BVwG W138 2123234-1

BVwGW138 2123234-123.3.2016

BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1
BVergG §312 Abs2
BVergG §318 Abs1
BVergG §320 Abs1
BVergG §326
BVergG §328 Abs1
BVergG §328 Abs2
BVergG §329 Abs1
BVergG §329 Abs3
BVergG §329 Abs4
BVergG §34 Abs2
BVergG §345 Abs17
BVergG §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1
BVergG §312 Abs2
BVergG §318 Abs1
BVergG §320 Abs1
BVergG §326
BVergG §328 Abs1
BVergG §328 Abs2
BVergG §329 Abs1
BVergG §329 Abs3
BVergG §329 Abs4
BVergG §34 Abs2
BVergG §345 Abs17
BVergG §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W138.2123234.1.00

 

Spruch:

W138 2123234-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Klaus HOCHSTEINER als Einzelrichter über den Antrag der XXXX vertreten durch Ehrlich-Rogner & Schlögl Rechtsanwalts-Partnerschaft, Seilerstätte 15, 1010 Wien betreffend das Vergabeverfahren Wettbewerblicher Dialog gemäß den Bestimmungen für den OSB (§ 34 Abs 2 BVergG 2006) über die Beschaffung eines "webbasierten Sportfördermanagementsystems"; BMLVS-intern GZ: E90012/7/00-00-KA/2014 der Auftraggeberin Republik Österreich, vertreten durch den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport, vergebende Stelle Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS), kaufmännische Abteilung/Referat 5, Roßauer Lände 1, 1090 Wien, diese vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19,1010 Wien vom 17.03.2016 beschlossen:

A)

Dem Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge dem Auftraggeber untersagen den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren bis zur Entscheidung über den gestellten Nachprüfungsantrag zu erteilen, wird stattgegeben.

Dem Auftraggeber wird gem. §§ 328 Abs. 1, 329 Abs. 1, 3 und 4 BVergG für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, den Zuschlag zu erteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 17.03.2016, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, stellte die XXXX (im Weiteren Antragstellerin) das im Spruch ersichtliche Begehren in Verbindung mit dem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 07.03.2016 zu Gunsten der XXXX (im Weiteren: präsumtive Zuschlagsempfängerin).

Im verfahrenseinleitenden Schriftsatz brachte die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass das Interesse am Vertragsabschluss evident sei, zumal sich die Antragstellerin am gegenständlichen Vergabeverfahren beteiligt habe und zeitgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt habe.

Das Vergabeverfahren werde als wettbewerblicher Dialog im Oberschwellenbereich geführt und betrage die Frist für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages zehn Tage. Somit sei der Nachprüfungsantrag rechtzeitig. Die Pauschalgebühr sei ordnungsgemäß entrichtet worden. Die Auftraggeberin hätte bei vergaberechtskonformer Vorgangsweise das nunmehr für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommene Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ausscheiden müssen und das Angebot der Antragstellerin für die Zuschlagserteilung in Aussicht nehmen müssen. Sollte dem Nachprüfungsantrag nicht stattgegeben werden, wäre die Antragstellerin in folgenden Rechten verletzt:

? Im Recht, dass ein nach den Vorschriften der Ausschreibung auszuschließender Bieter auch tatsächlich ausgeschlossen werde und dass diesem nicht der Zuschlag erteilt werde;

? Im Recht, dass ein zu ausschließender Bieter auch tatsächlich ausgeschlossen werde und dass diesem nicht der Zuschlag erteilt werde;

? Im Recht, dass ein nicht ausschreibungskonformes Angebot eines anderen Bieters ausgeschieden werden müsse;

? Im Recht auf Durchführung des Vergabeverfahrens gemäß den Bestimmungen des BVergG und unter Beachtung des Diskriminierungsverbotes und entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs;

? Überhaupt im Recht auf Einhaltung des gesamten Vergaberechtsregimes.

