BEinstG §2
BEinstG §3
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W173.2266622.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF sowie dem fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde in Verbindung mit dem Vorlageantrag von XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, NÖ und Bgld. (KOBV), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX vom 27.09.2022, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 20.01.2023, OB: XXXX , betreffend die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde in Verbindung mit dem Vorlageantrag wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 27.09.2022, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 20.01.2023, wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die Zitierung des Grades der Behinderung im Spruch entfällt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Im Rahmen eines früheren Antrages von Frau XXXX , geboren am XXXX (in der Folge Beschwerdeführerin, BF) im Jahr 2021 auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes holte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde genannt) ein Sachverständigengutachten des Allgemeinmediziners Dr. XXXX vom 24.02.2021. Darin wurde Folgendes auszugsweise ausgeführt:„…………………
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. | Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: | Pos.Nr. | Gdb % |
1 | Fibromyalgie, degenerative Abnützungen. Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da lediglich endlagige funktionelle Einschränkungen. | 02.02.02 | 30 |
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: ---
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Die MRT-mäßig festgestellten Zysten im Leber- und Pankreasbereich erreichen keinen Grad der Behinderung.
Die im Rahmen einer Gastroskopie Sept. 2019 festgestellte kleine Hiatushernie und Antrumgastritis ist nur durch diesen einen Befund belegt. Somit kann eine Einschätzung dieser Veränderungen nicht durchgeführt werden.
Eine Hyperlipidämie stellt zwar einen Risikofaktor dar, jedoch keine einschätzbare Gesundheitsschädigung (Antrag: Hohes Cholesterin).
Eine Mikrohämaturie erreicht bei Fehlen nachgewiesener Organschäden im urologischen Bereich keinen Grad der Behinderung.
Die Abnützungen im Bereiche der Hals- und Lendenwirbelsäule sind in der Diagnose unter Punkt 1 miteingeschlossen.
Eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, wie im Befundbericht der Gruppenpraxis für Innere Medizin Simmering am 29. Okt. 2019 festgehalten, erreicht ohne belegte subjektive Beschwerdesymptomatik keinen Grad der Behinderung.
Die einzelnen Krampfaderbildungen im Bereiche der unteren Gliedmaßen erreichen bei Fehlen sonstiger Sekundärfolgen gleichfalls keinen Grad der Behinderung.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Unveränderte Einschätzung des Leidens.
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
Unveränderter Gesamtgrad der Behinderung.
Dauerzustand
Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
JA
…………………“
2. Die Beschwerdeführerin beantragte am 10.05.2022 bei der belangten Behörde neuerlich die Feststellung ihrer Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG). Als Gesundheitsschädigung gab sie ein chronisches Cervicalsyndrom, neuropathisches Schmerzsyndrom, V.a. small fiber PNP, Brustkyphose, Spondylose (LWS und BWS), Spondylarthrose, chronisches Fatigue Syndrom, Schlafapnoesyndrom und Depression an und legte dazu medizinische Unterlagen vor.
3. Zur Überprüfung des Antrags holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr.in XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, ein.
3.1. Die beauftragte Sachverständige führte in ihrem Gutachten vom 02.08.2022, das auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 01.08.2022 basiert, im Wesentlichen Folgendes aus:
„…………………
Anamnese:
Antragsleiden: HWS, chronisches Cervikalsyndrom, BWS, LWS Brustkyphose, Spondylosem Spondylarthrosen, neuropathisches Schmerzsyndrom, V.a. Small fibre m chron Fatique Syndrom, Schlaf-Apnoesyndrom, Depression
Siehe auch VGA vom 18.01.2021: Fibromyalgie, degenerative Abnutzungen 30%
Derzeitige Beschwerden:
Meine Schmerzen sind unerträglich. Die Schmerzen habe ich am ganzen Körper, die Schmerzen werden auch mit Medikamenten nicht besser. Im September ist jetzt eine neurologische Reha in XXXX geplant. Meinem Beruf kann ich nachgehen, allerdings war ich schon zwei Monate heuer im Krankenstand. Ich habe Angst vor einer Kündigung. Eine Psychotherapie mache ich nicht, weil die mir zu teuer ist. Ich nehme nur meine Medikamente und mache keine weiterführende Therapie.
Sozialanamnese: geschieden, 2 Kinder, Beruf: Im Service in einer Kantine
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Pregabalin 100mg 1-0-1
Duloxetin 60mg 1-1-0
Samten 25mg 0-0-2
Simvastatin 40mg 0-0-1
Novalgin Tbl 1-0-1
Tramalgtt abends bzw. bei Schmerzspitzen
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Dr. XXXX
Fachärztin für Neurologie vom 30.4.2022
Frau XXXX kommt zur neurologische Ko bei neuropath. Schmerzen, unter anderem war sie auf der Schmerzambulanz XXXX , seit Jahren brennende Dysästhesien und Hypästhesie beide Hände, hat Ein- und Durchschlafstörung, Kraftlosigkeit, MRT HWS und NLG ist durchgeführt worden, 2015 und 2019 jeweils mit unauff Bef.,
kein CTS. brennende Dysästhesien an den Fußsohlen, Fatigue Syndrom, Sicca Symptomatik, chron. Spannungsks, und trockene Haut, verminderte Schweißneigung, Wetterfühligkeit, klinisch neurologisch auffällig überlebhafte PSR Reflexe
rechts betont, vermindertes Vibrationsempfinden an der UEX, Ptosis bds, der Simpson Test neg, in der NLG 2020
repetitive Stimulation unauff., kein Dekrement
