewilligungsverfahren, das als Projektgenehmigungsverfahren in die Zukunft gerichtet sei, personenbezogene Daten von Urlaubsgästen aus der Vergangenheit erhebe und diese Daten dem Abspruch eines in die Zukunft gerichteten Baubescheides zugrunde lege. In Österreich bestehe auch nach wie vor ein Grundrecht auf Datenschutz für juristische Personen. Die mitbeteiligte Partei sei nicht berechtigt, die ihr nach dem MeldeG, der MeldeV und dem K-ONTG gemeldeten Daten anlässlich der sonstigen Aufgabenerfüllung und in Vollziehung des eigenen und übertragenen Wirkungsbereiches der Gemeinde abzufragen oder zu verwenden, soweit sie dazu nicht ausdrücklich gesetzlich ermächtigt werde oder eine diesbezügliche Einschau und Verwendung personenbezogener Daten unter Bedachtnahme auf zu wahrende öffentliche Interessen im Sinne einer Interessenabwägung in Betracht zu ziehen sei. Die Gästedatenblätter enthielten nicht nur persönliche Daten der Unterkunftnehmer der Jahre 2018 bis 2020, sondern gäben auch Aufschluss über deren Urlaubs-, Aufenthalts- und Bewegungsprofile über diesen Zeitraum. Die mitbeteiligte Partei sei anlässlich des Baubewilligungsverfahrens zu AZ XXXX in Vollziehung der Kärntner Bauordnung nicht zum Aufgriff, zur Abfrage und zur Verwendung von Daten(Sätzen) der elektronisch übermittelten Gästeverzeichnisblätter berechtigt gewesen.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Datenschutzbeschwerde der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Der Antrag, die Datenschutzbehörde möge feststellen, dass die gegenständliche Datenverarbeitung von im Gäste- und Melderegister gespeicherten Daten durch die mitbeteiligte Partei einen strafrechtlich zu verfolgenden Tatbestand darstelle, wurde zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass auch juristischen Personen eine Aktivlegitimation hinsichtlich des Grundrechts auf Datenschutz zukomme und sich die Beschwerdeführerin bezüglich sie betreffender Daten in ihrem Geheimhaltungsinteresse als verletzt erachte. Inhaltlich verwies die belangte Behörde auf die einschlägige Rechtsprechung zum „Übermaßverbot“ und führte aus, dass ein Absprechen über Datenverarbeitungen, die eine andere Behörde oder ein anderes Gericht zur Ermittlung des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts vornehme, einen Eingriff in die sachliche Zuständigkeit bedeuten würde. Insofern sei ihre Kompetenz auf die Frage reduziert, ob es denkmöglich sei, dass die durch die Behörde erhobenen Daten zur Sachverhaltsermittlung geeignet seien.
7. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 14.04.2022 eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in welcher sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholte. Der Beschwerde wurden ein Verbesserungsauftrag zum Bewilligungsverfahren zu AZ XXXX vom 28.08.2020 sowie eine Information der Wirtschaftskammer XXXX bezüglich der Klassifizierung des Appartement-Hotels der Beschwerdeführerin samt Zusatzinformation beigelegt.
8. Mit Schreiben vom 02.05.2022 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor, verwies vollinhaltlich auf den angefochtenen Bescheid und beantragte, dass das Bundesverwaltungsgericht in der Sache selbst entscheiden und die Beschwerde abweisen möge.
9. Mit Stellungnahme vom 09.05.2023 wiederholte die mitbeteiligte Partei im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
10. Am 06.10.2023 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Im Zuge dieser wurden unter anderem der Verbesserungsauftrag zu AZ XXXX , ein Gästeverzeichnisblatt sowie die Urkundenvorlage der Beschwerdeführerin zu AZ XXXX vom 30.09.2020 vorgelegt und zum Akt genommen (OZ 7, Beilagen 1-4).
11. Mit Stellungnahme vom 30.10.2023 wiederholte und präzisierte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist Wohnungseigentümerin des zur Liegenschaft EZ XXXX KG XXXX gehörenden Wohnungseigentumsobjektes Top 1 und gewerberechtliche Betreiberin der auf dieser Liegenschaft befindlichen Hotelsuitenanlage „ XXXX “. Die Liegenschaft befindet sich in einer Zone, die als „Bauland-Kurgebiet Rein“ gewidmet ist und innerhalb der grundsätzlich keine baulichen Anlagen zur Wohnsitznutzung, sondern nur zur touristischen Nutzung errichtet werden dürfen.
1.2. Die Beschwerdeführerin errichtete die Hotelsuitenanlage, die zunächst in ihrem Alleineigentum stand, auf Basis einer im Juni 2014 erteilten Baubewilligung mit dem Verwendungszweck „touristischer Gast- und Beherbergungsbetrieb (Hotel)“. In weiterer Folge wurde die Liegenschaft parifiziert, und die Beschwerdeführerin verkaufte die einzelnen Wohnungseigentumseinheiten mit Ausnahme von Top 1 an verschiedene Dritte. Die Beschwerdeführerin blieb weiterhin Betreiberin der Hotelsuitenanlage.
