BVwG W225 2016189-1

BVwGW225 2016189-126.3.2015

AVG 1950 §38
B-VG Art.131 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §19 Abs1 Z1
UVP-G 2000 §19 Abs4
UVP-G 2000 §24 Abs5
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs7a
UVP-G 2000 §3a
UVP-G 2000 §40 Abs1
UVP-G 2000 Anh.1 Z9
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §34 Abs3
AVG 1950 §38
B-VG Art.131 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §19 Abs1 Z1
UVP-G 2000 §19 Abs4
UVP-G 2000 §24 Abs5
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs7a
UVP-G 2000 §3a
UVP-G 2000 §40 Abs1
UVP-G 2000 Anh.1 Z9
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §34 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W225.2016189.1.00

 

Spruch:

W225 2016189-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Barbara Weiß als Vorsitzende und durch die Richterinnen Mag. Dr. Magdalena HONSIG-ERLENBURG und Mag. Michaela RUSSEGGER-REISENBERGER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von

XXXX XXXX, allesamt vertreten durch Dr. Franz Riess, Rechtsanwalt, Friedrich-Thurner-Straße 9, 4910 Ried im Innkreis,

gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. Oktober 2014, Zl. AUWR-2014-131894/2, wegen der Zurückweisung eines Antrages, dass für das Vorhaben des Landes Oberösterreich, die Umlegung der Landstraße B 147 Braunauer Straße, konkret das Baulos "Umfahrung Mattighofen-Munderfing, Abschnitt 1 - Munderfing", eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. Nr. I Nr 33/2013 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 2. September 2014 beantragten die Beschwerdeführer die Feststellung nach § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (kurz: UVP-G 2000), dass für ein näher bezeichnetes Vorhaben des Landes Oberösterreich, die Umlegung der Landstraße B 147 Braunauer Straße, konkret das Baulos "Umfahrung Mattighofen-Munderfing, Abschnitt 1 - Munderfing", ein Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei.

In rechtlicher Hinsicht wurde im Antrag ausgeführt, dass für das gegenständliche Vorhaben ein Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 durchzuführen gewesen wäre und nicht ein Verfahren nach dem Oö. Straßengesetz 1991, wie dies der Fall ist.

Dazu wird auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 21.03.2013, C-244/12 , zum Flughafen Salzburg verwiesen; der im Anhang 1 Z 9 lit c UVP-G 2000 festgelegte Genehmigungstatbestand sei nicht richtlinienkonform und daher sei auch im Fall einer Unterschreitung des Schwellenwertes - wie im vorliegenden Fall - eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben könnte.

2. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2014, Zl. AUWR-2014-131894/2, wurde der Antrag von der Oberösterreichischen Landesregierung als UVP-Behörde als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde dazu wie folgt ausgeführt:

"Die Antragsteller bringen vor, dass ihnen - aufgrund der im Antrag angeführten Gründe, auf welche nachstehend noch näher eingegangen wird - Parteistellung im Feststellungsverfahren zukommt und sie daher den Antrag auf Feststellung der UVP-Pflicht stellen.

Dazu ist vorweg festzuhalten, dass die Frage der Antragslegitimation klar von der Frage der Parteistellung zu trennen ist.

Die Frage der Antragslegitimation für eine Feststellung, ob ein Vorhaben UVP-pflichtig ist, ergibt sich aus der oben zitierten Bestimmung des § 3 Abs. 7 1. Satz UVP-G 2000.

Antragslegitimiert sind demnach ausschließlich

Bei dieser in § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 enthaltenen Aufzählung handelt es sich - nach übereinstimmender Rechtsprechung des Umweltsenates und des Verwaltungsgerichtshofes - um eine abschließende Aufzählung (z.B. US 7A/2004/12 vom 24.09.2004 Pyhra, US 4A/2006/2 vom 28.02.2006 Amoldstein Funpark, US 7B/2007/20 vom 20.12.2007 Pyhra II, US 6A/2010/8-9 vom 19.07.2010 Rum, US 7B/2010/4-28 vom 30.07.2010 Hofstätten/Raab, US 5A/2011/7 vom 26.04.2011 Klagenfurt Stadion, US 7A/2011/26-8 vom 29.02.2012 Donau Pilotprojekt Bad Deutsch Altenburg, US 7A/2011/26-20 vom 03.05.2013 Donau Pilotprojekt Bad Deutsch Altenburg II, bzw. VwGH 14.12.2004 2004/05/0256, VwGH 28.06.2005 2004/05/0032, VwGH 27.09.2007 2006/07/0066). Einzelnen Personen, wie etwa Nachbarn, kommt kein solches Antragsrecht zu.

Davon getrennt zu betrachten ist die Frage der Parteistellung, welche in § 3 Abs. 7 6. Satz UVP-G 2000 geregelt ist. Demnach kommt im Feststellungsverfahren dem Projektwerber/der Projektwerberin, dem Umweltanwalt und der Standortgemeinde Parteistellung zu. Dass der Gesetzgeber hier eine bewusste Trennung zwischen Antragslegitimation und Parteistellung vorgenommen hat, kommt insbesondere dahingehend zum Ausdruck, dass den mitwirkenden Behörden lediglich ein Antragsrecht (aber keine Parteistellung) und der Standortgemeinde lediglich Parteistellung (aber keine Antragslegitimation) zukommt.

Noch offensichtlicher wird diese Trennung durch § 3 Abs. 7a UVP-G 2000, der mit BGBl. I Nr. 77/2012 eingefügt wurde. Demnach ist für den Fall der Feststellung, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist, eine gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Hiermit wurde bewusst die Möglichkeit zur Überprüfung des Ergebnisses der Feststellung bzw. nunmehr eine Beschwerdelegitimation (durch BGBl. I Nr. 95/2013), ohne Gewährung einer Antragslegitimation oder Zuerkennung einer Parteistellung während des Verfahrens geschaffen.

Nach derzeit geltender nationaler Rechtslage hat somit keine der im Spruch genannten Personen (Antragsteller) die Legitimation zur Einbringung eines Antrages gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 und kommt darüber hinaus im Feststellungsverfahren auch niemanden eine Parteistellung zu.

Das von den Antragstellern ins Treffen geführte Vorabentscheidungsersuchen vom 16. Oktober 2013, welches der VwGH an den EuGH gerichtet hat, bezieht sich zudem nur auf die Kontrollbefugnis der Nachbarn im Feststellungsverfahren, nicht auf die Parteistellung an sich.

Die Europäische Kommission ‚hegt den Verdacht', dass die in Österreich geltenden Vorschriften Einzelpersonen keine ausreichenden Rechte zugestehen. Sie stützt sich auf Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) und führt dazu aus:

‚Österreich hat gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 11 der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung [...] verstoßen, indem es gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 Einzelpersonen, die ein rechtliches Interesse nachweisen können, nicht die Möglichkeit einräumt, eine rechtliche Überprüfung des Ergebnisses des besonderen Verfahrens zur Feststellung der Notwendigkeit einer UVP für ein bestimmtes Projekt zu beantragen, [...]'.

Betrachtet man Art. 11 UVP-Richtlinie, so besagt dieser:

"(1) Die Mitgliedsstaaten stellen im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die

a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedsstaates dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.

(2) Die Mitgliedsstaaten legen fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können.

(3) Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten

[...]"

Art. 11 der UVP-Richtlinie sowie die Europäische Kommission selbst sprechen somit nur von der Möglichkeit der rechtlichen Überprüfung des Ergebnisses des UVP-Verfahrens (worunter gemäß der Europäische Kommission auch das Feststellungsverfahren fällt), wobei die Entscheidung, wem diese Möglichkeit eröffnet werden soll, gemäß Art. 11 Abs. 3 UVP-Richtlinie grundsätzlich im Ermessen der Mitgliedsstaaten liegt. Eine Antragslegitimation zur Durchführung eines Verfahrens ist aus dieser Rechtsgrundlage nicht ableitbar.

Zur Bedeutung des Vorabentscheidungsersuchens des VwGH vom 16. Oktober 2013 für die österreichische Rechtslage ist weiters festzuhalten:

Durch das Vorabentscheidungsersuchen mag der VwGH zwar Zweifel an einer richtlinienkonformen Umsetzung im Hinblick auf das UVP-Feststellungsverfahren zum Ausdruck gebracht haben, dennoch wäre es verfehlt, vor Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchens, entgegen einer eindeutigen gesetzlichen Regelung durch das UVP-G 2000 und entgegen einer ständigen und einheitlichen Rechtsprechung von Umweltsenat und VwGH, Nachbarn oder anderen Personen eine Parteistellung oder Antragslegitimation im Feststellungsverfahren zuzuerkennen.

Selbst ein verfassungswidriges Gesetz ist im Sinne des Fehlerkalküls (Art. 140 B-VG) solange anzuwenden, bis es wegen seiner Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden ist. Solange das UVP-G 2000 in seiner derzeitigen Form bzw. die Bestimmungen hinsichtlich Antragslegitimation die geltende Rechtslage darstellen, hat auch der Vollzug demgemäß zu erfolgen. Es liegen keine Gründe vor, wonach eine davon abweichende Vorgangsweise in Erwägung gezogen werden könnte bzw. schon gar nicht Gründe, die ein solches Abweichen rechtfertigen würden.

