B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §10
UVP-G 2000 §17
UVP-G 2000 §19 Abs1
UVP-G 2000 §19 Abs10
UVP-G 2000 §19 Abs11
UVP-G 2000 §19 Abs4
UVP-G 2000 §19 Abs5
UVP-G 2000 §19 Abs6
UVP-G 2000 §19 Abs7
UVP-G 2000 §2
UVP-G 2000 §20 Abs2
UVP-G 2000 §3 Abs1
UVP-G 2000 §3 Abs3
UVP-G 2000 §3 Abs4
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §39 Abs1
UVP-G 2000 §40 Abs1
UVP-G 2000 §9 Abs1
UVP-G 2000 Anh.1 Z9
Vorarlberger Gemeindewahlgesetz §7
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
ZustG §9
AVG 1950 §57
B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §10
UVP-G 2000 §17
UVP-G 2000 §19 Abs1
UVP-G 2000 §19 Abs10
UVP-G 2000 §19 Abs11
UVP-G 2000 §19 Abs4
UVP-G 2000 §19 Abs5
UVP-G 2000 §19 Abs6
UVP-G 2000 §19 Abs7
UVP-G 2000 §2
UVP-G 2000 §20 Abs2
UVP-G 2000 §3 Abs1
UVP-G 2000 §3 Abs3
UVP-G 2000 §3 Abs4
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §39 Abs1
UVP-G 2000 §40 Abs1
UVP-G 2000 §9 Abs1
UVP-G 2000 Anh.1 Z9
Vorarlberger Gemeindewahlgesetz §7
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
ZustG §9
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W193.2012936.1.00
Spruch:
W193 2012936-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Michaela RUSSEGGER-REISENBERGER als Vorsitzende und durch die Richterinnen Mag. Dr. Magdalena HONSIG-ERLENBURG und Mag. Dr. Barbara WEIß, LL.M. als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides der Vorarlberger Landesregierung vom 12.09.2014, Zl. Ib-314-2013/0001, betreffend die Feststellung der Parteistellung der XXXX im Rahmen des vereinfachten UVP-Genehmigungsverfahrens zum XXXX zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 11.03.2010, Zl. IVe-415.46, wurde festgestellt, dass für den "XXXX" eine Umweltverträglichkeitsprüfung im vereinfachten Verfahren durchzuführen sei.
2. Mit Schreiben vom 09.07.2013 stellten das XXXX einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung gemäß § 17 UVP-G 2000 für die Errichtung und den Betrieb des "XXXX".
3. Mit Edikt vom 13.05.2014 wurden der verfahrenseinleitende Antrag sowie die Dauer der Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme in die konsolidierten Einreichunterlagen kundgemacht. Die Auflagefrist dauerte vom 26.05.2014 bis zum 18.07.2014.
4. Am 17.07.2014 reichte die liechtensteinische XXXX eine mit 15.07.2014 datierte Stellungnahme samt Unterstützungserklärungen bei der belangten Behörde ein.
5. Mit Schreiben vom 23.06.2014 beantragte die Vertreterin der XXXX bei der belangten Behörde die Erlassung eines Feststellungsbescheids, damit festgestellt werde, ob die Bürgerinitiative gültig zustande gekommen sei und welche Rechte ihr im laufenden UVP-Verfahren "XXXX" zukommen würden.
6. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 12.09.2014, Zl.Ib-314-2013/0001, wurde unter Spruchpunkt I. festgestellt, dass der XXXX gemäß § 19 Abs. 1 Z 6 und Abs. 11 sowie § 39 UVP-Gesetz 2000, BGBl. Nr. 697/1993, idF BGBl. I Nr. 14/2014, in Verbindung mit Art. 11 UVP-RL 2011/92/EU , idF RL 2014/52/EU , und § 57 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, idF BGBl. I Nr. 161/2013, im Rahmen des vereinfachten UVP-Genehmigungsverfahrens zum "XXXX" die Parteistellung zukomme.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Bestimmung über die Öffentlichkeitsbeteiligung in UVP-Verfahren, die eine Beteiligung der sogenannten "betroffenen Öffentlichkeit" impliziere, auf das "Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten" (sog. Aarhus-Konvention) zurückgehe. Die Ziele und Inhalte dieser Konvention seien in der Richtlinie 2003/35/EG über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme umgesetzt worden und hätten zu einer Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten geführt. Der österreichische Gesetzgeber habe die Regelungsinhalte in § 19 UVP-G 2000 umgesetzt und sich dazu entschlossen, zusätzliche Parteistellungen zu normieren, anstatt allgemein die "betroffene Öffentlichkeit" mit Rechten auszustatten. Nach nationalem Recht käme einer Bürgerinitiative im "normalen" UVP-Verfahren Parteistellung, im vereinfachten UVP-Verfahren hingegen nur Beteiligtenstellung zu. Es sei daher im gegenständlichen Verfahren zu prüfen gewesen, ob diese Differenzierung zulässig sei, oder ob Bürgerinitiativen als Gruppierungen anzusehen seien, die von der Aarhus-Konvention und den darauf aufbauenden einschlägigen Bestimmungen der UVP-RL erfasst seien.
