B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2025:W244.2287808.1.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Verena JEDLICZKA-MESSNER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Maria FUCHSREITER und Richard KÖHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die PAYA & PAYA Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Personalamtes XXXX der Österreichischen Post AG vom 27.11.2023, Zl. XXXX , betreffend amtswegige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 14 BDG 1979 beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Das Personalamt XXXX der Österreichischen Post AG (in weiterer Folge: belangte Behörde) leitete hinsichtlich des Beschwerdeführers ein amtswegiges Ruhestandsversetzungsverfahren gemäß § 14 BDG 1979 ein.
2. Die belangte Behörde beauftragte mit Schreiben vom 03.05.2023 die Pensionsversicherungsanstalt (in weiterer Folge: PVA) mit der Erstellung eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers.
3. Am XXXX .2023 erfolgte eine ärztliche Untersuchung durch die PVA.
4. Mit Schreiben vom 07.07.2023 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er nach den der belangten Behörde vorliegenden Unterlagen dauernd dienstunfähig iSd § 14 BDG 1979 sei und daher seine Versetzung in den Ruhestand zum nächstmöglichen Termin in Aussicht genommen werde.
5. In der daraufhin erstatteten Stellungnahme vom 28.07.2023 brachte der Beschwerdeführer u.a. seine uneingeschränkte Dienstfähigkeit vor. Die Sachverständige habe ihrer Untersuchung fälschlicherweise den Arbeitsplatz mit dem Code 5050 zugrunde gelegt. Zudem sei die diagnostizierte Sprunggelenksarthrose auf einen Dienstunfall zurückzuführen. Weiters wurde näher ausgeführt, dass die belangte Behörde auch keine hinreichende Sekundärprüfung durchgeführt habe.
6. Mit Bescheid vom 27.11.2023 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 14 BDG 1979 von Amts wegen in den Ruhestand versetzt.
In der Begründung listete die belangte Behörde zunächst die Hauptaufgaben des Beschwerdeführers auf seinem zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesenen Arbeitsplatz XXXX , auf. Diese umfassten Beratung und Verkauf der gesamten Produktpalette inkl. Produktabwicklung, Einhaltung des Serviceversprechens gegenüber Kunden durch regelmäßige Informationen der Kunden sowie Durchführung des Beschwerdemanagements, aktives Bestandskundenmanagement, Nutzung der Customer-Relationship-Management-Kampagnen (CRM) für die Kontaktaufnahme mit den Kunden, Vereinbarung von Kundenterminen und Aufbau einer vertrauensvollen Kundenbeziehung (dazu würden die konsequente telefonische Terminvereinbarungen und eine effiziente Terminplanung gehören), Organisation und Durchführung von speziellen Verkaufsförderungsmaßnahmen zur Zielerreichung wie beispielsweise Aktionstage und Promotionsveranstaltungen.
Dieser Arbeitsplatz erfordere u.a. körperlich mittelschwere Beanspruchung, ständiges Stehen, die Fähigkeit zur Erfüllung verantwortungsvoller Tätigkeiten, eine sehr gute Auffassungsgabe und eine sehr gute Konzentrationsfähigkeit, fallweise leichte, mittelschwere und schwere Hebe- und Trageleistungen, Arbeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck, gelegentliches Hocken, Knien, Bücken, Arbeiten vorgebeugt, unter Armvorhalt und über Kopf, nur Tagdienst, normale Seh- und Gehörleistung sowie häufige Sprechkontakte und viel Kundenverkehr.
Nach der letztaktuellen zusammenfassenden Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der PVA vom XXXX .2023, die anhand der vorliegenden ärztlichen Aussagen erstellt worden sei, könne der Beschwerdeführer aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben auf seinem zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesenen Arbeitsplatz XXXX , nicht mehr erfüllen, weil ihm mittelschwere körperliche Beanspruchung, ständiges Stehen, fallweise mittelschwere und schwere Hebe- und Trageleistungen, Hocken und Knien nicht mehr möglich seien. Eine leistungskalkülrelevante Besserung der Hauptursachen der Minderung der Dienstfähigkeit sei nicht möglich.
Es verbleibe nur der Arbeitsplatz XXXX , den der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung des Gesamtrestleistungskalküls ausüben könne. Dieser Arbeitsplatz sei aber aktuell und auch in absehbarer Zeit nicht verfügbar.