§ 3 Abs. 7 UVP-G 2000 sieht - neben der Antragstellung durch Projektwerber, mitwirkende Behörde oder Umweltanwalt - auch die Möglichkeit für die UVP-Behörde vor, ein Feststellungsverfahren von Amts wegen durchzuführen. Im gegenständlichen Fall sieht jedoch die zuständige UVP-Behörde aufgrund der gemäß Pkt. 2.1 vorliegenden Unterlagen und der sich daraus ergebenden klaren Sachlage gemäß Pkt 2.2 (Vorhabensbegriff, Schwellenwerte) keine Veranlassung, ein solches Verfahren einzuleiten."

Da insgesamt keine Antragslegitimation gegeben sei, sei der Behörde ein Eingehen auf das Vorbringen in der Sache selbst verwehrt.

3. In der dagegen eingebrachten Beschwerde wird nach einer Wiederholung der rechtlichen Ausführungen des angefochtenen Bescheides ausgeführt:

"Die Antragsteller bestreiten, dass die Genehmigungsverfahren für das gegenständliche Vorhaben nach dem Oö. Straßengesetz 1991 durchzuführen sind. Vielmehr wäre nach Ansicht der Antragsteller das gegenständliche Vorhaben aus nachstehenden Gründen nach dem UVP-G 2000 zu genehmigen, weswegen das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt wurde und die bisher erteilte Genehmigung gemäß § 3 Abs 7 UVP-G 2000 als nichtig zu erklären ist:

Im Anhang 1 Z 9 lit c UVP-G 2000 werden Infrastrukturprojekte wie die Neuerrichtung oder Umlegung einer Straße auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km der UVP-Pflicht gemäß § 3 UVP-G 2000 und dem "ordentlichen" Verfahren unterzogen.

Offensichtlich ist deswegen die In der Angelegenheit befasste Behörde davonausgegangen, dass das Vorhaben nicht UVP-pflichtig sei. Die Behörde hat allerdings übersehen, dass der EuGH mit Urteil vom 21.03.2013, Rs. C-244/12 , festgestellt hat, dass Art 2 Abs 1 sowie Art 4 Abs 2 lit b und Abs 3 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.06.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 03.03.1997 geänderten Fassung einer nationalen Regelung entgegenstehen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für Projekte zur Erweiterung der Infrastruktur eines Flughafens, die unter Anhang II dieser Richtlinie fallen, ausschließlich davon abhängig macht, dass durch diese Projekte eine Erhöhung der Anzahl der Flugbewegungen um mindestens 20.000 pro Jahr zu erwarten ist.

Legt ein Mitgliedstaat gemäß Art 4 Abs 2 lit b der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 97/11 geänderten Fassung für Projekt im Sinne ihres Anhangs II einen mit den Verpflichtungen aus Art 2 Abs 1 und Art 4 Abs 3 der Richtlinie unvereinbaren Schwellenwert fest, haben die Bestimmungen von Art 2 Abs 1 sowie von Art 4 Abs 2 lit a und Abs 3 der Richtlinie unmittelbare Wirkung, so dass die zuständigen nationalen Behörden sicherstellen müssen, dass zunächst geprüft wird, ob die betreffenden Projekte möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, und, wenn ja, sodann eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird.

Wie der EuGH im Urteil zu Rs. C-244/12 in der RZ 29 zutreffend ausführt, räumt Art 4 Abs 2 lit b der Richtlinie 85/337 den Mitgliedstaaten zwar einen Wertungsspielraum ein. Dieser Spielraum wird jedoch durch die in Art 2 Abs 1 der Richtlinie festgelegte Pflicht begrenzt, die Projekte, bei denen u. a. aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Untersuchung ihrer Auswirkungen zu unterziehen (vgl. die ständige Judikatur des EuGH, etwa Urteil WWF).

Der EuGH hält im Urteil zu Rs. C-244/12 in der RZ 30 fest, dass mit den in Art 4 Abs 2 lit b der Richtlinie 85/337 erwähnten Kriterien und/oder Schwellenwerten das Ziel verfolgt wird, die Beurteilung der konkreten Merkmale eines Projekts zu erleichtern, damit bestimmt werden kann, ob es der Prüfungspflicht unterliegt; dagegen dienen sie nicht dazu, bestimmte Klassen der in Anhang II der Richtlinie aufgeführten, Im Gebiet eines Mitgliedstaats in Betracht kommenden Projekte von vornherein insgesamt von dieser Pflicht auszunehmen.

Der EuGH geht im Urteil zu Rs. C-244/12 in der RZ 31 somit davon aus, dass ein Mitgliedstaat, der die Kriterien und/oder Schwellenwerte so festlegen würde, dass in der Praxis eine ganze Klasse von Projekten von vornherein von der Pflicht zur Untersuchung ihrer Auswirkungen ausgenommen wäre, die Grenzen des Spielraums überschreiten würde, über den er nach Art 2 Abs 1 und Art 4 Abs 2 der Richtlinie 85/337 verfügt, sofern nicht aufgrund einer pauschalen Beurteilung aller ausgenommenen Projekte davon auszugehen ist, dass bei ihnen nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist.

Nach zutreffender Ansicht des EuGH im Urteil zu Rs. C-244/12 in der RZ 32 ergibt sich aus Art 4 Abs 3 der Richtlinie 58/337 , dass bei der Festlegung von Schwellenwerten bzw. Kriterien von Abs 3 Üt b dieses Artikels die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III der Richtlinie zu berücksichtigen sind. Zu diesen Kriterien zählt aber u. a. die Belastbarkeit der Natur, wobei es insoweit einer besonderen Berücksichtigung der Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte bedarf.

Mit gegenständlichem Urteil des EuGH zu Rs. C-244/12 ist festzuhalten, dass ein Schwellenwert mit der in Art 2 Abs 1 der genannten Richtlinie zwecks ordnungsgemäßer Erfassung der Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, aufgestellten allgemeinen Verpflichtung unvereinbar Ist.

Wendet man nunmehr die gegenständliche Entscheidung des EuGH auf den Genehmigungstatbestand im Anhang 1 Z 9 lit c UVP-G 2000 an, bedeutet das, dass Infrastrukturprojekte, bei einer Umlegung einer bestehenden Straße auf einer durchgehenden Länge von weniger als 10 km, die jedoch bereits als große Infrastrukturprojekte zu beurteilen sind, nie einer Umweltverträglichkeitsprüfung zugeführt werden können, obwohl keineswegs ausgeschlossen werden kann, dass solche Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können.

Gerade das gegenständliche Projekt zeigt, dass von einem derartigen Vorhaben große Auswirkungen in Bezug auf die Umwelt eintreten können. Das gegenständliche Vorhaben wird einen landwirtschaftlich genutzten und auch der Freizeit dienenden wunderschönen Lebensraum großflächig durchstoßen und nahezu komplett zerstören. Das Vorhaben verstößt im Grundsatz gegen sämtliche Überlegungen des Raumordnungsrechtes, nämlich landwirtschaftliche Flächen, denen für die Nahversorgung besondere Bedeutung zukommt, zu erhalten. Dies Insbesondere in Ansehung des Umstandes, dass das Straßenvorhaben verkehrsrechtlich keine Bedeutung hat und dafür 55 Millionen Euro an Steuergeldern vernichten würde.

Beim betroffenen Gebiet der Umfahrung von Munderfing handelt es sich um ebenes Gebiet der Niederterrasse des Schwemmbaches, eingebettet zwischen der Hochterrasse im Westen und dem Kobernaußerwald Im Osten. Es handelt sich um unberührte Naturlandschaft, welche jahrhundertelang geschützt wurde, das heißt auch nicht verbaut wurde. Den vorhergehenden Generationen war vollauf bewusst, was sie daran haben und daher haben sie sie entsprechend behandelt. Es sind hervorragende landwirtschaftliche Nutzflächen, die sowohl zur Ackerals auch zur Grünlandnutzung bestens geeignet sind. Es handelt sich um durchlässige, gut zu bewirtschaftende Böden des Bodentyps Braunerde. Diese wunderschöne Landschaft würde durch einen zerschneidenden Straßenbau für immer zerstört. Das Landschaftsbild würde stark negativ beeinträchtigt, und die Wohnqualität durch Immissionen und Lärm stark abnehmen. Eine Abwägung der verkehrsrechtlichen Bedeutung der Relevanz der in Anspruch zu nehmenden Liegenschaften ergibt eindeutig eine Präferenz für die Landwirtschaft.

Im Sinne des oben angeführten Urteils des EuGH ist jedenfalls davon auszugehen, dass das Vorhaben einer Prüfung zu unterziehen ist, ob das gegenständliche Vorhaben möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hat, und wenn ja, sodann einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen (vgl. RZ 39 bis 48 des angeführten Urteils des EuGH, Rs. C-244/12 ).