MRT HWS 4/2021: Streckfehlhaltung, Osteochondrosen C4-C7, C4/5 DP und sek Wk Stenose mittelgradig
Die Patientin profitierte von der neurologischen Reha in XXXX 2021, die durchgeführten Therapieeinheiten konnte die Patientin gut umsetzen, daher regelmäßige Reha dort geplant
MRT BWS und LWS 4.3.2022: Brustkyphose mit Kyphosescheitelpunkt bei TH 11, ventrale Spondylose BWS und LWS,
DP L3-L4. ausgeprägte Spondylarthrosen
Neurologischer Status
wach, orientiert, kein Meningismus; HN unauff bis auf Ptosis bds vorbekannt kein path., Nystagmus, keine Hyposmie
OEX: ArmVHV unauff, keine Ataxie, kein senomot. Defizit, TSR, BRR: BSR mittellebhaft, Sens. unauff, Frontalhirnzeichen reg, kein Rigor. UEX: BeinVHV. keine Ataxie, kein senomot. Defizit, PSR: lebhaft mit erweiterten Reflexzonen re bet, ASR: mittellebhaft Sens. Gang und Stand- uauff. Babinski: neg, Vibrationsempfinden leicht red 6/8
Diagnose:
Chronisches Cervicalsyndrom bei DP C4/5 Osteochondrosen und sek mittelgradige VVK Stenose
Neuropatnisches Schmerzsyndrom V.a. small fiber PNP erhöhte Cardiolopin AK IgM und erhöhte B2 Glyocprotein IGM
chronic Fatigue Syndrom
V a Schlaf Apnoe Syndrom
dorsales Impingement bei prom. Processus stieda rechts- arthroskop Arthrolyse OSG und Subtalargelenk (13.1.2022)
Z.N 3. Cov Impfung
Procedere:
Vorstellung Rheumambulanz XXXX aufgrund der pos Cardiolipin Ak und B2 Glycoprotein, Schlaflabor
Abklärung Schlaf Apnoe Syndrom
neurologische Rehabilitation XXXX empfohlen,
Göttlicher Heiland
KONSILIARBEF UND KLINISCHE PSYCHOLOGIE Untersuchungsdatum 2022-03-29
Diagnosen: Chronic Fatigue Syndrom, Depression
Zusammenfassung
Zusammenfassend liegen Hinweise für ein Chronic Fatigue Syndrom sowie eine reaktive Depression vor. Die Patientin hat ihren Alltag weitgehend auf die Symptomatik ausgerichtet, dennoch ist der Alltag für sie kaum bewältigbar und es kommt regelmäßig zu Zustandsverschlechterungen durch Aktivitäten oder Belastungen. Zur Aufarbeitung des traumatischen Erlebnisses 2014 wird eine Traumatherapie dringend empfohlen. Zusätzlich erscheint eine weitere Reha in XXXX als sinnvoll.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: gut
Größe: 168,00 cm Gewicht: 76,00 kg Blutdruck: -/-
Klinischer Status – Fachstatus:
50 Jahre
Haut/farbe: rosig sichtbare Schleimhäute gut durchblutet,
Caput: Visus: unauffällig, Hörvermögen nicht eingeschränkt
Thorax. Symmetrisch, elastisch,
Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent
Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe
Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar,
Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nacken- und Schürzengriff bds. wird erschwert durchgeführt, Schulter wird links bis 90° rechts bis 50° gehoben, Faustschluss und Spitzgriff bds möglich. Grobe Kraft: vermindert? Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich.
Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand, sowie Einbeinstand wird angedeutet durchgeführt beide Beine werden nur minimal von der Unterlage abgehoben, freie Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken, Grobe Kraft nicht suffizient prüfbar
keine Ödeme, keine Varikositas
Wirbelsäule: FB wird bis Kniehöhe vorgezeigt
Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen endlagig eingeschränkt
Gesamtmobilität – Gangbild:
normales Gangbild, nimmt die Hilfe des Lebensgefährten zum Ent- und Bekleiden in Anspruch
Status Psychicus:
bewusstseinsklar, orientiert, kein kognitives-mnestisches Defizit,
Gedankenstruktur: geordnet, kohärent, keine Denkstörung, Konzentration ungestört, Antrieb vermindert, Stimmungslage depressiv verstimmt
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. | Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: | Pos.Nr. | Gdb % |
1 | Fibromyalgie, degenerative Abnutzungen oberer Rahmensatz, da Polypharmazie ohne ausreichende vollständige Schmerzcoupierung, jedoch weitere therapeutische Abklärungen und Therapieoptionen offen sind | 04.11.02 | 40 |
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: -
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Verschlimmerung des Leidens des VGA
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
Anhebung des GdB um 1 Stufe
Dauerzustand
Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
JA
…………………“
3.2. Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten wurde dem Parteiengehör unterzogen. Die Beschwerdeführerin gab dazu durch ihre bevollmächtigte Vertretung mit Schreiben vom 25.08.2022 eine Stellungnahme ab und führte aus, dass im Gutachten der Sachverständigen zwar das chronische Schmerzsyndrom mit mittelschwerer Verlaufsform dargestellt worden sei, jedoch die degenerativen Veränderungen der Vorfüße sowie der beiden Hände sowie ein obstruktives Schlafapnoesyndrom nicht berücksichtigt worden seien. Die Beschwerdeführerin legte weitere medizinische Unterlagen vor und gab bekannt, dass sie vom 05.09.2022 bis 07.10.2022 einen Rehabilitationsaufenthalt absolvieren werde.
4. Aufgrund der Einwände der Beschwerdeführerin holte die belangte Behörde ein weiteres Sachverständigengutachten der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr.in XXXX ein.
4.1. Die beauftragte Sachverständige führte in ihrem Gutachten vom 30.08.2022, das auf der Aktenlage basiert, im Wesentlichen Folgendes aus:
„…………………
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Nicht berücksichtigt wurden die degenerativen Veränderungen der Vorfüße und beiden Hände, sowie ein obstruktives Schlafapnoesyndrom
Ambulanter Patientenbrief vom 12.07.2022
Zusammenfassend findet sich ein leichtgradiges lageabhängiges obstruktives Schlafapnoe-Syndrom. Allgemeine Maßnahmen wie Gewichtsreduktion sowie Rauchstopp werden diskutiert, weiters wird ein Lagetraining besprochen und initiiert.
