BVwG W217 2287417-1

BVwGW217 2287417-110.4.2024

BEinstG §14
BEinstG §2
BEinstG §3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W217.2287417.1.00

 

Spruch:

 

 

W217 2287417-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, MA, BA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX geb. am XXXX , vertreten durch den Verein ChronischKrank Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom 19.01.2024, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten, beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid vom 19.01.2024 wird behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Vorverfahren:

1. Frau XXXX (in der Folge Beschwerdeführerin) beantragte am 22.06.2021 die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten. Nach Einholung von Sachverständigengutachten wurde festgestellt, dass bei der Beschwerdeführerin folgende objektivierten Funktionseinschränkungen bestehen:1. Axiale Spondylarthritis, bei Mehrgelenksbefall und chronischer Schmerzhaftigkeit

2. Abnützungserscheinungen bei gut verlaufender Umstellungsosteotomie des rechten Kniegelenkes, Kniegelenksabnützung links; insgesamt geringe Beugungseinschränkung und Belastungsschmerzhaftigkeit;

3. Depressive Störung, Belastungsreaktion, Therapienotwendigkeit und dauerhafte affektive Störungen;4. Asthma bronchiale, Therapie erforderlich

Der Antrag wurde mit Bescheid vom 16.02.2022 vom Sozialministeriumservice abgewiesen und festgestellt, dass der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 24.04.2023, W207 2258632-1/10E, als unbegründet abgewiesen.

II. Gegenständliches Verfahren:

2. Die Beschwerdeführerin begehrte am 12.09.2023 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde) erneut die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten. Dem Antrag legte sie ein Konvolut an medizinischen Befunden bei.

3. Zur Überprüfung des Antrags holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten von DDr.in XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, ein.

Diese führt in ihrem Gutachten vom 07.12.2023 basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 04.12.2023 im Wesentlichen Folgendes aus:

„Anamnese:

Begutachtung am 25.04.2022

1 Axiale Spondylarthritis 30%

2 Abnützungserscheinungen beide Kniegelenke, Zustand nach varisierender Umstellungsosteotomie rechtes Kniegelenk 30%

3 depressive Störung, Belastungsreaktionen 20%

4 Asthma bronchiale 10%

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Letzte Begutachtung am 22.7.2022

1 Axiale SpA 30%

2 Abnützungserscheinungen rechtes Kniegelenk, Kniegelenksabnützung links 30%

3 Depressio, Belastungsreaktion 20%

4 A. bronchiale 10%

GesGdB 40%

Zwischenanamnese seit 7/2022:

Keine OP

3/2024 OP linke Schulter geplant, ASK

Derzeitige Beschwerden:

‚Die meisten Beschwerden habe ich im Bereich des linken Sprunggelenks, der Handgelenke, im linken Kniegelenk, in den Schultergelenken und immer im Kreuz. Die Schmerzen sind wechselhaft, auch in Ruhe, auch in der Nacht. Aufstehen ist beschwerlich. Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in das linke rechte Bein beide Beine.

Mache derzeit Physiotherapie.

Rehabilitation hatte ich 7/2023 in XXXX , 1/2023 XXXX .

Bei FA für Psychiatrie bin ich alle 2 Monate. Psychotherapie derzeit alle 2 Wochen.

Hergekommen bin ich mit dem Auto, bin selber gefahren.“

Am Ende der gutachterlichen Befragung und Untersuchung wird gefragt, ob zusätzlich noch etwas vorgelegt oder bekannt gegeben werden möchte. Dies wird verneint.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Wellbutrin 150 mg XR 1-0-0-0 Trittico 150 mg 0-0-0-1 -10

Psychopaxtropfen, Atarax bB, Simponi

Allergie: div.