Weiters ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden: VwGH) mit Beschluss vom 16.10.2013, ZI. EU 2013/0006-1, gemäß Art 267 AEUV dem Gerichtshof folgende zwei Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art 267 AEUV vorgelegt hat:

Erste Frage:

"Steht das Unionsrecht, insbesondere die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABL L 26 vom 28.1.2012, S. 1-12 (Richtlinie 2011/92 ), insbesondere deren Art. 11 einer nationalen Rechtslage entgegen, nach der ein Bescheid, mit dem festgestellt wird, dass bei einem bestimmten Projekt l<eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Bindungswirkung auch für Nachbarn, denen im vorangegangenen Feststellungsverfahren eine Parteistellung zukam, entfaltet, und diesen in nachfolgenden Genehmigungsverfahren entgegengehalten werden kann, auch wenn diese die Möglichkeit haben ihre Einwendungen gegen das Vorhaben in diesen Genehmigungsverfahren zu erheben (das heißt im Ausgangsverfahren dahingehend, dass durch die Auswirkungen des Vorhabens ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihr Eigentum gefährdet werden oder sie durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt werden)?"

Zweite Frage (Bei Bejahung der Frage 1):

"2. Verlangt es das Unionsrecht, insbesondere die Richtlinie 2011/92 im Wege ihrer unmittelbaren Anwendung, die in der Frage 1 dargestellte Bindungswirkung zu verneinen?"

Mit der ursprünglichen Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.06.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und Projekten sowie mit der nunmehr geltenden Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011, veröffentlicht im ABI L 26/1 vom 28.01.2012, wurde die Harmonisierung der Grundsätze für die Umweltverträglichkeitsprüfung, insbesondere hinsichtlich der Art der zu prüfenden Projekte, der Hauptaufgaben für den Projektträger und des Inhalts der Prüfung, vorgenommen (vgl Erwägungsgrund Nr 3 zur Richtlinie 2011/92/EU vom 13.12.2011).

Ausdrücklich erklärter Zweck der Richtlinie 2011/92/EU ist, die Genehmigung für öffentliche und private Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, erst nach einer Prüfung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen dieser Projekte zu erteilen. Diese Prüfung sollte anhand sachgerechter Angaben des Projektträgers erfolgen, die gegebenenfalls von den Behörden und von der Öffentlichkeit, die möglicherweise von dem Projekt betroffen ist, ergänzt werden können (vgl Erwägungsgrund Nr 7 zur Richtlinie 2011/92/EU vom 13.12.2011).

Ziel der UVP-Richtlinie ist daher, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung Im gesamten Gebiet der Europäischen Union nach den gleichen Grundsätzen durchgeführt werden kann, wobei die Mitgliedstaaten strengere Umweltschutzvorschriften festlegen dürfen (vgl Erwägungsgrund Nr 7 zur Richtlinie 2011/92/EU vom 13.12.2011). E contrario (sowie aus dem Sinn einer Richtlinie als Harmonisierungsinstrument) ergibt sich daraus, dass mildere Umweltschutzvorschriften, als in der Richtlinie 2011/92/EU vorgesehen, durch die Mitgliedstaaten nicht festgelegt werden dürfen.

Ein wesentlicher Zweck der der Richtlinie 2011/92/EU ist es schließlich auch der Öffentlichkeit eine effektive Beteiligung an Entscheidungen im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung einzuräumen. Der Gesetzgeber der Richtlinie 2011/92/EU bekennt sich dazu, diese Beteiligung der Öffentlichkeit zu fördern (vgl Erwägungsgründe Nr 16-17 zur Richtlinie 2011/92/EU vom 13.12.2011).

Im Sinne der Richtlinie wird unter der "Öffentlichkeit" "eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen" verstanden (Art 1 Abs 2 Buchstabe b der Richtlinie 2011/92/EU ). Unter der "betroffenen Öffentlichkeit" versteht man wiederum "die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren gemäß Artikel 2 Absatz 2 betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran." (Art 1 Abs 2 Buchstabe b der Richtlinie 2011/92/EU ).

Das österreichische UVP-G 2000, das der Umsetzung der (nunmehr) geltenden Richtlinie 2011/92/EU dient, enthält im § 3 Abs 7 die Möglichkeit der Durchführung eines (eigenständigen) Feststellungsverfahrens zur Klärung der Frage, ob ein bestimmtes Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist. Mit anderen Worten eröffnet oder versperrt diese Norm den Anwendungsbereich des UVP-G 2000 Im Ganzen. Die Behörde hat am Schluss des Verfahrens mit einem Bescheid (UVP-Feststellungsbescheid) festzustellen, ob ein bestimmtes Vorhaben dem (österreichischen) UVP-G 2000 unterliegt oder nicht. Wird durch die Behörde festgestellt, dass ein bestimmtes Projekt nicht UVP-pflichtig ist, so Ist das UVP-G 2000 nicht anwendbar und es darf dementsprechend keine UVP durchgeführt werden.

Gegen einen UVP-Feststellungsbescheid nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 dürfen der Projektwerber, der Umweltanwalt bzw die Standortgemeinde als Parteien das Rechtsmittel der Beschwerde ergreifen. Mit BGBl I 77/2012 wurde auch § 3 Abs 7a UVP-G 2000 neu geschaffen, nach dem eine "gemäß § 19 Abs 7 anerkannte Umweltorganisation" beschwerdeberechtigt ist, obwohl ihr im vorangegangenen Feststellungsverfahren keine Parteistellung zukommt.

Nachbarn, wie die Antragssteller, sind keine Parteien des Feststellungsverfahrens und werden daher währenddessen auch nicht gehört. Sie verfügen über keine rechtliche Möglichkeit, den UVP-Feststellungsbescheid nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 am Rechtsmittelweg zu bekämpfen, Parteistellung kommt den Nachbarn erst im aufrechten UVP-Genehmigungsverfahren zu (vgl § 19 Abs 1 Z 1 UVP-G 2000), wobei dies aber voraussetzt, dass ein solches UVP-Genehmigungsverfahren überhaupt eingeleitet worden ist. Im Falle eines negativen UVP-Feststellungsbescheides nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 ist es aber nicht möglich, ein solches UVP-Genehmigungsverfahren einzuleiten.

Wie der VwGH in seinem Ersuchen vom 16.10.2013 bereits ausgeführt hat, kommt einem UVP-Feststellungsbescheid nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 in nachfolgenden Genehmigungsverfahren nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Bindungswirkung zu.

Die gegenständliche Vorgehensweise steht allerdings Im Widerspruch sowohl zu den Zielsetzungen als auch zum Art 11 der Richtlinie 2011/92/EU . Darüber hinaus verstößt diese Rechtslage auch gegen die den Unionsbürgern In der Charta gewährleisteten Grundrechte, an die die Mitgliedstaaten gemäß Art 51 Abs 1 der Charta "bei der Durchführung des Rechts der Union" gebunden sind. Dies aus folgenden Gründen:

Wie die Erläuterungen zur Regierungsvorlage bezüglich der Gesetzesnovelle BGBl I 77/2012 zeigen, verfolgte die österreichische Regierung mit der Einräumung der Beschwerdelegitimation zugunsten der anerkannten Umweltorganisationen gegen negative UVP-Feststellungsbescheide den Zweck, die Öffentlichkeitsbeteiligung im Hinblick auf die damals noch geltende (alte) UVP-Richtlinie 85/337/EWG zu gewährleisten. Zurückzuführen war diese Gesetzesinitiative auf das Mahnschreiben der Europäischen Kommission an die Republik Österreich vom 28.02.2012, mit dem offenbar die mangelnde Öffentlichkeitsbeteiligung im österreichischen UVP-Feststellungsverfahren gerügt worden war.

In der Folge ist die neue UVP-Richtlinie 2011/92/EU in Kraft getreten. Ausdrückliches Ziel dieser Richtlinie ist es - wie bereits oben ausgeführt - die effektive Beteiligung der Öffentlichkeit den Entscheidungen betreffend die Umweltverträglichkeit zu gewährleisten. Art 1 Abs 2 Buchstabe d der Richtlinie 2011/92/EU versteht unter dem Begriff "Öffentlichkeit" sowohl "eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen" als auch (vgl das Bindewort "und") deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen.

Der § 3 Abs 7 UVP-G 2000 IdF BGBl I 87/2009 sah allerdings gar keine Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne der UVP-Richtlinie 2011/92/EU vor, da weder den betroffenen Nachbarn noch deren Gruppen (etwa in der Form einer Bürgerinitiative) noch Umweltschutzorganisationen Parteistellung bzw Rechtsmittellegitimation zugekommen war.

Auch mit der im Zuge der späteren UVP-Novelle (BGBl I 77/2012) eingeführten Rechtsmittellegitimation (aber nach wie vor ohne Parteistellunq!) von anerkannten Umweltschutzorganisationen gemäß § 3 Abs 7a UVP-G 2000 wurde kein unionsrechtskonformer Zustand hergestellt, da die UVP-Richtlinie 2011/92/EU unter der "Öffentlichkeit" eben nicht nur "abstrakt gefährdete" Umweltschutzorganisationen, denen nach Art 1 Abs 2 Buchstabe e der Richtlinie ein "Interesse" bereits ex lege zukommt (vgl den letzten Satz dieser RL-Bestimmung: "Im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben die Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse") sondern auch die "konkret gefährdete" einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen bzw deren Gruppen (also etwa die Bürgerinitiativen), deren Interesse und Betroffenheit stets - zumindest "wahrscheinlich - gegeben sein und auch einer nachprüfenden Kontrolle unterliegen muss.