Röntgen beider Vorfüße vom 10.05.2022
Geringgradige Hallux rigidus-Bildung, sonst bei Zustand nach Hallux valgus OP links unauffälliger Befund an beiden Vorfüßen
Röntgen beider Hände vom 10.05.2022
Mäßige STT-Arthrose. Geringe Rhizarthrose und mäßiggradige Heberden-Arthrosen beidseits, jedoch sonst unauffälliger Befund.
weiters siehe auch VGA vom 01.08.2022: Fibromyalgie, degenerative Abnutzungen 40%
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel: --
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. | Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: | Pos.Nr. | Gdb % |
1 | Fibromyalgie, degenerative Abnutzungen oberer Rahmensatz, da Polypharmazie ohne ausreichende vollständige Schmerzcoupierung, jedoch weitere therapeutische Abklärungen und Therapieoptionen offen sind | 04.11.02 | 40 |
2 | Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS), leichte Form Fixer Richtsatz | 06.11.01 | 10 |
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 2 erhöht wegen zu geringer funktioneller Relevanz nicht weiter
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: --
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Die degenerativen Veränderungen der Vorfüße und beiden Hände sind in Leiden 1 mitberücksichtigt, Hinzukommen von Leiden 2
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
Keine Änderung des GdB
Dauerzustand
Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
JA
…………………“
4.2. Das von der belangten Behörde neu eingeholte Sachverständigengutachten wurde dem Parteiengehör unterzogen. Die Beschwerdeführerin gab dazu keine Stellungnahme ab.
5. Mit Bescheid vom 27.09.2022 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ab. Die belangte Behörde stützte sich dabei auf das von ihr eingeholte Sachverständigengutachten von Dr.in XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 30.08.2022, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Mit einem Grad der Behinderung von 40 % erfülle sie nicht die Voraussetzung für die Zuerkennung der Begünstigteneigenschaft nach BEinstG.
6. Mit Schreiben vom 14.11.2022 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid durch ihre bevollmächtigte Vertretung fristgerecht Beschwerde und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass die Beschwerdeführerin an einem therapieresistenten, schweren, neuropathischen Schmerzsyndrom sowie an einem chronischen Fatiguesyndrom leide. Die Lebensqualität der Beschwerdeführerin werde durch anhaltende Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Kraftlosigkeit sowie Ein- und Durchschlafstörungen trotz umfangreicher und langjähriger Behandlung deutlich beeinträchtigten. Die neurologische Rehabilitation habe zu einer weiteren Verschlechterung geführt. Sie habe infolge körperlicher Beschwerden eine Depression entwickelt. Zudem liege seit der am 18.10.2022 durchgeführten Polygraphie nunmehr ein mittelgradiges, lageunabhängiges Schlafapnoesyndrom vor, wobei eine CPAP-Therapie geplant sei. Das Leiden wäre daher nun der Positionsnummer 06.11.02 zuzuordnen. Die Beschwerdeführerin legte weitere medizinische Unterlagen vor und beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Psychiatrie und Neurologie. Im Zusammenwirken aller gesundheitlichen Beeinträchtigungen würde ein Grad der Behinderung von mindestens 50% erreicht.
7. Mit Schreiben vom 14.12.2022 legte die BF weitere medizinische Befunde vor und beantragte die Ergänzung des medizinischen Gutachtens.
7.1. Auf Grund des Vorbringens holte die belangte Behörde ein weiteres Sachverständigengutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.in XXXX ein. Die beauftragte Sachverständige führte in ihrem Gutachten vom 20.12.2022, das auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 15.12.2022 basiert, im Wesentlichen Folgendes aus:
„…………………
Anamnese:
VORLIEGENDE VORGUTACHTEN:
Ärztliches Sachverständigengutachten BASB, BEINSTG 30 05 2016:
Fibromyalgie, degenerative Abnützungen GdB 30%
Ärztliches Sachverständigengutachten BASB, BEINSTG 18 01 2021:
Fibromyalgie, degenerative Abnützungen GdB 30%
Feststellungsantrag 07.05.2022
Antragsleiden: HWS, chronisches Cervikalsyndrom, BWS, LWS Brustkyphose, Spondylosem Spondylarthrosen, neuropathisches Schmerzsyndrom, V.a. Small fibre NP, chron Fatique Syndrom, Schlaf-Apnoesyndrom, Depression
Ärztliches Sachverständigengutachten BASB, BEINSTG 01 08 2022:
Fibromyalgie, degenerative Abnutzungen GdB 40%
Stellungnahme zum Parteiengehör- Schreiben KOBV 25 08 2022
aktenmäßiges ärztliches Sachverständigengutachten BASB, BEINSTG 30 08 2022:
1 Fibromyalgie, degenerative Abnutzungen GdB 40%
2 Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS), leichte Form GdB 10%
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
AKTUELL: Beschwerde- Schreiben KOBV 14 11 2022:
‚Hierzu wird vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin nach den vorliegenden Befunden an einem therapieresistenten, schweren, neuropathischen Schmerzsyndrom sowie chronischen Fatiguesyndrom leidet. Trotz umfangreicher und langjähriger Behandlung bestehen anhaltende Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Kraftlosigkeit sowie Ein- und Durchschlafstörungen, welche die Lebensqualität der Beschwerdeführerin deutlich beeinträchtigen. Die zuletzt durchgeführte neurologische Rehabilitation im XXXX Hof hat zu einer weiteren Verschlechterung des Zustandes geführt. Die Beschwerdeführerin hat infolge ihrer körperlichen Beschwerden eine Depression entwickelt, wobei sich auch hier eine schlechter werdende Tendenz trotz Behandlung abzeichnet. Die getroffene Einschätzung des Leidens 1 mit lediglich 40 v.H. wird dem vorliegenden Leidenszustand nach Ansicht der Beschwerdeführerin somit nicht gerecht. Zum Leiden 2 wird ausgeführt, dass laut der am 18.10.2022 durchgeführten Polygraphie nunmehr ein mittelgradiges lageunabhängiges Schlafapnoesyndrom vorliegt und die Einleitung einer CPAP-Therapie geplant ist. Die Einstufung wäre daher nunmehr nach Punkt 06.11.02 der Einschätzungsverordnung zu bewerten.‘………… ‚einzuholendes Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Neurologie/Psychiatrie‘
ANAMNESE:
TE als Kind
vor 4 Jahren Hallux Operation links
Seit 8 Jahren Ganzkörperschmerzen an den Händen, Becken und Füße, Diagnosestellung einer Fibromyalgie. Behandlung XXXX Schmerzambulanz mit Antidepressiva.