Nikotin: 0

Hilfsmittel: 0

Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX

Sozialanamnese:

ledig, keine Kinder, lebt alleine in Wohnung im 4. Stwk mit Lift

Berufsanamnese: BUP, zuletzt gearbeitet 2021, Bürokauffrau

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Röntgen Beckenübersicht LWS 24.05.2023 (Kein signifikanter Beckenschiefstand. Regelrechte Artikulation im Hüftgelenk beidseits. Keine Koxarthrose. Regelrechte Lordose der LWS, keine Skoliose, keine Gefügestörung in den Funktionsaufnahmen. Inzipiente bis mäßige multisegmentale Osteochondrose und Spondylarthrose, Baastrup-Phänomen. Kniegelenk rechts a.p. stehend und seitlich: Regelrechte Lage des Metalls nach Umstellungsosteotomie im Femur, Osteotomie nicht nachweisbar. Achsengerechte Artikulation femorotibial, inzipiente Arthrosezeichen. Leichte Lateralisation der Patella, Patellaform Wiberg III. Kranialer Patellasporn.)

MRT der Brustwirbelsäule 26.04.2023 (Aktivierte Osteochondrose im Segment Th5/Th6. 2. Spondylosis deformans ventralis Th5-Th9.)

MRT des linken Schultergelenkes 26.04.2023 (Acromiohumerales Outlet-Impingement mit Tendinitis der Supraspinatussehne sowie linksseitige Partialruptur der Supraspinatussehne nahe des Sehnenansatzes. 2. Erosive Ansatzenthesiopathien im Bereich der Subscapularis- sowie der Supraspinatussehne.)

MRT des rechten Schultergelenkes 26.04.2023 (1 Acromiohumorales Outlet-Impingement bedingt durch ein verdicktes coracoacromiales Ligament und Tendinitis der Supraspinatussehne. 2. Zeichen einer Bursitis subacromialis/subdeltoidea. 3. Incipiente Capsulitis adhäsiver/Frozen shoulder. 4. Deutliche errosive AC-Gelenkarthrose.)

Röntgen Schultergelenk beidseits Kniegelenk beidseits Beide Hände 16.02.2023 (Inzipiente Omarthrose rechts und AC-Gelenksarthrose beidseits, rechts mehr als links. Verschmälerte subakromiale Distanz, rechts mehr als links, mit subakromialer Schlifffläche, links mehr als rechts, und Verdacht auf Impingementsyndrom beidseits. Keine PHS-Verkalkungen.

Kniegelenk beidseits: Osteosynthesematerial im distalen Femur rechts, in erster Linie Zustand nach Umstellungsosteotomie.

Inzipiente Varusgonarthrose rechts und Varusgonarthrose links, sowie inzipiente Retropatellararthrose, links mehr als rechts. Kranialer Patellasporn beidseits und Verkalkung von 5 mm ventral der Patella links.

Beide Hände: Inzipiente Heberdenarthrose 2.-5. Strahl beidseits und 1. Strahl links. Inzipiente Bouchardarthrosen 2.,3. und 5. Strahl rechts und 2. und 3. Strahl links. Inzipiente Rhizarthrose beidseits und Radiokarpalarthrose beidseits)

MRT des Kniegelenkes beidseits 27.06.2023 (Links Undislozierte Rissbildungen der Spitze des Innenmeniskushinterhorns. Inzipiente, mukoide Degeneration im Außenmeniskus. Chondropathie Grad III femorotibial und retropatellär. Partielle Ruptur des Innenbandes, perifokales Weichteilödem. Enthesiopathie des Ligamentum patellae. Mäßiger Gelenkerguss, Weichteilödem streckseitig

Rechts

Hochgradige Metallartefakte bei Metallosteosynthese im Femur. Soweit beurteilbar kein Meniskusriss. Chondropathie Grad III femorotibial und retropatellär, Rissbildungen retropatellaren Knorpel. Eingeschränkte Beurteilbarkeit des vorderen Kreuzbandes. Enthesiopathie des Ligamentum patellae sowie die Quadrizepssehne.9

Dr. XXXX 23.8.2023 (Impingementsyndrom Schulter bds)

Reha XXXX 10.02.2023 (rez. depr. Strg, mgr., M Bechterew, Chron Schmerzstörung, Hypertonie)