1.3. Die Baubewilligung aus dem Jahr 2014 basierte auf dem tourismusfachlichen Gutachten des gerichtlich zertifizierten Sachverständigen XXXX vom 07.04.2014 (OZ 5 Beilage). In diesem Gutachten hielt der Sachverständige Folgendes fest:
„Es kommt auf die nach der Inbetriebnahme erfolgende tatsächliche Bewirtschaftung an, ob gegenständliches Projekt als Freizeitwohnsitz zu qualifizieren ist oder ob eine gewerbliche Beherbergung gegeben ist. Dies ist jedoch erst nach Inbetriebnahme und im laufenden Betrieb überprüfbar.“ (Seite 9)
sowie
„Das gegenständliche Projekt entspricht – nur bei umfassender Bewirtschaftung laut vorgelegtem Betriebskonzept – einem gewerblichen Gast- und Beherbergungsbetrieb, bzw. einem Gebäude, das dem Fremdenverkehr dient (§ 3 Abs. 6 lit. L-GplG). Ob eine umfassende Bewirtschaftung vorliegt, kann nur im laufenden Betrieb überprüft werden.“ (Seite 14)
1.4. Am 7. April 2020 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Bewilligung einer Nutzungsänderung für Top 1 von „Cafe und Rezeption“ in „Beherbergungssuite“. Das Verfahren wurde zur AZ XXXX geführt. Im Zuge des Bewilligungsverfahren wurde der Antrag vom 07.04.2020 mit Schriftsatz vom 30.09.2020 um die Genehmigung eines geänderten Betriebskonzepts (Betriebskonzept vom 09.09.2020) für die gesamte Hotelsuitenanlage erweitert.
1.5. Die mitbeteiligte Partei forderte die Beschwerdeführerin am 28. Juli 2020 sowie am 28. August 2020 zu AZ XXXX zur Antragsverbesserung auf und trug der Beschwerdeführerin insbesondere auf, weitere Angaben zum touristischen Betrieb, insbesondere Gästeverzeichnisblätter mit Anführung der jeweils gebuchten Suite aus dem Zeitraum 2018-2020, vorzulegen.
1.6. In der Urkundenvorlage der Beschwerdeführerin vom 30.09.2020 zu AZ XXXX gab die Beschwerdeführerin folgendes an:
„Laut Buchungen, Registrierungen und Auswertung über „feratel“ hat das Nächtigungsaufkommen im Jahr 2018 (30.05.2018 bis 06.01.2019) 910 Übernachtungen, im Jahr 2019 (27.12.2018 bis 09.01.2020) 936 Übernachtungen und im Jahr 2020 (28.12.2019 bis 24.09.2020) 1.414 Übernachtungen betragen. Sämtliche Nächtigungen wurden der XXXX zur Abgabenentrichtung nach dem K-ONTG und dem K-TAG gemeldet. Die diesbezüglichen Gästeblattnummern XXXX bis XXXX liegen im Gemeindeamt XXXX auf. Soweit nach der E-Gov-BerAbgrV, BGBl. II 289/2004, zulässig und geboten, möge die Baubehörde in die der Gemeinde XXXX zur Abgabenentrichtung und –bemessung nach dem K-ONTG und dem K-TAG übermittelten und dienenden Unterlagen Einsicht nehmen.“
1.7. Die mitbeteiligte Partei nahm daraufhin im November 2020 in die von ihr als Meldebehörde verarbeiteten Gästeverzeichnisblätter Einsicht und erhob die Daten aus den Gästeverzeichnissen der von der Beschwerdeführerin geführten Hotelsuitenanlage für die Jahre 2018-2020.
1.8. Die von der Beschwerdeführerin elektronisch an die mitbeteiligte Partei als Meldebehörde übermittelten Gästeverzeichnisblätter enthalten unter anderem folgende Daten (Formatierung entspricht nicht dem Original):
„Gäste-VerzeichnisBlatt Nr. XXXX Kennzahl […]
XXXX
Familienname […] Vorname […] Titel […]
Geschlecht […] Geburtsdatum […] Staatsangehörigkeit […]
[…]
Herkunftsland und Adresse – Hauptwohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt […]
Straße/Gasse/Platz […]
Postleitzahl […] Ortsgemeinde […] Staat […]
Mitreisende im familiären Verbund […]
Familienname Vorname Titel Geburtsdatum
Reisegruppe – Aufgliederung nach Herkunftsland/Anzahl Personen […]
Ankunft […] Geplante Abreise […] Abreise […]
Datum und Unterschrift
[…]“
Im elektronisch geführten System der mitbeteiligten Partei ist eine Abfrage nach dem Namen der Beschwerdeführerin möglich. Durch diese erhält der Abfragende alle der Beschwerdeführerin als Betreiberin der Hotelsuitenanlage zugeordneten Gästenverzeichnisblätter.
1.9. Die mitbeteiligte Partei als Baubehörde verwendete die auf diese Art von der Meldebehörde erhaltenen Daten sowohl im Bewilligungsverfahren als auch im Wiederherstellungsverfahren nach § 36 K-BO, wobei sie die nicht benötigten personenbezogenen Daten der natürlichen Personen (Gäste) löschte und lediglich die Namen der Gäste sowie Ankunfts- und Abreisedatum verarbeitete. Die Daten benötigte die mitbeteiligte Partei zur Beurteilung, ob und in welchem Umfang von den Eigentümern der jeweiligen Suite verschiedene Gäste in der jeweiligen Suite nächtigten.
