AlVG §46
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2025:W262.2299689.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende sowie den fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta HAIDNER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 15.07.2024, nach Beschwerdevorentscheidung vom 26.08.2024, GZ XXXX betreffend Feststellung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ab 04.07.2024 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin war zuletzt von 04.03.2024 bis 03.06.2024 vollversicherungspflichtig beschäftigt und steht seit 16.07.2024 erneut in einem vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
2. Am 03.06.2024 meldete sich die Beschwerdeführerin über ihr eAMS-Konto arbeitslos. In der Folge bestätigte das Arbeitsmarktservice XXXX (in der Folge als AMS oder „belangte Behörde“ bezeichnet) am 04.06.2024 den Erhalt der Meldung zur Arbeitssuche per eAMS-Konto bestätigte und informierte die Beschwerdeführerin dahingehend, dass sie bislang noch keinen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt habe und sie diesen unverzüglich über ihr eAMS-Konto stellen müsse, da ein allfälliger Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Regel frühestens ab dem Tag der Antragsstellung gebühre. Zudem übermittelte ihr das AMS einen persönlichen Termin am 04.07.2024.
3. Im Zuge der persönlichen Vorsprache am 04.07.2024 wurde der Beschwerdeführerin ein Antragsformular übergeben, das sie am selben Tag der Poststelle des AMS retournierte.
4. In der Mitteilung des AMS über den Leistungsanspruch vom 11.07.2024 wurde die Beschwerdeführerin über den Beginn ihres Leistungsbezuges mit 04.07.2024, die Höhe sowie über das voraussichtliche Ende mit 08.10.2024 in Kenntnis gesetzt.
5. Über Nachfrage der Beschwerdeführerin per eAMS teilte das AMS erneut mit, dass sie am 04.06.2024 per eAMS darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein Antrag zu stellen sei, um Leistungen zu beziehen. Diese Nachricht habe die Beschwerdeführerin am 05.06.2024 gelesen, den Antrag jedoch erst am 04.07.2024 gestellt.
6. Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache ersuchte die Beschwerdeführerin nach erneuter Aufklärung durch das AMS um Ausstellung eines Geltungsmachungsbescheides.
7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des AMS vom 15.07.2024 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin Arbeitslosengeld gemäß § 17 iVm §§ 44 und 46 AlVG ab dem 04.07.2024 gebühre. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Arbeitslosengeld am 04.07.2024 erfolgreich geltend gemacht habe.
8. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass sie am 03.06.2024 mit der Serviceline des AMS telefoniert habe, um sich arbeitslos zu melden. Danach habe sie ein E-Mail erhalten, wovon sie angenommen habe, dass es sich dabei um die Bestätigung ihrer erfolgreichen Anmeldung handle. Dies sei jedoch das Formular zur Geltendmachung des AMS-Anspruchs gewesen. Diese Daten, die sie ausfüllen hätte sollen, wären bereits im System gespeichert, somit hätte das Geld problemlos auf das Konto überwiesen werden können. Zudem sei beim Anmeldegespräch nicht kommuniziert worden, dass ein erneuter Antrag gestellt werden müsse bzw. hätte dieses Formular per Post verschickt werden sollen.
9. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26.08.2024 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 15.07.2024 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG abgewiesen. Begründend wurde nach Feststellung des Sachverhalts und vor Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, dass im Arbeitslosenversicherungsrecht das Antragsprinzip gelte und eine rückwirkende Geltendmachung an sich nicht möglich sei.
10. Die Beschwerdeführerin stellte fristgerecht einen nicht näher begründeten Vorlageantrag.
11. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 26.09.2024 übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin war von 04.03.2024 bis 03.06.2024 vollversicherungspflichtig beschäftigt. Seit 16.07.2024 steht sie erneut in einem vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Am 03.06.2024 meldete sich die Beschwerdeführerin per eAMS-Konto arbeitslos.
Mit Schreiben vom 04.06.2024 wurde die Beschwerdeführerin per eAMS-Konto informiert, dass, wenn sie Arbeitslosengeld beziehen möchte, sie unverzüglich einen Antrag über ihr eAMS-Konto stellen müsse. Diese Nachricht wurde von der Beschwerdeführerin am 05.06.2024 gelesen.