Seit 2 Jahren in neurologischer Behandlung
Seit einem Monat in psychiatrische und psychologische Behandlung
Seit 2 Jahren Verdacht auf small Fiber NP- es wurde vor 2 Wochen am OS und US links eine Hautbiopsie durchgeführt, das Ergebnis ist noch nicht vorliegend.
Seit langem Müdigkeit und Erschöpfung.
Schlafapnoesyndrom festgestellt - sie habe zu Hause ein Gerät gehabt, dass den Schlaf aufgezeichnet habe - sie solle mit einem Rucksack schlafen- eine weitere Abklärung, wo sie im Spital eine Nacht verbringen solle, sei geplant.
2021 und 2022 Kur XXXX
Derzeitige Beschwerden:
Sie habe Ganzkörperschmerzen, sei müde, erschöpft. Sie fühle sich erdrückt und leer. Sie könne sich nicht konzentrieren, müsse sich alles aufschreiben. Den Haushalt mache der Gatte.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Pregabalin 300 2x1
Venlafaxin ret 150 1-0-0
Saroten 25 0-0-3
Simvastatin 40 0-0-1
Novalgin 500 bei Bed.: 3-4x 2Stück/Tag
Dronabinol: noch nicht bewilligt- noch nicht probiert
Tramal gtt bei Bed.: 2x/Tag 10gtt
Psychiaterin seit 2 Monaten (bislang 2 Kontakte)
Psychotherapie seit 2 Monaten (bislang 2 Kontakte)
Neurologin: seit 2 Jahren alle 1 1/2 Monate
XXXX Schmerzambulanz
Sozialanamnese:
in Serbien geboren, bis zum 19. LJ Schulbesuch dort (Ausbildung Lebensmittelverkäuferin)
Nach der Schule seit 1990 in Österreich im Verkauf tätig,
seit 1996 Großkantine - bei Wr. Linien (Verkauf, Mittagessen ausgeben) - Vollzeit. Sie erfahre Mobbing in der Firma
geschieden, LG, 2 erw. Kinder
Führerschein: keiner
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Befund Neurologin Dr. XXXX 30 04 2022:
Anm.: bereits beim Vorgutachten vorliegend
Diagnose:
Chronisches Cervicalsyndrom bei DP C4/5 Osteochondrosen und sek mittelgradiger WK Stenose
Neuropathisches Schmerzsyndrom V.a. small fiber PNP erhöhte Cardiolopin AK IgM und erhöhte B2 Glyocprotein IGM
chronic Fatigue Syndrom
V a Schlaf Apnoe Syndrom
dorsales Impingement bei prom. Processus stieda rechts- arthroskop Arthrolyse OSG und Subtalargelenk (13.1.2022)
Z.N 3. Cov Impfung
Konsilliarbefund klinischer Psychologin Mag. XXXX 29 03 2022:
Anm.: bereits beim Vorgutachten vorliegend
Diagnose: Chronic Fatigue Syndrom, Depression
Befund Psychiaterin Dr. XXXX 10 11 2022:
Die oben genannte Patientin berichtet ein chronisches Schmerzsyndrom seit 2015, das in ausführlicher Abklärung und engmaschiger neurologischer Abklärung und Betreuung ist.
Zusätzlich berichtet sie veritable depressive Symptom mit schlechter werdender Tendenz.
Diagnose:
Rezidivierende mittelgradige Episoden einer reaktiven Depression, F33.1
Neuropathisches Schmerz syndrom- V.a. small fiber PNP, G62;9
Neurologischer Entlassungsbericht RZ XXXX 05 09- 03 10 2022:
DIAGNOSEN
chronisches Schmerzsyndrom-V. a. Small fiber PNP
somatoformes Belastungssyndrom
Chronisches Cervicalsyndrom bei Diskusprolaps C4/C5
chronisches Fatigue Syndrom
Fibromyalgie
geringe Rhizarthrose bds
mäßiggrad, Heberdenarthrosen bds
dorsales Impingement bei prom. Processus styl. re. - arhtroskop. Arthrolyse OSG und Subtalargelenk 01/22
Cardiolipin-AK positiv und erhöhte B2 Glycoprotein IgM
leichtgrad. obstruktives Schlafapnoe-Syndrom ED 07/22
Nikotinabusus
Hyperlipidämie
Covid Impfung: 3 Mal geimpft (Pfizer), 3. Impfung 26.11.2021
….Mit unten angeführten Therapiemaßnahmen konnten trotz des muitimodalen Therapieansatzes die mit Frau XXXX vereinbarten Therapieziele nicht erreicht werden.
Die Patientin bekundete zwar bei den Visiten, dass ihr die Therapien gut tun, die Schmerzen seien jedoch in keiner Weise besser, wohl eher schlechter geworden. In der Physiotherapie waren keine Fortschritte zu verzeichnen….
Ambulanzbefund XXXX Interne 18.10.2022:
Ambulante Polygraphie nach Lagetraining
Im Rahmen der nächtlichen Polygraphie unter Lagetraining vom 05.10.2022 findet sich bei einer Untersuchungszeit von 6 Stunden 31 Minuten insgesamt ein AHI von 20/h-Untersuchung sowie eine minimale Sättigung von 85 % bei einer durchschnittlichen Sättigung von 91 %. Es finden sich 0% Rückenlage und in erster Linie unspezifische Hypopnoen und obstruktive Apnoen.