Im Ergebnis sei nach Ansicht der belangten Behörde davon auszugehen, dass eine im Sinne von § 19 Abs. 4 UVP-G 2000 gültig zustande gekommene Bürgerinitiative auch im vereinfachten Verfahren als "betroffene Öffentlichkeit" anzusehen sei. § 19 Abs. 2 UVP-G 2000 verstoße gegen das derzeit maßgebliche Unionsrecht, weshalb nationale Behörden verpflichtet seien, die Bestimmung unangewendet zu lassen. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH vom 12.05.2011, C-115/09 , wonach Art. 11 der UVP-RL einer unmittelbaren Anwendung offenstehe, habe dies die unmittelbare Anwendung der UVP-RL zur Folge. Dies bedeute, dass einer Bürgerinitiative auch im vereinfachten Verfahren die Möglichkeit der Anfechtung der Entscheidung einzuräumen gewesen sei. Da nach dem österreichischen Verwaltungsverfahrensrecht eine Anfechtung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung nur durch eine Verfahrenspartei möglich sei, sei der in diesem Verfahren ordnungsgemäß konstituierten inländischen XXXX die Parteistellung zuzuerkennen gewesen. Wenn einer inländischen Bürgerinitiative in unmittelbarer Anwendung von Art. 11 UVP-RL im gegenständlichen Verfahren Parteistellung einzuräumen sei, müsse dies in analoger Anwendung von § 19 Abs. 11 UVP-G 2000 in gleicher Weise für eine ausländische Bürgerinitiative gelten.
7. Mit Schriftsatz vom 06.10.2014, welcher am 07.10.2014, mithin binnen offener Anfechtungsfrist, bei der belangten Behörde eingelangt war, erhob das XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids und brachten hiezu vor, dass Bürgerinitiativen im vereinfachten UVP-Verfahren weder aufgrund der geltenden österreichischen Rechtslage, noch aufgrund einschlägiger Bestimmungen des Umweltvölkerrechts sowie unionsrechtlicher Normen Parteistellung zukomme. In den Erläuterungen zur Genehmigung des Abschlusses der Aarhus-Konvention durch den Nationalrat sei festgehalten worden, dass die gesamte Konvention der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich nicht zugänglich sei. Da die Aarhus-Konvention selbst nicht unmittelbar anwendbar sei und die Bestimmungen der Aarhus-Konvention nahezu wortgleich in die RL 2011/92/EU (UVP-RL) übernommen worden seien, würden folglich auch nicht die von der Arhus-Konvention in die UVP-RL übernommenen Bestimmungen unmittelbare Anwendung finden.
Die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 11 UVP-RL scheide jedoch auch insbesondere wegen Unbestimmtheit aus. Voraussetzung für die unmittelbare Anwendbarkeit einer Richtlinie sei, dass diese inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheine. Die Begriffe "Öffentlichkeit" oder "betroffene Öffentlichkeit" oder die Einschränkung "sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedsstaats dies als Voraussetzung erfordert" würden aber gerade ein großes Ermessen in der Umsetzung einräumen. Aus den Entscheidungen des EuGH (12.4.2011, C-115/09 ; 08.03.2011, C-240/09 ) ergebe sich, dass Art. 11 UVP-RL nicht unmittelbar anwendbar sei, da dieser einen zu großen Ermessensspielraum für die Mitgliedsstaaten zulasse. Auch der VfGH habe mit Erkenntnis vom 28.06.2011, Zl. B 254/11, ausgesprochen, dass Art. 11 UVP-RL keine unmittelbare Anwendbarkeit zukomme. Hieraus ergebe sich, dass die unmittelbare Anwendung des Art. 11 UVP-RL unionsrechtswidrig und wegen Nichtanwendung der maßgeblichen Vorschriften des UVP-Gesetzes, insbesondere des § 19 Abs. 1 Z 6 UVP-G 2000, gesetzwidrig sei.