1.10. Am 10. Dezember 2020 führte die mitbeteiligte Partei eine Besichtigung der Hotelsuitenanlage „ XXXX “ durch und führte dabei einen Auszug des Gästeverzeichnisses des von der Beschwerdeführerin geführten Beherbergungsbetriebs für die Jahre 2018-2020 mit. Im Zuge dessen stellte die mitbeteiligte Partei fest, dass unter anderem das im Eigentum der Beschwerdeführerin stehende Wohnungsobjekt Top 1 entgegen der Bewilligung als „Reception, Küche, Frühstücksraum, sanitäre Einrichtungen (Dienstleistungseinheit)“ als (rein oder überwiegend) private Wohnung genutzt wird. Darüber hinaus wurde im Zuge dieser Besichtigung festgestellt, dass auch Top 2 bis Top 8 entgegen der erteilten Bewilligung als (rein oder überwiegend) private Wohnungen genutzt werden und es sich bei den im Gästeverzeichnis gemeldeten Gästen überwiegend um die Eigentümer der nunmehr im Wohnungseigentum stehenden Wohnungen bzw. den Eigentümern nahestehende Personen handelte, sodass der Verdacht einer widmungswidrigen Verwendung bestand.
1.11. Am 23.02.2021 erließ die mitbeteiligte Partei als zuständige Baubehörde einen Bescheid zu AZ XXXX und wies den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag auf Baubewilligung ab. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des LVwG Kärnten vom 23.06.2022 zu XXXX bestätigt. Die von der Beschwerdeführerin erhobene Revision wurde mit Beschluss des VwGH vom 13.01.2023 zu XXXX zurückgewiesen.
Weiters wurden ein Bauauftragsverfahren/Wiederherstellungsverfahren ( XXXX ) sowie ein Verwaltungsstrafverfahren (Anzeige vom 18.02.2021) gegen die Beschwerdeführerin eingeleitet. Die entsprechenden Ermittlungen führte die mitbeteiligte Partei für alle Verfahren einheitlich.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, aus dem Gerichtsakt sowie aus den Einvernahmen im Rahmen der mündlichen Verhandlung, insbesondere der Einvernahme der für die Verwaltungsverfahren zuständigen Organwalterin der mitbeteiligten Partei, XXXX (ehemals XXXX ). Soweit die Feststellungen den Verfahrensgang im Bauverfahren vor der mitbeteiligten Partei bzw. die Ermittlungen der mitbeteiligten Partei und den Inhalt des Bauaktes betreffen, sind diese im Wesentlichen unstrittig und gründen diese unmittelbar auf den aus dem Bauakt zu AZ XXXX vorgelegten Unterlagen.
2.2. Die Feststellung zum Inhalt der Gästeverzeichnisblätter sowie zu der Zuordnung dieser zur Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Muster-Gästeverzeichnisblatt (OZ 7 Beilage 2) sowie den Aussagen von XXXX (VP S. 18).
2.3. Die Feststellungen zu den weiteren anhängigen bzw. abgeschlossenen Verfahren gründen auf den Aussagen in der mündlichen Verhandlung (VP S. 10) ergänzt um eine amtswegig durchgeführte Recherche im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS). Dass die Ermittlungen für die verschiedenen anhängigen Verfahren einheitlich geführt wurden, ergab sich aus den glaubhaften Aussagen von XXXX im Rahmen der mündlichen Verhandlung.
2.4. Die von der Beschwerdeführerin beantragte Einvernahme der Mitarbeiter des Meldeamtes (Beschwerde, S. 36) konnte unterbleiben, zumal vorrangig die Frage der Relevanz der verfahrensgegenständlichen in den Gästedatenblättern enthaltenen Daten für die baubehördlichen Verfahren sowie die Notwendigkeit der Erhebung dieser Daten zu klären waren. Zu diesen Fragestellungen wurde XXXX als Organwalterin der Baubehörde einvernommen, die die Fragen glaubhaft, schlüssig und nachvollziehbar beantworten konnte. Eine weitere Klärung durch die nicht am Bauverfahren beteiligten Organwalter der Meldebehörde konnte daher unterbleiben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die zulässige Beschwerde ist nicht berechtigt.
Zu A) Beschwerdeabweisung:
3.1. Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 1 Abs. 1 DSG hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind. Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden (§ 1 Abs. 2 DSG).
Im gegenständlichen Fall ist es unstrittig, dass die Verwendung der Gästeverzeichnisdaten nicht im lebenswichtigen Interesse der Beschwerdeführerin erfolgte. Zu prüfen ist allerdings einerseits, ob die Beschwerdeführerin ihre Zustimmung zur Verarbeitung der Gästeverzeichnisblätter durch die mitbeteiligte Partei erteilt hat und andererseits, ob eine gesetzliche Grundlage zur Erhebung und Verarbeitung der Gästeverzeichnisdaten bestand.
3.2. Zur Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin als juristische Person:
3.2.1. Die DSGVO selbst schützt nur natürliche Personen, jedoch ist in verfassungskonformer Interpretation davon auszugehen, dass die in § 1 DSG normierten Rechte auch juristischen Personen zukommen und diese sich folglich darauf berufen können (vgl. Thiele/Wagner, Praxiskommentar zum Datenschutzgesetz (DSG)2 § 24 Rz 4 [Stand 1.2.2022, rdb.at] mit Verweis auf DSB 13.09.2018, DSB-D216.713/0006-DSB/2018 [Chalet-Dependance]).