Die österreichische Rechtslage, wonach den Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs 7 UVP-G 2000 weder eine Parteistellung noch eine Rechtsmittellegitimation zukommt, sodass sie keine Einwendungen gegen das in diesem Feststellungsverfahren geprüfte Vorhaben und gegen den ergehenden UVP-Feststellungsbescheid, mit dem über die Anwendbarkeit des gesamten UVP-G 2000 rechtskräftig entschieden wird, nehmen können und diesen Nachbarn in weiterer Folge dieser UVP-Feststellungsbescheid in nachfolgenden Genehmigungsverfahren ohne Weiteres entgegengehalten werden kann, verstößt gegen die Zielsetzungen der UVP-Richtlinie 2011/92/EU , da sie den Nachbarn als der "betroffenen Öffentlichkeit" im Sinne der UVP-Richtlinie 2011/92/EU sowohl eine effektive Beteiligung an den im Zuge des UVP-Feststellungsverfahrens getroffenen Entscheidungen versagt als auch jegliche rechtliche Überprüfung dieser Entscheidungen verunmöglicht, was in weiterer Folge auch in nachfolgenden Genehmigungsverfahren zu einem erheblichen Rechtsschutzdefizit der Nachbarn führt.

Diese Erkenntnis ist auch im Hinblick auf die durch den VwGH in seinem Vorabentscheidungsersuchen vom 16.10.2013 dargestellte und mittlerweile gefestigte Rechtsprechung des Gerichtshofes (Urteile vom 30.04.2009, Mellor, C-75/08 , Randnr. 57-58; vom 16.02.2012, Marie-Noelle Solvay ua gegen Region wallonne, C-182/10 , Randnr. 57-59) nachvollziehbar und begründet.

Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 16.02.2012, Marie-Noelle Solvay ua gegen Region wallonne, C-182/10 , Randnr. 59, ausdrücklich festgestellt, dass sich die Wirksamkeit der gerichtlichen Kontrolle "auf die Rechtmäßigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung erstrecken können muss", wobei dies angesichts der in Österreich geltenden Rechtslage nicht der Fall ist bzw war.

Der VwGH hat voltkommen zutreffend auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes Im Urteil vom 11.04.2013, Edwards und Pallikaropoulos, C-260/11 , Randnr. 31, hingewiesen, wonach der Unionsgesetzgeber bereits mit Art 10a Abs 3 der (alten) UVP-Richtlinie 85/337/EG ausdrücklich das Ziel verfolgt hatte, der "betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu den Gerichten zu gewähren". Diese Rechtsprechung gilt unbestritten auch für den Art 11 der neuen UVP-Richtlinie 2011/92/EU . Weiters vertritt der Gerichtshof die Auffassung, dass der gerichtliche Zugang im Sinne des Art 11 der UVP-Richtlinie 2011/92/EU unabhängig davon zu gewähren ist, ob die betroffene Öffentlichkeit sich an einem umweltbezogenen Vorverfahren beteiligt hat oder nicht (vgl Urteil vom 15.10.2009, Djurgarden-Lilla, C-263/08 , Randnr. 38).

Die in Österreich geltende Rechtslage gewährleistet allerdings der "betroffenen Öffentlichkeit", also den (zumindest wahrscheinlich) betroffenen Einzelpersonen, nicht nur keinen "weiten Zugang zu den Gerichten", sondern versagt Ihnen diesen Zugang zur Gänze.

Entgegen dem Art 11 Abs 1 iVm Abs 3 der UVP-Richtlinie 2011/92/EU haben die Mitglieder der "betroffenen Öffentlichkeit", denen In nachfolgenden Genehmigungsverfahren aufgrund der Möglichkeit der Beeinträchtigung ihrer Interessen bzw einer Rechtsverletzung Parteistellung zukommt, nach der in Österreich derzeit herrschenden Rechtslage überhaupt keinen Zugang zu einem Überprüfungsverfahren, um die materiellrechtliche oder verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anzufechten, da ihnen - abgesehen von mangelnder Parteistellung und Rechtsmittellegitimation Im Feststellungsverfahren - in nachfolgenden Genehmigungsverfahren stets die Bindungswirkung des UVP-Feststellungsbescheides entgegengehalten wird, die keiner rechtlichen Beurteilung unterzogen wird. Dies widerspricht, klar der im Punkt 3.13. dargestellten Rechtsprechung des Gerichtshofes.

Daran vermag auch die Bestimmung des Art 11 Abs 2 der UVP-Richtlinie 2011/92/EU nichts zu ändern, da den Mitgliedern der "betroffenen Öffentlichkeit" damit nicht geholfen wird, wenn ihnen - wie etwa in Österreich gemäß § 19 Abs 1 UVP-G 2000 - erst im aufrechten UVP-Genehmigungsverfahren Parteistellung eingeräumt wird, wenn das zuvor durchgeführte UVP-Feststellungsverfahren, an dem diese Personen sich nicht beteiligen dürfen und welches von Ihnen auch nicht bekämpft werden kann, ergibt, dass überhaupt kein UVP-Genehmigungsverfahren durchzuführen ist.

Nicht einmal als eine "Bürgerinitiative", also eine Gruppe von betroffenen Personen, dürfen diese Personen gegen einen negativen UVP-Feststellungsbescheid vorgehen, da die Bildung solcher Bürgerinitiativen erst im aufrechten UVP-Genehmigungsverfahren zulässig ist (vgl § 19 Abs 4 UVP-G 2000).

Zurecht hat der VwGH auf die in der österreichischen Literatur - wenngleich nicht einheitlich - vertretene Auffassung verwiesen, nach der die Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden den Anforderungen der (nunmehr neuen) UVP-Richtlinie 2011/92/EU nicht entspricht, da die am UVP-Feststellungsverfahren nicht beteiligte "betroffene Öffentlichkeit" nicht in der Lage ist, die mit einem negativen UVP-Feststellungsbescheid herbeigeführte Unterlassung der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu bekämpfen.

Der gegenteiligen Ansicht, die für die Vereinbarkeit der Bindungswirkung mit der UVP-Richtlinie 2011/92/EU plädiert und bisher auch durch den VwGH selbst vertreten war, ist entgegenzuhalten, dass die Tatsache, dass die betroffenen Nachbarn bei einem negativen UVP-Feststellungsbescheid die Möglichkeit haben, im Rahmen der ihnen in den nachfolgenden Genehmigungsverfahren eingeräumten Parteienrechte Einwendungen gegen das Projekt zu erheben und insoweit eine "de facto-UVP" zu erreichen, keine staatliche Regelung rechtfertigen kann, mit der die unionsrechtliche Harmonisierungsmaßnahme in ihren wesentlichen Grundlagen de facto umgangen und gegenstandslos wird.

Ziel der neuen UVP-Richtlinie 2011/92/EU war die Harmonisierung der Grundsätze für die Umweltverträglichkeitsprüfung, insbesondere hinsichtlich der Art der zu prüfenden Projekte, der Hauptaufgaben für den Projektträger und des Inhalts der Prüfung. Nicht zuletzt ist eine solche Harmonisierung auch auf den freien Wettbewerb innerhalb der Union von Bedeutung, da durch die Einführung einheitlicher Grundsätze der Umweltverträglichkeits-prüfung eine unionsweite Rechtssicherheit geschaffen wurde und die Genehmigung von großen Investitionsprojekten einem einheitlichen Regime unterstellt wurde. Der "betroffenen Öffentlichkeit" kommt in der UVP-Richtlinie 2011/92/EU ein besonders großer Stellenwert zu, der sich unter anderem in einem durch die Mitgliedstaaten zu gewährleistenden weiten Zugang zu den Gerichten und den Informationspflichten gegenüber der Öffentlichkeit äußert. Außerhalb des UVP-Genehmigungsregime sind diese Grundsätze nicht mehr in einem so großen Ausmaß gewährleistet bzw harmonisiert.

Es trifft zwar zu, dass die betroffenen Nachbarn in nachfolgenden Genehmigungsverfahren außerhalb des UVP-Genehmigungsregime Einwendungen gegen ein Vorhaben erheben können - wie es etwa nach der (österreichischen) GewO 1994 der Fall ist - doch darf diesbezüglich nicht außer Acht gelassen werden, dass diesen "nachfolgenden Genehmigungsverfahren" - im Gegensatz zum UVP-G 2000, das mit dem die UVP-Richtlinie 2011/92/EU in Einklang stehen muss - keine einheitlichen Grundsätze zugrunde liegen und die dort vorgesehen Parteienrechte mitunter stark divergieren, sodass in diesem Fall jedenfalls kein einheitlicher Mindeststandart für den Schutz der "betroffenen Öffentlichkeit" gewährleistet ist.