XXXX 15.08.2023 (SpA, ED 1993, Impingem. Schulter bds, Gonalgie bsdOSG)

Dr. XXXX FA für Orthopädie 23.8.2023 (Zn dist Femurostotomie varisierend rechts, Zn Rotationstrauma linkes Knie, Valgusgonarthrose bds, M Bechterew, zn Außenknöchelfraktur 2018)

Dr. XXXX FA für Psychiatrie 10.07.2023 (Chron. Schmerzsyndrom, Depressio, Panikstrg, M Bechterew)

Nachgereichte Befunde:

MRT des linken Sprunggelenkes 10.11.2023 (Alte partielle Ruptur der Peroneus brevis Sehne in Höhe der Fibulaspitze, umschriebene inzipiente Peritendinitis, umschriebenes Weichteilödem. Haglund-Tendinose der Achillessehne, angrenzendes Knochenmarködem, dorsaler Calcaneussporn. Ausgeprägte Enthesiopathie der Plantaraponeurose, inzipienter Calcaneussporn.)

XXXX Krankenhaus EINLADUNG ZUR OPERATIVEN VORBEREITUNG 30 10 2023.

Einweisungsdiagnose: Impingementsyndrom d. Schulter li, M. v. Bechterew v. Bechterew

Ihre geplante Therapie: S-ASK, LBS TDK, ASD

Röntgen-Zuweisung, Peroneustendinitis li. 20.11.2023, Röntgenschwachbestrahlung

Dr. XXXX 20.8.2023 (Anamnestisch axiale Spondyloarthritis (früher Morbus Bechterew) mit mittelaradiger, teils schmerzhafter Funktionsbeeinträchtigung der gesamten Wirbelsäule chronischer Lumboischialgie mäßiggradige, schmerzhafte Beeinträchtigung der Beweglichkeit der Hüft- und gelenke bei zuletzt 2022 Zustand nach Umstellungsosteotomie am Oberschenkel rechts 02/2022 Periarthritis humeroscapularismit mit mittelgradiger, schmerzhafter Bewegungsumfangsminderung beider Schultergelenke

Axiale Spondylarthropathie mit peripherer Gelenkbeteiligung Adipositas Chronischer Schmerzsyndrom Zervikozephalsyndrom lumbalgie Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion gemischt zustand nach Oberschenkeloperation rechts im 11/2022 (Umstellungsosteotomie)

Dr. XXXX FA für Psychiatrie 04.12.2023 (Chron. Schmerzsyndrom, Depressio, Panikstrg, M Bechterew

Verlängerung der Psychotherapie um ca. 50 Stunden dringend indiziert. Aufgrund der psychischen Instabilität und chronischen Schmerzen und geringen Belastbarkeit ist aus psychiatrischer Sicht in absehbarer Zeit mit keiner Arbeitsfähigkeit zu rechnen

Wellbutrin 150 mg XR 1-0-0-0 Trittico 150 mg 0-0-0-1

-10 Psychopaxtropfen bei Bedarf Psychotherapie)

Praxis Dr XXXX Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie 27.10.2023 (Diagnose: axiale Spondylarthritis Enthesiopathien periphere Spondylarthropathie Trittico retard 150 mg Tabl., OP I a 60 St, 0-0-%-0 Arthrotec Manteltabl., OP I a 50 St, 0-0-1-0, bei Schmerzen L Ozempic 1 mg injektionslösung im Fertigpen, 0-0-0-0 Escitalopram Atarax, Simponi)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut, 55a

Ernährungszustand:

adipös

Größe: 170,00 cm Gewicht: 100,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status – Fachstatus:

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, sichtbare Schleimhautpartien unauffällig, Pupillen rund, isocor. Halsvenen nicht gestaut.

Thorax: symmetrisch.

Atemexkursion seitengleich, VA. HAT rein, rhythmisch. Keine Dyspnoe, keine Zyanose.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Schultergelenk beidseits: beidseits geringgradig verkürzt und verbacken, endlagig Bewegungsschmerzen, kein Hinweis für komplette Ruptur der Rotatorenmanschette.

