BVwG W267 2185596-1

BVwGW267 2185596-116.2.2018

ABGB §914
BVergG 2006 §12 Abs1 Z1
BVergG 2006 §131 Abs1
BVergG 2006 §180 Abs1 Z1
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §3 Abs1
BVergG 2006 §312 Abs2 Z1
BVergG 2006 §312 Abs2 Z2
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §321 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs2
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §329 Abs3
BVergG 2006 §329 Abs4
BVergG 2006 §5
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W267.2185596.1.00

 

Spruch:

W267 2185596-1/5E

 

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Marcus Essl LL.M. M.E.S. als Einzelrichter im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Elektronisch überwachter Hausarrest" (BBG-GZ 2391.02884) der Auftraggeberin Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (vormals BM für Justiz), Museumstraße 7, 1070 Wien, dieses wiederum vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH, Lasallestraße 9b, 1020 Wien, als vergebende Stelle, beide vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH mit Sitz in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, auf Grund des Antrages der XXXX , vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH mit Sitz in 1010 Wien, Schottenring 19, vom 08.02.2018, der Auftraggeberin bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Exekution zu untersagen, im Vergabeverfahren "Elektronisch überwachter Hausarrest" den Zuschlag zu erteilen, wie folgt beschlossen:

 

A)

 

Der Auftraggeberin wird gemäß § 328 BVergG 2006 im Vergabeverfahren "Elektronisch überwachter Hausarrest" (BBG-GZ 2391.02884) die Erteilung des Zuschlages für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang:

 

Mit Schriftsatz vom 08.02.2018, beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) am selben Tag eingelangt, begehrte die gefährdete Partei XXXX . (in der Folge: Antragstellerin) die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung der Gegnerin der gefährdeten Partei (in der Folge: Auftraggeberin) vom 29.01.2018, sowie ferner Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren sowie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach der Auftraggeberin bis zur rechtskräftigen Entscheidung des BVwG im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Exekution untersagt werde, im Vergabeverfahren "Elektronisch überwachter Hausarrest" den Zuschlag zu erteilen.

 

Als Begründung für die Rechtmäßigkeit ihrer Anträge führte die Antragstellerin im Wesentlichen wie folgt aus:

 

Die Auftraggeberin, vertreten durch den Bundesminister für Justiz (nunmehr: BM für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz), hätte unter Einbindung der Bundesbeschaffung GmbH (in der Folge: BBG) als vergebende Stelle den Abschluss eines unbefristeten Rahmenvertrages über die Bereitstellung und Wartung von Hard- und Software für die elektronische Überwachung des Hausarrests in ganz Österreich in einem offenen Verfahren nach den für den Oberschwellenbereich maßgeblichen Bestimmungen des BVergG 2006 ausgeschrieben. Die Veröffentlichung der Ausschreibung mit der Referenznummer der Bekanntmachung BGG-GZ 2391.02884 sei am 22.02.2017 im Supplement zum Amtsblatt der EU unter Nr. 2017/S 037-066518 erfolgt.

 

Laut dem den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen (in der Folge: AAB) beigeschlossenen Rahmenvertrag hätte ein Auftragnehmer während der Vertragsdauer eine vollständige Lösung zur elektronischen Aufsicht auf Mietbasis bereitzustellen, das System eigenständig zu betreiben, zu warten und zu aktualisieren, den 2nd- und 3rd-Level Support für das Gesamtsystem (exkl. Serverhousing) bereitzustellen und alle Wartungstätigkeiten vorzunehmen, die von der Auftraggeberin nicht oder nicht sinnvoll durchgeführt werden könnten.

 

Die Anforderungen an das bereitzustellende System und die zu erbringenden Leistungen seien im den AAB beigeschlossenen Leistungsverzeichnis (in der Folge auch: "LVZ") durch Festlegung zwingender MUSS-Anforderungen einerseits und bewertungsrelevanter SOLL-Anforderungen andererseits festgelegt.

 

Die Bewertung der Angebote würde nach dem Bestbieterprinzip erfolgen, wobei einerseits der Gesamtpreis gemäß Preisblatt (Teil des LVZ) und andererseits die Qualität nach Maßgabe der Erfüllung der SOLL-Kriterien im LVZ zu bewerten wäre.

 

Die Antragstellerin habe am 04.04.2017 fristgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot abgegeben. Neben ihr hätte ausschließlich ein weiterer Bieter, die XXXX , (rechtzeitig) ein Angebot eingereicht.

 

Mit Schreiben vom 21.07.2017 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass der Zuschlag aufgrund der Ergebnisse der Bestbieterermittlung an die XXXX (in der Folge: "präsumtive Zuschlagsempfängerin") ergehen solle ("Zuschlagsentscheidung"), da diese die niedrigere bewertungsrelevante Gesamtpunkteanzahl erreicht hätte.