Gemäß Art. 9 Abs. 2 Aarhus-Konvention müsse Zugang zu einem Überprüfungsverfahren haben, wer Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit sei und zusätzlich ein ausreichendes Interesse oder eine Rechtsverletzung geltend mache. Abgesehen von Nichtregierungsorganisationen würde sich in der UVP-RL bzw. der Aarhus-Konvention keine ausdrückliche Festlegung weiterer Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit finden. Art. 11 Abs. 3 UVP-RL (bzw. Art. 9 Abs. 2 Aarhus-Konvention) verweise für die Festlegung des ausreichenden Interesses auf die Umsetzung der Mitgliedstaaten; dies sei in § 19 UVP-G 2000 unter Ausnützung des eingeräumten Spielraums erfolgt, indem Bürgerinitiativen im vereinfachten Verfahren "bloße" Beteiligtenstellung eingeräumt werde. Dies entspreche auch der Rechtsansicht des Bundeskanzleramts-Verfassungsdiensts, wonach die Beteiligtenstellung von Bürgerinitiativen im vereinfachten Verfahren ein rein innerstaatliches und autonom eingeführtes Schutzinstrument sei, das aufgrund der geringeren Umweltrelevanz im vereinfachten Verfahren sachlich vertretbar erscheine. Auch für den Umweltsenat ergebe sich nicht zwingend, dass Bürgerinitiativen als "betroffene Öffentlichkeit" in allen Fällen nach innerstaatlichem Recht Parteistellung und damit das Recht zur Berufung einzuräumen sei. Weder aus dem Umweltvölkerrecht, noch aus dem Unionsrecht lasse sich daher eine Parteistellung für eine Bürgerinitiative im vereinfachten UVP-Verfahren ableiten. Der österreichische Gesetzgeber unterscheide - entsprechend der UVP-RL - zwischen Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen. Würden im Sinne der Ansicht der belangten Behörde Bürgerinitiativen mit Nichtregierungsorganisationen gleichgestellt werden, wären Umweltorganisationen benachteiligt, da diese ein aufwendiges Anerkennungsverfahren zu durchlaufen hätten, während dies für Bürgerinitiativen nicht der Fall sei. Dies sei durch die UVP-RL bzw. Aarhus-Konvention nicht gedeckt und somit jedenfalls gleichheitswidrig.
Überdies komme die Beteiligung einer ausländischen Bürgerinitiative schon deshalb nicht infrage, da die Unterzeichner der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde zu Gemeinderatswahlen wahlberechtigt sein müssten. § 19 Abs. 11 UVP-G 2000 bilde lediglich eine Rechtsgrundlage für ausländische Umweltorganisationen, jedoch nicht für ausländische Bürgerinitiativen.
Die Beschwerdeführer beantragten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Abweisung des Antrags der Bürgerinitiative auf Zuerkennung der Parteistellung, in eventu den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.
8. Mit Schreiben vom 20.11.2014 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Verfahrensparteien die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid und stellte den Verfahrensparteien frei, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben und bekannt zu geben, ob die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt werde.
9. Mit Schreiben vom 02.12.2014 erstattete die XXXX Stellungnahme, worin ausgeführt wurde, dass die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 11 UVP-RL gegeben sei. Nach Ansicht des EuGH (08.03.2011, C-240/09 ) könne einem Übereinkommen unmittelbare Wirkung zukommen. Zudem habe der EuGH in der Entscheidung vom 12.05.2011, C-115/09 , die unmittelbare Anwendbarkeit der Sätze 2 und 3 des Art. 11 Abs. 3 UVP-RL (hiebei entspreche Art. 11 UVP-RL dem früheren Art. 10a RL 85/337 ) ausgesprochen. Auf Basis dieser Entscheidung könne sich eine Nichtregierungsorganisation in allen UVP-Verfahren auf die durch Art. 11 UVP-RL unmittelbar gewährte Parteistellung berufen. Stelle man daher eine Bürgerinitiative aufgrund der durch das UVP-G zuerkannten Rechtspersönlichkeit, die ihr wegen der Zugehörigkeit zur "betroffenen Öffentlichkeit" gewährt werde, einer Umweltorganisation gleich, müsse ihr die Parteistellung auch im vereinfachten Verfahren aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit dieser beiden Sätze zukommen. Unabhängig davon sei einer Bürgerinitiative die Parteistellung jedoch auch alleine aufgrund der Zugehörigkeit zur "betroffenen Öffentlichkeit" zu gewähren, zumal der EuGH (15.10.2009, C-263/08 ) den in Art. 11 UVP-RL bestehenden Spielraum für den Gesetzgeber eingeschränkt habe. Aus der Rechtsprechung des EuGH ergebe sich unzweifelhaft, dass Art. 11 UVP-RL einer unmittelbaren Anwendung offen stehe.
Der Ansicht der Beschwerdeführer, wonach es aufgrund des den Mitgliedsstaaten gewährten Spielraums ausreiche, unter dem Begriff der betroffenen Öffentlichkeit ausschließlich Nichtregierungsorganisationen zu subsumieren und auf diese Weise nur für Nichtregierungsorganisationen einen Zugang zu Gericht zur Überprüfung von Genehmigungsentscheidungen in vereinfachten UVP-Verfahren vorzusehen, sei nicht beizupflichten. Dies lasse sich mit dem Ziel der UVP-RL, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gericht zu gewähren, nicht vereinbaren. Eine Bürgerinitiative sei daher von der Begriffsbestimmung der "betroffenen Öffentlichkeit" erfasst und das für den Zugang zu Gericht notwendige "ausreichende Interesse" gegeben.
