BVwG W155 2112326-1

BVwGW155 2112326-121.10.2015

AVG 1950 §74 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs7a
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGVG §17
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §35
AVG 1950 §74 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs7a
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGVG §17
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §35

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W155.2112326.1.00

 

Spruch:

W155 2112326-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Silvia KRASA als Vorsitzende und die Richter Mag. Georg PECH und Mag. Katharina DAVID als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , beide vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom XXXX , Zl. XXXX , betreffend Zurückweisung eines Antrags auf UVP-Feststellung zum Vorhaben "Citylife Rehrlplatz" in Salzburg

zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.

II. Der Antrag auf Kostenersatz wird gem. §§ 17 VwGVG iVm. 74 AVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die AH Projektentwicklung GmbH plant die Errichtung der Anlage CLR "Citylife" Rehrlplatz in Salzburg auf Gst Nr. 1977/3 und 1979/4, KG 56537, bestehend aus Wohnungen, einer Geschäftsfläche, fünf Etagen und 106 KFZ- Stellplätzen.

Das baurechtliche Genehmigungsverfahren ist anhängig.

2. Mit Schreiben vom 26.06. 2015 beantragten XXXX KG (idF Beschwerdeführer), beide vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH, die Salzburger Landesregierung (idF belangte Behörde) möge als zuständige UVP-Behörde feststellen, dass für das gegenständliche Vorhaben eine UVP durchzuführen ist. Die Antragslegitimation wurde damit begründet, dass den Beschwerdeführern auf Grund unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen, nämlich der RL 2011/92/EU , Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren zukomme.

3. Mit angefochtenem Bescheid wurde dieser Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass nach nationaler Rechtslage keinem der Antragsteller die Legitimation zur Einbringung eines Antrags gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 zukomme und darüber hinaus im Feststellungsverfahren auch niemandem Parteistellung zukomme und dies nach der Rechtsprechung des EuGH und dieser folgend des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) auch nicht geboten sei.

4. In der gegen diesen Bescheid erhoben Beschwerde bringen die Beschwerdeführer einerseits inhaltlich vor, warum das gegenständliche Vorhaben einer UVP zu unterziehen sei. Andererseits vermeinen sie auf Grund des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts in Form der RL 2011/92/EU Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren zu haben. Im Weiteren wurde auf die aktuelle Judikatur des EuGH zu dieser Rechtsfrage verwiesen:

Am 17.10.2013 habe die Europäische Kommission die Republik Österreich aufgefordert, die Vorschriften zur Regelung hinsichtlich umweltrelevanter Entscheidungen zu verbessern. Gemäß der RL 2011/92/EU können Bürger die gerichtliche Überprüfung einer Entscheidung beantragen, die unter die RL falle. Die Europäische Kommission sei diesbezüglich besorgt über die Beschränkungen der Rechte von Einzelpersonen. Da Österreich die RL 2011/92/EU somit nicht entsprechend umgesetzt habe, bestehe hinsichtlich der Anwendung Vorrang der unionsrechtlichen Normen gegenüber den entgegenstehenden innerstaatlichen Regelungen. Bei unionskonformer Anwendung der RL 2011/92/EU ergebe sich daher, dass den Beschwerdeführern in ihrer Eigenschaft als Bürger im Feststellungsverfahren Parteistellung zukomme. Da die belangte Behörde die Antragslegitimation bzw. Parteistellung zu Unrecht verneint habe, sei der Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Bei rechtskonformer Rechtsanwendung - insbesondere im Lichte des Unionsrechtes - hätte die belangte Behörde über den Feststellungsantrag entscheiden und die UVP-Pflicht bejahen müssen. Die sohin rechtwidrige Zurückweisung der Feststellungsanträge bewirke eine Verletzung der gesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechte auf Feststellung der Parteistellung und der damit verbundenen Antragslegitimation gem. den Bestimmungen des UVP-G 2000.

Die Beschwerdeführer stellten schließlich die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid aufheben und feststellen, dass für das gegenständliche Vorhaben eine UVP nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist, in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen, eine mündliche Verhandlung durchführen und erkennen, dass das Land Salzburg als Rechtsträger schuldig sei, die Verfahrenskosten zu Handen des Rechtsvertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die AH Projektentwicklung GmbH plant die Errichtung der Anlage CLR Citylife Rehrlplatz in Salzburg auf Gst Nr. 1977/3 und 1979/4, KG 56537, bestehend aus Wohnungen, einer Geschäftsfläche, fünf Etagen und 106 KFZ- Stellplätzen.