 

Mit Nachprüfungsantrag vom 31.07.2017 habe die Antragstellerin die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 21.07.2017 unter anderem wegen mangelnder Eignung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, Nicht-Erfüllung der festgelegten SOLL- und MUSS-Kriterien durch das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sowie rechtswidriger Unterlassung einer vergaberechtskonformen vertieften Angebotsprüfung und Ausscheiden des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin aufgrund nicht plausibler Zusammensetzung des Gesamtpreises beantragt. Das diesbezügliche Verfahren sei beim BVwG zur Geschäftszahl W267 2165989-2 anhängig.

 

Parallel zum zu W267 2165989-2 vor dem BVwG anhängigen Nachprüfungsverfahren die Zuschlagsentscheidung betreffend habe die Auftraggeberin die Antragstellerin zur Teststellung gemäß Punkt 2.3 der AAB eingeladen.

 

Mit Schreiben vom 15.01.2018 habe die Auftraggeberin die Antragstellerin unter anderem um Aufklärung bzw. Stellungnahme hinsichtlich der angebotenen Hard- und Software zu den Anforderungen in 3.3 des Leistungsverzeichnisses aufgefordert (in der Folge auch als "Aufklärungsersuchen" bezeichnet) und unter anderem folgendes mitgeteilt:

 

"Ergebnis der Teststellung Der Praxistest hat ergeben, dass die Überwachungssoftware "PureMonitor" alle geforderten Funktionen zur Verwaltung von personenbezogenen Daten zur Verfügung stellt. Auch das Erstellen von spezifischen Zeitprofilen ist grundsätzlich möglich.

 

In den Praxistests wurde festgestellt, dass für die RF- und die GPS-Überwachung in der Software Pure Monitor die geforderte Funktionalität "Änderung" und "Anpassung" von spezifischen Zeitprofilen nicht bzw. nur eingeschränkt möglich ist.

 

a) RF-Überwachung: Änderung, Anpassung sowie das Stornieren von aktiven Zeitprofilen (Terminen) ist nicht möglich

 

b) GPS-Überwachung: Änderung und Anpassung von aktiven Zeitprofilen (Terminen) ist nicht möglich

 

Die Auftraggeberin stellt fest, dass damit die Anforderungen gemäß Punkt 3.1.3 nicht erfüllt wurden. Auch wird durch die angeführten Mängel die Möglichkeit einer Überwachung in Echtzeit eingeschränkt.

 

Wir bitten Ihrerseits um Stellungnahme zu dieser Erkenntnis."

 

Mit Schreiben vom 25.01.2018 habe die Antragstellerin binnen offener Frist zum Aufklärungsersuchen Stellung genommen ("Aufklärungsschreiben") und unter anderem ausgeführt, dass die Anforderungen gemäß Punkt 3.1.3 des LVZ keine Änderung, Anpassung und Stornieren von aktiven Terminen (Zeitprofilen) umfassten und darüber hinaus im Detail dargelegt, dass dies die Datensicherheit und die Zuverlässigkeit des Systems gefährden würde. Darüber hinaus habe die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass im Falle der Notwendigkeit einer solchen Lösung, welche nicht als Standardanforderung von der Auftraggeberin verlangt worden sei, eine solche Funktionalität bei entsprechendem Bedarf trotzdem angeboten werden könne.

 

Mit Schreiben vom 29.01.2018 habe die Auftraggeberin die Antragstellerin über das Ausscheiden deren Angebotes wegen Widerspruchs zu den Ausschreibungsbedingungen ("Ausscheidensentscheidung") informiert und diesbezüglich unter anderem wie folgt ausgeführt:

 

Mit Schreiben vom 15.1.2018 wurde Ihnen vorgehalten, dass der Praxistest ergeben hat dass die Überwachungssoftware "PureMonitor" zwar alle geforderten Funktionen zu Verwaltung von personenbezogenen Daten zur Verfügung stellt und auch das Erstellen vor spezifischen Zeitprofilen grundsätzlich möglich ist, jedoch auch festgestellt wurde, dass für

 

die RF- und die GPS-Überwachung in der Software PureMonitor die geforderte Funktionalität "Änderung" und "Anpassung" von spezifischen Zeitprofilen nicht bzw. nur eingeschränkt möglich ist, konkret dass

 

a) bei der RF-Überwachung eine Änderung, Anpassung sowie das Stornieren vor aktiven Zeitprofilen (Terminen) nicht möglich ist und

 

b) bei der GPS-Überwachung eine Änderung und Anpassung von aktiver Zeitprofilen (Terminen) nicht möglich ist.

 

[...]

 

Im Übrigen werden Ihre diesbezüglichen Bedenken nicht geteilt. Die Möglichkeit zur Anpassung bereits begonnener Termine ist praktisch äußerst bedeutsam und wurde daher zu Recht als Musskriterium definiert. Nach der Erfahrung des Auftraggebers treten derzeit bis zu 60 Fälle pro Tag auf, bei denen ein ursprünglich festgelegter Termin aufgrund geänderter Umstände (Krankheitsfall, Unfall, usw.) angepasst werden muss. Die von Ihnen angebotene und zur Teststellung zur Verfügung gestellte Software erfüllt dieses Musskriterium nicht und widerspricht daher zwingenden Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen.