Auch dürfen die Mitgliedstaaten durch die schlichte Verneinung der Parteistellung von betroffenen Nachbarn im Verfahren zur Klärung der UVP-Genehmigungspflicht und darüber hinaus durch die Bindungswirkung von in solchen Verfahren ergangenen Entscheidungen gegenüber den betroffenen (und am Feststellungsverfahren nicht beteiligten) Nachbarn diesen nicht die Rechte, die ihnen durch die UVP-Richtlinie 2011/92/EU eingeräumt worden sind, einfach ohne Weiteres entziehen, was nach der derzeitigen Rechtslage in Österreich der Fall ist.

Eine solche Vorgehensweise widerspricht auch dem unionsrechtlich anerkannten Effektivitätsgrundsatz, da dadurch die von der Union ergriffene Harmonisierungsmaßnahme de facto unterlaufen wird.

Schließlich gilt es mitunter als unbestritten, dass sich aus dem Unionsrecht keine Verpflichtung für den Mitgliedstaat ergibt, der "betroffenen Öffentlichkeit" Parteistellung an einem Feststellungsverfahren wie jenes des § 3 Abs 7 UVP-G 2000 einzuräumen doch ergibt sich aus dem Art 11 der UVP-Richtlinie 2011/92/EU sehr wohl die Verpflichtung, der "betroffenen Öffentlichkeit" eine Überprüfungsmöglichkeit dieser Entscheidung in nachfolgenden Genehmigungsverfahren zuzuerkennen, was aufgrund der Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden nach der österreichischen Rechtslage derzeit nicht der Fall ist.

Gemäß Art 51 Abs 1 der Charta haben die Mitgliedstaaten bei der "Durchführung des Rechts der Union" die In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Rechte und Grundsätze zu achten. Jede Einschränkung dieser Rechte ist anhand der Im Art 52 Abs 1 der Charta festgelegten Kriterien zu prüfen.

Das Feststellungsverfahren nach dem § 3 Abs 7 UVP-G 2000 kann alleine deswegen als "in Durchführung des Rechts der Union" angesehen werden, da mit diesem Feststellungsverfahren über die Durchführung der in der UVP-Richtlinie 2011/92/EU vorgesehenen Umweltverträglichkeitsprüfung rechtskräftig erkannt wird. Der Anwendungsbereich der Charta ist somit geöffnet.

Das Recht auf die Wirksamkeit der gerichtlichen Kontrolle ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes, auf die seitens des VwGH zutreffend hingewiesen wurde, durch den Art 47 der Charta gewährleistet. Wie bereits oben dargelegt, wird nach der österreichischen Rechtslage durch den Ausschluss der "betroffenen Öffentlichkeit" von der Parteistellung am UVP-Feststellungsverfahren dieser Öffentlichkeit nicht nur die Wirksamkeit, sondern die gerichtliche Kontrolle überhaupt entzogen. Für diese erhebliche Einschränkung gibt es keinen plausiblen Grund und widerspricht sie darüber hinaus auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sodass sie nicht zuletzt auch aus diesem Grund unionsrechtswidrig ist.

Der Ausschluss von betroffenen Nachbarn, die "betroffene Öffentlichkeit" im Sinne der UVP-Richtlinie 2011/92/EU darstellen, von der Beteiligung am UVP-Feststellungsverfahren nach dem § 3 Abs 7 UVP-G 2000 und die damit verbundene fehlende Rechtsmittellegitimation der Nachbarn sowie die Bindungswirkung der UVP-Feststellungsbescheide gegenüber den nicht beteiligten Nachbarn verstoßen nicht nur gegen den Art 47 der-Charta sondern auch gegen den unionsrechtlichen Gleichheitssatz des Art 20 der Charta. Insbesondere im Hinblick auf die mit BGBl I 77/2012 eingeführte Rechtsmittellegitimation der Umweltschutzorganisationen (§ 3 Abs 7a UVP-G 2000) wird diese Ungleichbehandlung hervorgehoben. Umweltschutzorganisationen sind - wie bereits oben dargestellt - bloß abstrakt durch die geplanten Vorhaben gefährdet, da die UVP-Richtlinie 2011/92/EU vorsieht, dass ihre Interessen "ex lege" berührt sind. Dagegen sind die Einzelpersonen in einem viel größeren Maß - denn konkret - durch die geplanten Vorhaben gefährdet, da sich diese direkt auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden auswirken können. Umso mehr bestünde daher die Verpflichtung, den betroffenen Einzelpersonen eine Rechtsschutzmöglichkeit gegen negative UVP-Feststellungsbescheide zu gewähren. Da sowohl die Umweltschutzorganisationen als auch Einzelpersonen durch die geplante Vorhaben gefährdet werden können, ist der Ausschluss von betroffenen Einzelpersonen von jedweder Form der Beteiligung am UVP-Feststellungsverfahren und die Nichteinräumung von Rechtsschutzmöglichkeiten im Gegensatz zu Umweltschutzorganisationen ein Verstoß gegen den Art 20 der Charta und daher unionsrechtswidrig.

Die zweite Frage des VwGH betrifft die unmittelbare Anwendung bzw Wirksamkeit der UVP-Richtlinie 2011/92/EU für den Fall, dass der Gerichtshof zur Auffassung käme, dass die in der ersten Vorlagefrage ausgesprochene nationale Rechtslage dem Unionsrechts widerspricht und somit aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts von den nationalen Stellen nicht anzuwenden wäre.

Nach der In der Randnummer 48 des Urteils des Gerichtshofs vom 21.03.2013, Salzburger Flughafen GmbH gegen Umweltsenat, C-244/12 , angeführten (und mittlerweile ständigen) Rechtsprechung des Gerichtshofs, die sich noch auf die alte UVP-Richtlinie 85/337/EG bezieht, Ist es für den Fall, dass ein Mitgliedstaat den ihm durch Art 4 Abs 2 der alten UVP-Richtlinie 85/337/EG In Verbindung mit Ihrem Art 2 Abs 1 eingeräumte Wertungsspielraum überschritten hat, die Sache der Behörden des fraglichen Mitgliedstaats, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle erforderlichen allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu treffen, um die betreffenden Projekte daraufhin zu überprüfen, ob sie möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, und sie bejahendenfalls einer Untersuchung ihrer Auswirkungen zu unterziehen. Das gleiche Ergebnis hat der Gerichtshof in dem Urteil C-244/12 selbst erzielt, indem er feststellte, dass die betreffenden Bestimmungen der alten UVP-Richtlinie unmittelbare Wirkung genießen, wenn der durch die nationale Regelung festgelegte Schwellenwert unrichtige Umsetzung von Art 4 Abs 2 Buchst, b der Richtlinie 85/337/EG in Verbindung mit ihrem Art 2 Abs 1 und ihrem Art 4 Abs 3 zur Folge hat. Auch hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 07.01.2004, Wells, C-201/02 , festgestellt, dass sich der Einzelne auf die Bestimmungen der (alte) UVP-Richtlinie 85/337/EG (in concreto auf die auf Artikel 2 Absatz 1 In Verbindung mit den Artikeln 1 Absatz 2 und 4 Absatz 2) berufen darf.

Die UVP-Richtlinie 2011/92/EU und insbesondere deren Art 11 Abs 1 stellen fest, dass die Mitgliedstaaten den Mitgliedern der "betroffenen Öffentlichkeit" (das heißt nicht nur den Umweltschutzorganisationen, sondern auch gefährdeten Einzelpersonen bzw deren Gruppen), die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ eine Rechtsverletzung geltend machen, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie-über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.

Diese Richtlinienbestimmung steht im Widerspruch zu der nach dem österreichischen Recht mittlerweile anerkannten Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden, da die betroffenen Nachbarn aufgrund der mangelnden Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren und der mangelnden Rechtsmittellegitimation nicht nur keine Möglichkeit haben, den UVP-Feststellungsbescheid unmittelbar zu bekämpfen sondern können die betroffenen Nachbarn auch in nachfolgenden Genehmigungsverfahren die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von UVP-Feststellungsbescheiden (also von "Entscheidungen" Im Sinne des Art 11 Abs 1 der UVP-Richtlinie 2011/92/EU) nicht vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle überprüfen lassen.

Zwar hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12.05.2011, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, C-115/09 , Randnr. 55-56, festgestellt, dass Art 10a der (alten) UVP-Richtlinie 85/337/EG den Mitgliedstaaten einen beträchtlichen Umsetzungsspielraum überlässt und gleichzeitig aber zum Ergebnis gekommen ist, dass dies für den Art 10a Abs 3 dritten Satz der Richtlinie nicht gilt, sodass der Gerichtshof die unmittelbare Wirksamkeit des Art 10a Abs 3 Satz 3 der (alten) UVP-Richtlinie 85/337/EG und nunmehr daher sinngemäß Art 11 Abs 3 der (neuen) UVP-Richtlinie bejaht hat; doch darf dabei nicht außer Acht gelassen werden, dass in bestimmten Situationen nach, nationalen Rechtsvorschriften bereits Parteistellung In nachfolgenden Genehmigungsverfahren zuerkannt wurde, dies eben aus dem Grund, weil die nationale Rechtslage von einem ausreichenden Interesse bzw einer Möglichkeit der Rechtsverletzung ausgegangen ist (vgl dazu insbesondere § 75 Abs 2 GewO 1994 in den durch den VwGH im Ersuchen vom 16.10.2013 angeführten maßgeblichen nationalen Rechtsvorschriften).