Geringgradige Arthrose im Bereich der Handgelenke und Fingergelenke, Gänslen positiv, keine Achsenabweichung

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern F und S beidseits 0/100, IR/AR geringgradig eingeschränkt, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich annähernd frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig. Kraft, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind geringgradig eingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballen-, Fersen- und Einbeinstand möglich, links nur angedeutet.

Die Beinachse ist im Lot. Seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine trophischen Störungen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Kniegelenk rechts: Bewegungsschmerzen in allen Ebenen

Kniegelenk rechts: Zustands nach Umstellungsosteotomie am Femur, endlagig Bewegungsschmerzen, achsengerechte Stellung, stabil.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Sprunggelenk: geringgradige Umfangsvermehrung, Druckschmerz im Bereich des Bndapparats lateral

Aktive Beweglichkeit: Hüften S beidseits 0/90, Rotation 10/0/30, Kniegelenk beidseits 0/0/120, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse.

Mäßig Hartspann. Klopfschmerz über der unteren LWS, mittleren BWS und unteren HWS.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 30 cm, Rotation und Seitneigen 20°

Lasegue bds. negativ.

Gesamtmobilität – Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel, das Gangbild ist hinkfrei und unauffällig.

Bewegungsabläufe beim Hinlegen auf die Untersuchungsliege und Aufstehen nicht eingeschränkt. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status Psychicus:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Entzündliche und degenerative Veränderungen des Stütz-und Bewegungsapparates, Axiale Spondylarthritis mit Beteiligung der peripheren Gelenke

Oberer Rahmensatz, da anhaltende Beschwerden mit mäßigen funktionellen Einschränkungen.

02.02.02

40

2

Depressio, Belastungsreaktion

1 Stufe über unterem Rahmensatz, da Therapienotwendigkeit und dauerhafte affektive Störungen

03.06.01

20

3

Asthma bronchiale

Unterer Rahmensatz, da Therapie bei Bedarf erforderlich.

06.05.01

10

    

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

-

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden 1 und 2 des Vorgutachtens werden zusammengefasst, keine einschätzungsrelevante Verschlimmerung aller Leiden objektivierbar

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Keine Änderung.

X Dauerzustand

Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:

X JA

(…)“

4. Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten wurde dem Parteiengehör unterzogen. Dazu gab die Beschwerdeführerin unter Vorlage weiterer Befunde bekannt, bei ihr würden die Schmerzen überwiegend durch Enthesiopathien auftreten. Bei der Ansatztendinopathie sei die Sehne am Knochenansatz geschädigt und führe auch zu Einrissen der Sehnen wie bereits im linken Sprunggelenk und der linken Schulter. Sie habe Schmerzen an der Achillessehne, den Sprunggelenken, den Kniescheiben, Schmerzen am Übergang zwischen Becken- und Lendenwirbelsäule, beider Schultern und an den Handgelenken. Sie habe Schmerzen beim Treppensteigen, Gehen oder Bergabgehen. Weiters beim Heben, Tragen und Festhalten an Haltegriffen. Bei Tätigkeiten im Haushalt, wie Putzen, Schneiden und Kochen. Sie könne auch nicht lange sitzen und müsse daher öfters die Position wechseln. Beim Stehen habe sie ebenfalls erhebliche Schmerzen. Die Schmerzen seien ständig präsent, unter Belastung und im Ruhezustand. Die Medikation werde seit geraumer Zeit immer wieder umgestellt, da diese nicht den gewünschten Erfolg erzielten bzw. weitere Erkrankungen hinzukämen. Sie habe mittlerweile einen Aufenthalt im Psychosomatischen Zentrum XXXX absolviert. Doch habe sich die temporäre Verbesserung der depressiven Symptomatik am Jahresanfang durch enorme Belastungen erneut verschlechtert. Auf Grund von Panikattacken könne sie nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren.