Im Zuge einer persönlichen Vorsprache beim AMS am 04.07.2024 wurde der Beschwerdeführerin ein Antragsformular für Arbeitslosengeld übergeben, das sie am selben Tag bei der Poststelle des AMS retournierte.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den übermittelten Verwaltungsakt, insbesondere in den Hauptversicherungsverband-Auszug, die Beschwerde sowie die Beschwerdevorentscheidung.
Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin sich am 03.06.2024 über ihr eAMS-Konto beim AMS arbeitslos gemeldet hat. Die entsprechende Arbeitslosmeldung ist dem Verwaltungsakt zu entnehmen.
Ebenso liegt dem Verwaltungsakt das Schreiben des AMS vom 04.06.2024 ein, in dem die Beschwerdeführerin informiert wird, dass sie im Falle der Beantragung von Arbeitslosengeld unverzüglich einen Antrag über ihr eAMS-Konto stellen müsse, da ein allfälliger Leistungsanspruch in der Regel frühestens ab dem Tag der Antragsstellung gebühre. Dass die Beschwerdeführerin das betreffende Schreiben am 05.06.2024 gelesen hat, ist dem im Verwaltungsakt einliegenden Auszug ihres eAMS-Kontos zu entnehmen. Zudem führt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde aus, dass sie eine E-Mail vom AMS erhalten habe. Es ist daher unstrittig, dass die Beschwerdeführerin vom AMS auf die Erforderlichkeit der Antragsstellung (erneut) hingewiesen wurde. Daran ändert werde der Umstand etwas, dass die Beschwerdeführerin fälschlicherweise davon ausgegangen ist, dass es sich bei der Aufforderung, das Antragsformular abzugeben, um die Bestätigung ihrer erfolgreichen Anmeldung beim AMS handle noch die Tatsache, dass eine Zustellung des Antragsformulars per Post moniert wurde.
Die Ausgabe des Antragsformulars am 04.07.2024 samt Geltendmachung am selben Tag ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Antragsformular.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.
3.2. Die im Beschwerdefall maßbegebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten:
„Beginn des Bezuges
§ 17. (1) Sind sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt und ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit. Der Anspruch gilt rückwirkend ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit
1. wenn diese ab einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag besteht und die Geltendmachung am ersten darauf folgenden Werktag erfolgt oder
2. wenn die Arbeitslosmeldung bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingelangt ist und die Geltendmachung sowie eine gemäß § 46 Abs. 1 erforderliche persönliche Vorsprache binnen 10 Tagen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, soweit das Arbeitsmarktservice nicht hinsichtlich der persönlichen Vorsprache Abweichendes verfügt hat.
(2) – (3) …
(4) Ist die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung auf einen Fehler der Behörde, der Amtshaftungsfolgen auslösen kann, wie zum Beispiel eine mangelnde oder unrichtige Auskunft, zurück zu führen, so kann die zuständige Landesgeschäftsstelle die regionale Geschäftsstelle amtswegig unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten in einem Amtshaftungsverfahren zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt, ab dem die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorliegen, ermächtigen.“
„Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld
§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.
(2) – (7) …“
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.3. Für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gilt das Antragsprinzip. Zum materiell-rechtlichen Leistungsanspruch muss der Formalakt der Geltendmachung iSd § 46 Abs. 1 AlVG hinzutreten (vgl. Sdoutz/Zechner, Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz, § 46, Rz. 791).
§ 17 AlVG regelt den Beginn des Bezuges einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Dieser wird nur auf Antrag des Versicherten gewährt. Es gilt das Antragsprinzip, das bedeutet, dass der Leistungsanspruch nicht schon mit Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen besteht, sondern erst mit der persönlichen Geltendmachung bei der regionalen Geschäftsstelle und dem entsprechenden Antragsverfahren (vgl. Sdoutz/Zechner, Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz § 17 AlVG, Rz. 408). Unter Geltendmachung ist idR die Abgabe des bundeseinheitlich geltenden Antragsformulars im Rahmen einer persönlichen Vorsprache zu verstehen. Hierbei handelt es sich um eine formelle Voraussetzung für die Gewährung des Bezuges von Arbeitslosengeld. Das streng formalisierte Verfahren zur Antragstellung nach § 46 AlVG soll für Klarheit sorgen und erfordert daher auch ein klares Vorgehen durch das AMS (VwGH vom 28.06.2006, 2005/08/0201).