In der Entscheidung vom 12.03.2024, Zl. E 3436/2023-16 (Rz 26), führte der VfGH Folgendes aus:
„Der Verfassungsgerichtshof hat keine Zweifel, dass die Grundrechtsbestimmungen in § 1 DSG nicht nur natürliche Personen, sondern auch juristische Personen als Grundrechtsträger erfassen (zB VfSlg. 19.673/2021). Daran hat die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. 2016 L 119, 1 (aber auch das im Gefolge erlassene Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018, BGBl. I 120/2017) nichts geändert.“
Insofern geht auch der erkennende Senat – in Übereinstimmung mit der belangten Behörde – davon aus, dass § 1 DSG juristische Personen als Grundrechtsträger erfasst und diese – in verfassungskonformer Auslegung des § 24 Abs. 1 DSG – die in § 1 normierten Rechte im Administrativweg geltend machen können. Es bestehen daher auch im konkreten Fall keine Bedenken gegen die Beschwerdeerhebung durch die Beschwerdeführerin als juristische Person in Hinblick auf deren personenbezogene Daten.
3.2.2. Unter schutzwürdigen personenbezogenen Daten sind grundsätzlich nicht nur unschwer als personenbezogene erkennbare Angaben, wie etwa Name, Geschlecht, Adresse oder der Wohnort einer Person zu verstehen, sondern beispielsweise Werturteile und damit schlechthin personenbezogene Informationen. Sämtliche personenbezogenen Daten – d.h. sowohl automationsunterstützt verarbeitete Daten als auch manuelle Daten – sind, sofern ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse besteht, geheim zu halten bzw. ist eine Verarbeitung dieser Daten unzulässig.
Wie festgestellt, ist im elektronischen Gästeverzeichnis eine Abfrage nach dem Namen der Beschwerdeführerin möglich. Ergebnis einer derartigen Abfrage sind sämtliche Gästeverzeichnisblätter, die von der Beschwerdeführerin als Betreiberin der Hotelsuitenanlage an die mitbeteiligte Partei eingemeldet wurden. Aus diesen Gästeverzeichnisblättern ergibt sich (neben den personenbezogenen Daten der natürlichen Personen/Gäste) ua die Zahl der Nächtigungen, somit geschäftliche Daten der Beschwerdeführerin, aus denen Schlüsse über die wirtschaftliche Gebarung der Hotelsuitenanlage und somit über die Beschwerdeführerin gezogen werden können. Es handelt sich zweifelsfrei um Informationen, die sich auf eine identifizierbare bzw. identifizierte (juristische) Person beziehen und die (in Hinblick auf die Anzahl der Gäste und Nächtigungen) als unternehmensbezogene Wirtschaftsdaten der Beschwerdeführerin anzusehen sind. Der erkennende Senat geht auch davon aus, dass die Beschwerdeführerin hinsichtlich derartiger Wirtschaftsdaten ein schutzwürdiges Interesse an deren Geheimhaltung hat.
Da es sich beim Grundrecht auf Datenschutz um ein höchstpersönliches Recht handelt, das nur vom Betroffenen selbst geltend gemacht werden kann (BVwG 7. 7. 2016, W224 2123938-1), ist die Beschwerdeführerin allerdings nur hinsichtlich ihrer eigenen (Unternehmens-)Daten, nicht jedoch hinsichtlich allfälliger Daten Dritter (i.e. personenbezogene Daten der Gäste) aktivlegitimiert. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die mitbeteiligte Partei habe infolge der Datenerhebung auch Wissen über Urlaubs- und Aufenthaltszeiten, Bewegungsprofile und Urlaubsgewohnheiten der Miteigentümer und weiterer Gäste erlangt, ist daher im konkreten Verfahren unbeachtlich, da es sich hier nicht um Daten der Beschwerdeführerin als juristische Person handelt. Im Übrigen hat die mitbeteiligte Partei glaubhaft dargelegt, dass sie alle im Verfahren nicht erforderlichen personenbezogenen Daten der Gäste (natürliche Personen) gelöscht hat.
3.2. Zustimmung zur Datenverarbeitung durch die Beschwerdeführerin:
Nach Dopplinger (Dopplinger in Bresich/Dopplinger/Dörnhöfer/Kunnert/Riedl, DSG § 1 Rz 13 (Stand 12.6.2018, rdb.at)) ist es naheliegend, bezüglich der Anforderungen an eine Zustimmung iSd § 1 Abs 2 DSG auf das Konzept der Einwilligung iSd Art. 4 Z 11 DSGVO zurückzugreifen. Gemäß Art 4 Z 11 DSGVO ist eine Einwilligung der betroffenen Person jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Parteierklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss.