5. Daraufhin holte die belangte Behörde eine Stellungnahme der bereits befassten Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. Diese führt in der Stellungnahme vom 14.01.2024 aus:

„Antwort(en):

AW erklärt sich mit dem Ergebnis der Begutachtung nicht einverstanden. Sie leide an Enthesiopathien im Bereich von Achillessehne, Sprunggelenken, Kniescheiben, Becken- und Lendenwirbelsäule, Schultern und Handgelenken, Brustbein.

Sie habe Schmerzen beim Treppensteigen, Gehen. Bergabgehen. Stehen, Heben, Tragen und Festhalten an Haltegriffen. Bei Tätigkeiten im Haushalt, wie Putzen, Schneiden und Kochen, unter Belastung und im Ruhezustand Schmerzen seien ständig präsent.

Auf Grund von Panikattacken meide sie Menschenansammlungen und könne nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren.

Vorgelegte relevante Befunde:

Dr. XXXX FA für Psychiatrie 04.12.2023 (Chron. Schmerzsyndrom, Depressio, Panikstrg, M Bechterew Wellbutrin 150 mg XR 1-0-0-0 Trittico 150 mg Atarax 25 mg 3-4x tgl 5-10 Psychopaxtropfen bei Bedarf) - keine Änderung der Diagnosen und Medikation im Vergleich zu Vorbefund

Praxis Dr XXXX Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie 27.10.2023 – bekannter Befund

Stellungnahme:

Maßgeblich für die Einstufung behinderungsrelevanter Leiden sind objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde.

Im Rahmen der Untersuchung wurden sämtliche objektivierbaren Funktionseinschränkungen nach den Kriterien der EVO eingestuft.

Die vorgebrachten Argumente und nachgereichten Befunde beinhalten keine neuen Erkenntnisse, welche das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten bzw. eine Erweiterung der Beurteilung erforderlich wäre, sodass das Ergebnis aufrecht gehalten wird.“

6. Mit Bescheid vom 19.01.2024 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ab. Begründend wurde auf das Gutachten von DDr.in XXXX und deren Stellungnahme hingewiesen. Demnach betrage der Grad der Behinderung 40%.

7. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde unter Beilage eines weiteren Befundberichtes eines FA f. Psychiatrie ausgeführt, die Krankheiten - sowohl von körperlicher als auch von psychischer Seite - würden massive Einschränkungen im beruflichen Leben nach sich ziehen. Die Einstufung unter der Pos.Nr. 03.06.01 iHv 20 % sei nicht nachvollziehbar. Die Beschwerdeführerin sei nach wie vor in engmaschiger psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung. Unter ständig angepasster Medikamentenabgabe sei nach wie vor keine Stabilisierung der Erkrankung erfolgt. Einen Reha Aufenthalt habe sie ebenfalls absolviert. Das psychiatrische Krankheitsbild sei mit Grund für die derzeitige Beziehung von Rehabilitationsgeld und sorge auch für einen sozialen Rückzug der Beschwerdeführerin. Es bestehe eine geringe Belastbarkeit mit Überforderung und Unruhe, weshalb auch die regelmäßige Einnahme von Psychopaxtropfen notwendig sei. Eine Einschätzung wäre daher mit einem GdB iHv 40% vorzunehmen. Die Entscheidung der Behörde sei nicht nachvollziehbar, die Untersuchung allein durch eine Fachärztin für Unfallchirurgie/Ärztin für Allgemeinmedizin sei nicht ausreichend. Auch sei in Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes bereits eine höhere Einstufung erfolgt, trotz dortiger geringerer Einschränkungen. Darüber hinaus sei in Verbindung mit der Pos.Nr. 02.02.02 eine wechselseitig negative Beeinflussung der Krankheitsbilder zu bejahen, weshalb es zu einer Erhöhung auf mindestens 50% kommen müsse.

Begehrt wurde auch eine Einschätzung durch einen Facharzt für Neurologie/Psychiatrie.

8. Am 29.02.2024 wurde die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch den Senat.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit .).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.