Aufgrund des § 24 Abs 5 UVP-G-2000 sind die Antragsteller berechtigt, den Antrag zu stellen, dass die Behörde (gegenständlich die Oberösterreichische Landesregierung) festzustellen hat, ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhang 1 durch das Vorhaben verwirklicht wird.

Aus all den oben angeführten Gründen kommt unseren Klienten bei direkter Anwendung von Europarecht im Feststellungsverfahren direkt Parteistellung zu.

Die Beschwerdeführer stellen daher den

ANTRAG,

eine mündliche Verhandlung durchzuführen und

den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde dahingehend abzuändern, dass den Beschwerdeführern Parteistellung zuerkannt und festgestellt wird, dass die Umlegung der Landstraße B 147, einem Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 zu unterziehen ist.

In eventu, den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Die Beschwerdeführer regen an, das Gericht möge einen Antrag auf Vorabentscheidung gemäß Art 267 AEUV zur Auslegung der Bestimmungen des UVP-G 2000 betreffend Parteistellung von natürlichen Personen als Grundeigentümer und betroffene Anrainer, an den Gerichtshof der Europäischen Union stellen. [...]"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerde erwogen:

1. Feststellung:

Hinsichtlich der Beschwerdelegitimation von XXXX ist festzustellen, dass diese im Hinblick auf das geplante Vorhaben als Nachbarn zu werden sind. Nachbarn sind keine Parteien des Feststellungsverfahrens, sodass die Beschwerde abzuweisen ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Nachbar- und Parteistellung von XXXX, ergibt sich aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG i.V.m. § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in das dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Zu Spruchpunkt A):

Beschwerde an das Verwaltungsgericht können gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG nur Personen erheben, die in ihren Rechten verletzt zu sein behaupten. Dies kann nur auf jene Personen zutreffen, die bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren Parteistellung hatten oder haben hätten müssen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Anm. 4 zu § 18 VwGVG).

Gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 hat die Behörde auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.

Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 ergibt sich, dass einen zulässigen Antrag auf Feststellung, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, der Projektwerber, der Umweltanwalt oder die mitwirkende Behörde stellen kann. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben auf Grund des Wortlautes des § 3 Abs. 7 leg. cit. der Projektwerber, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Gegen einen negativen UVP-Feststellungsbescheid ist auch eine anerkannte Umweltorganisation gemäß § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 berechtigt, Beschwerde an das BVwG zu erheben.

Nachbarn haben im UVP-Feststellungsverfahren daher weder Parteistellung, noch können sie einen zulässigen Antrag auf Einleitung eines solchen Feststellungsverfahrens stellen, was in (bisheriger) ständiger Judikatur des VwGH, des VfGH und des Umweltsenates immer wieder bestätigt wurde (VwGH 28.06.2005, 2004/05/0032; VwGH 27.09.2007, 2006/07/0066; VwGH 22.04.2009, 2009/04/0019; VfGH 23.11.2003, B 1212/02; US 30.07.2010, 7B/2010/4-28 Hofstätten/Raab).

Gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 haben XXXX somit als Nachbarn keine Parteistellung, weshalb die Beschwerde im Ergebnis abzuweisen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 04.11.2014, Zl. W155 2000191-1/14E, die Beschwerden von Nachbarn auf Feststellung der UVP- Pflicht eines Vorhabens mangels Parteistellung zurück. Hinsichtlich der vorgebrachten Einwendung, dass das UVP-G 2000 eine Berechtigung von Einzelpersonen (z.B. Nachbarn) mit einem rechtlichen Interesse sich zur Überprüfung von umweltbezogenen Screeningverfahren an eine gerichtliche oder unabhängige Instanz zu wenden, im Widerspruch zur EU RL 2011/92/EU nicht vorsehe, wurde begründend in diesem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt:

"Grundsätzlich wird folgendes festgehalten:

Die im gegenständlichen Verfahren anzuwendende Regelung der Z 43 des Anhanges 1 UVP-G 2000 steht mit der UVP-RL 85/337 idgF im Einklang (VwGH 8.5.2003, 2001/06/0140).

Die Schwellenwerte der Z 43 lit a und b liegen unter den Schwellenwerten des Anhanges I Z 17 der UVP-RL. Ein Widerspruch der Z 43 des Anhanges 1 zu Art 2 Abs. 1 der UVP-RL liegt nicht vor (US 27.6.2008, 7B/2006/5-36) Siehe auch Kommentar UVP-G², Altenburger/Berger RZ 338 ff.

Art. 4 UVP-RL 2011/92/EU lautet:

"(1) Projekte des Anhangs I werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 4 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen.

(2) Bei Projekten des Anhangs II bestimmen die Mitgliedstaaten vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 4, ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden muss. Die Mitgliedstaaten treffen diese Entscheidung anhand

a) einer Einzelfalluntersuchung

oder

b) der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien.

Die Mitgliedstaaten können entscheiden, beide unter den Buchstaben a und b genannten Verfahren anzuwenden.

(3) Bei der Einzelfalluntersuchung oder der Festlegung von Schwellenwerten bzw. Kriterien im Sinne des Absatzes 2 sind die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III zu berücksichtigen.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die gemäß Absatz 2 getroffenen Entscheidungen der zuständigen Behörden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden."

Art. 4 UVP-RL bestimmt, dass bestimmte Projekte laut Anhang I jedenfalls (zwingend) einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind. Wie dieses Verfahren durchzuführen ist, regeln die Art. 5-10 dieser Richtlinie.

Für alle anderen Projekte (laut Anhang II) überlässt die Richtlinie den Mitgliedstaaten die Regelung eines Verfahrens zur Prüfung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Dieses Verfahren kann entweder in einer Einzelfallprüfung bestehen oder in der Erreichung von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerten oder Kriterien (Abs. 2 lit a, lit b leg.cit.) oder in der Anwendung beider Möglichkeiten.

Das bedeutet, dass die Mitgliedstaaten bestimmen können, welches Verfahren zur Feststellung einer UVP-Pflicht anzuwenden ist. Das österreichische UVP-G sieht ein eigenes Feststellungsverfahren auf Basis einer Einzelfall- und/oder Schwellenwertprüfung vor.

Art 4 UVP-RL enthält jedenfalls keine ausdrückliche Regelung, dass am Feststellungsprozess nach Abs. 2 leg.cit., ob ein Anhang II-Projekt einer UVP zu unterziehen ist, die Öffentlichkeit zu beteiligen ist. Eine Parteistellung von Nachbarn kann daher aus dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden (siehe Jud. oben).

Lediglich, die Entscheidung darüber, ob eine UVP durchzuführen ist, ist der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (Art. 4 Abs. 4 UVP-RL). Dies geschieht gem. § 40 UVP-G 2000 durch Veröffentlichung der Entscheidung auf der Homepage der Entscheidungsbehörde, auf der Amtstafel der Standortgemeinde.

Art. 11 UVP-RL lautet auszugsweise:

"(1) Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die

a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.

(2) Die Mitgliedstaaten legen fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können.

(5) Um die Effektivität dieses Artikels zu fördern, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Öffentlichkeit praktische Informationen über den Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfungsverfahren zugänglich gemacht werden."

Gemäß Art. 11 UVP-RL ist im innerstaatlichen Recht sicherzustellen, dass Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit der Zugang zu einem Überprüfungsverfahren (=Rechtsmittelverfahren), um die materiell rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, eingeräumt wird. Der einzelne Mitgliedstaat legt fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können (Abs. 2 leg.cit.).

Art. 11, der den Bestimmungen über das UVP- Bewilligungsverfahren selbst (nämlich Art. 5-10) folgt, räumt der betroffenen Öffentlichkeit das Recht ein, Entscheidungen (nämlich Genehmigungsentscheidungen nach Art. 5-10) gerichtlich überprüfen zu lassen.

In welchem Verfahrensstadium diese Anfechtungsmöglichkeit besteht, ist der Regelung durch die Mitgliedstaaten überlassen.

Das "Überprüfungsverfahren" selbst wird in der UVP-RL nicht näher beschrieben, den Mitgliedstaaten ist, wie schon oben erwähnt, überlassen zu bestimmen, in welchem Verfahrensstadium eine Entscheidung angefochten werden kann.

Es ist daher zwischen dem Feststellungsprozess für Projekte des Anhanges II der UVP-R, dessen Regelung den Mitgliedstaaten vorbehalten ist (in Österreich mit Einzelfallentscheidung und Schwellenwertbestimmung) und dem in Art. 11 erwähnten Überprüfungsverfahren selbst zu unterscheiden.

Eine Verpflichtung, der betroffenen Öffentlichkeit Parteistellung oder Rechtsmittelbefugnis im Feststellungsverfahren einzuräumen, kann aus Art. 11 UVP-RL nicht abgeleitet werden, eine Verletzung aus Art. 11 ist daher nicht zu erblicken (siehe Berger in Ennöckl/N. Raschauer, UVP-Verfahren vor dem Umweltsenat S 98 f.)