Mit Schreiben vom 28.08.2020 wurde der Beschwerdeführerin die Verbesserung ihres Antrags hinsichtlich des Bewilligungsverfahrens zu XXXX aufgetragen (OZ 7, Beilage 1). Unter Punkt II. 2. wurde die Vorlage weiterer Unterlagen, insbesondere der Gästeverzeichnisblätter aus den Jahren 2018-2020, verlangt. Mit Schreiben vom 30.09.2020, ebenfalls zu XXXX , wurde von der Beschwerdeführerin Bezug auf den eben genannten Verbesserungsauftrag genommen und unter Punkt 3 des Schriftsatzes darauf verwiesen, dass die diesbezüglichen Gästeblattnummern XXXX bis XXXX im Gemeindeamt XXXX aufliegen würden und die Baubehörde in die der Gemeinde XXXX zur Abgabenentrichtung und –bemessung nach dem K-ONTG und dem K-TAG übermittelten und dienenden Unterlagen Einsicht nehmen möge, soweit nach der E-Gov-BerAbgrV, BGBl. II 289/2004, zulässig und geboten.
Die Beschwerdeführerin hat damit nach Ansicht des erkennenden Senats unmissverständlich kundgetan, dass sie einer Einsichtnahme in die bei der Meldebehörde vorhandenen Gästeverzeichnisblätter zustimmt bzw. diese sogar ausdrücklich wünscht. Die Erklärung der Beschwerdeführerin ist insbesondere auch vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 51 Abs. 2 K-BO zu sehen, nach der die Beschwerdeführerin verpflichtet ist, der Behörde alle Auskünfte zu erteilen, die zur Vollziehung dieses Gesetzes durch die Behörde erforderlich sind. Die mitbeteiligte Partei musste daher nach Ansicht des erkennenden Senats davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungs- und Auskunftspflicht durch Verweis auf die Möglichkeit der Einsichtnahme nachkommen wollte. Da die Beschwerdeführerin diesen Vorschlag aus eigenem machte, bestehen auch keine Zweifel an der Freiwilligkeit der Zustimmung. Aus dem Verweis auf die E-Gov-BerAbgrV ergibt sich hingegen keinerlei Einschränkung der Zulässigkeit, zumal Regelungsgegenstand dieser Verordnung nicht Datenübermittlungen zwischen Behörden im Wege der Amtshilfe sind, sondern die E-Gov-BerAbgrV vielmehr lediglich eine Durchführungsverordnung zum E-Government-Gesetz darstellt, mit der staatliche Tätigkeitsbereiche für Zwecke der Identifikation in E-Government-Kommunikationen abgegrenzt werden. Wenn die Beschwerdeführerin nunmehr vorbringt, sie habe eine Einsichtnahme nur „soweit nach der DSGVO zulässig“ zugestanden, so haben sich dafür im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben, sondern verwies die (anwaltlich vertretene) Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz explizit nur auf die Bestimmungen der E-Gov-BerAbgrV.
Der erkennende Senat geht daher in einer Gesamtschau davon aus, dass die im Schriftsatz vom 30.09.2020 enthaltene Aufforderung der Beschwerdeführerin, in die Gästeverzeichnisblätter Einsicht zu nehmen, nicht anders verstanden werden konnte, als dass die Beschwerdeführerin eine Einsichtnahme wünschte und daher in die Einsichtnahme der Gästedatenblätter aus den Jahren 2018-202 durch die Baubehörde in Entsprechung ihrer Auskunftspflicht nach § 51 Abs. 2 K-BO rechtswirksam zugestimmt hat. Die mitbeteiligte Partei hat diese Daten auch nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß verarbeitet, indem sie nicht benötigte personenbezogene Daten der betroffenen natürlichen Personen (Gäste) gelöscht und nicht im Bauverfahren verwendet hat.
Abgesehen von der Zustimmung der Beschwerdeführerin lag aber auch eine gesetzliche Grundlage zur Erhebung und Verarbeitung der Daten vor.
3.3. Gesetzliche Grundlage zur Datenverarbeitung:
Selbst unter der Annahme, dass keine Zustimmung in die Datenverarbeitung vorgelegen habe, war die gegenständliche Verarbeitung dennoch auf Basis einer gesetzlichen Grundlage im Sinne des § 1 Abs. 2 DSG rechtmäßig:
3.3.1. Ein – wie im vorliegenden Fall zu beurteilender – behördlicher Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 DSG wegen überwiegender berechtigter öffentlicher Interessen ist nur dann erlaubt, wenn er durch gesetzliche Grundlagen hinreichend determiniert ist. Weiters muss jeder an sich zulässige Eingriff auch verhältnismäßig sein, somit dem Prinzip des gelindesten Mittels nach § 1 Abs. 2 letzter Satz DSG entsprechen.
3.3.2. Eine derartige gesetzliche Grundlage ist im konkreten Fall in Form von § 20 Abs. 3 MeldeG in Verbindung mit den in der K-BO festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben der mitbeteiligten Partei sowie Art. 22 B-VG (Amtshilfe) gegeben:
Gemäß § 20 Abs. 3 MeldeG sind Organen der Gebietskörperschaften auf Verlangen die im Melderegister oder im Zentralen Melderegister enthaltenen Meldedaten zu übermitteln, sofern diese für den Empfänger zur Wahrnehmung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden. Die Bürgermeister sind ferner ermächtigt, die in ihrem Melderegister enthaltenen Meldedaten zu verarbeiten, sofern diese zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden.