Es sei der Ansicht der belangten Behörde zu folgen, wonach keine überzeugende Begründung gefunden werden könne, weshalb die Betroffenheit bei Projekten, die nach dem vereinfachten Verfahren zu behandeln seien, geringer sei, als bei jenen nach dem "normalen" UVP-Verfahren. Richtigerweise werte die belangte Behörde die bestehende Unterscheidung als ungerechtfertigte Differenzierung und komme zur korrekten Rechtsauffassung, dass eine Bürgerinitiative auch im vereinfachten Verfahren als "betroffene Öffentlichkeit" anzusehen sei. Dem EuGH (15.10.2009, C-263/08 ) folgend reiche es nicht aus, nur großen Umweltorganisationen Parteistellung zu gewähren und darauf hinzuweisen, dass sich eine auf lokaler Ebene organisierte Vereinigung an diese wenden könne. Die Definition der "betroffenen Öffentlichkeit" erfasse alle Umweltverträglichkeitsprüfungen, weshalb gemäß dem in Art. 11 UVP-RL vorgesehenen weiten Zugang zu Gericht eine unterschiedliche Zuerkennung der Parteistellung im vereinfachten und "normalen" UVP-Verfahren unionsrechtswidrig sei. Da das UVP-G 2000 Bürgerinitiativen zulasse und sie aufgrund der normierten Voraussetzungen unzweideutig zur "betroffenen Öffentlichkeit" gehören würden, sei ihnen in allen UVP-Verfahren auch der entsprechende Rechtsschutz zu gewähren.
Hinsichtlich der Parteistellung ausländischer Bürgerinitiativen wurde geltend gemacht, dass der österreichische Gesetzgeber darauf verzichtet habe, in § 19 Abs. 4 UVP-G 2000 auf eine österreichische Gemeinde zu verweisen. Doch auch unabhängig von dem Wortlaut ergebe sich die Notwendigkeit der Gleichbehandlung der Öffentlichkeit über die Staatsgrenzen hinweg aus dem allgemeinen Diskriminierungsverbot in Art. 18 Abs. 1 AEUV. Auch die Aarhus-Konvention und die Espoo-Konvention würden Diskriminierungsverbote enthalten. Nach Art 3 Abs. 9 Aarhus-Konvention erhalte die Öffentlichkeit die in der Aarhus-Konvention garantierten Rechte, ohne dabei wegen Staatsangehörigkeit, Volkszugehörigkeit oder Wohnsitz benachteiligt zu werden. Gemäß Art. 2 Abs. 6 Espoo-Konvention sei der betroffenen Öffentlichkeit in den betroffenen Staaten eine gleichwertige Möglichkeit zur Verfahrensbeteiligung zu geben wie der Öffentlichkeit der Ursprungspartei (bei der Ursprungspartei handle es sich gemäß Art. 1 Z 1 Espoo-Konvention um den Staat, in dessen Zuständigkeitsbereich das Projekt geplant werde). Wenn das österreichische UVP-G 2000 österreichische Bürgerinitiativen in UVP-Verfahren eine besondere Stellung zukommen lasse, sei auch ausländischen Bürgerinitiativen eine gleichwertige Stellung im Verfahren - in analoger Weise - zu geben. Aus den Diskriminierungsverboten ergebe sich, dass bei der Umsetzung der UVP-RL jede Diskriminierung nach Staatsangehörigkeit zu unterlassen sei. Das in § 19 Abs. 4 UVP-G 2000 normierte Kriterium der Wahlberechtigung zu Gemeinderatswahlen stelle auf die Staatsangehörigkeit und damit auf ein aufgrund der Diskriminierungsverbote nicht zulässiges Kriterium ab. Eine ausländische Bürgerinitiative, deren Unterstützer/Innen in unmittelbar an die Standortgemeinde angrenzenden Gemeinden leben würden, sei daher anzuerkennen. Die Parteistellung der XXXX ergebe sich jedoch auch aus Art. 7 Abs. 5 UVP-RL, wonach die betroffene Öffentlichkeit im Hoheitsgebiet des betroffenen Mitgliedsstaates effektiv an den umweltbezogenen Entscheidungsverfahren zu beteiligen sei.
