HDG 2014 §40 Abs1
HDG 2014 §40 Abs3
HDG 2014 §75 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2229104.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von Oberstleutnant XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin RIEDL, gegen den Dienstenthebungsbeschluss der DISZIPLINARKOMMISSION FÜR SOLDATEN BEIM BUNDESMINISTERIUM FÜR LANDESVERTEIDIGUNG, Senat 2 vom 24.01.2020, GZ 1056-06-DKS/19 zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird Berechtigung zuerkannt und der Beschluss wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Gegen den Beschwerdeführer (BF), einen Beamten der Verwendungsgruppe MBO2 der in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis steht und den Dienstgrad Oberstleutnant führt, wurde mit Bescheid des Disziplinarvorgesetzten am 08.08.2019 gemäß § 40 Abs 1 Heeresdisziplinargesetz 2014 (HDG) vorläufig vom Dienst enthoben. Der Bescheid wurde gemäß § 40 Abs 3 HDG am 09.08.2019 der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) zur Entscheidung vorgelegt.
2. Die Zuweisung des eingelangten Geschäftsfalles durch den Vorsitzenden der DKS an den damaligen Vorsitzenden des Senat 2 erfolgte am 20.08.2019 auf der Grundlage der „Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019", Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr 20/2019 (AS 283, im Folgenden kurz: GE 2019).
3. Mit dem verfahrensgegenständlichen Beschluss der DKS vom 24.01.2020, Senat 2, wurde der BF gemäß § 40 Abs. 3 HDG vom Dienst enthoben.
4. Dieser Beschluss wurde am 20.02.2020 vom BF wegen formeller und inhaltlicher Rechtswidrigkeit fristgerecht mit Beschwerde zur Gänze angefochten (AS 212).
6. Die DKS legte dem BVwG mit Schreiben vom 25.02.2020, die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsakts vor.
7. Die für den 27.03.2020 vom BVwG anberaumte Verhandlung musste aufgrund der Corona-Pandemie auf 15.05.2020 vertagt werden und ist in der Zwischenzeit der Prüfbeschluss des VfGH vom 24.02.2020, E 3603/2019-9 zur GE 2019 beim BVwG eingelangt, was das BVwG veranlasste, ebenfalls gemäß Art 139 Abs 1 Z 1 iVm Art 135 Abs 4 iVm Art 89 Abs 2 B VG einen Antrag auf Prüfung der GE 2019 zu stellen und das Verfahren bis zur Entscheidung des VfGH auszusetzen.
8. Am 14.07.2020 langte der Beschluss des VfGH vom 26.06.2020, V344/2020-15 ua ein, indem dieser aussprach, dass die GE 2019 gesetzwidrig war und ist das Verfahren nunmehr fortzuführen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus der unbestrittenen Aktenlage.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Zuständigkeit des BVwG
Art 131 B-VG regelt die grundsätzliche Zuständigkeit des BVwG hinsichtlich der Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Das Dienstrecht und damit auch das Disziplinarrecht der Beamten ist gemäß Art 10 Abs 1 Z 16 B-VG ebenso wie das Heeresdisziplinarrecht (als militärische Angelegenheit gemäß Art 102 Abs 2 B-VG) unmittelbar von Bundesbehörden zu vollziehen.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Aus der gesetzlichen Anordnung in § 75 Abs 1 HDG 2014 ist keine Senatszuständigkeit bei Beschwerden gegen Dienstenthebungsbeschlüsse nach § 40 HDG 2014 zu entnehmen.
Der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Einleitungsbeschlusses notwendige Sachverhalt war den Akten zu entnehmen und steht fest. Die beantragte mündliche Verhandlung ist nicht notwendig, da aufgrund der Aktenlage iVm der Entscheidung des VfGH vom 26.06.2020, V344/2020-15 ua, feststeht, dass der Bescheid aufzuheben ist (vgl § 24 Abs 2 VwGVG).