In diesem Sinn sprach der VwGH mit Erkenntnis vom 27.9.2007, 2006/07/0066 ("Hochwasserschutz Mittersill") aus, dass die eingeschränkte Parteistellung im Feststellungsverfahren der UVP-RL auch in der Fassung der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie nicht widerspreche. Aus der Richtlinie ergebe sich keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den Nachbarn in einem Feststellungsverfahren Parteistellung einzuräumen. Nachbarn könnten in den Verfahren nach den einzelnen Materiengesetzen Parteirechte zur Durchsetzung ihrer rechtlich geschützten Interessen - auch unter dem Blickwinkel des Gemeinschaftsrechtes - geltend machen. Gemeinschaftsrechtlich genüge es, wenn die Umweltverträglichkeit eines Projektes einer allen Anforderungen der Richtlinie entsprechenden "de facto Prüfung" unterzogen werde. Die Entscheidung im Feststellungsverfahren sei noch keine Genehmigung für die Durchführung des eingereichten Projektes im Sinne der Richtlinie, über jene werde vielmehr erst in einem folgenden Verfahren nach den anzuwendenden Materiengesetzen entschieden. Der VwGH führte weiter aus, dass das Beschwerdevorbringen, Art. 10a (nunmehr Art. 11) UVP-RL erfasse auch das Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G und gebiete deshalb die Einbeziehung der Nachbarn in dieses Verfahren, sei nicht zielführend, weil es nach Art. 10a dieser RL den Mitgliedstaaten überlassen bleibe, festzulegen, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können. Den Nachbarn blieben auch im Falle eines negativen Feststellungsbescheides die ihnen in den Verfahren nach den einzelnen Materiengesetzen eingeräumten Parteirechte zur Durchsetzung ihrer rechtlich geschützten Interessen erhalten, so dass sie dort - unter dem Blickwinkel des Gemeinschaftsrechtes - Einwendungen geltend machen können. Auch bei unmittelbarer Anwendung des Art 10a der UVP-RL ergäbe sich daher keine Verpflichtung, in einem Feststellungsverfahren den Nachbarn Parteistellung einzuräumen (zuletzt bestätigt mit VwGH vom 22.4.2009, Zl. 2009/04/0019).

Mit Urteil vom 30.4.2009, C-75/08 "Mellor" vertrat der EuGH die Auffassung, dass die Gründe für die behördliche Entscheidung, dass für ein Projekt des Anhanges II der UVP-RL keine Umweltverträglichkeit erforderlich sei, den Betroffenen - zumindest auf Verlangen - mitzuteilen sind. Dritte, wie auch interessierte Verwaltungsbehörden müssten in der Lage sein, sich zu vergewissern, ob die zuständige Behörde geprüft hat, ob eine UVP erforderlich ist. Die betroffenen Einzelpersonen, wie auch die anderen betroffenen nationalen Behörden müssten in der Lage sein, die Einhaltung dieser Prüfungspflicht nach Art. 4 Abs. 2 UVP-RL gegebenenfalls gerichtlich nachprüfen zu lassen. Dieses Erfordernis kann die Möglichkeit bedeuten, gegen die Entscheidung, keine UVP vorzunehmen, unmittelbar vorzugehen (RZ 57f).

Aus diesem Urteil lässt sich nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht entnehmen, dass die Öffentlichkeit am Feststellungsprozess, ob ein Anhang II Vorhaben einer UVP zu unterziehen ist, zu beteiligen ist. In diesem Urteil geht es lediglich um die Bekanntgabe der Gründe für eine ablehnende Entscheidung an einen antragstellenden Betroffenen zwecks Abschätzen des Nutzens vor Gericht zu gehen ("Mellor" RZ 59).

Der EuGH hat mit der Entscheidung "Mellor" nicht ausgesprochen, dass die Bestimmung des Art. 10a (nunmehr Art. 11) auch auf Verfahren nach Art. 4 der UVP-RL anzuwenden wäre bzw. lässt sich daraus nicht entnehmen, dass eine Überprüfungsmöglichkeit unmittelbar gegen Feststellungsentscheidungen zu gewähren ist.

Die UVP-RL, nunmehr RL 2011/92/EU , wurde in das nationalen Recht mit dem UVP-G 2000 umgesetzt.

Auf Grund eines gegen Österreich eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren (im Hinblick auf das EuGH Urteil "Mellor") wurden im Rahmen der UVP-Nov 2012, BGBl. I 2012/77, in § 3 Abs. 7 a UVP-G anerkannte Umweltorganisationen u.a. ermächtigt, negative Feststellungsentscheidungen nach § 3 Abs. 7 UVP-G umfassend auf die Einhaltung von Vorschriften über die UVP- Pflicht überprüfen zu lassen (nunmehr durch Erhebung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht).

Wie oben ausgeführt ergibt sich weder aus dem aus dem eindeutigen Wortlaut der nationalen Bestimmung des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 noch aus einem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht eine Beschwerdelegitimation der Nachbarn."

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich diesen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zum Erkenntnis vom 04.11.2014, Zl. W155 2000191-1/14E, an.

Hinsichtlich der Prüfung, ob das Gericht von sich aus die Möglichkeit einer Aussetzung in Erwägung zu ziehen hat, wurde im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.11.2014, Zl. W155 2000191-1/14E, Folgendes festgehalten:

"Mit Beschluss vom 16.10.2013, Zl. 2012/04/0040, hat der VwGH dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Richtlinie 2011/92/EU , insbesondere deren Art. 11 einer nationalen Rechtslage entgegen steht, nach der ein Bescheid, mit dem festgestellt wird, dass bei einem bestimmten Projekt keine Umweltverträglichkeit durchzuführen ist, Bindungswirkung auch für Nachbarn, denen in diesem Feststellungsverfahren keine Parteistellung zukam, entfaltet, und diesen im nachfolgenden Bewilligungsverfahren entgegengehalten werden kann, auch wenn diese die Möglichkeit haben ihre Einwendungen gegen dieses Vorhaben im Rahmen des Bewilligungsverfahrens zu erheben (etwa dass durch die Verwirklichung des Vorhabens ihr Leben, ihre Gesundheit, ihr Eigentum gefährdet oder sie durch Geruch, Lärm, Staub, Erschütterungen u.ä. unzumutbar belästigt werden) und wenn ja, ob die RL 2011/92 diese dargestellte Bindungswirkung verneint.

In dem diesem Vorabentscheidungsverfahren zugrundeliegenden Genehmigungsverfahren nach der GewO vor dem UVS haben Nachbarn Einwendungen derart erhoben, dass wesentliche Aspekte nicht im Rahmen des UVP-Feststellungsverfahren berücksichtigt worden seien und das zu genehmigende Projekt UVP-pflichtig sei. Diese Einwendungen wurden von der Gewerbebehörde zurückgewiesen. Die Begründung wird hier nicht wiedergegeben.

Mit Bescheid des Umweltsenates vom 13.07.2010, Zl. US 3A/2010/5-25, wurden die Berufungen von "Nachbarn" gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15.12.2009, Zl. FA 13A-11.10-125/2009-16, mit dem festgestellt wurde, dass für das Vorhaben "Umrüstung des Dampfkraftwerkes Voitsberg" keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, mangels Parteistellung zurückgewiesen.

Auf Grund einer Beschwerde der Nachbarn hat der VwGH mit Erkenntnis vom 30.01.2014, Zl. 2010/05/0173, gem. § 62 VwGG iVm § 38 zweiter Satz AVG den Beschluss gefasst, dieses Beschwerdeverfahren bis zur Vorabentscheidung durch den EuGH über das unter Pkt. 1. genannte Verfahren auszusetzen.

Zunächst wird festgestellt, dass es sich bei dem dem Vorabentscheidungsersuchen zugrundeliegenden Verfahren um ein Genehmigungsverfahren nach der GewO handelt, in dem Nachbarn Parteistellung haben und materienspezifische Einwendungen erheben können. Inwieweit Nachbarn in diesem Genehmigungsverfahren an das Ergebnis des UVP-Feststellungsverfahrens, an dem sie nicht beteiligt waren, gebunden sind ,wird vom EuGH zu klären sein.

Gem. § 34 Abs. 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ein Verfahren über eine Beschwerde gem. Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG mit Beschluss aussetzen, wenn

vom Verwaltungsgericht in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartenden Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen ist und gleichzeitig beim Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren über eine Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschuss eines Verwaltungsgerichtes anhängig ist, in welchem dieselbe Rechtsfrage zu lösen ist, und

eine Rechtsprechung des VwGH zur Lösung dieser Rechtsfrage fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Voraussetzung der Aussetzung nach § 34 VwGVG ist im vorliegenden Verfahren nicht gegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht mit einer größeren Anzahl an gleichgelagerten Verfahren befasst ist oder sein wird, für die die gleiche Rechtsfrage entscheidungsrelevant ist (Ziffer 1).

Die hier relevante Rechtsfrage der Beschwerdelegitimation von Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren lässt sich einerseits aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut klären, andererseits hat der VwGH wiederholt und einheitlich diese Frage beurteilt, sodass die Voraussetzung der Aussetzung nach Ziffer 2 fehlt.