Seit 01.07.2020 kann die Geltendmachung auch auf elektronischem Weg erfolgen, sofern der Arbeitslose über ein „eAMS-Konto“ verfügt und sich zwecks Geltendmachung dieses personalisierten Onlinedienstes des Arbeitsmarktservice bedient. Zudem kann das Arbeitsmarktservice generell vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen (BGBl I 2010/5). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Geltendmachung im elektronischen Weg erfolgt ist. Ob das Arbeitsmarktservice auf die persönliche Vorsprache verzichtet, liegt grundsätzlich im Ermessen der Behörde (vgl. Sdoutz/Zechner, Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz, § 46, Rz. 791).
Mit der Einhaltung der Bestimmungen des § 46 Abs. 1 AlVG wird den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Arbeitslosengeldbezug bzw. den Beginn dieses Bezuges entsprochen (vgl. VwGH vom 23.06.1998, 95/08/0132). Die Bestimmungen des § 46 AlVG legen klar dar, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen ist und für die Geltendmachung des Anspruches das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden ist. Weiters wird ausdrücklich in vorzitierter Gesetzesstelle festgehalten, dass der Anspruch erst dann als geltend gemacht gilt, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat.
Im Erkenntnis vom 10.04.2013, 2011/08/0017 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder verspäteter Antragstellungen enthält. Die formalisierte Antragstellung im Sinne des § 46 AlVG schließt eine Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Antragstellung aus (vgl. VwGH 23.05.2007, 2006/08/0330). Dieselben Überlegungen wie für die Geltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gem. § 46 Abs. 1 AlVG gelten auch für die neuerliche Geltendmachung bzw. die Wiedermeldung im Falle einer Unterbrechung oder des Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gemäß § 46 Abs. 5 AlVG (VwGH vom 30.06.2010, 2010/08/0134).
3.4. Die Beschwerdeführerin hat – wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt – ihren Antrag auf Arbeitslosengeld am 04.07.2024 gestellt und am selben Tag geltend gemacht. Die Leistung wurde ihr daher ab 04.07.2024 zuerkannt.
3.5. Wenn die Beschwerdeführerin ihre erst am 04.07.2024 erfolgte Antragstellung im Wesentlichen mit ihrem Irrtum hinsichtlich der am 04.06.2024 erhaltenen Nachricht des AMS, da sie fälschlicherweise angenommen hat, dass es sich dabei um die Bestätigung ihrer erfolgreichen Arbeitslosmeldung handelt, obwohl sie hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Antragsstellung informiert wurde sowie eine fehlende Übermittlung des Antragsformulars per Post sowie mangelnde Kommunikation beim Anmeldungsgespräch moniert sowie finanzielle Schwierigkeiten anführt, ist Folgendes auszuführen:
Eine Nachsichtserteilung (wie etwa § 10 Abs. 3 AlVG) sieht das AlVG für eine unterbliebene Antragstellung nicht vor. Vielmehr stellt § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener fristgerechter Antragstellungen dar: Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge lässt es diese abschließende Normierung – selbst im Falle des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen – nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung nachträglich zu sanieren, zumal selbst ein Arbeitsloser, der aufgrund einer von einem Organ des AMS schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist (vgl. VwGH 23.05.2012, 2010/08/0156; 09.09.2015, Ra 2015/08/0052, mwN). Die von der Beschwerdeführerin angeführten finanziellen Schwierigkeiten können, ebenso wie der Umstand, dass sie seit dem 16.07.2024 in einem neuen vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht, nicht zu einer Nachsichtsgewährung führen.