Zu A)

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,

1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.). § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) „in der Sache selbst" zu entscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte aus (vgl. u.a. 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016).

Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).

Maßgebend für die Entscheidung ob die Beschwerdeführerin dem Personenkreis der begünstigten Behinderten angehört, ist die Feststellung der Art und des Ausmaßes der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen und in der Folge die Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung.

Eine allenfalls unterlaufene Fehleinschätzung kann nämlich ohne entsprechende Sachverhaltsänderung (Besserung des Leidenszustandes) nur unter den Voraussetzungen für die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 und 3 AVG bzw. § 32 VwGVG nicht aber im Wege einer Neubeurteilung korrigiert werden.

Dazu hat die belangte Behörde im angefochtenen Verfahren jedoch nur ansatzweise Ermittlungen geführt.

Bereits aus dem Vorverfahren sowie aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen, die die Beschwerdeführerin ihrem gegenständlichen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten beilegte, geht hervor, dass sie unter anderem an Erkrankungen leidet, die eindeutig der psychiatrischen Fachrichtung zuzuordnen sind.

Dazu wird auf folgende medizinische Befunde verwiesen, die von der Beschwerdeführerin vorgelegt wurden:

 Ärztlicher Entlassungsbericht Psychosomatisches Zentrum XXXX vom 10.02.2023 („Hauptdiagnose; F33.1 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode“)

 Befundberichte von Dr. XXXX , FA für Psychiatrie, vom 27.12.2022, 23.02.2023, 27.03.2023, 27.04.2023, 10.07.2023, 21.08.2023, 02.10.2023, 04.12.2023 sowie vom 26.02.2024 mit den Diagnosen: Chronisches Schmerzsyndrom F 45.41, Depressio F 33.1

 Antrag auf Kostenzuschuss wegen Inanspruchnahme von psychotherapeutischer Behandlung vom 10.12.2023

Die belangte Behörde hat dessen ungeachtet zur Überprüfung der Leiden ein Gutachten vom 07.12.2023 aus dem Bereich der Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin und eine Stellungnahme vom 14.01.2024 aus dem Fachgebiet Orthopädie eingeholt. DDr.in XXXX , Sachverständige für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin, hat (u.a.) „Depressio, Belastungsreaktion“ in ihrem Gutachten festgestellt und diese unter der Positionsnummer 03.06.01, eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, sohin als depressive Störung leichten Grades, mit einem Grad der Behinderung von 20 % eingestuft. Begründend führte sie aus, dass eine Therapienotwendigkeit bestehe sowie eine dauerhafte affektive Störung, und hielt zum psychopathologischen Status fest, dass die Beschwerdeführerin allseits orientiert sei, ihre Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig, die Stimmungslage ausgeglichen sei. In der Stellungnahme vom 14.01.2024 hielt der Sachverständige lediglich fest, dass sich aus dem vorgelegten psychiatrischen Befund von Dr. XXXX vom 04.12.2023 keine Änderung der Diagnose und Medikation im Vergleich zum Vorbefund ergebe. Diese Feststellungen sind jedoch nicht ausreichend zur Beurteilung der beantragten Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten. Dies auch dahingehend, als die Beschwerdeführerin vorbrachte, dass das psychiatrische Krankheitsbild mit Grund für die derzeitige Beziehung von Rehageld sei. Auch bestätigte Dr. XXXX in all seinen Befunden vorgelegten Befunden, dass aufgrund der psychischen Instabilität und chronischen Schmerzen und geringen Belastbarkeit aus psychiatrischer Sicht in absehbarer Zeit mit keiner Arbeitsfähigkeit zu rechnen sei.

Mangels Fachkenntnissen der begutachtenden Medizinerin aus dem genannten Bereich ist zu den psychischen Erkrankungen weder eine ausreichende Auseinandersetzung mit den vorgelegten Befunden und medizinischen Unterlagen noch eine qualifizierte Beurteilung erfolgt. So ist eine schlüssige und nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den dazu vorgelegten Befunden im vorliegenden Gutachten und in der Stellungnahme nicht im ausreichenden Maße zu entnehmen. Es ergibt sich aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen eindeutig, dass die Beschwerdeführerin an einer psychischen Erkrankung leidet.