 

Ihr Angebot kann aus diesen Gründen nicht weiter berücksichtigt werden und ist daher auszuscheiden.

 

Die Auftraggeberin stütze die bekämpfte Ausscheidensentscheidung sohin darauf, dass nach ihrer Auffassung das Angebot der Antragstellerin die Anforderungen gemäß Punkt 3.1.3 des Leistungsverzeichnisses nicht erfülle. Diese Auffassung sei jedoch unrichtig, weshalb die Ausscheidensentscheidung rechtswidrig sei. Tatsächlich sei das Angebot der Antragstellerin in sämtlichen Bereichen ausschreibungskonform und erfülle sämtliche MUSS-Kriterien, insbesondere auch jene des Punktes 3.1.3 des Leistungsverzeichnisses (LVZ).

 

Die Auftraggeberin habe in Punkt 3.1.3 LVZ folgende Festlegung getroffen:

 

"Die Überwachungssoftware muss eine Überwachung ("Monitoring") in Echtzeit unterstützen und neben der Verwaltung der personenbezogenen Daten die Administration (Erstellung, Änderung Anpassung) von spezifischen Zeitprofilen erlauben. Entsprechende Meldungen über Abweichungen von diesen Zeitprofilen müssen in der Überwachungssoftware in Echtzeit angezeigt werden (Punkte 3.1.16, 3.1.18)."

 

Punkt 3.1.16 LVZ enthalte folgende Festlegung:

 

"Die Ansicht aller an einen zentralen Server übermittelten Meldungen muss in einer Übersichtsliste der Überwachungssoftware möglich sein. Die Aktualisierung dieser Übersicht muss zumindest manuell und soll automationsunterstützt durchführbar sein. Eine gesonderte Ansicht (Punkt 3.1.18) der Meldungen muss bezogen auf eine überwachte Person (Punkte 1.1.3, 2.1.2), nach unterschiedlichen Behörden (Punkt 3.1.15) und unterschiedliche Überwachungsprogramme (Punkt 1.2,1.4, 2.1) möglich sein."

 

Punkt 3.1 18 LVZ enthalte folgende Festlegung:

 

"Eine systemtechnische Priorisierung der an den zentralen Server übermittelten Meldungen muss möglich sein. Die unterschiedliche Priorisierung der Meldungen muss in der Überwachungssoftware optisch differenzierbar sein. Es muss möglich sein, die Meldungen mit einem unterschiedlichen Bearbeitungsstatus zu versehen. Die Meldungen müssen kommentierbar, die Kommentare gespeichert und historisch aufrufbar sein."

 

Entsprechend dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Festlegung unter Punkt 3.1.3 LVZ sei gefordert, dass die vergabegegenständliche Überwachungssoftware

 

(i) eine Überwachung ("Monitoring") in Echtzeit unterstütze

 

(ii) die Verwaltung von personenbezogenen Daten erlaube und

 

(iii) die Administration (Erstellung, Änderung, Anpassung) von spezifischen Zeitprofilen erlaube und

 

(iv) Meldungen über Änderungen von diesen Zeitprofilen in der Überwachungssoftware in Echtzeit angezeigt würden (Punkt 3.1,16 und 3.1.18)

 

Die Ausschreibung sowie die gesonderten Festlegungen in Punkt 3.1.3. LVZ seien nicht angefochten worden und hätten sohin Bestandskraft erlangt. Sie seien somit selbst dann unveränderliche Grundlage für die Prüfung und Bewertung der Angebote, wenn deren Bestimmungen unzweckmäßig oder gar vergaberechtswidrig sein sollten. Ein nachträgliches Abgehen von den Bestimmungen der Ausschreibung sei im Sinne der Gleichbehandlung aller Bieter nicht mehr möglich.

 

Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Festlegung in Punkt

3.1.3 LVZ wäre lediglich ganz allgemein die Administration von Zeitprofilen gefordert gewesen. Weder die Ausschreibungsunterlage noch das LVZ, insbesondere auch nicht 3.1.3 LVZ enthielten (dem Wortlaut und objektiven Erklärungswert nach) einen Hinweis darauf, dass auch die Administration bereits begonnener Zeitprofile (Termine) möglich sein müsse. Vielmehr hätte die Auftraggeberin diese Mindestanforderung erstmals im Aufklärungsersuchen formuliert. Damit weiche sie jedoch in rechtswidriger Weise von den bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen ab.

 

Die Ermittlung des Inhalts von Ausschreibungsunterlagen habe nämlich nach den Regeln der §§ 914f ABGB zu erfolgen. Dabei sei die Absicht der Parteien zu erforschen und ein Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspreche. Die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen seien danach zu beurteilen, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen wäre und somit, wie sie ein redlicher Erklärungsempfänger zu verstehen habe. Maßgeblich sei der objektive Erklärungswert der Ausschreibungsbestimmungen. Die Bedeutung der Ausschreibung richte sich somit weder nach den Motiven des Auftraggebers noch danach, wie sie der Erklärungsempfänger subjektiv verstanden habe, sondern allein danach, wie der Text der Ausschreibung unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv verstanden werden habe müssen.