Im Hinblick auf die Verwendung des eAMS-Kontos ist auszuführen, dass laut den Nutzungsbedingungen des Arbeitsmarktservice, die Inhaber und Inhaberinnen einer Zugangskennung ihre Zustimmung dazu erteilen, dass das Arbeitsmarktservice – sogar über die Dauer einer Vormerkung beim Arbeitsmarktservice bzw eines Leistungsbezugs hinaus –das eAMS-Konto zur Übermittlung von Nachrichten nutzt. Ist der Inhaber bzw die Inhaberin der Zugangskennung damit nicht einverstanden, verpflichtet er/sie sich entweder die E-Mail-Adresse aus dem eAMS-Konto zu entfernen oder das Konto zur Gänze zu (vgl. Sdoutz/Zechner, Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz, § 46, Rz. 791).
Der Einwand einer erforderlichen Übermittlung des Antragsformulars am Postweg ist demnach nicht zu folgen und führt vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin unstrittig die vom AMS übermittelte Nachricht vom 04.06.2024, bereits am nächsten Tag gelesen hat und somit von der Erforderlichkeit der Antragstellung per eAMS-Konto Kenntnis nehmen konnte, ins Leere.
Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 09.07.2015, Ra 2015/08/0037, ausgeführt, dass es § 17 Abs. 4 AlVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2010, zuvor § 17 Abs. 3 AlVG) der zuständigen Landesgeschäftsstelle unter den dort näher genannten Voraussetzungen zwar ermöglicht, die regionale Geschäftsstelle zwecks Abwendung eines Amtshaftungsanspruches amtswegig zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt zu ermächtigen, auf die Ausübung dieser Ermächtigungsbefugnis besteht jedoch kein Rechtsanspruch (vgl. etwa VwGH 14.01.2013, 2012/08/0284, mwN). Schon die Textierung der genannten Bestimmung lässt erkennen, dass sie eine Ermächtigungsnorm im Verhältnis der Landesgeschäftsstelle zur regionalen Geschäftsstelle darstellt und sich nicht unmittelbar an die arbeitslose Person richtet. Insofern ist § 17 Abs. 4 AlVG an systematisch falscher Stelle eingefügt worden, da mit § 17 Abs. 4 AlVG kein Anspruch der arbeitslosen Person gegenüber dem AMS geschaffen werden sollte. Eine Rechtsschutzlücke entsteht dadurch nicht, da es der arbeitslosen Person – wie schon vor der Einfügung des § 17 Abs. 4 AlVG – weiterhin möglich ist, durch das AMS schuldhaft verursachte Schäden im Amtshaftungsweg geltend zu machen (vgl. VwGH 12.09.2012, 2009/08/0290, mwN).
Unterbleibt eine Antragstellung bzw. eine Wiedermeldung eines Arbeitsuchenden durch einen Fehler der Behörde, soll verhindert werden, dass der Arbeitsuchende alleine daraus die Konsequenzen tragen muss (vgl. Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz § 17 AlVG, Rz 412). Es ist unter Hinweis auf die dargestellte Rechtslage (§ 46 AlVG) jedoch auszuführen, dass keine gesetzliche Verpflichtung des AMS zur Erinnerung an die fristgerechte Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe besteht. Eine behauptete Verletzung der Anleitungspflicht durch die Behörde würde nichts daran ändern, dass der Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe an die Geltendmachung geknüpft ist (vgl. VwGH 26.11.2008, 2006/08/0179; 22.12.2009, 2009/08/0088).
Aufgrund der erfolgten schriftlichen Mitteilung des AMS an die Beschwerdeführerin am 04.06.2024, wurde sie in Kenntnis gesetzt, dass sie einen Antrag stellen muss, um Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen zu können. Im vorliegenden Fall ist auch kein einen Amtshaftungsanspruch begründendes Fehlverhalten der belangten Behörde ersichtlich.
Die Beschwerde ist sohin als unbegründet abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
3.6. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde – trotz deren Beantragung –gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtsfragen aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Vorlageantrag hinreichend geklärt ist. Die belangte Behörde hat diesbezüglich ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war damit weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen und es liegt keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vor, weshalb die Verhandlung unterbleiben konnte. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt II.3.3. zitierte Rechtsprechung); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich anzusehen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