Im gegenständlichen Fall wäre zur schlüssigen und umfassenden Einschätzung ihrer psychischen Erkrankung die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Psychiatrie erforderlich gewesen, dies vor allem vor dem Hintergrund der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Beweismittel, die dieser Fachrichtung eindeutig zuzuordnen sind.

Das der angefochtenen Entscheidung zu Grunde gelegte Sachverständigengutachten vom 07.12.2023 und die Stellungnahme vom 14.01.2024 von DDr.in XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie, Ärztin für Allgemeinmedizin, sind daher hinsichtlich der psychischen Leiden der Beschwerdeführerin und somit bezüglich der Beurteilung ihres Gesamtleidenszustandes nicht nachvollziehbar und können keine taugliche Grundlage zur Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung bilden.

Ein Gutachten bzw. eine medizinische Stellungnahme, die Ausführungen darüber vermissen lässt, aus welchen Gründen der ärztliche Sachverständige zu einer Beurteilung gelangt ist, stellt keine taugliche Grundlage für die von der belangten Behörde zu treffenden Entscheidung dar (VwGH 20.03.2011, 2000/11/0321).

Die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes erforderliche Überprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist auf dieser Grundlage daher nicht möglich. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen ist nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde darauf verzichtet hat, ein Gutachten aus dem Bereich der Psychiatrie einzuholen. Im gegenständlichen Fall wäre zur schlüssigen und umfassenden Einschätzung der vorliegenden Gesundheitsschädigung der Beschwerdeführerin jedenfalls auch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens der genannten Fachrichtung erforderlich gewesen.

Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Der vorliegende Sachverhalt erweist sich zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die beantragte Ausstellung eines Behindertenpasses als so mangelhaft, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich sind.

Dadurch hat die belangte Behörde ihre Ermittlungs- bzw. Begründungspflicht in grober Weise verletzt. Die aufgezählten Mängel können gegenständlich auch nicht durch eine Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts saniert werden: Da Entscheidungen im Bereich des Behindertenrechts in höchstem Maße von ärztlichen Sachverständigengutachten abhängig sind, müsste das Bundesverwaltungsgericht dazu selbst das genannte Sachverständigengutachten einholen, was durch die dafür nötige erneute Untersuchung der Beschwerdeführerin zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung führen würde, welche jedenfalls nicht im Sinne einer raschen und kostengünstigen Verfahrensführung liegen würde, zumal die belangte Behörde in diesem Verfahren mehrmals die Möglichkeit gehabt hätte, ein psychiatrisches Gutachten einzuholen, dies aber unterlassen hat. Die belangte Behörde hat daher, um in der Diktion der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu bleiben, nur ansatzweise ermittelt bzw. Ermittlungen unterlassen, damit diese durch das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen werden. Aus diesem Grund erscheint nach Ansicht des erkennenden Senats gegenständlich die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung an die belangte Behörde jedenfalls gerechtfertigt.

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht „im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden“ wäre, ist – angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes – nicht ersichtlich.

Im Übrigen scheint die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde auch vor dem Hintergrund der seit 01.07.2015 geltenden Neuerungsbeschränkung in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 19 Abs. 1 BEinstG zweckmäßig.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall der Beschwerdeführerin noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rascher und kostengünstiger festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten der Fachrichtung Psychiatrie basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin zur Beurteilung ihrer psychischen Erkrankung einzuholen und bei der Entscheidungsfindung zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung in Zusammenhang mit den anderen Leiden der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen haben. Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme unter Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.

Zu Spruchpunkt B (Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) ausgeführt, dass im verwaltungsbehördlichen Verfahren notwendige Ermittlungen unterlassen wurden, weshalb die Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung dieser Ermittlungen geboten war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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