Die Materialien zu § 20 Abs 3 MeldeG (279 der Beilagen XVIII. GP-RV) sehen folgendes vor:
„Entsprechend einer im Begutachtungsverfahren auf breiter Linie erhobenen Forderung werden in Abs. 3 die Bürgermeister ermächtigt, die Meldedaten generell – also unabhängig davon, ob sie Meldebehörde sind oder nicht – zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben zu verwenden. Diese Vorgangsweise entspricht einer seit jeher geübten und durch das Inkrafttreten des Datenschutzgesetzes kaum geänderten Praxis. Es ist evident, dass die Gemeinden die Meldedaten zur Wahrnehmung vielfältiger Planungsaufgaben besonders benötigen. Dementsprechend soll ihnen nunmehr durch das Gesetz auch ausdrücklich diese Befugnis eingeräumt werden. […]“
Gemäß § 1 Abs. 1 K-BO fällt die Vollziehung dieses Gesetzes in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Gemäß § 3 K-BO ist der Bürgermeister Behörde in Angelegenheiten, die zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehören. In der gegenständlichen Fallkonstellation war die mitbeteiligte Partei als Baubehörde zuständig, den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag auf Baubewilligung nach § 6 K-BO zu behandeln und die erforderlichen Erhebungen zu pflegen. Zudem war die mitbeteiligte Partei gemäß § 34 Abs. 1 K-BO berechtigt, sich jederzeit von der Einhaltung der Bestimmungen der K-BO, der Baubewilligung sowie der zugrundeliegenden Pläne, Berechnungen und Beschreibungen zu überzeugen. Bei Vorliegen eines konkreten, begründeten Verdachts hat die Behörde zu prüfen, ob ein Vorhaben ohne oder abweichend von der Baubewilligung ausgeführt wurde (§ 34 Abs. 2 K-BO).
Gemäß § 6 lit. c K-BO bedarf die Änderung der Verwendung von Gebäuden oder Gebäudeteilen, sofern für die neue Verwendung andere öffentlich-rechtliche, insbesondere raumordnungsrechtliche Anforderungen gelten als für die bisherige Verwendung, einer Baubewilligung. § 13 K-BO sieht vor, dass bei einem Vorhaben nach § 6 lit. c K-BO eine Vorprüfung stattzufinden hat und die Behörde dabei insbesondere auch festzustellen hat, ob dem Vorhaben der Flächenwidmungsplan entgegensteht. Die Behörde hat die Baubewilligung zu erteilen, wenn dem Vorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung öffentliche Interessen, insbesondere solche der Sicherheit, der Gesundheit, der Energieersparnis, des Verkehrs, des Fremdenverkehrs sowie der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Schutzes des Ortsbildes nicht entgegenstehen (§ 17 Abs. 1 K-BO).
Wie festgestellt, hatte die mitbeteiligte Partei im Zuge der Prüfung des Bauansuchens der Beschwerdeführerin vom 07.04.2020 – insbesondere aufgrund der Abweichungen im nunmehrigen Nutzungskonzept – berechtigte Zweifel an der widmungskonformen Nutzung der Hotelsuitenanlage, sodass ihr nicht entgegenzutreten ist, wenn sie diese Nutzung entsprechend den Bestimmungen der K-BO überprüfte. Die Erhebung der Gästeverzeichnisblätter erscheint zu diesem Zweck denkmöglich geeignet, zumal sich daraus zweifelsfrei ergibt, welche Gäste zu welchem Zeitpunkt gemeldet waren und ob daher eine Nutzung als Freizeitwohnsitz anzunehmen ist. Wird festgestellt, dass in der Hotelsuitenanlage zu einem überwiegenden Teil die Eigentümer der jeweiligen Suiten nächtigen, hat dies Auswirkungen auf die Beurteilung der widmungskonformen Verwendung und sind Informationen darüber für die mitbeteiligte Partei zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig. Es war somit die Befugnis der mitbeteiligten Partei zur Ermittlung der Daten gegeben.
3.3.3. Der belangten Behörde ist auch nicht entgegenzutreten, wenn sie auf ihre durch das BVwG bestätigte Rechtsprechung zum Übermaßverbot verweist:
Im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Daten im Rahmen von Verwaltungsverfahren führte das BVwG in mehreren Erkenntnissen (u.a. BVwG 27.05.2020, W214 2224203-1; BVwG 23.02.2021, W245 2234458-1; BVwG 16.12.2018, W211 2179560-1; BVwG 18.12.2019, W211 2213604-1) zum Übermaßverbot aus, dass die Zulässigkeit der Datenermittlung im Verwaltungsverfahren gegeben ist, wenn es denkmöglich (vgl. VfGH 09.10.2014, KR1/2014) ist, dass die von einer in der Sache zuständigen Behörde ermittelten Daten nach Art und Inhalt für die Feststellung des relevanten Sachverhalts geeignet sind. Dadurch soll verhindert werden, dass die Datenschutzbehörde die Entscheidung einer anderen Behörde vorwegnimmt bzw. in die Zuständigkeit einer anderen Behörde eingreift und der sachlich zuständigen Behörde grundsätzlich keine bescheidmäßigen Vorgaben hinsichtlich der in Betracht kommenden Beweismittel erteilt werden können.