Sofern das Bundesverwaltungsgericht nicht zum Ergebnis gelangen würde, dass nationale Genehmigungsbehörden den mit der UVP-RL konfligierenden § 19 Abs. 2 UVP-G 2000 unangewendet zu belassen haben, sei die Frage, inwieweit Art. 11 iVm Art. 1 UVP-RL den § 19 Abs. 2 UVP-G 2000 verdränge, jedenfalls im Wege der Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV vorzulegen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 11.03.2010, Zl. IVe-415, wurde gemäß §§ 2, 3 Abs. 1, Abs. 4 und Abs. 7, 39 Abs. 1 iVm Anhang 1 Z. 9 lit. h (Spalte 3) UVP-G 2000 festgestellt, dass für das im Antrag des XXXX vom 04.01.2010 dargestellte und in den der Behörde mit diesem Antrag vorgelegten Projektunterlagen näher ausgeführte Vorhaben "XXXX" der Tatbestand des Anhanges 1 Z. 9 lit. h UVP-G 2000 erfüllt wird und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung im vereinfachten Verfahren nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist.
Am 09.07.2013 stellten die Beschwerdeführer gemäß §§ 3 Abs. 3, 17 iVm Anhang 1 Z. 9 lit. h UVP-G 2000 einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das in den vorgelegten Unterlagen näher umschriebene Vorhaben "XXXX". Mit Edikt der Vorarlberger Landesregierung vom 13.05.2014 wurden der Genehmigungsantrag sowie die konsolidierten Einreichunterlagen samt Umweltverträglichkeitserklärung kundgemacht und im Zeitraum vom 26.05.2014 bis zum 18.07.2014 zur öffentlichen Einsichtnahme bereitgehalten.
Am 17.07.2014 brachte die Vertreterin der XXXX eine schriftliche Stellungnahme samt Unterschriftenliste bei der belangten Behörde ein. Die XXXX wurde von 508 in Liechtenstein wahlberechtigten Gemeindebürgern, deren Gemeinden an die österreichischen Standortgemeinden angrenzen, unterstützt.
Mit Edikt der Vorarlberger Landesregierung vom 29.08.2014 wurden die Einreichunterlagen aufgrund eines Formalfehlers bei der Kundmachung vom 13.05.2014 erneut kundgemacht und vom 01.09.2014 bis zum 13.10.2014 zur öffentlichen Einsichtnahme bereitgehalten.
Die liechtensteinische XXXX hat sich im Genehmigungsverfahren zum Vorhaben "XXXX" nach der in Österreich geltenden Rechtslage nicht ordnungsgemäß konstituiert.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und steht aufgrund der außer Zweifel stehenden sowie der im Verfahren unbeanstandeten Aktenlage fest.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z. 2 lit. a B-VG iVm § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A)
3.2. Gemäß § 19 Abs. 1 Z. 6 UVP-G 2000 haben Bürgerinitiativen gemäß Abs. 4, ausgenommen im vereinfachten Verfahren nach Abs. 2, Parteistellung.
Gemäß § 19 Abs. 2 UVP-G 2000 können Bürgerinitiativen im vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 4 als Beteiligte mit dem Recht auf Akteneinsicht am Verfahren teilnehmen.
§ 19 Abs. 4 UVP-G 2000 normiert, dass eine Stellungnahme gemäß § 9 Abs. 5 leg. cit. durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt werden kann, wobei Name, Anschrift und Geburtsdatum anzugeben und die datierte Unterschrift beizufügen ist. Die Unterschriftenliste ist gleichzeitig mit der Stellungnahme einzubringen. Wurde eine Stellungnahme von mindestens 200 Personen, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren, unterstützt, dann nimmt diese Personengruppe (Bürgerinitiative) am Verfahren zur Erteilung der Genehmigung für das Vorhaben und nach § 20 UVP-G 2000 als Partei oder als Beteiligte (Abs. 2) teil. Als Partei ist sie berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen und Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und Revision an den Verwaltungsgerichtshof sowie Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben.
Gemäß § 19 Abs. 5 UVP-G 2000 ist Vertreter/in der Bürgerinitiative die in der Unterschriftenliste als solche bezeichnete Person, mangels einer solchen Bezeichnung die in der Unterschriftenliste an erster Stelle genannte Person. Der Vertreter/die Vertreterin ist auch Zustellungsbevollmächtigter gemäß § 9 Abs. 1 des ZustellG, BGBl. Nr. 200/1982. Scheidet der Vertreter/die Vertreterin aus, so gilt als Vertreter/in der Bürgerinitiative die in der Unterschriftenliste jeweils nächstgereihte Person. Der Vertreter/die Vertreterin kann mittels schriftlicher Erklärung an die Behörde durch eine/n andere/n ersetzt werden. Eine solche Erklärung bedarf der Unterschrift der Mehrheit der Bürgerinitiative.