 

Die Antragstellerin brachte weiters vor, dass sie zu den Markt- und Technologieführern im Bereich der ausschreibungsgegenständlichen Leistungen zähle. In sämtlichen bisherigen Ausschreibungen und Leistungsanforderungen bestehender Kunden (darunter Kunden in den USA, Kanada, Armenien, Lettland, Litauen, Dänemark und der Tschechischen Republik) sei niemals die Administration sogenannter "aktiver", d.h. bereits begonnener Zeitprofile gefordert worden. Es entspreche daher der Übung des redlichen Verkehrs und dem allgemeinen Marktverständnis, dass das Erfordernis der Administration von Zeitprofilen grundsätzlich nur die Administration von zukünftigen Zeitprofilen (und nicht bereits begonnenen) erfasse. Das Erfordernis der Anpassung bereits begonnener Zeitprofile sei somit eine Spezialanforderung, die vom ausschreibungsgegenständlichen Erfordernis der allgemeinen Möglichkeit der Administration von spezifischen Zeitprofilen nicht erfasst sei.

 

Diesem allgemeinen Erfordernis der Administration von Zeitprofilen werde vollständig entsprochen, wenn die Software die Anpassung sowie das Stornieren von zukünftigen Zeitprofilen erlaube. Die angebotene Software der Antragstellerin erlaube das Ändern, Anpassen und Stornieren von Zeitprofilen. Dies habe nicht nur die Antragstellerin im Rahmen ihres Aufklärungsschreibens durch Hinweis darauf, dass "Jeder zukünftige Termin [...] beliebig und so oft wie nötig geändert werden [könne]" ausdrücklich klargestellt, sondern auch die Auftraggeberin im Rahmen der Teststellung festgestellt.

 

Hinzu komme, dass die Auftraggeberin im LVZ stets sehr präzise und detaillierte Festlegungen zu den MUSS- und SOLL-Anforderungen getroffen habe, wie etwa anhand der Anforderungen in den Punkten

1.2.5 und 1.3.6 ersichtlich sei. Aus dem Detailgrad der Anforderungen im LVZ, der Zusammenschau und dem Gesamteindruck des LVZ sei klar erkennbar gewesen, dass die Auftraggeberin bei speziellen Anforderungen ausdrücklich entsprechende Klarstellungen durch spezielle Festlegungen im LVZ getroffen habe. Bei objektiver Beurteilung der Sachlage und Gesamtberücksichtigung des LVZ habe ein redlicher Erklärungsempfänger davon ausgehen müssen, dass spezielle und außergewöhnliche Festlegungen (wie in allen anderen Positionen des LVZ) spezielle Erwähnung finden würden. Da die Administration "bereits begonnene Zeitfenster" in Punkt 3.1.3 LVZ nicht genannt worden sei, habe ein am Vergabeverfahren teilnehmender Bieter die Festlegung in Punkt 3.1.1 LVZ so verstehen müssen, dass eine solche Funktionalität - mangels gesonderter Festlegung - nicht gefordert sei.

 

Schließlich verwies die Antragstellerin darauf, dass nicht nachvollziehbar sei, aus welchem Grund die Auftraggeberin eine ihr (laut Ausscheidensentscheidung) besonders wichtige Anforderung im LVZ nicht explizit festgelegt habe, und weshalb keine weiteren diesbezüglichen Festlegungen getroffen worden seien. Wäre tatsächlich die Administration bereits angefangener Zeitprofile gefordert gewesen, hätte die Auftraggeberin zudem ebenso festlegen müssen, welche spezifischen Änderungen hinsichtlich bereits angefangener Termine erlaubt sein sollten, wie mit Alarmen umgegangen werden solle und welche Auswirkungen die Änderungen auf diese Zeitprofile haben sollten.

 

Selbst wenn man - entgegen den umseitigen Ausführungen - zum Ergebnis käme, dass Punkt 3.1.3 des LVZ hinsichtlich der konkreten Anforderungen nicht hinreichend klar sei und offen ließe, welche Zeitfenster zu administrieren seien, würde dies an der Rechtswidrigkeit der Auslegung der Auftraggeberin und der darauf gestützten Ausscheidensentscheidung nichts ändern. Da die unklare Bestimmung des LVZ von der Auftraggeberin verfasst worden sei, führe die Regel des § 915 ABGB dazu, dass die Auftraggeberin sämtliche angebotenen Leistungen als ausschreibungskonform gegen sich gelten zu lassen habe, die nach den Grundsätzen über das Verstehen und die Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen gemäß der Vertrauenstheorie vertretbar erschienen.