Ein anderer, seiner dienstrechtlichen Stellung entsprechender gleichwertiger Arbeitsplatz, den er auf Grund seines Gesundheitszustandes besorgen könne, könne ihm im Bereich der Dienstbehörde nicht zur Verfügung gestellt werden. Da die ärztlichen Ausführungen schlüssig seien, sei der Beschwerdeführer als dienstunfähig einzustufen.
7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in weiterer Folge: BVwG), welche am 06.03.2024 beim BVwG einlangte.
Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der PVA vom XXXX .2023 fälschlicherweise der Arbeitsplatz XXXX mit dem Code XXXX zugrunde gelegt worden sei. Dies habe die Fachärztin für Orthopädie und orthopädische Chirurgie anlässlich der Untersuchung des Beschwerdeführers diesem gegenüber behauptet. Weiters wurde moniert, dass die belangte Behörde keinen berufskundlichen Sachverständigen herangezogen habe. Der Beschwerdeführer habe bis zu seiner Dienstfreistellung am XXXX .2023 seinen Dienst anstandslos und ohne gesundheitliche Einschränkungen ausüben können. In Bezug auf die Sekundärprüfung wurde ausgeführt, dass nicht erhoben worden sei, ob neben dem Arbeitsplatz XXXX noch weitere Arbeitsplätze zur Verfügung stünden. Dabei habe der Beschwerdeführer ausdrücklich in seiner Stellungnahme vom 28.07.2023 auf weitere Verweisungsarbeitsplätze verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht als Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Ihm war zuletzt der Arbeitsplatz XXXX , zugeteilt.
Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem XXXX 2023 nicht im Dienst.
Im von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Gesamtgutachten der PVA vom XXXX .2023 wurden die im Anforderungsprofil für den Arbeitsplatz XXXX , angeführten Anforderungen betreffend soziale Anforderungen (Kundenverkehr), intellektuelle Ansprüche/geistiges Leistungsvermögen, körperliche Anforderungen hinsichtlich Sehschärfe und Hörvermögen und Arbeitsauslastung (Arbeitstempo) nicht beurteilt.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wurde der Beschwerdeführer von Amts wegen in den Ruhestand versetzt, weil er im Hinblick auf die eingeholte chefärztliche Stellungnahme der PVA vom XXXX .2023 die auf seinem Arbeitsplatz XXXX , zu erbringenden Tätigkeiten nicht mehr erfüllen könne und weil im Wirkungsbereich der Behörde keine Verweisungsarbeitsplätze zur Verfügung stünden.
Dem Bescheid kann nur die Prüfung eines einzigen Verweisungsarbeitsplatzes entnommen werden. Warum andere Arbeitsplätze als Verweisungsarbeitsplätze ausschieden, wird im Bescheid nicht angeführt. Auch können konkrete Arbeitsplatzbeschreibungen zu den Verweisungsarbeitsplätzen weder dem Bescheid noch dem Verwaltungsakt entnommen werden.
2. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen konnten aufgrund der Aktenlage und des Vorbringens der Verfahrensparteien getroffen werden und sind insoweit nicht strittig.
Die Angaben zum verfahrensgegenständlichen Bescheid sind diesem direkt zu entnehmen, das Gutachten der PVA und das Anforderungsprofil für den Arbeitsplatz XXXX , liegen im Akt ein.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Das BVwG hat gemäß § 135a Abs. 2 BDG 1979 unter anderem in Angelegenheiten des § 14 BDG 1979 durch Senat zu entscheiden, wenn – wie im gegenständlichen Fall – eine Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen erfolgt ist.
3.1. Zu A) Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung:
3.1.1. Der für den vorliegenden Fall maßgebliche § 14 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (in weiterer Folge: BDG 1979) lautet in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I 100/2018 auszugsweise wie folgt:
" Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit
§ 14. (1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.
(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.
(3) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 2 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau – ausgenommen für die gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, den dort angeführten Unternehmen zugewiesenen Beamtinnen und Beamten – Befund und Gutachten einzuholen. Für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamtinnen und Beamten ist dafür die Pensionsversicherungsanstalt zuständig.
(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf jenes Monats wirksam, in dem sie rechtskräftig wird.