Zusammenfassend jetzt ein mittelgradiges lageunabhängiges Schlafapnoe-Syndrom. Eine PAP-Therapie wird mit der Pat. besprochen und ihr vorgeschlagen; die Pat. ist interessiert. Daher wird eine Polysomnographie mit Einleitung einer PAP-Therapie geplant - die Pat. wird bzgl. des Termins telefonisch verständigt werden.
zur Untersuchung mitgebrachte Unterlagen:
Befund Psychiaterin Dr. XXXX 05 12 2022:
Diagnose:
Rezidivierende mittelgradige Episoden einer reaktiven Depression, F33.1
Neuropathisches Schmerzsyndrom- V.a. small fiber PNP, G62;9
Ambulanzbefund Schmerzambulanz XXXX 13.12.2022:
Dg.: V.a. small Fiber PNP, Depression
Ambulanzbefund Dermatologie XXXX 01.12.2022: kommt für Biopsie bei V.a. small Fiber NP
fecit: Stanze 2x 3mm
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: 51-Jährige in gutem AZ, Ernährungszustand: gut
Größe: 168,00 cm, Gewicht: 75,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Stuhl: Verstopfung
Miktion: unauffällig
Neurologisch:
Hirnnerven:
Geruch: anamnestisch unauffällig
Gesichtsfeld: fingerperimetrisch keine Einschränkung
Visus: Lesebrille
Pupillen mittelweit, rund isocor
Optomotorik frei, keine Doppelbilder, Nystagmus: keiner
Facialis: seitengleich innerviert, kein mimisches Defizit
Sensibilität: unauffällig
Hörvermögen anamnestisch unauffällig,
Zunge: wird gerade herausgestreckt, stgl. gut beweglich
Uvula mittelständig, Gaumensegel hebt symmetrisch
Kopfdrehung und Schulterhebung: unauffällig
OE:
Rechtshänder
Kraft: seitengleich unauffällig
Trophik: unauffällig
Tonus: unauffällig
Motilität: Nacken und Schürzengriff: nicht eingeschränkt
Seitabduktion bds. bis knapp über die Horizontale dann Schmerzen
Faustschluss und Fingerspreizen gut durchführbar
Pinzettengriff: bds. möglich
Feinmotorik: ungestört
MER (BSR, RPR, TSR): seitengleich mittellebhaft
Pyramidenbahnzeichen: negativ
Eudiadochokinese
AVV: beidseits gehalten ohne Absinken, ohne Pronation
FNV: zielsicher bds.
Sensibilität: seitengleich unauffällig
UE:
Kraft: seitengleich unauffällig
Trophik: unauffällig
Tonus: unauffällig
Motilität: nicht eingeschränkt
PSR: seitengleich mittellebhaft
ASR: seitengleich mittellebhaft
Pyramidenbahnzeichen: negativ
Laseque: negativ
Beinvorhalteversuch: kurz gehalten, dann wegen Schmerzen absinken.
Knie- Hacke- Versuch: zielsicher, aber die Ferse wird auf der Unterlage schleifend zum Knie geführt, anheben der Beine sei wegen Schmerzen nicht möglich
Sensibilität: seitengleich unauffällig angegeben
Stand und Gang: unauffällig
Romberg: unauffällig
Unterberger Tretversuch: unauffällig, sicher, kein Abweichen, keine Falltendenz
Zehen/Fersenstand möglich
Sprache und Sprechen: unauffällig
Gesamtmobilität – Gangbild:
kommt frei gehend zur Untersuchung, wird vom LG begleitet, kommen mit PKW.
An-Auskleiden der Schuhe und Socken selbstständig, alle Lagewechsel selbstständig, Beine werden beim Aufsetzen aus liegender Position ohne weitere Hilfe angehoben.
Status Psychicus:
Kooperativ und freundlich, gut auskunftsfähig, klagsam, bewusstseinsklar, voll orientiert, kein kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus: geordnet, kohärent; Konzentration und Antrieb in der Untersuchung unauffällig; Stimmungslage gedrückt, labil, weint, wenig im Positiven affizierbar; Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. | Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: | Pos.Nr. | Gdb % |
1 | Anhaltende Schmerzstörung, depressive Störung Oberer Rahmensatz, da ausgeprägte affektive und somatische Symptome, aber keine kognitiven Störungen dokumentiert | 03.05.01 | 40 |
2 | Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS), mittelschwere Form Unterer Rahmensatz, da PAP Therapie geplant | 06.11.02 | 20 |
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Die Auswirkungen des Leiden 1 werden durch die des Leidens 2 nicht erhöht bei fehlender relevanter wechselseitiger negativer Leidensbeeinflussung
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Verdacht einer small Fiber Neuropathie, da dzt. in Abklärung- Biopsiebefund noch nicht vorliegend
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Leiden 1: keine Änderung zum aktenmäßigen Vorgutachten 8/22
Leiden 2: Erhöhung um 1 Stufe nach vorliegendem Befund
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
keine Änderung
Dauerzustand
Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
JA
…………………“
8. Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten vom 20.12.2022 wurde dem Parteiengehör unterzogen. Die Beschwerdeführerin sah von einer Stellungnahme ab.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20.01.2023 wies die belangte Behörde die Beschwerde vom 14.11.2022 mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten nicht vorliegen würden, da aufgrund der durchgeführten ärztlichen Begutachtung der Grad der Behinderung 40 % betrage. Das beiliegende ärztliche Gutachten vom 20.12.2022 bilde einen Bestandteil der Begründung.
10. Mit Schreiben vom 01.02.2023, eingelangt am 02.02.2023, stellte die Beschwerdeführerin durch ihre bevollmächtigte Vertretung den Antrag auf Vorlage der Beschwerde vom 14.11.2022 vor das Bundesverwaltungsgericht. Dazu führte sie im Wesentlichen aus, dass nicht nachvollziehbar sei, warum nunmehr die degenerativen Abnutzungserscheinungen in beiden Vorfüßen sowie beiden Händen und der Wirbelsäule im aktuellen Sachverständigengutachten keine Berücksichtigung finden würden. Durch die psychische Belastung und massive Schmerzbelastung, gekoppelt mit den Bewegungseinschränkungen, sei die Lebensqualität deutlich beeinträchtigt und das führende Leiden 1 zu gering eingestuft. Es komme zudem zu einer negativen gegenseitigen Beeinflussung der Leiden.