 

Die Antragstellerin müsse darauf vertrauen können, dass die Auftraggeberin ihre eigenen Ausschreibungsbedingungen und Festlegungen in den Anfragebeantwortungen einhalte. Das Angebot der Antragstellerin entspreche sämtlichen Ausschreibungsbedingungen und sei damit ausschreibungskonform. Die Ausscheidensentscheidung sei sohin rechtswidrig.

 

Die Antragstellerin gab weiters an, sie sei zu einem wesentlichen Teil im Bereich der ausschreibungsgegenständlichen Leistungen aktiv und hätte ein erhebliches wirtschaftliches Interesse, den gegenständlichen Rahmenvertrag abzuschließen. Darüber hinaus hätte sie ihr Interesse am Vertragsabschluss bereits hinreichend durch (fristgerechte) Legung eines Angebots dargelegt. Schließlich sei das Interesse der Antragstellerin am Vertragsabschluss auch aufgrund der Einbringung des Nachprüfungsantrages gegen die Zuschlagsentscheidung (dg Verfahren zu W267 2165989-2) sowie des gegenständlichen Nachprüfungsantrags evident.

 

Aufgrund der rechtswidrigen Vorgehensweise der Auftraggeberin und der Ausscheidensentscheidung zu Lasten des Angebots der Antragstellerin, drohe dieser ein beträchtlicher finanzieller sowie sonstiger Schaden. Dieser bestünde zum einen im Verlust der Chance auf Erteilung des Zuschlags in einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren und der Beteiligung an einem fairen und lauteren Wettbewerb zur Vergabe der Leistungen. Darüber hinaus entstünde der Antragstellerin ein Schaden zumindest in der Höhe des entgangenen Gewinns. Dieser Schade drohe in dem Fall, dass ihr aufgrund der rechtswidrigen Ausscheidenentscheidung die Chance auf Zuschlagserteilung genommen werde. Bei rechtmäßiger Durchführung des Vergabeverfahrens wäre das Angebot der Antragstellerin nicht auszuscheiden, sondern diesem vielmehr der Zuschlag zu erteilen gewesen.

 

Schließlich drohe der Antragstellerin auch der Verlust eines wichtigen Referenzprojekts. Die ausgeschriebenen Leistungen gehörten zum Kernmarkt des Unternehmens der Antragstellerin, auf dem diese ihre Präsenz in Österreich aufzubauen beabsichtige. Die Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen sei für sie von größter Bedeutung, zumal damit zu rechnen wäre, dass in Österreich für die Dauer des abzuschließenden Rahmenvertrags in naher Zukunft keine vergleichbaren Aufträge auf dem österreichischen Markt ausgeschrieben würden und der Antragstellerin damit die Chance auf Eintritt in den österreichischen Markt für zumindest 48 Monate, gegebenenfalls sogar auf unbestimmte Dauer genommen würde.

 

Die Antragstellerin erachte sich durch die angefochtenen Entscheidungen in ihrem Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens verletzt. Insbesondere erachte sie sich in ihrem Recht auf Nicht-Ausscheiden ihres ausschreibungskonformen Angebotes und in ihrem Recht auf ordnungsgemäße und vergaberechtskonforme Prüfung und Bewertung der Angebote verletzt. Darüber hinaus erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf Erteilung des Zuschlags und der Teilnahme an einem mit den Grundsätzen des Vergaberechts übereinstimmenden Vergabeverfahren sowie in ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzt.

 

Die angefochtene Entscheidung sei für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss, weil in Folge das Angebot der Antragstellerin nicht bei der Bewertung berücksichtigt und dieser somit die Chance auf Zuschlagserteilung genommen werde. Bei rechtmäßigem Verhalten der Auftraggeberin müsse das Angebot der Antragstellerin im Rahmen der Angebotsbewertung berücksichtigt und die Zuschlagsentscheidung in weiterer Folge zu Gunsten der Antragstellerin getroffen werden.

 

Die Antragstellerin erklärte ihr Vorbringen zum Nachprüfungsantrag vollinhaltlich auch zum Vorbringen zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Sie brachte diesbezüglich im Wesentlichen vor, dass eine solche dazu diene, die Schaffung unumkehrbarer Tatsachen durch den Auftraggeber zu verhindern und damit einen potentiellen Auftragserhalt durch den Nachprüfungswerber sicherzustellen. Die im gegenständlichen Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten könnten nach Ablauf der Frist des § 321 Abs. 1 BVergG nicht mehr aufgegriffen werden.

 

Das Angebot der Antragstellerin sei auf Grund der aufgezeigten Rechtswidrigkeiten durch die Auftraggeberin am 29.01.2018 zu Unrecht ausgeschieden worden. Bei vergaberechts- und ausschreibungskonformer Prüfung des Angebots der Antragstellerin hätte dieses jedoch bei der Angebotsbewertung berücksichtigt werden müssen. Da die Antragstellerin bei ausschreibungskonformem Vorgehen der Zuschlag zu erteilen wäre, drohe ihr durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Auftrages sowie ein Schaden, der nur durch die Verhinderung der Zuschlagserteilung abgewendet werden könne, zumal die Chance und der Anspruch auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden könne, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten werde, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermögliche. Daraus ergäbe sich für die Antragstellerin eine unmittelbare Schädigung ihrer Interessen, weil eine bloße ex post-Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausscheidens ihres Angebotes ihre Chance, den Auftrag zu erhalten, nicht aufwiegen könne.