Das baurechtliche Genehmigungsverfahren ist anhängig.

Mit Schreiben vom 26.06.2015 beantragten die Beschwerdeführer, die belangte Behörde möge feststellen, dass für das gegenständliche Vorhaben eine UVP durchzuführen ist und bestritten, dass das Genehmigungsverfahren für das gegenständliche Projekt nach den baurechtlichen Bestimmungen durchzuführen ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG iVm § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 liegt Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte trotz Antrags gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, zumal der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen ist. Eine mündliche Erörterung lässt eine weitere Klärung der Rechtssache auch nicht erwarten, zumal im Beschwerdeverfahren keine neuen fachlichen Argumente vorgebracht wurden, reine Rechtsfragen zu lösen waren und eine bloße formale Entscheidung zu treffen war.

Zu Spruchpunkt A) I.

Bereits in seiner Entscheidung Spielberg-Formel-1-Rennen vom 17.06.2014, Zl. W113 2006688-1, hat das Bundesverwaltungsgericht ausführlich dargestellt, warum einem Nachbarn im Feststellungsverfahren nach bisheriger Judikatur des Umweltsenats und des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) keine Antragslegitimation auf Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahrens und keine Parteistellung zukommt:

Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 ergibt sich, dass einen zulässigen Antrag auf Feststellung, ob für ein Vorhaben eine UVP durchzuführen ist, der Projektwerber, der Umweltanwalt oder die mitwirkende Behörde stellen kann. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das BVwG zu erheben, haben auf Grund des Wortlautes des § 3 Abs. 7 leg. cit. der Projektwerber, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Gegen einen negativen UVP-Feststellungsbescheid ist auch eine anerkannte Umweltorganisation gemäß § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 berechtigt, Beschwerde an das BVwG zu erheben.

Nachbarn haben im UVP-Feststellungsverfahren daher weder Parteistellung, noch können sie einen zulässigen Antrag auf Einleitung eines solchen Feststellungsverfahrens stellen, was in (bisheriger) ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes, des Bundesverwaltungsgerichtes sowie des Umweltsenates immer wieder bestätigt wurde (VwGH 28.6.2005, 2004/05/0032; 27.9.2007, 2006/07/0066; 22.04.2009, 2009/04/0019; VfGH vom 23.11.2003, B 1212/02; ausführlich BVwG 17.06.2014, W113 2006688-1, Spielberg-Formel-1-Rennen; 28.08.2014, W109 2008471-1, Heimschuh, Intensivtierhaltung; 04.11.2014, W155 2000191-1, Gosdorf, Intensivtierhaltung; 26.02.2015, W143 2008995-1 Murfeld, Intensivtierhaltung Oberschwarza; 26.03.2015, W225 2016189-1, Mattighofen Umfahrung; US 30.7.2010, 7B/2010/4-28, Hofstätten/Raab).

Die Beschwerdeführer bringen nun sinngemäß vor, sie seien als Nachbarn bzw.Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit vom Vorhaben betroffen und hätten auf Grund des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts, nämlich der RL 2011/92/EU , Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren. Sie beziehen sich auf die aktuelle Judikatur des EuGH zu dieser Frage.

Mit Beschluss des VwGH vom 16.10.2013, Zl. 2012/04/0040, hat dieser dem EuGH die Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob das Unionsrecht, insbesondere Art. 11 UVP-RL, einer nationalen Rechtslage entgegen steht, nach der ein Bescheid, mit dem festgestellt wird, dass bei einem bestimmten Projekt keine UVP durchzuführen ist, Bindungswirkung auch für Nachbarn, denen im vorangegangenen Feststellungsverfahren keine Parteistellung zukam, entfaltet, und diesen in nachfolgenden Genehmigungsverfahren entgegengehalten werden kann, auch wenn diese die Möglichkeit haben, ihre Einwendungen gegen das Vorhaben in diesen Genehmigungsverfahren zu erheben und wenn ja, ob es das Unionsrecht verlangt, diese Bindungswirkung zu verneinen. Bereits in Pkt. 2 der Begründung dieses Vorlagebeschlusses hat der VwGH für den Fall, dass die Bindungswirkung durch den EuGH als nicht europarechtskonform qualifiziert würde, ausgeführt, dass dann die "belangte Behörde in der Situation des Ausgangsverfahrens verpflichtet [sei], zur Beurteilung ihrer eigenen Zuständigkeit auf die Einwendungen der Beschwerdeführer gegen den UVP-Feststellungsbescheid einzugehen und aus eigenem zu beurteilen, ob das vorliegende Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung durch die nach nationalem (österreichischem) Recht zuständige Behörde, also nach dem UVP-G 2000, zu unterziehen wäre."