3.3. Eine Bürgerinitiative erlangt Partei- bzw. Beteiligtenstellung in UVP-Genehmigungsverfahren, wenn während der öffentlichen Auflage eine Unterschriftenliste gleichzeitig mit der zu unterstützenden Stellungnahme bei der Landesregierung als Behörde erster Instanz eingebracht wird (§ 19 Abs. 4 UVP-G 2000). Für den Zeitpunkt der Entstehung der Bürgerinitiative bzw. für die Entstehung der Partei- bzw. Beteiligtenstellung im Genehmigungsverfahren ist daher die ordnungsgemäße Einbringung der Stellungnahme und der Unterschriftenliste maßgeblich. § 9 Abs. 1 UVP-G 2000 statuiert hierfür eine Frist von sechs Wochen ab Beginn der öffentlichen Auflage des Genehmigungsantrages und der Umweltverträglichkeitserklärung (VwGH 27.09.2013, 2010/05/0202, unter Hinweis auf N. Raschauer in: Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, S. 482, Rz 81).
Die öffentliche Auflage, während der die belangte Behörde den Genehmigungsantrag zum Vorhaben "XXXX" sowie die konsolidierten Einreichunterlagen samt Umweltverträglichkeitserklärung kundgemacht und zur öffentlichen Einsichtnahme bereitgehalten wurden, dauerte vom 26.05.2014 bis zum 18.07.2014. Am 17.07.2014 - und somit während der öffentlichen Auflagefrist - reichte die XXXX eine Stellungnahme samt Unterschriftenliste bei der Vorarlberger Landesregierung ein. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass die Stellungnahme von 508 abgegebenen Unterschriften von Personen, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in den liechtensteinischen Gemeinden Eschen, Mauren-Schaanwald, Ruggell, Schaan und Schellenberg wahlberechtigt waren, unterstützt wurde.
Den Ausführungen der belangten Behörde, wonach einer inländischen Bürgerinitiative in unmittelbarer Anwendung von Art. 11 UVP-RL im vereinfachten Genehmigungsverfahren zum "XXXX" Parteistellung (und nicht Beteiligtenstellung) einzuräumen sei und dies deshalb in analoger Anwendung von § 19 Abs. 11 UVP-G 2000 für die liechtensteinische XXXX in gleicher Weise zu gelten habe, vermag sich das Bundesverwaltungsgericht nicht anzuschließen:
Das UVP-G 2000 differenziert gemäß § 19 Abs. 1 UVP-G 2000 im Zusammenhang mit den Parteistellungen im Genehmigungsverfahren unter anderem zwischen Nachbarn (Z. 1), Bürgerinitiativen (Z. 6) und Umweltorganisationen (Z. 7). § 19 Abs. 4 UVP-G 2000 setzt für die rechtswirksame Konstituierung einer Bürgerinitiative voraus, dass die während der Auflagefrist einzubringende Stellungnahme von mindestens 200 Personen, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren, unterstützt wird. Es besteht Einigkeit darüber, dass sich eben jene Bestimmung, wonach die Unterstützer in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt sein müssen, nur auf die österreichische Gemeindeverfassung beziehen kann und sohin nur inländischen Bürgerinitiativen die Privilegierung des Gesetzes zukommt. Dies ergibt sich zudem aus einem Gegenschluss aus den Regelungen für die Parteistellung von Nachbarn und Umweltorganisationen, hinsichtlich derer jeweils eine spezielle Bestimmung in Bezug auf ausländische Personen oder Organisationen getroffen wurde (US 11.06.2010, US 1A/2009/6-142 Heiligenkreuz; dem folgend N. Raschauer in:
Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, § 19 Rz 101;
Altenburger/Berger, UVP-G § 19 Rz. 51; Schmelz/Schwarzer, UVP-G Rz. 209).
Da das UVP-G 2000 zwischen Bürgerinitiativen (§ 19 Abs. 1 Z. 6, Abs. 2, 4 und 5 UVP-G 2000) und Umweltorganisationen (§ 19 Abs. 1 Z. 6, Abs. 6 bis 11 UVP-G 2000), bei denen es sich im Gegensatz zu ad hoc auftretenden lokalen Bürgerinitiativen um Nichtregierungsorganisationen handelt, die seit zumindest drei Jahren bestehen müssen (vgl. Baumgartner/Petek, UVP-G 211; N.
Raschauer in: Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, § 19 Rz 105), unterscheidet und ausländischen Umweltorganisationen (wie auch ausländischen Nachbarn des Genehmigungsverfahrens gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 UVP-G 2000), jedoch nicht ausländischen Bürgerinitiativen, unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Parteistellung im Genehmigungsverfahren gewährt, kann der Auffassung der belangten Behörde, § 19 Abs. 11 UVP-G 2000 analog auch auf Bürgerinitiativen anzuwenden, nicht gefolgt werden. Die analoge Anwendung von § 19 Abs. 11 leg. cit. widerspricht auch der dargestellten Rechtsansicht des Umweltsenates, wonach eben gerade aufgrund der fehlenden speziellen Bestimmungen in Bezug auf ausländische Bürgerinitiativen nur inländischen Bürgerinitiativen die Privilegierung des Gesetzes zukommt.