 

Die Erlassung einer Einstweiligen Verfügung für die Dauer des Nichtigerklärungsverfahrens sei für die Antragstellerin daher das notwendige und geeignete Mittel zur Verhinderung der durch die aufgezeigten Rechtswidrigkeiten drohenden Schäden, wie insbesondere der Entgang eines wesentlichen Auftrags und eines branchenüblichen Gewinns.

 

Einer einstweiligen Aussetzung der Fortführung des Vergabeverfahrens stehe kein besonderes Interesse der Auftraggeberin entgegen. Die Durchführung des verfahrensgegenständlichen Auftrags ist nicht dringlich. Auch lasse der bisherige zeitliche Ablauf des Vergabeverfahrens nicht auf eine besondere Dringlichkeit des Beschaffungsvorhabens schließen, zumal die Auftraggeberin selbst ihren eigenen Zeitplan um mehrere Wochen aus offenkundig internen Gründen überschritten habe. Im Übrigen habe ein Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplans eines Vergabeverfahrens auf die Möglichkeit der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und auf daraus folgende mögliche Verzögerungen Bedacht zu nehmen.

 

Ein dem Auftraggeber allfällig entstehender Schaden sei überdies schon deshalb weniger stark zu gewichten, weil dieser durch seine - rechtswidrige - Vorgehensweise jene Situation herbeigeführt habe, welche diesen Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung erst notwendig gemacht hätte. Dies muss auch für den hier vorliegenden Sachverhalt gelten. Eine einstweilige Aussetzung stelle jedenfalls für die Auftraggeberin keine unverhältnismäßige Belastung dar.

 

Im übrigen läge ein wesentliches öffentliches Interesse in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen solle.

 

Die Interessen der Antragstellerin überwögen auch die Interessen der anderen Bieterin, da bei dieser keine besonderen Gründe vorlägen, die gegen die Erlassung der beantragten Einstweiligen Verfügung sprächen.

 

Am 13.02.2018 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte und beantragte, dem Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung keine Folge zu geben. Als Begründung führte sie aus, dass gesetzliche Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine bereits eingetretene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin sei, was im gegenständlichen Fall nicht vorläge

 

Im Zusammenhang mit dem Beschaffungsvorhaben sei vor dem Bundesverwaltungsgericht (zu W267 2165989-2) ein Nachprüfungsverfahren betreffend die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zugunsten der XXXX anhängig. In beiden Verfahren sei die XXXX . als Antragstellerin Partei. lm Rahmen des erwähnten Verfahrens sei der Antragsgegnerin vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 08.08.2017 untersagt worden, den Zuschlag zu erteilen. Schon aus diesem Grund drohe keine Schädigung der Interessen der Antragstellerin.

 

Sollte dem Nachprüfungsantrag (zu W267 2165989-2) auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung stattgegeben werden, sei die Antragstellerin weiterhin - solange nicht über die sie betreffende Ausscheidensentscheidung vom Bundesverwaltungsgericht entschieden wurde - als im Vergabeverfahren verbliebene Bieterin anzusehen. Damit sei ihr eine neuerlich gefasste Zuschlagsentscheidung der Antragsgegnerin gemäß § 131 Abs. 1 BVergG 2006 mitzuteilen, gegen die sie wiederum mit einem Nachprüfungsantrag verbunden mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vorgehen könne. Eine Zuschlagserteilung würde in diesem Fall erst nach Mitteilung der neu gefassten Zuschlagsentscheidung unmittelbar drohen. Erst dann wäre ein EV-Antrag begründet.

 

In diesem Sinn sei bereits vom Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass bei Anfechtung einer Ausscheidensentscheidung allgemein keine unmittelbare Schädigung von Interessen des Antragstellers drohe (VwGH 23.11.2016, Ra 2015/04/0029).