Im konkreten Fall ist es jedenfalls denkmöglich, dass die Einsichtnahme in die Gästeverzeichnisblätter nicht nur für das Wiederherstellungs- und das Verwaltungsstrafverfahren, sondern auch für das baurechtliche Bewilligungsverfahren erforderlich war. Gegenstand des Bewilligungsverfahrens war – wie festgestellt – eine Nutzungsänderung des Betriebskonzeptes des gesamten Beherbergungsbetriebes. Die zuständige Organwalterin der mitbeteiligten Partei hat glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass zu diesem Zweck eine Gesamtbeurteilung erforderlich war. Der tourismusfachliche Sachverständige hielt dazu in seinem Gutachten fest, dass es auf die nach der Inbetriebnahme der Hotelsuitenanlage erfolgende tatsächliche Bewirtschaftung ankomme, ob gegenständliches Projekt als Freizeitwohnsitz zu qualifizieren sei oder ob eine gewerbliche Beherbergung gegeben sei, dies jedoch erst nach Inbetriebnahme und im laufenden Betrieb überprüfbar sei. Vor dem Hintergrund, dass die Hotelsuitenanlage überwiegend im Wohnungseigentum Dritter steht und die Nutzung der Wohnungseigentumsobjekte daher außerhalb des Einflussbereichs der Beschwerdeführerin ist, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund der faktisch erfolgten Änderungen (Parifizierung etc.) die Feststellung des Ist-Zustandes zur Evaluierung der Umsetzbarkeit des neuen Betriebskonzeptes als denkmöglich notwendig erachtete und – wie im Versagungsbescheid der Baubehörde ausgeführt – dies aufgrund der vorliegenden Eigentums- und Bestandsverhältnisse in ihre Prognose (Versagungsbescheid vom 23.02.2021, S. 18) einbezog. Zudem ist es nachvollziehbar, dass die mitbeteiligte Partei die verschiedenen Verfahren, die die von der Beschwerdeführerin betriebene Hotelsuitenanlage betrafen, und insbesondere die Ermittlungen in einem führte und eine Trennung der Verfahren angesichts des ganzheitlich zu betrachtenden Objektes und des sachlichen Zusammenhanges nicht zweckmäßig erschien.
Soweit der Beschwerdeführer daher vorbringt, dass es sich beim konkreten Bewilligungsverfahren um ein in die Zukunft gerichtetes Projektverfahren gehandelt habe und daher die Daten aus der Vergangenheit nicht maßgeblich und daher auch nicht heranzuziehen gewesen seien, ist dies inhaltlich von der Baubehörde im Bewilligungsverfahren bzw allenfalls im Rahmen einer Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid zu beurteilen. Wie festgestellt, hat jedoch sowohl das zuständige Landesverwaltungsgericht die Beschwerde der Beschwerdeführerin abgewiesen als auch der Verwaltungsgerichtshof die von der Beschwerdeführerin in weiterer Folge erhobene Revision zurückgewiesen.
3.3.4. Auch die Interessenabwägung schlägt nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin aus: Eine Übermittlung von Daten soll nur erfolgen dürfen, wenn die im Einzelfall damit verfolgten Zwecke (etwa öffentliche Interessen oder die Interessen Beteiligter an jenen Verfahren, für deren Führung die Daten übermittelt werden) bedeutender sind als die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der von der Übermittlung Betroffenen. Das Interesse der Beschwerdeführerin an der Geheimhaltung der sie betreffenden Daten (Wirtschaftsdaten in Form von Nächtigungszahlen) tritt im konkreten Fall gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit und der mitbeteiligten Partei, Rechtsverletzungen, widmungswidrige Verwendungen und insbesondere illegale Zweitwohnsitznutzungen aufzudecken, in den Hintergrund. Implizit ist damit auch verbunden, dass Daten nur in jenem Umfang verwendet werden dürfen, in dem dies jeweils erforderlich und verhältnismäßig ist. Dies ist konkret der Fall, zumal die mitbeteiligte Partei die Gästeverzeichnisblätter nur im zur Aufklärung des Sachverhaltes erforderlichen Ausmaß (Namen der Gäste, Ankunfts- und Abreisedatum) verwendete und darüber hinausgehende personenbezogene Daten löschte.
3.3.5. Soweit die Beschwerdeführerin argumentiert, die Baubehörde hätte das Bauansuchen nach Nichterfüllung des Verbesserungsauftrages durch die Beschwerdeführerin wegen Formgebrechen zurückweisen müssen anstelle der eigenständigen Erhebung der verfahrensgegenständlichen Gästedaten, ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar: Die Beschwerdeführerin hat den Verbesserungsauftrag durch Aufforderung zur Einsichtnahme in die bei der Meldebehörde aufliegenden Gästedatenblätter erfüllt. Ferner handelt es sich bei den angeforderten Gästeverzeichnisblättern um Unterlagen, die die Behörde für die inhaltliche Prüfung des Ansuchens als erforderlich erachtete, nicht hingegen um bloße Formalerfordernisse. Für eine Zurückweisung blieb daher kein Raum.
3.3.6. Das von der Beschwerdeführerin erstattete Vorbringen zur Beurteilung des Sachverhaltes anhand der Vorschriften der DSGVO ist im konkreten Fall unerheblich, da die DSGVO auf die Verarbeitung personenbezogener Daten juristischer Personen nicht anwendbar ist. Vor diesem Hintergrund war auch den Eventualanträgen der Beschwerdeführerin – soweit diese eine Verletzung der Bestimmungen der DSGVO monieren – nicht Folge zu geben.