11. Am 06.02.2023 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
12. Mit Schreiben vom 07.02.2023, eingelangt am 08.02.2023, legte die Beschwerdeführerin durch ihre bevollmächtigte Vertretung weitere medizinische Befunde und Therapiebestätigungen vor, die sich bereits auf bekannte Erkrankungen beziehen würden. Die Diagnose V. a. small fiber PNP sei nunmehr durch eine Hautbiopsie bestätigt worden.
13. Mit Schreiben vom 29.03.2023, eingelangt am 30.03.2023, legte die Beschwerdeführerin durch ihre bevollmächtigte Vertretung weitere ärztliche Befundberichte vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 10.05.2022 die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes. Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und hat ihren Wohnsitz im Inland. Sie befindet sich weder in Schul- oder Berufsausbildung noch überschreitet sie das 65. Lebensjahr. Sie erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Begünstigteneigenschaft und es liegen keine Ausschlussgründe gemäß § 2 Abs. 2 BEinstG vor.
1.2. Die Beschwerdeführerin leidet an folgenden Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern:
1 | Anhaltende Schmerzstörung, depressive Störung Oberer Rahmensatz, da ausgeprägte affektive und somatische Symptome, aber keine kognitiven Störungen dokumentiert | 03.05.01 | 40 |
2 | Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS), mittelschwere Form Unterer Rahmensatz, da PAP Therapie geplant | 06.11.02 | 20 |
Gesamtgrad der Behinderung 40 %
1.3. Die Auswirkungen des Leidens 1 werden durch die des Leidens 2 wegen fehlender relevanter wechselseitiger negativer Leidensbeeinflussung nicht erhöht.
1.4. Die Beschwerdeführerin kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigungen mit Wahrscheinlichkeit einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb nachgehen.
1.5. Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 % erfüllt die Beschwerdeführerin nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Begünstigteneigenschaft nach dem BEinstG.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den persönlichen Daten der Beschwerdeführerin und ihren Wohnsitz ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Gerichtsakt.
Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin und dem Gesamtgrad der Behinderung gründen auf dem von der belangten Behörde eingeholten, oben in Teilen wiedergegebenen, schlüssigen Sachverständigengutachten von Dr.in XXXX , Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 20.12.2022.
Die beigezogene Sachverständige hat die Einschätzung des Grades der Behinderung auf Basis der Einschätzungsverordnung, BGBl Nr. 261/2010 idgF, vorgenommen. Dieser Maßstab ist für die Einschätzung des Grades der Behinderung heranzuziehen und in den gesetzlichen Bestimmungen (§ 41 Abs. 1 BBG und § 14 Abs. 2 BEinstG) verankert.
Die von der belangten Behörde beigezogene Sachverständige hat sich ausführlich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, deren vorgelegten medizinischen Befunden und der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen auseinandergesetzt. Sie geht in ihrem Gutachten ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei auf die Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß ein. Die getroffenen Einschätzungen basieren auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden und entsprechen den festgestellten Leidensbeeinträchtigungen. Das eingeholte Sachverständigengutachten steht auch nicht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen in Widerspruch und es war auch nicht die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilungen bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die von der Sachverständigen gewählten Positionsnummern aus der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechen den festgestellten Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin und sind nachvollziehbar. Auch die herangezogenen Rahmensätze in Verbindung mit dem zugeordneten Grad der Behinderung sind schlüssig begründet.
Das führende Leiden 1, die anhaltende Schmerzstörung und depressive Störung, stufte die Sachverständige für Neurologie und Psychiatrie unter der Positionsnummer 03.05.01, somit als Störung leichten Grades, im oberen Rahmensatz, mit einem Grad der Behinderung von 40 % ein. Begründend führte die Sachverständige nachvollziehbar aus, dass ausgeprägte affektive und somatische Symptome, jedoch keine kognitiven Störungen bestehen. Damit ordnete die Sachverständige das Leiden 1 im Vergleich zum Vorgutachten vom 30.08.2022, worin die Sachverständige für Allgemeinmedizin das Leiden unter der Positionsnummer 04.11.02, sohin als chronisches Schmerzsyndrom mit mittelschwerer Verlaufsform, eingliederte, einer anderen Positionsnummer zu.
Den psychopathologischen Status betreffend hielt die Sachverständige Dr.in XXXX anschaulich fest, dass die Beschwerdeführerin kooperativ, freundlich, bewusstseinsklar, voll orientiert und gut auskunftsfähig ist. Zwar ist sie klagsam und ihre Stimmungslage ist gedrückt, labil und weinte während der Untersuchung. Es besteht jedoch ein geordneter und kohärenter Gedankenductus. Die Konzentration und der Antrieb sind unauffällig und es liegt kein kognitiv-mnestisches Defizit vor. Ihre Affekte sind angepasst und die Symptomatik ist nicht produktiv. Diese Einschätzungen decken sich auch mit den Ausführungen zum psychopathologischen Status im vorgelegten klinisch psychologischen Befund vom 30.03.2022.
Um die nächste Positionsnummer (03.05.02.) und damit einen höheren Grad der Behinderung zu erreichen, müssten auch kognitive Störungen sowie ernsthafte Beeinträchtigungen in den meisten sozialen Bereichen vorliegen. Da solche weder durch geeignete medizinische Befunde dargelegt werden konnten noch in der persönlichen Untersuchung hervorgekommen sind, war die getroffene Einstufung nachvollziehbar und schlüssig.
Die Beschwerdeführerin brachte zwar vor, dass die getroffene Einschätzung des Leidens 1 mit lediglich 40 % dem vorliegenden Leidenszustand nicht gerecht werde, da trotz umfangreicher und langjähriger Behandlung anhaltende Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Kraftlosigkeit sowie Ein- und Durchschlafstörungen bestehen würden, welche die Lebensqualität der Beschwerdeführerin deutlich beeinträchtigen würden, sowie die zuletzt durchgeführte neurologische Rehabilitation zu einer weiteren Verschlechterung des Zustandes geführt und die Beschwerdeführerin infolge ihrer körperlichen Beschwerden eine Depression entwickelt habe. Im neurologischen Entlassungsbericht vom 30.09.2022 wurde dazu angeführt, dass die Beschwerdeführerin in Bezug auf die kognitive Leistungsfähigkeit angab, dass, vermutlich affektivbedingt, Schwankungen in der Konzentration sowie eine reduzierte reaktive Belastbarkeit vorliegen würden. Den psychopathologischen Status betreffend wurde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin bewusstseinsklar und orientiert ist. Der Gedankengang ist formal geordnet und es bestehen keine inhaltlichen Denkstörungen und keine produktive Symptomatik. Die Grundstimmung ist ausgeglichen, der Affekt wird als „gut schwingungsfähig“ bezeichnet, der Antrieb und die Psychomotorik sind normal und ausgeglichen und es liegen keine Konzentrationsstörungen vor. Mnestisch und kognitiv ist die Beschwerdeführerin nicht eingeschränkt.