 

Sollte im Nachprüfungsverfahren zu W267 2165989-2 der Nachprüfungsantrag abgewiesen werden, läge ebenfalls keine unmittelbar drohende Schädigung der Interessen der Antragstellerin iSd § 328 Abs. 1 BVergG 2006 vor, weil diesfalls die Zuschlagsentscheidung der Antragsgegnerin zugunsten der XXXX als rechtmäßig erkannt werde. Dies gelte unabhängig davon, ob das Angebot der Antragstellerin mittlerweile zu Recht ausgeschieden wurde oder ihr Angebot als zweitgereihtes Angebot im Vergabeverfahren verbliebe.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Die Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (vormals Bundesministerium für Justiz), hat unter Einbindung der Bundesbeschaffung GmbH als vergebender Stelle unter der Bezeichnung "Elektronisch überwachter Hausarrest" (BBG-GZ 2391.02884) einen Rahmenvertrag über die Bereitstellung und Wartung von Hard- und Software für die elektronische Überwachung des Hausarrestes in ganz Österreich (Lieferauftrag) mit den CPV-Codes 75231200 (Hauptteil) und 75000000 (Ergänzender Gegenstand) in einem offenen Verfahren im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip ausgeschrieben. Der geschätzte Auftragswert beträgt EUR 1,944.000,00 (ohne USt.) Die Auftraggeberin hat den Auftrag u.a. im Supplement zum Amtsblatt der EU vom 22.02.2017, 2017/S 037-66518, und im Amtlichen Lieferungsanzeiger vom 20.02.2017 zur Zahl L-616903-7216 veröffentlicht (Auskünfte der Auftraggeberin).

 

Die Antragstellerin hat am 04.04.2017 fristgerecht ein Angebot abgegeben. (Vergabeakt)

 

Die Angebotsöffnung ist am 04.04.2017 erfolgt. Es haben nur zwei Bieter ein Angebot abgegeben. (Auskünfte der Auftraggeberin)

 

Den Bietern des Vergabeverfahrens wurde am 21.07.2017 via auftrag.at (eTendering Nachricht) die Zuschlagsentscheidung mitgeteilt. (Auskünfte der Auftraggeberin)

 

Gegen die Zuschlagsentscheidung wurde am 31.07.2017 von der Antragstellerin ein Nachprüfungsantrag eingebracht. Das diesbezügliche Nachprüfungsverfahren ist beim BVwG zu W267 2165989-2 anhängig. (Auskünfte der Auftraggeberin; Vergabeakt; dg Verfahrensakt zu W267 2165989-2)

 

Im Nachprüfungsverfahren zu W267 2165989-2 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht am 03.11.2017 eine mündliche Verhandlung abgehalten. Das Beweisverfahren wurde geschlossen und vom zuständigen Senat der Tenor des zu fällenden Erkenntnisses festgelegt. Das erwähnte, die Zuschlagsentscheidung betreffende Nachprüfungsverfahren befindet sich im Stadium unmittelbar vor Zustellung des Erkenntnisses an die Verfahrensparteien. (dg Verfahrensakt zu W267 2165989-2; Gerichtsbekannte Tatsachen)

 

Am 29.01.2018 wurde der Antragstellerin via auftrag.at (eTendering Nachricht) die Ausscheidensentscheidung betreffend ihr Angebot mitgeteilt. (Auskünfte der Auftraggeberin)

 

Gegen die Ausscheidensentscheidung wurde von der Antragstellerin am 08.02.2018 beim BVwG ein Nachprüfungsantrag eingebracht und Pauschalgebühren in Höhe von EUR 9.234,00 bezahlt. (Auskünfte der Auftraggeberin; Verfahrensakt)

 

Die Auftraggeberin hat das Vergabeverfahren weder widerrufen noch den Zuschlag erteilt. (Auskünfte der Auftraggeberin; Verfahrensakt)

 

2. Beweiswürdigung:

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Auskünfte der Antragstellerin betreffen ebenso ausschließlich mit der Auftraggeberin gemeinsame Dokumente. Die Echtheit und Richtigkeit von in den Schriftsätzen herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs. 1 BVergG ist im Anwendungsbereich des BVergG grundsätzlich die Entscheidung durch Senate vorgesehen. Einstweilige Verfügungen und verfahrensleitende Beschlüsse sind jedoch davon ausgenommen. Die gegenständliche Entscheidung ist daher durch einen Einzelrichter zu treffen.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I Nr. 24/2017, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, das Agrarverfahrensgesetz - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 311 BVergG sind auf Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neben dem BVergG die Bestimmungen des VwGVG und des AVG anzuwenden.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

 

Gemäß § 345 Abs. 17 Z 3 BVergG trat u.a. der 4. Teil samt Überschrift am 01.01.2014 in Kraft.

 

Zu A)

 

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit des Antrages

 

Auftraggeberin des verfahrensgegenständlichen Auftrages im Sinne des § 2 Z 8 BVergG ist die Republik Österreich. Diese ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 BVergG. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen Lieferauftrag gemäß § 5 BVergG. Der geschätzte Auftragswert liegt jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 180 Abs. 1 Z 1 BVergG. Es liegt demnach ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 BVergG vor.

 

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit den Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren ist sohin gegeben.

 

Da darüber hinaus laut Stellungnahme des Auftraggebers das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht da-mit gemäß § 312 Abs. 2 Z 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger gesondert anfechtbarer Entscheidungen der Auftraggeberin und gemäß § 312 Abs. 2 Z 1 BVergG zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

 

Zulässigkeit des Antrages

 

Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 328 Abs. 1 BVergG zu prüfen, ob der Antragstellerin die Antragvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich das Verfahren in einem Stadium vor Zuschlagserteilung befindet, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung, nämlich der Ausscheidensentscheidung, behauptet wird, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass der Antragstellerin durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG ist somit nicht gegeben.