3.4. Sofern sich die XXXX in der Stellungnahme vom 02.12.2014 auf die (allenfalls unmittelbare) Anwendbarkeit der Konvention von Espoo, BGBl. III Nr. 201/1997, stützt, ist auszuführen, dass dieses Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Raum einer unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich nicht zugänglich ist (vgl. die Materialien zu RV 1616 d. B. XVIII. GP; VwGH 30.06.2006, 2005/04/0195). Der Nationalrat hat anlässlich der Genehmigung dieses Staatsvertrages beschlossen, dass dieser durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist (vgl. BGBl. III Nr. 201/1997). Dieser Erfüllungsvorbehalt enthält daher die Anordnung, den Inhalt des Staatsvertrages in Durchführungsgesetze umzuformen und schließt gleichzeitig die unmittelbare Anwendung der Konvention aus (Berka, Verfassungsrecht Rz. 270 unter Hinweis auf VfSlg 12.558/1990).
Die Umsetzung der Konvention von Espoo ist in § 10 UVP-G 2000 geregelt (vgl. die Materialien zu RV 269 d. B. 697). Auch der in der Stellungnahme vom 02.12.2014 zur Begründung der Parteistellung ausländischer Bürgerinitiativen angeführte Art. 7 UVP-RL wurde in § 10 UVP-G 2000 umgesetzt. § 10 leg. cit. regelt die - im Genehmigungsverfahren zu entscheidende - Frage, ob nationale Vorhaben Auswirkungen auf einen Drittstaat haben könnten. Unabhängig davon, ob im gegenständlichen Genehmigungsverfahren "XXXX" grenzüberschreitende Konsultationen mit Liechtenstein zu führen sind, kann eine Bürgerinitiative im Rahmen des § 10 UVP-G 2000 nicht wirksam entstehen, da es der grenznahen ausländischen Wohnbevölkerung an dem in § 19 Abs. 4 UVP-G 2000 geforderten Wahlrecht mangelt (vgl. N. Raschauer in:
Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, § 10 Rz 21; Altenburger/Berger, UVP-G § 10 Rz. 6). Bezüglich Art 7 UVP-RL ist zudem auf das - im Zusammenhang mit der Frage der Parteistellung einer tschechischen Gemeinde im Genehmigungsverfahren - Erkenntnis des VwGH vom 24.08.2011 zu verweisen. Der VwGH führte in diesem Zusammenhang aus, dass gemäß § 19 Abs. 1 Z 5 iVm Abs. 3 UVP-G 2000 nur österreichischen Gemeinden, die an eine Standortgemeinde unmittelbar angrenzen, Parteistellung zukomme. Art. 7 Abs. 1 und 2 UVP-RL fordern nach Ansicht des VwGH keineswegs eine Beteiligung von ausländischen Gemeinden (VwGH 24.08.2011, 2010/06/0002).
3.5. Schließlich lässt sich auch aus der Konvention von Aarhus nichts hinsichtlich der Parteistellung von ausländischen Bürgerinitiativen gewinnen. In den Erläuterungen zur Genehmigung des Abschlusses des Übereinkommens durch den Nationalrat wurde festgehalten, dass die Aarhus-Konvention der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich nicht zugänglich ist (vgl. die Materialien zu RV 654 d. B. XXII. GP). Von einem Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG wurde abgesehen, da das Abkommen als gemischtes Abkommen teilweise in die Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft fällt. Das Übereinkommen ist somit nicht direkt anwendbar (US 22.06.2011, 3C/2011/5-8 B 320 Knoten Trautenfels Pst). Subjektive Rechte können daher aus der Aarhus-Konvention nicht abgeleitet werden (VwGH 27.04.2012, 2009/02/0239; BVwG 17.06.2014, W113 2006688-1). Hinsichtlich Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus stellte der EuGH zudem fest, dass diese Bestimmung keine klare und präzise Verpflichtung enthält, die die rechtliche Situation Einzelner unmittelbar regeln könnte und die Durchführung und Wirkungen dieser Vorschrift vom Erlass eines weiteren Rechtsaktes abhängt (EuGH 08.03.2011, Rs C 2-40/09).