Dem Vorbringen sind auch die Ausführungen der Sachverständigen zum psychopathologischen Status entgegen zu halten, die in Einklang mit dem Befund vom 30.09.2022 stehen. Weiters ist diesbezüglich anzumerken, dass die Sachverständige Dr.in XXXX nachweislich die dazu vorgelegten Befunde berücksichtigt hat und anhand dieser und der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin nachvollziehbar die oben dargelegten Einschätzungen getroffen hat.
Bezüglich des neurologischen Status führte die Sachverständige zudem aus, dass Geruch und Hörvermögen anamnestisch unauffällig sind. Fingerperimetrisch liegt im Gesichtsfeld keine Einschränkung vor. Die Pupillen sind mittelweit und gleich groß. Die Optomotorik ist frei und es liegen weder Doppelbilder noch ein Nystagmus (Augenzittern) vor. Die Facialis (Gesichtsnerven) sind seitengleich innerviert (mit Nerven versehen) und es ist kein mimisches Defizit erkennbar. Die Sensibilität ist unauffällig. Die Zunge ist gut beweglich, das Gaumenzäpfchen ist mittelständig und der Gaumensegel hebt sich symmetrisch. Die Kopfdrehung und Schulterhebung erfolgt unauffällig. Die Kraft, Trophik und der Muskeltonus sind sowohl in den oberen als auch unteren Extremitäten ebenso unauffällig. Der Nacken- und Schürzengriff ist nicht eingeschränkt. Die Seitabduktion ist beidseits bis knapp über die Horizontale möglich. Dann verspürt die Beschwerdeführerin Schmerzen. Der Faustschluss und das Fingerspreizen sind gut durchführbar und der Pinzettengriff ist beidseits möglich. Die Feinmotorik ist ungestört. Der Muskeleigenreflex ist seitengleich mittellebhaft. Die Pyramidenbahnzeichen sind negativ und die Eudiadochokinese (Fähigkeit, rasch aufeinander folgende Bewegungen durchzuführen) besteht. Die Sensibilität ist sowohl an den oberen als auch unteren Extremitäten unauffällig. Der Patellarsehnen- und Achillessehnenreflex ist seitengleich mittellebhaft. Ein Dehnungsschmerz des Ischiasnerves (Lasegue) ist nicht gegeben, obwohl die Beschwerdeführerin das Bein nur für kurze Zeit erhöht halten konnte. Der Knie-Hacke-Versuch ist zielsicher, aber die Ferse wird auf der Unterlage schleifend zum Knie geführt und das Anheben der Beine ist aufgrund von Schmerzen nicht möglich. Schließlich sind der Stand, Gang, der Romberg-Test (Test zur Untersuchung von Gleichgewichtsstörungen), der Unterberger Tretversuch (neurologischer Test zur Überprüfung der Reflexbahnen zwischen den Gleichgewichtszentren) und die Sprache unauffällig.
Sofern die Beschwerdeführerin dazu vorbrachte, dass die degenerativen Abnutzungserscheinungen in beiden Vorfüßen sowie beiden Händen und der Wirbelsäule im aktuellen Sachverständigengutachten keine Berücksichtigung finden würden, ist zu entgegnen, dass die Sachverständige diese sehr wohl in ihrer Begutachtung einbezog und unter das führende Leiden 1, wie bereits oben beweisgewürdigt, nachvollziehbar und schlüssig dementsprechend einstufte und ausführlich auf den klinischen Status einging.
Das Leiden 2, das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS), stufte die Sachverständige für Neurologie und Psychiatrie unter der Positionsnummer 06.11.02, sohin als mittelschwere Form, im unteren Rahmensatz, mit einem Grad der Behinderung von 20 % ein. Diese Einstufung begründete die Sachverständige damit, dass eine PAP Therapie (Therapie mit positiven Atemwegsdruck) geplant ist. Diesbezüglich dokumentierte die Sachverständige, dass das Leiden, aufgrund des von der Beschwerdeführerin vorgelegten ambulanten Patientenbriefs des XXXX vom 23.10.2022, nach erfolgter Polygraphie am 18.10.2022, um eine Stufe erhöht wurde. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, dass nunmehr ein mittelgradiges lageunabhängiges Schlafapnoesyndrom vorliege und dieses daher nach der Positionsnummer 06.11.02 einzustufen sei, wurde damit entsprochen. Gegenteiliges lässt sich daher aus den vorgelegten Befunden und aus dem Vorbingen der Beschwerdeführerin nicht ableiten.
In Bezug auf den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten und in den vorgelegten medizinischen Befunden dokumentierten Verdacht auf small fiber Neuropathie stellte die Sachverständige richtigerweise fest, dass sich das Vorliegen einer solchen noch in Abklärung befindet und ein Biopsiebefund noch nicht vorliegt.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin vom 08.02.2023, dass nunmehr mittels Hautbiopsie der Verdacht auf small fiber PNP bestätigt worden sei, sowie der dazu vorgelegte Befund einer Fachärztin für Neurologie vom 03.02.2023, waren nicht mehr zu berücksichtigen, da das Vorbringen nach Einbringen der Beschwerde in Verbindung mit dem Vorlageantrag erfolgte und daher die „begrenzte Neuerungsbeschränkung“ gemäß § 19 Abs. 1 dritter Satz BEinstG greift (siehe rechtliche Beurteilung). Zwar wurde der Verdacht auf small fiber PNP in mehreren vorgelegten Befunden bereits angemerkt, sowie auch von der Sachverständigen festgehalten, jedoch wurde dieser Verdacht erst nunmehr durch medizinische Unterlagen bestätigt.