 

Gemäß § 321 Abs. 1 BVergG sind Anträge auf Nachprüfungen einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax sowie bei einer Bekanntmachung der Entscheidung binnen zehn Tagen einzubringen. Die Antragstellerin hat von der ihr über die elektronische Vergabeplattform übermittelten Ausscheidensentscheidung am 29.01.2018 Kenntnis erlangt. Der Nachprüfungsantrag ist am 08.02.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht worden.

 

Die Pauschalgebühr wurde in gesetzlich vorgeschriebener Höhe entrichtet.

 

Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung zulässig ist.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

 

Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 329 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

 

Gemäß § 329 Abs. 3 BVergG 2006 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

 

Die Antragstellerin hat als vorläufige Maßnahme beantragt, der Auftraggeberin bis zur rechtskräftigen Entscheidung des BVwG im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Exekution zu untersagen, im Vergabeverfahren "Elektronisch überwachter Hausarrest" den Zuschlag zu erteilen.

 

Auf Grund der Ausscheidensentscheidung vom 29.01.2018 würde das Angebot der Antragstellerin im weiteren Verfahren nicht mehr berücksichtigt, sodass es auch nicht mehr für den Zuschlag in Betracht kommen könnte. Bei Zutreffen der Behauptungen der Antragstellerin könnte diese Ausscheidensentscheidung jedoch rechtswidrig sein, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragstellerin doch für den Zuschlag in Betracht kommen könnte. Dieser droht durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten möglicherweise der Entgang des Auftrages sowie ein Schaden, der nur durch die Verhinderung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht.

 

Die Auftraggeberin sprach sich gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus und begründete dies mit dem vermeintlichen Fehlen der drohenden Schädigung der Interessen der Antragstellerin. Sie berücksichtigt in diesem Zusammenhang jedoch nicht das zeitliche Zusammenspiel des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens bezüglich der Ausscheidensentscheidung mit dem anhängigen und unmittelbar vor dem Versand des Erkenntnisses stehenden dg Nachprüfungsverfahren zu W267 2165989-2 bezüglich der Zuschlagsentscheidung. Nach der unmittelbar bevorstehenden Zustellung des Erkenntnisses in dieser Rechtssache wäre dieses Verfahren grundsätzlich beendet und die dort bestehende Einstweilige Verfügung gegenstandslos. Im Falle des Unterliegens der Antragstellerin wäre das ohne Konsequenz, da die Auftraggeberin dann den Zuschlag grundsätzlich erteilen könnte. Allerdings könnte die Auftraggeberin für den Fall, dass sie in jenem Verfahren unterliegt, eine Beschwerde bzw. Revision, verbunden mit einem Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung, erheben. Durch die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung an diese Beschwerde würde die im Verfahren zu W267 2165989-1 (Sicherungsverfahren zum Nachprüfungsverfahren zu W267 2165989-2) erlassene einstweilige Verfügung nicht wieder in Kraft treten. Die Antragstellerin wäre dann während des Zeitraumes zwischen der Zustellung des Erkenntnisses in der Rechtssache zu W267 2165989-2 und dem Einbringen eines Rechtsmittels an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts, längstens jedoch für die Frist zur Erhebung eines solchen, einer Zuschlagserteilung durch die Auftraggeberin schutzlos ausgeliefert. Hier überwiegt das Interesse der Antragstellerin jedenfalls dem der Auftraggeberin und der sonstigen Bieter, das die Einstweilige Verfügung im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren ohnehin nur für dessen Dauer, die kürzer ist als die Rechtsmittelfrist in der Rechtssache zu W267 2165989-2, erlassen wird.

 

Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und der Auftraggeberin, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der Einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.

 

Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Angst/Jakusch/Mohr, EO15 (2012)[2008], E 4 zu § 391). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 329 Abs. 4 BVergG verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist.

 

Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt.

 

Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum festgesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl. BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).

 

Die Entscheidung über den Antrag auf Gebührenersatz erfolgt gesondert.

 

Zu B) Zulässigkeit der Revision

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da es zur Frage der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen eines Nachprüfungswerbers bei einer Fallkonstellation wie der verfahrensgegenständlichen, wo sich ein und dasselbe Vergabeverfahren betreffend die Rechtsmittelfristen des Nachprüfungsverfahrens bezüglich der Zuschlagsentscheidung mit dem Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung bei der Bekämpfung des - späteren - Ausscheidens und deren Wirksamkeit überschneiden, sodass der Sicherungseffekt der im Zuschlagsentscheidungs-Nachprüfungsverfahren erlassenen Einstweiligen Verfügung bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für eine eingebrachte Beschwerde bzw. Revision wegfallen könnte, keine einschlägige Judikatur gibt.

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