Da, wie dargestellt wurde, weder die Konvention von Espoo noch die Konvention von Aarhus einer unmittelbaren Anwendung zugänglich sind und daraus keine subjektiven Rechte abgeleitet werden können, ist auch der Verweis in der Stellungnahme vom 02.12.2014 auf die in Art. 3 Abs. 9 des Übereinkommens von Aarhus bzw. Art. 2 Abs. 6 des Übereinkommens von Espoo enthaltenen Diskriminierungsverbote nicht zielführend: Gemäß Art. 3 Abs. 9 des Übereinkommens von Aarhus hat die Öffentlichkeit Zugang zu Informationen, die Möglichkeit, an Entscheidungsverfahren teilzunehmen und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, ohne dabei wegen Staatsangehörigkeit, Volkszugehörigkeit oder Wohnsitz benachteiligt zu werden. Nach Art. 2 Abs. 6 des Übereinkommens von Espoo ist der betroffenen Öffentlichkeit in den betroffenen Staaten eine gleichwertige Verfahrensbeteiligung zu geben wie der Öffentlichkeit der Ursprungspartei. Diese Diskriminierungsverbote sind jedoch nicht in der UVP-RL verankert und daher weder in der UVP-RL noch im UVP-G 2000 normiert. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts bestehen somit keine Bedenken hinsichtlich der in § 19 Abs. 4 UVP-G 2000 getroffenen Voraussetzung, wenn im Zusammenhang mit den Unterstützern einer Bürgerinitiative, die in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt sein müssen, auf die österreichischen Gemeindesverfassungen abgestellt wird und daher ausländischen Bürgerinitiativen diese Privilegierung des Gesetzes nicht zukommt.
Sofern die liechtensteinische XXXX vorbringt, dass sich die Notwendigkeit der Gleichbehandlung der Öffentlichkeit über die Staatsgrenzen hinweg aus dem allgemeinen Diskriminierungsverbot in Art. 18 AEUV ergebe, das bei der Umsetzung der UVP-RL in nationales Recht zu beachten sei, ist zu entgegnen, dass die Umsetzung der UVP-RL durch den nationalen Gesetzgeber mit Art. 18 AEUV im Einklang steht. Die UVP-RL kennt den Begriff der Bürgerinitiative nicht und enthält hierzu folglich keine Vorgaben an die Mitgliedstaaten. Die Einrichtung des Instituts der Bürgerinitiative ist unionsrechtlich somit nicht geboten (Pürgy, Die Einbindung der Umweltorganisationen in das UVP-Feststellungsverfahren durch die UVP-G-Novelle BGBl I 2012/77, ZfV 2012/1231, 781) und stellt eine Privilegierung des österreichischen Gesetzgebers dar. Art. 18 AEUV verbietet jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Aus Art. 22 Abs. 1 AEUV ergibt sich, dass jedem Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen zukommt, wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats. Dementsprechend sieht § 7 Vorarlberger Gemeindewahlgesetz, LGBl. Nr. 30/1999 idgF vor, dass sowohl Landesbürger als auch ausländische Unionsbürger, die in der betreffenden Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, spätestens am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet haben und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, bei Wahlen zur Gemeindevertretung wahlberechtigt sind. Die Möglichkeit zur Unterstützung einer Bürgerinitiative steht gemäß § 19 Abs. 4 UVP-G 2000 sohin nicht nur österreichischen Staatsbürgern, sondern allen Unionsbürgern mit Wohnsitz in der jeweiligen Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzende Gemeinde offen, weshalb § 19 Abs. 4 leg. cit. nicht mit Art. 18 AEUV in Widerspruch steht.
3.6. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass sich die liechtensteinische XXXX im Genehmigungsverfahren zum Vorhaben "XXXX" nach der in Österreich geltenden Rechtslage nicht ordnungsgemäß konstituiert hat, da die Stellungnahme nicht von mindestens 200 Personen, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden, österreichischen Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren, unterstützt wurde. Die im Antrag vom 23.06.2014 begehrte Parteistellung der XXXX hätte daher von der belangten Behörde nicht eingeräumt werden dürfen, weshalb der Beschwerde statt zu geben und Spruchpunkt I. des angefochtene Bescheides ersatzlos aufzuheben war.
3.7 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine mündliche Erörterung der Angelegenheit eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lassen hätte. Der der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt ist unbestritten. Der Sachverhalt war daher iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif und dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art 6. Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 2010/1958, (vgl. VwGH 4.3.2008, 2005/05/0304) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389 (vgl. VfGH 14.3.2012, U466/11, wonach die Judikatur zu Art. 6 EMRK auch zur Auslegung der Art. 47 GRC heranzuziehen ist) entgegen. Zudem hatte das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall ausschließlich über Rechtsfragen zu entscheiden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 122/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig. Die vorliegende Entscheidung hängt von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da es zur Frage der Partei- bzw. Beteiligtenstellung von ausländischen Bürgerinitiativen im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 19 Abs. 4 UVP-G 2000 an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.
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