(5) Die Ruhestandsversetzung tritt nicht ein, wenn der Beamtin oder dem Beamten spätestens mit dem Tag vor ihrer Wirksamkeit mit ihrer oder seiner Zustimmung für die Dauer von längstens zwölf Monaten vorübergehend ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen wird, dessen Anforderungen sie oder er zu erfüllen imstande ist. Mehrere aufeinander folgende Zuweisungen sind zulässig, sofern sie insgesamt die Dauer von zwölf Monaten nicht überschreiten. Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesem Fall wirksam, wenn
1. die Beamtin oder der Beamte nach einer vorübergehenden Zuweisung einer weiteren Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes nicht zustimmt oder
2. die vorübergehende Verwendung auf einem neuen Arbeitsplatz ohne weitere Zuweisung oder vorzeitig beendet wird oder
3. die Beamtin oder der Beamte der dauernden Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes spätestens nach Ablauf des zwölften Monats nach der erstmaligen Zuweisung nicht zustimmt.
Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesen Fällen mit dem Monatsletzten nach Ablauf der jeweiligen vorübergehenden Verwendung wirksam.
[…]."
3.1.2. § 14 Abs. 1 BDG 1979 normiert als Voraussetzung für die amtswegige Ruhestandsversetzung die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Unter Dienstunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (in weiterer Folge: VwGH) die durch körperliche oder geistige Unzulänglichkeit bedingte Unfähigkeit des Beamten zu verstehen, den Dienstobliegenheiten ordnungsgemäß nachzukommen; vernünftigerweise kann darunter nicht die Unfähigkeit zu jeglicher Dienstverrichtung, sondern nur die Unfähigkeit des Beamten, seine ihm aufgrund seiner dienstrechtlichen Stellung zukommenden Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, verstanden werden. Unter „Dienstunfähigkeit“ ist alles zu verstehen, was die Eignung des Beamten zur Versehung des Dienstes aufhebt, also nicht nur Gesundheitsstörungen, sondern auch habituelle Charaktereigenschaften und geistige Mängel, welche die ordnungsgemäße Führung der dem Beamten übertragenen Geschäfte ausschließen (vgl. VwGH 19.03.2003, 2002/12/0301).
Um eine Versetzung in den Ruhestand zu rechtfertigen, muss die Dienstunfähigkeit auf Dauer, also für einen nicht absehbaren Zeitraum, vorliegen. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Dauerhaftigkeit der Dienstunfähigkeit nur dann verneint werden darf, wenn in den Prognosen der medizinischen Gutachter auch jener absehbare Zeitraum umschrieben wird, innerhalb dessen mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit am aktuellen Arbeitsplatz erwartet werden kann (vgl. VwGH 22.02.2011, 2010/12/0035 mit Hinweis auf VwGH 23.02.2007, 2004/12/0116).
Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, ist eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse und Erfahrungen Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zu Grunde gelegten Tatsachen dessen Schlüssigkeit zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen. Diese Ausführungen zur Funktion des medizinischen Sachverständigen im Ruhestandsversetzungsverfahren gelten ohne jede Einschränkung auch für Befund und Gutachten der PVA wie sie in § 14 Abs. 4 zweiter Satz BDG 1979 vorgesehen sind (vgl. VwGH 12.11.2008, 2007/12/0115 mwN).
Dabei ist die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten zunächst in Ansehung seines aktuellen beziehungsweise des zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes zu prüfen. Maßgebend für eine Ruhestandsversetzung ist daher die Klärung der Frage der Dienstunfähigkeit unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben an diesem Arbeitsplatz (Primärprüfung). Ergibt diese, dass der Beamte nicht mehr in der Lage ist, die konkreten dienstlichen Aufgaben seines Arbeitsplatzes in diesem Sinne zu erfüllen, ist zu prüfen, ob die Möglichkeit einer Zuweisung eines tauglichen Verweisungsarbeitsplatzes nach § 14 Abs. 3 BDG 1979 in Betracht kommt (vgl. VwGH 23.06.2014, 2010/12/0209 mit Verweis auf VwGH 14.10.2009, 2008/12/0212).