Nunmehr liegen die Entscheidungen des EuGH (EuGH 16.04.2015, Rs C-570/13 ) und des VwGH im Anlassfall (VwGH 22.06.2015, 2015/04/0002-18) vor. Der EuGH zählt Nachbarn iSd GewO zur betroffenen Öffentlichkeit im UVP-rechtlichen Sinne. Indem das UVP-G 2000 das Beschwerderecht gegen UVP-Feststellungsbescheide auf bestimmte Parteien beschränkt, nimmt es insbesondere auch den Nachbarn dieses Recht. Dieser nahezu vollständige Ausschluss beschränkt die Tragweite des Art. 11 Abs. 1 der UVP-RL und ist daher nicht mit der UVP-RL vereinbar. Folglich darf ein UVP-Feststellungsbescheid etwa einen Nachbarn nicht daran hindern, diese Entscheidung im Rahmen eines gegen einen späteren Genehmigungsbescheid eingelegten Rechtsbehelfs anzufechten (vgl. Rn 42ff der zitierten EuGH-Entscheidung).

Das alles soll aber die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, ein System zu schaffen, in dem in einem UVP-Feststellungsverfahren nachfolgenden Genehmigungsverfahren die Umweltverträglichkeit geprüft wird (dann aber nicht durch die UVP-Behörde), solange nur die Anforderungen der Art. 5 bis 10 der UVP-RL erfüllt sind (Sander im www.umweltrechtsblogg.at am 16.04.2015, Keine uneingeschränkte Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden - Vorabentscheidungsverfahren "Gruber" ist entschieden).

EuGH in Rz 51 der zitierten Entscheidung: "Nach alledem sind die Vorlagefragen dahin zu beantworten, dass Art. 11 der Richtlinie 2011/92 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen - wonach eine Verwaltungsentscheidung, mit der festgestellt wird, dass für ein Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Bindungswirkung für Nachbarn hat, die vom Recht auf Erhebung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung ausgeschlossen sind - entgegensteht, sofern diese Nachbarn, die zur "betroffenen Öffentlichkeit" im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie gehören, die Kriterien des nationalen Rechts in Bezug auf das "ausreichende Interesse" oder die "Rechtsverletzung" erfüllen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzung in der bei ihm anhängigen Rechtssache erfüllt ist. Ist dies der Fall, muss das vorlegende Gericht feststellen, dass eine Verwaltungsentscheidung, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, gegenüber diesen Nachbarn keine Bindungswirkung hat."

Nach seiner Entscheidung im Fall Gruber, die auf Grundlage des angeführten EuGH-Urteils am 22.06.2015 zu Zl. 2015/04/0002 ergangen ist, folgt nun nach Ansicht des VwGH für den dort entschiedenen konkreten Fall folgendes: Zwar ist die Durchführung einer sog. "de-facto-UVP" durch die Gewerbebehörde ausgeschlossen; die (Fach‑)Behörde in einem materienrechtlichen Verfahren ist jedoch verpflichtet, ihre Zuständigkeit von Amts wegen unter Berücksichtigung einer allfälligen UVP-Pflicht des eingereichten Vorhabens zu prüfen und - u.a. aufgrund des Vorbringens eines betroffenen Nachbarn - in ihrem Bescheid darzulegen, warum sie vom Fehlen einer UVP-Pflicht und damit von ihrer Zuständigkeit ausgeht. Der VwGH verweist in diesem Erkenntnis auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach in einem materienrechtlichen Verfahren Nachbarn im Rahmen ihres Mitspracherechts mit dem Vorbringen, es sei keine UVP durchgeführt worden, die Frage der Zuständigkeit der vollziehenden Behörde aufwerfen können. Nach dem Urteil des EuGH im Fall Gruber seien die Bestimmungen des Art. 11 der UVP-Richtlinie nicht restriktiv auszulegen und daher müsse auch zur Frage der UVP-Pflicht Nachbarn ein Rechtsbehelf offen stehen, und zwar gegen die Entscheidung, keine UVP durchzuführen oder in einem späteren Genehmigungsverfahren. Folge des EuGH-Urteils im Fall Gruber sei gleichzeitig, dass der Feststellungsbescheid nach UVP-G 2000 keine Bindungswirkung für Nachbarn mehr entfalte.