Zu A)
2.2. Zur Unzuständigkeit der belangten Behörde
Der BF hat in seiner Beschwerde diverse Argumente für eine Aufhebung der Dienstenthebung geltend gemacht. Auf diese muss jedoch aus den folgenden Gründen nicht mehr eingegangen werden.
Gemäß § 18 Abs 2 HDG 2014 idF BGBl I 2018/61 (aufgehoben durch BGBl I 2019/58) hat der Vorsitzende der DKS in einer Geschäftseinteilung
1. die Anzahl der Senate festzulegen,
2. die Kommissionsmitglieder den einzelnen Senaten zuzuordnen sowie die Senatsvorsitzenden und deren Stellvertreter zu bestimmen,
3. die Reihenfolge zu bestimmen, in der die einem Senat zugeordneten Kommissionsmitglieder als Senatsmitglieder heranzuziehen sind,
4. den Eintritt von Ersatzmitgliedern für den Fall der Verhinderung von Senatsmitgliedern zu regeln und
5. den Geschäftsbereich der Senate zu bestimmen.
Diese Geschäftseinteilung ist jeweils bis zum Jahresende für das folgende Kalenderjahr zu erlassen. Die Geschäftseinteilung ist mit dem Hinweis, dass sie vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission erlassen wurde, öffentlich kundzumachen.
Der VfGH hat in seinem Erkenntnis vom 26.06.2020, V344/2020-15 ua, ausgeführt, dass die GE 2019 von einem unzuständigen Organ (dem drittgereihten Stellvertreter und nicht dem zweitgereihten Stellvertreter) erlassen wurde und damit gesetzwidrig erlassen war (Rz 51). Der festgestellte Mangel betreffe alle Verordnungsbestimmungen (Rz 52).
In der GE 2019 waren die Mitglieder des Senates 2 zugeordnet und dessen Geschäftsbereich bestimmt, weiters war zur Zuständigkeit geregelt, dass es auf den Zeitpunkt der Verteilung der einlangenden Geschäftsfälle an den jeweiligen Senatsvorsitzenden, durch den Vorsitzenden der DKS ankommt (vgl Punkt VBl. II Nr. 20/2019, „III. Einteilung 1. Der Vorsitzende verteilt die einlangenden Geschäftsfälle an den jeweiligen Senatsvorsitzenden.“).
Diese Zuständigkeit wurde durch die „Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) für das Kalenderjahr 2020 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2020", Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr. 15/2020, Punkt VII, fortgeschrieben und ergibt sich daraus, dass die bis zum 31.12.2019 verfügten Zuständigkeiten der Senate, bis zum Abschluss der jeweiligen Kommissionsverfahren bestehen bleiben („Die bis zum 31. Dezember 2019 mit den Bezug habenden Geschäftsordnungen verfügten Zuständigkeiten der Senate, bleiben bis zum Abschluss der jeweiligen Kommissionsverfahren bestehen.“)
Die Unzuständigkeit des verordnungserlassenden Organs und die Feststellung, dass die GE 2019 gesetzwidrig war, führt dazu, dass gemäß § 18 HDG idF idF BGBl I 2018/61 keine gültige GE 2019 bestand und damit auch zur Unzuständigkeit des den Dienstenthebungsbeschluss erlassenden Senat 2, der durch die als gesetzwidrig erkannte Verordnung eingerichtet wurde.
Gemäß § 27 1. Fall des VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen. Nach der zu § 27 VwGVG ergangenen Rechtsprechung des VwGH, sind die Verwaltungsgerichte in jenen Fällen, in denen die Verwaltungsbehörde, deren Entscheidung bekämpft wird, unzuständig war, allein dafür zuständig, diese Unzuständigkeit - unabhängig davon, ob der BF dies im Verfahren vorgebracht - aufzugreifen und den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl VwGH 29.01.2020, Ra 2018/08/0234; 27.01.2020, Ra 2019/02/0203; 27.03.2018, Ra 2017/06/0247; 25.05.2016, Ra 2015/06/0095, 27.10.2014, Ra 2014/02/0053).
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.
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