Nach der Judikatur des VwGH in Bezug auf die frühere, mit der geltenden Rechtslage aber inhaltlich idente Bestimmung des § 14 Abs. 3 (nunmehr Abs. 2) BDG 1979 sind bei Vorhandensein einer Restarbeitsfähigkeit eines Beamten vorerst alle Tätigkeiten der in Betracht kommenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der Dienstbehörde anzuführen und dazu anzugeben, ob der Beamte auf Grund seiner festgestellten Restarbeitsfähigkeit im Stande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, wobei es vorerst nicht darauf ankommt, ob diese Arbeitsplätze frei sind (Prüfung der Verweisungstauglichkeit). Wenn sich herausstellt, dass der Beamte auf Grund seiner Restarbeitsfähigkeit überhaupt keine der Verwendungen der betreffenden Verwendungsgruppe wahrnehmen kann, so darf die Behörde vom Nichtvorliegen von Verweisungsarbeitsplätzen und der Unmöglichkeit eines Vorgehens nach § 14 Abs. 3 (nunmehr: Abs. 2) BDG 1979 ausgehen. Ergibt die Prüfung hingegen, dass Verweisungsarbeitsplätze existieren, so ist weiter zu prüfen, ob diese in Frage kommenden Verweisungsarbeitsplätze zumindest gleichwertig sind und dem Beamten mit Rücksicht auf die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden können. Die solcherart ermittelten Verweisungsarbeitsplätze sind schließlich auf ihre Verfügbarkeit zu überprüfen. Erst wenn auch diese Prüfung ergibt, dass auf Dauer kein freier Verweisungsarbeitsplatz für den Beamten zur Verfügung steht, kann davon ausgegangen werden, dass die Zuweisung eines solchen nicht erfolgen und der Beamte nach § 14 Abs. 3 (nunmehr: Abs. 2) BDG 1979 nicht als dienstfähig angesehen werden kann (vgl. VwGH 30.03.2021, Ra 2020/12/0019 mit Verweis auf VwGH 31.7.2020, Ra 2019/12/0085).
Im Rahmen der Sekundärprüfung spielt unter anderem die gesundheitliche Verfassung des Beamten und die Gleichwertigkeit des Verweisungsarbeitsplatzes eine Rolle. Von der Verpflichtung, alle Tätigkeiten der betreffenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der jeweiligen obersten Dienstbehörde anzuführen und anzugeben, ob der Beamte auf Grund der festgestellten Restarbeitsfähigkeit im Stande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, ist die Dienstbehörde etwa dann entbunden, wenn entweder überhaupt keine Restarbeitsfähigkeit des Beamten besteht oder dargelegt wird, dass überhaupt keine Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe frei sind, bzw. dass sämtliche freien Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe der bisherigen Verwendung nicht gleichwertig oder aber nicht im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 zumutbar sind (vgl. VwGH 30.03.2021, Ra 2020/12/0019 mwN).
3.1.3. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des BVwG, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Der VwGH hat sich beginnend mit seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:
Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51/2012, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
Nach der Rechtsprechung des VwGH (beginnend mit VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
3.1.4. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus Folgendes:
Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, beurteilte die belangte Behörde die Prüfung der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf den Arbeitsplatz XXXX unter Zugrundlegung der zusammenfassenden Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der PVA vom XXXX .2023.
Wie der unter Punkt 3.1.2. angeführten Rechtsprechung zu entnehmen ist, ist die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten zunächst in Ansehung seines aktuellen beziehungsweise des zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes zu prüfen. Maßgebend für eine Ruhestandsversetzung ist daher die Klärung der Frage der Dienstunfähigkeit unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben an diesem Arbeitsplatz (Primärprüfung). Dabei hat sich die belangte Behörde eines ärztlichen Sachverständigen zu bedienen, der an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes insofern mitzuwirken hat, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse und Erfahrungen Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Im gegenständlichen Fall wurde im ärztlichen Gesamtgutachten der PVA die Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf die im Anforderungsprofil angeführten sozialen Anforderungen (Kundenverkehr), intellektuelle Ansprüche/geistiges Leistungsvermögen, körperlichen Anforderungen (Sehschärfe und Hörvermögen) und Arbeitsauslastung (Arbeitstempo) nicht beurteilt, womit ein unvollständiger bzw. ergänzungsbedürftiger Sachverhalt vorliegt. In diesem Zusammenhang ist – der weiteren rechtlichen Prüfung vorausgreifend – festzuhalten, dass eine umfassende ärztliche Begutachtung des Beschwerdeführers auch für eine fundiert durchgeführte Sekundärprüfung von größter Relevanz ist.