Somit sieht das Bundesverwaltungsgericht nach der Entscheidung des VwGH im Fall Gruber, wie auch bereits in seinen Entscheidungen 21.07.2015, W113 2108149-1, Pyburg-Windpassing B123-Umfahrung; 24.07.2015, W104 2016940-2, Klagenfurt, biomassebefeuertes Heizkraftwerk 2; 07.09.2015, W109 2111284-1, Prambachkirchen Gewerbepark und 16.09.2015, W193 2110137-1, Steyr Voralpenstraße Westspange, ausgeführt, keinen Grund anzunehmen, die Rechtslage habe sich in der Weise geändert, dass Nachbarn nun unmittelbar auf Grund des Unionsrechtes ein Antragsrecht auf Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahrens zuzugestehen sei. Die Bindungswirkung eines Feststellungsbescheides kann Nachbarn nicht mehr entgegengehalten werden. Im Umkehrschluss führt dies aber auf Basis der zitierten Entscheidung des VwGH nicht automatisch dazu, dass Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 Parteistellung einzuräumen ist. Vielmehr kann dem Unionsrecht auch dadurch Genüge getan werden, dass dem Nachbarn das Recht auf Klärung der Frage der UVP-Pflicht in einem (materienrechtlichen) Genehmigungsverfahren zusteht (vgl. Berger, Keine Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden, RdU 2015/84). Diese Möglichkeit muss umso mehr bestehen, als einem Nachbarn nach dem UVP-G 2000 auch keine Beschwerdelegitimation gegen einen negativen UVP-Feststellungsbescheid ähnlich dem § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 eingeräumt ist (vgl. VwGH 28.05.2015, 2013/07/0105). Im Rahmen eines materienrechtlichen Genehmigungsverfahrens kann die dort zuständige Behörde etwa als mitwirkende Behörde bei der UVP-Behörde einen Feststellungsantrag nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 stellen und unter Auseinandersetzung mit dem daraufhin ergehenden oder mit einem bereits früher erlassenen Feststellungsbescheid eine Entscheidung treffen.

Die zurückweisende Entscheidung der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht.

Zu Spruchpunkt A) II.

In § 35 VwGVG ist ein Kostenersatz lediglich für Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt geregelt. Sonstige Regelungen über die Kostentragung sind nicht statuiert. Nach der Grundregel des § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Im Anwendungsbereich des AVG gilt damit der Grundsatz der Kostenselbsttragung (VwGH 27.06.2007, 2005/04/0257). Dieser Grundsatz gilt auch gegenüber der Behörde (VwGH 02.05.2006, 2004/07/0089). Ein Kostenersatz zwischen den Beteiligten findet nur dort statt, wo er in der Verwaltungsvorschrift geregelt ist. Da im verwaltungsgerichtlichen Verfahren kein Kostenersatz vorgesehen ist, findet somit gemäß § 74 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG ein solcher nicht statt, weshalb der diesbezügliche Antrag abzuweisen war.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und zu der es keine eindeutige Rechtsprechung des VwGH gibt und auch die Rechtslage nicht eindeutig ist.

Die Frage, ob Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren Parteistellung haben oder ihnen nach der nationalen Rechtslage ein Antragsrecht auf Einleitung eines solchen Verfahrens zukommt, ist auf Grund des eindeutigen Gesetzeswortlautes des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 und der älteren Judikatur des VwGH (VwGH 27.09.2007, 2006/07/0066; 22.04.2009, 2009/04/0019; 28.06.2005, 2004/05/0032) zu verneinen.

Auch aus der neueren Judikatur des VwGH und des EuGH ergibt sich nicht, dass eine solche Parteistellung oder Antragslegitimation auf Grund eines unmittelbar anwendbaren Unionsrechts gegeben wäre (VwGH 22.06.2015, 2015/04/0002-18, wo nur die Frage der Bindungswirkung eines UVP-Feststellungsbescheides besprochen wurde; 28.05.2015, 2013/07/0105; EuGH 16.04.2015, C-570/13 ). Dennoch wurde über die Frage, ob Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren entgegen der nationalen Rechtslage Parteistellung einzuräumen ist nach der aktuelleren zitierten Judikatur noch nicht höchstgerichtlich abgesprochen, weshalb die Revision zuzulassen ist.

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