Zu den weiteren Befunden vom 05.12.2022, 12.12.2022 und 13.12.2022 wird angemerkt, dass sich aus diesen auch keine beachtenswerte Änderung zu den bereits vorgelegten Befunden ableiten lässt.
Schließlich führte die Sachverständige Dr.in XXXX zum Gesamtgrad der Behinderung aus, dass sich dieser im Vergleich zum Vorgutachten vom 30.08.2022 nicht geändert hat. Die Sachverständige merkte dazu nachvollziehbar an, dass die Auswirkungen des führenden Leidens 1 durch die des Leidens 2, wegen fehlender relevanter wechselseitiger negativer Leidensbeeinflussung, nicht verstärkt werden.
Insgesamt sind in dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten sämtliche Leiden der Beschwerdeführerin berücksichtigt und den jeweiligen Positionsnummern mit dem Grad der Behinderung der Anlage der Einschätzungsverordnung zugeordnet worden. Es sind demnach die angenommenen Rahmensätze und der Grad der Behinderung ausreichend begründet worden. Die Einschätzung der Gesundheitsbeeinträchtigungen der Beschwerdeführerin durch die Sachverständige stimmt mit den vorgelegten Befunden der Beschwerdeführerin überein.
Ihr Vorbringen war nicht geeignet, das eingeholte schlüssige Gutachten von Dr.in XXXX vom 20.12.2022 zu entkräften. Es ergab sich auch kein Anhaltspunkt die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung in Zweifel zu ziehen, weshalb der Einschätzung der beauftragten Sachverständigen zu folgen war. Das eingeholte Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 19b Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG), BGBl. Nr. 22/1970 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch den Senat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; VwGH 10.09.2014, Ra 2014/08/0005).
3.1. Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 2 Abs. 1 BEinstG sind begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:
1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,
2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,
3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind.
Gemäß § 2 Abs. 2 BEinstG gelten nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 behinderte Personen, die
a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder
b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder
c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder
d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.
Gemäß § 2 Abs. 3 BEinstG gelten die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.
Gemäß § 3 BEinstG ist Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 14 Abs. 1 BEinstG gilt als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH
a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002 oder des Bundesverwaltungsgerichts;
b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;
c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) oder des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;
d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).
Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen.
Gemäß § 14 Abs. 2 BEinstG hat, wenn ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vorliegt, auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monats wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung der Entscheidung folgt, mit der der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.
Wie bereits oben ausgeführt, liegt ein Grad der Behinderung von 40 % vor und sind somit die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zum Personenkreis der begünstigten Behinderten nicht erfüllt.
Was den Umstand betrifft, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin mit 40 % festgestellt worden ist, ist auf den ausdrücklichen Wortlaut des § 14 Abs. 2 1. Satz BEinstG und die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach dem Gesetz nicht entnommen werden kann, dass der Grad der Behinderung auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG, also wenn der Grad der Behinderung mit weniger als 50 % eingeschätzt wird, bescheidmäßig festzustellen ist (vgl. VwGH 24.04.2012, Zl. 2010/11/0173), zu verweisen.
Gemäß § 19 Abs. 1 dritter Satz BEinstG dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden. Dem/Der AntragstellerIn obliegt es, jene Beeinträchtigungen anzugeben, die seiner/ihrer Einschätzung nach den maßgeblichen Grad der Behinderung oder der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit zur Folge haben. § 19 dritter Satz BEinstG beschränkt das Vorbringen "neuer Tatsachen" auf die Zeitphase von der Antragstellung bis zur Vorlage einer allfälligen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Da der/die AntragstellerIn seine/ihre maßgeblichen Beeinträchtigungen kennt, liegt es an ihm/ihr, diese bereits während des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde offenzulegen (soweit er/sie diese geltend machen möchte) und gegebenenfalls auch (Privat-)Gutachten als Reaktion auf von der Behörde herangezogene Sachverständigengutachten vorzulegen. Es handelt sich hier um eine „begrenzte Neuerungsbeschränkung“, da dem/der BeschwerdeführerIn eine unbegrenzte Beschwerdemöglichkeit zur Verfügung steht. Neuerungen, die bereits in der Beschwerde vorgebracht wurden, sind daher von § 19 Abs. 1 dritter Satz BEinstG nicht erfasst und müssen vom Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt werden. Zudem wird durch § 14 Abs. 5 BEinstG gewährleistet, dass offenkundige Änderungen des Leidenszustandes jedenfalls einem neuen Antrag zugänglich sind und der Unzulässigkeitsgrund einer res iudicata darauf nicht zur Anwendung kommt. (vgl. VfGH 14.12.2021, G225/2021)
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin am 08.02.2023, dass nunmehr mittels Hautbiopsie der Verdacht auf small fiber PNP bestätigt worden sei, und der dazu vorgelegte Befund einer Fachärztin für Neurologie vom 03.02.2023 nach Vorlage des Vorlageantrags der Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgerichts am 02.02.2023 waren daher nicht zu berücksichtigen. Daran ändert auch nichts, dass der Verdacht auf das Vorliegen dieser Erkrankung während des Beschwerdeverfahrens bereits bestand. Ebenso waren aufgrund des Neuerungsverbotes nach Vorlage des Vorlageantrages am 02.02.2023 die mit Schreiben vom 07.02.2023 und 29.3.2023 vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht mehr in das Verfahren einzubeziehen.
Die Beschwerde in Verbindung mit dem Vorlageantrag war mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass die Feststellung des Grades der Behinderung im Spruch des angefochtenen Bescheides in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 20.01.2023 entfällt.
3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Im gegenständlichen Fall war zu klären, ob die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Gesundheitsschädigungen dem Personenkreis der begünstigten Behinderten zugehörig ist und der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung. Wie oben ausgeführt wurde das Gutachten von Dr.in XXXX , Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 20.12.2022 als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
3.3. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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