Da bereits aus dem oben genannten Grund ein unvollständiger bzw. ergänzungsbedürftiger Sachverhalt vorliegt, musste nicht näher auf die Frage, welcher Arbeitsplatz dem Gutachten der PVA tatsächlich zugrunde gelegt worden ist, eingegangen werden.
Wenn die belangte Behörde sodann aufgrund einer ordnungsgemäß durchgeführten Primärprüfung zum Ergebnis gekommen wäre, dass der Beschwerdeführer in Ansehung seines zuletzt innegehabten Arbeitsplatzes nicht mehr dienstfähig ist, hätte sie im Rahmen der Sekundärprüfung Verweisungsarbeitsplätze zu prüfen. Dabei wären die in Betracht kommenden Arbeitsplätze so zu beschreiben gewesen, dass die konkreten, damit verbundenen Aufgaben und Anforderungsprofile sichtbar werden.
Der bekämpfte Bescheid erweist sich auch im Hinblick auf diese Sekundärprüfung als mangelhaft. Dem Bescheid kann nur die Prüfung eines einzigen Verweisungsarbeitsplatzes entnommen werden. Warum andere Arbeitsplätze als Verweisungsarbeitsplätze – wie vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 28.07.2023 angeführt – ausschieden, wird im Bescheid nicht angeführt, womit auch aus diesem Grund ein unvollständiger bzw. ergänzungsbedürftiger Sachverhalt vorliegt. Auch können konkrete Arbeitsplatzbeschreibungen weder dem Bescheid noch dem Verwaltungsakt entnommen werden.
Es sind folglich hinsichtlich der Sekundärprüfung nur ansatzweise Ermittlungsschritte ersichtlich, wonach die Dienstbehörde eine nachvollziehbare Prüfung im Sinne der Rechtsprechung des VwGH durchgeführt hätte.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit auch hinsichtlich der Feststellungen zur (Nicht)Verfügbarkeit eines tauglichen Verweisungsarbeitsplatzes als nicht tragfähig.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die belangte Behörde im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung des VwGH den Sachverhalt nur ansatzweise ermittelt bzw. wesentliche Ermittlungsschritte unterlassen hat.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme in einer mündlichen Verhandlung durch das BVwG "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist nicht ersichtlich, zumal es sich bei den in Rede stehenden Ermittlungen um solche handelt, bei der die belangte Behörde besonders "nahe am Beweis" ist (vgl. VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109).
Da der maßgebliche Sachverhalt somit noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid der belangten Behörde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren vor dem Hintergrund der o.a. höchstgerichtlichen Judikatur zu § 14 BDG 1979 zunächst auf Grundlage einer aktuellen Arbeitsplatzbeschreibung die konkreten dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers und deren Ausmaß auf dem zuletzt von ihm inne gehabten Arbeitsplatz feststellen zu haben. In weiterer Folge hat anhand dieser Grundlagen eine ärztliche Begutachtung stattzufinden.Die belangte Behörde hat daraufhin konkrete Feststellungen zu dem beim Beschwerdeführer noch vorhandenen (Rest)Leistungskalkül zu treffen haben, um auf dieser Grundlage die Dienstfähigkeit in Bezug auf die auf dem Arbeitsplatz des Beschwerdeführers zu erbringenden Tätigkeiten beurteilen zu können. Sollte sich nach dieser (Primär)Prüfung die Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf die auf seinem Arbeitsplatz zu erfüllenden Tätigkeiten ergeben, werden von der belangten Behörde in weiterer Folge – ausgehend vom festgestellten Restleistungskalkül des Beschwerdeführers – unter Berücksichtigung seiner persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse konkrete Ermittlungen zu etwaigen Verweisungsarbeitsplätzen vorzunehmen und dazu konkrete Feststellungen zu treffen sein, die eine rechtliche Beurteilung der Dienst(un)fähigkeit des Beschwerdeführers ermöglichen.
3.1.5. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Eine mündliche Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 2. Fall VwGVG unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid "aufzuheben" war. Dieser Tatbestand ist auch auf Beschlüsse zur Aufhebung und Zurückverweisung anwendbar (vgl. zur gleichartigen früheren Rechtslage Hengstschläger/Leeb, AVG § 67d [Stand 1.7.2007, rdb.at] Rz 22).
3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die unter 3.1. zitierte Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar.
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