3.3.7. Die Beschwerdeführerin bringt ferner vor, die verfahrensgegenständlichen Gästeverzeichnisblätter seien nicht im Zuge des Wiederherstellungsverfahren nach § 36 K-BO erhoben und verwendet worden, weil dieses nicht parallel zum Bewilligungsverfahren geführt, sondern erst mit Zusendung des Parteiengehörs zu AZ. XXXX am 04.01.2023 eingeleitet worden sei. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei jedoch, dass die Einleitung eines Verfahrens nach § 36 K-BO voraussetzt, dass die Behörde bereits festgestellt hat, dass ein Vorhaben ohne Baubewilligung oder abweichend von der Baubewilligung ausgeführt wurde oder vollendet wurde und zu diesem Zweck vor formeller Einleitung des Verfahrens Vorerhebungen notwendig sind. In diesem Sinne darf sich die Baubehörde auch nach § 34 Abs. 1 K-BO jederzeit während der Bauausführung und nach Vollendung des Vorhabens von der Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes, der Kärntner Bauvorschriften und der Baubewilligung, einschließlich der ihr zugrundeliegenden Pläne, Berechnungen und Beschreibungen, überzeugen. Auf die Frage, ob ein Verfahren nach § 36 K-BO zum Zeitpunkt der Erhebung der verfahrensgegenständlichen Gästeverzeichnisblätter bereits eingeleitet war, kommt es daher fallgegenständlich nicht an, da es für den erkennenden Senat unzweifelhaft ist, dass die Gästedaten erhoben wurden, um genau diese Übereinstimmung mit der Baubewilligung und dem der Baubewilligung zugrundeliegenden Betriebskonzept zu prüfen.
3.3.8. Soweit die Beschwerdeführerin darauf verweist, dass § 4 K-BO lediglich eine Mitwirkung der Bundespolizei, nicht hingegen anderer Behörden vorsieht, ist darauf zu verweisen, dass diese Bestimmung ausschließlich eine Hilfeleistungspflicht der Bundespolizei zur Sicherung der Ausübung der Überwachungsbefugnisse nach den §§ 34, 35, 46 und 51 K-BO vorsieht, nicht aber die in diesen Bestimmungen festgelegten Überwachungsbefugnisse und dazu erforderlichen Ermittlungen der Baubehörde dem Grunde nach einschränkt.
3.3.9. Die fallgegenständliche Verarbeitung bzw. Verwendung der personenbezogenen Daten war auf Grund der die mitbeteiligte Partei treffenden rechtlichen (gesetzlichen) Verpflichtung bzw. Ermächtigung einer von ihr wahrzunehmenden Aufgabe im öffentlichen Interesse gerechtfertigt. Für die mitbeteiligte Partei als zuständige Behörde war es für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach der K-BO notwendig, die Gästedaten mit den Daten der Eigentümer der Hotelsuiten abzugleichen, um feststellen zu können, ob tatsächlich ein Beherbergungsbetrieb betrieben wird. Eine Zweckbindung war aufgrund des Umstandes, dass zum Zeitpunkt der Übermittlung der Gästeverzeichnisblätter ein Verfahren bei der mitbeteiligten Partei anhängig war und die Datenerhebung der Vorbereitung eines weiteren Verfahrens (des Wiederherstellungsverfahrens sowie des Verwaltungsstrafverfahrens) diente, gegeben. Es haben sich im Verfahren auch keine Anhaltspunkte ergeben, dass die Gästeverzeichnisblätter zu anderen Zwecken als zur Prüfung der widmungsgemäßen Nutzung sowie im Zusammenhang mit der Prüfung des Bauansuchens übermittelt und verwendet wurden.
Im Ergebnis war daher die Erhebung und Verwendung der Gästeverzeichnisblätter durch die Baubehörde jedenfalls denkmöglich erforderlich, um den baurechtlichen Sachverhalt umfassend beurteilen zu können. Die Zulässigkeit der Datenermittlung ist gegeben, wenn es denkmöglich (vgl. VfGH 09.10.2014, KR1/2014) ist, dass die von einer in der Sache zuständigen Behörde ermittelten Daten nach Art und Inhalt für die Feststellung des relevanten Sachverhalts geeignet sind.
Würde man im konkreten Fall die Behörde zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes von der Kooperation der Beschwerdeführerin abhängig machen, würde dies einerseits zu einer Vereitelung der umfassenden Prüfbefugnisse nach § 34 K-BO führen und andererseits auch dem Zweck der Amtshilfe zuwiderlaufen, der in der Gewährleistung einer möglichst ökonomischen Vollziehung sowie in der Sicherstellung eines kooperativen Verhaltens verschiedener Organe und Institutionen im Interesse des Grundsatzes der Effizienz staatlichen Handelns besteht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil bisher noch keine gesicherte höchstgerichtliche Judikatur zum hier relevanten Übermaßverbot besteht und in welchem Umfang die Datenschutzbehörde in die Datenverarbeitung einer Behörde im Rahmen von Ermittlungen (nachträglich) eingreifen darf. Dieser Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu. Die Revision ist ferner auch zulässig, weil es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage fehlt, ob juristische Personen allgemein aktiv legitimiert sind, das Grundrecht nach § 1 Abs. 1 DSG im behördlichen Administrativverfahren geltend zu machen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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