Über die Parteistellung von Nachbarn im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 gibt es wie oben angeführt, umfassende Judikatur.

Nicht im VwGVG geregelt ist die Möglichkeit der Aussetzung eines Verfahrens beim VwG, dessen Rechtsfrage vom VwGH bisher einheitlich judiziert wurde, der VwGH dennoch in einem gleichgelagerten Verfahren ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH eingeleitet hat.

Der nach § 17 VwGVG im Verfahren der Verwaltungsgerichte subsidiär anzuwendende § 38a AVG 1991 idgF sieht eine eigene Regelung im Fall eines Vorabentscheidungsersuchens vor, wonach die in Betracht kommende Behörde, die beim EuGH einen Antrag auf Fällung einer Vorabentscheidung gestellt hat, bis zum Einlangen der Vorabentscheidung nur solche Verfahrenshandlungen vornehmen oder Entscheidungen treffen darf, die durch die Vorabentscheidung nicht beeinflusst werden können.

Das AVG sieht keine förmliche Aussetzung des Verfahrens vor, sondern verpflichtet die Behörde bis zum Abschluss des Vorabentscheidungsverfahren zuzuwarten.

§ 38a AVG richtet sich an die Behörde, die den Antrag auf Fällung einer Vorabentscheidung gestellt hat, seine Anwendung scheidet daher im vorliegenden Verfahren aus.

Nach der Rsp des VwGH bildet die Frage, wie Gemeinschaftsrecht auszulegen, ob es unmittelbar anzuwenden ist und innerstaatliches Recht verdrängt, eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG, weil sie zufolge des Auslegungsmonopoles des EuGH in Angelegenheit des primären und sekundären Gemeinschaftsrechts von einem Gericht zu entscheiden ist.

Der VwGH sieht demnach sowohl die Verwaltungsbehörden als auch sich selbst als berechtigt an, das Verfahren gemäß § 38 letzter Satz AVG auszusetzen, wenn die betreffende Frage aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des VwGH selbst oder eines ordentlichen Gerichts in einem gleich gelagerten Fall bereits beim EuGH anhängig ist (Hengstschläger/Leeb, AVG § 38 RZ 17f und die dort zitierte Judikatur).

Gegenstand des oben erwähnten vom VwGH eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahren ist die Frage der Bindungswirkung von (negativen) UVP-Feststellungsbescheiden im nachfolgenden Genehmigungsverfahren und nicht die Parteistellung von Nachbarn in einem UVP-Feststellungsverfahren.

Keinesfalls erkennt der VwGH in seiner Judikatur eine Verpflichtung zur Aussetzung, auch liegt kein gleich gelagerter Fall, wie oben ausgeführt vor, sodass das Bundesverwaltungsgericht keinen Anlass zur Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens sieht.

Die Beantwortung der Frage der Bindungswirkung könnte allerdings Auswirkungen dahingehend haben, dass der Ausschluss der Parteistellung von Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren unionsrechtlich bedenklich erscheint. Welche Maßnahmen vom österreichischen Gesetzgeber nach Ausgang des Vorabentscheidungsverfahrens zu treffen sein werden und ob die EuGH-Entscheidung Auswirkungen auf die mangelnde Parteistellung der Nachbarn im UVP Feststellungsverfahren haben wird, ist offen."

Auch diesen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zum Erkenntnis vom 04.11.2014, Zl. W155 2000191-1/14E, schließt sich das Bundesverwaltungsgericht an.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Entscheidung vom 17.06.2014, W113 2006688-1/8E, die Beschwerden von Nachbarn auf Feststellung der UVP-Pflicht eines Vorhabens abgewiesen. Nach der Darstellung der innerstaatlichen und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen bzw. der Aarhus-Konvention samt der dazu jeweils ergangen Rechtsprechung (insbesonders in Bezug auf EuGH vom 30.04.2009, C-75/08 , Mellor, sowie Vorlagebeschluss des VwGH vom 16.10.2013, Zl. 2012/04/0040, an den EuGH) wurde begründend in dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zusammenfassend ausgeführt:

"§ 3 Abs. 7 UVP-G 2000 zählt taxativ jene Personen auf, die im UVP-Feststellungsverfahren Parteistellung haben und einen diesbezüglichen einleitenden Antrag stellen können. Die Nachbarn haben demnach keine Antragslegitimation für die Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000.

Ein diesbezügliches Recht der Beschwerdeführer ergibt sich nach Ansicht des Gerichtes auch nicht auf Grund eines unmittelbar anzuwendenden Unionsrechtes. Dieses, insbesondere die UVP-RL, gebietet den Mitgliedstaaten, Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit (zB auch Nachbarn) die Möglichkeit einzuräumen, die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, wonach ein Vorhaben keiner UVP zu unterziehen ist, einer (gerichtlichen) Überprüfung zu unterziehen. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass diesen Mitgliedern der Öffentlichkeit ein Antragsrecht auf Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahrens unmittelbar auf Grund der UVP-RL zukommt. Dem steht auch nicht das beim EuGH anhängige Vorabentscheidungsverfahren entgegen, in welchem der VwGH die Frage aufwirft, ob das Entgegenhalten der Bindungswirkung eines negativen UVP-Feststellungsbescheides dem Nachbar gegenüber unionsrechtswidrig ist. Vielmehr kann diese Problematik innerhalb des nationalen Rechts auch so gelöst werden, dass Nachbarn in den materienrechtlichen Genehmigungsverfahren ihre Einwendungen vorbringen können und somit eine ‚de-facto-UVP' erreichen.

Aus den Bestimmungen der Aarhus-Konvention kann für das Vorbringen der Beschwerdeführer ebenfalls nichts gewonnen werden, da diese Konvention einer Umsetzung ins nationale oder gemeinschaftsrechtliche Recht bedarf und nicht unmittelbar anwendbar ist.

Gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 haben die Beschwerdeführer als Nachbarn weder Parteistellung noch eine Antragslegitimation im UVP-Feststellungsverfahren, womit die belangte Behörde die Beschwerden im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat.

Die gegenständlichen Beschwerden waren daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen und es war spruchgemäß zu entscheiden."

2.2. Der erkennende Senat schließt sich diesen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung vom 17.06.2014, Zl. W113 2006688-1, an (so bereits in seiner Entscheidung vom 28.08.2014, Zl. W109 2008471-1; vgl. weiter die Entscheidung vom 04.11.2014, Zl. W 155 2000191-1). Die UVP-Behörde hat somit zu recht den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Die dagegen eingebrachte Beschwerde ist somit abzuweisen, da Nachbarn weder Parteistellung noch eine Antragslegitimation zur Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahren haben. Somit kommt dem Beschwerdeführer auch kein Recht auf Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahrens zu. Daran hat sich auch nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.02.2015, Zl. W104 2016940-1, nichts geändert, wonach das Antragsrecht einer Umweltorganisation im Lichte der richtlinienkonformen Auslegung bejaht wurde.

Bei diesem Ergebnis war nicht weiter inhaltlich darauf einzugehen, ob es aufgrund der kumulierenden Auswirkungen mit anderen Vorhaben zu einer erheblichen Umweltbeeinträchtigung iS des § 3a UVP-G 2000 kommt. Weiters war somit auch nicht auf die Frage einzugehen, ob die Schwellenwerte des UVP-G 2000 für den Genehmigungstatbestand nach Anhang 1 Z 9 lit c UVP-G im Hinblick auf das Urteil des EuGH C-244/12 in Umsetzung der Richtlinie 85/337/EWG iVm der Richtlinie 97/11/EG (bzw. nunmehr der Richtlinie 2011/92/EU) zu hoch festgesetzt sind.

Zu Spruchpunkt B):

Die Revision gegen Spruchpunkt A. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, da die Entscheidung von der Lösung von Rechtsfragen abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt: Die Frage, ob Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren nach der nationalen Rechtslage Parteistellung haben oder gar antragslegitimiert sind, ist auf Grund des eindeutigen Gesetzeswortlautes des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 und der (bisherigen) ständigen Judikatur des VwGH zu verneinen (VwGH vom 28.06.2005, Zl. 2004/05/0032; 27.09.2007, Zl. 2006/07/0066; 22.04.2009, Zl. 2009/04/0019). Auf Grund der mit Beschluss des VwGH vom 16.10.2013, Zl. 2012/04/0040, dem EuGH vorgelegten Frage zur Vorabentscheidung betreffend die Unionsrechtswidrigkeit der Bindungswirkung eines negativen UVP-Feststellungsbescheides gegenüber Nachbarn sowie des Beschlusses des VwGH vom 30.01.2014, Zl. 2010/05/0173, betreffend die Aussetzung eines Verfahrens über einen negativen UVP-Feststellungsbescheid ist nach Ansicht des Gerichtes aber in Zweifel gezogen, ob der VwGH seine bisherige Judikaturlinie fortführen wird. Somit kann vom Vorliegen einer eindeutigen Rechtsprechung nicht mehr ausgegangen werden, weshalb die Revision zuzulassen ist.

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