Die angefochtene Zuschlagsentscheidung sei aus nachfolgenden Gründen vergaberechtswidrig:

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin sei den Auswahlkriterien nicht nachgekommen und habe dies auch gar nicht gekonnt. Der Antragstellerin sei nicht bekannt, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin über entsprechende Referenzprojekte, wie laut Ausschreibungskriterien gefordert, verfüge bzw. abgewickelt habe. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin zumindest zum Zeitpunkt des Bieterverfahrens nicht über die entsprechenden Kapazitäten verfügt habe, ein derart komplexes Projekt wie das ausschreibungsgegenständliche abzuwickeln. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hätte daher auch nicht die entsprechenden Ausschreibungskriterien der technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfüllt. Aus diesem Grunde wäre die präsumtive Zuschlagsempfängerin auszuscheiden gewesen. Bei dem von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gelegten Angebotspreis handle es sich jedenfalls um einen Unterpreis. Die Unterpreisigkeit des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ergebe sich auch daraus, dass der von der Antragstellerin kalkulierte und angebotene Preis ein äußerst kompetitiver sei, welcher dennoch den Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin um beinahe das Dreifache übersteige. Den Ausschreibungsvorgaben sei nicht zu entnehmen, wie innerhalb des Zuschlagskriteriums "Muss-Kriterien" die immanenten Subkriterien laut Anforderungskatalog gewichtet seien. Die Ausschreibungsunterlagen würden dazu keine nachvollziehbaren Aussagen treffen. Dies bedeute, dass die vorliegenden Zuschlagskriterien nicht in einer objektiv transparenten Weise festgelegt worden seien, sondern würden die darin getroffenen Bedingungen willkürliche Interpretationsspielräume ermöglichen.

Damit sei einer gerichtlichen Überprüfbarkeit der Zuschlagsentscheidung die Grundlage entzogen. Auch aus diesem Grund sei die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären. Dies bedeute, dass sich die Antragstellerin auch in ihrem Recht, dass der Zuschlag auf Grundlage von nicht diskriminierenden Zuschlagskriterien erfolge, sowie im Recht, dass eine Ausschreibung die diskriminierende Zuschlagskriterien enthalte, widerrufen werde verletzt erachte.

Auf Grund des Umstandes, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin von der Bewertungskommission als jener Bieter mit dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot ausgewählt worden sei, ergebe sich, dass die Bewertungskommission möglicherweise nicht über die entsprechenden Voraussetzungen verfügt habe, die zur einwandfreien Beurteilung notwendig seien. Die Antragstellerin erachte sich dadurch in ihrem Recht, dass die Beurteilung der Angebote nur von Personen vorgenommen würden, welche die fachlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen würden und dem Recht auf eine fachkundige und richtige Anwendung der Zuschlagskriterien verletzt.

Das Bestbieterprinzip sei durch die von der Auswahlkommission getroffene Entscheidung völlig unterlaufen worden und tatsächlich die Auswahl nach einem Billigstbieterprinzip zur Anwendung gelangt. Wegen des Umstandes, dass offensichtlich das jeweilige Fachkonzept des einzelnen Bieters gar nicht gewichtet bzw. bewertet worden sei, sei das ausschließliche Auswahlkriterium der von einem Bieter in den Positionen 2. bis 4. angegebenen Preis. Der Ausschluss der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss, weil bei vergaberechtskonformer Vorgangsweise das ausschreibungsgemäße Angebot der Antragstellerin auf Grundlage der Zuschlagskriterien das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot entsprechend den Ausschreibungskriterien sei.

Bezüglich des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung brachte die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass die Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin ausfallen müsse. Würde die einstweilige Verfügung nicht erlassen werden, könnte die Auftraggeberin der präsumtiven Zuschlagsempfängerin den Zuschlag erteilen. Nach Zuschlagserteilung könnten die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten nurmehr zu Schadenersatzansprüchen führen; eine Zuschlagserteilung auf das Angebot der Antragstellerin wäre jedoch ausgeschlossen. Die mit dieser einstweiligen Verfügung beantragte Untersagung der Erteilung des Zuschlages sei gegenständlich das gelindeste geeignete Mittel, um das Interesse der Antragstellerin abzusichern, weil nur so die Zuschlagschancen aufrecht erhalten werden könne. Insbesondere aufgrund der langen Verfahrensdauer sei der öffentliche Auftraggeber in Bezug auf die Verlängerung durch die einstweilige Verfügung wenig schutzwürdig.

Mit Schriftsatz vom 22.03.2016 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und führte zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Wesentlichen aus, dass ein besonderes Interesse der Auftraggeberin an der unmittelbaren Fortführung des Verfahrens nicht bestehe. Nicht beurteilen könne die Auftraggeberin, ob Interessen sonstiger Bieter durch die Erlassung der einstweiligen Verfügung beeinträchtigt werden könnten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grund der vorgelegten Stellungnahmen sowie der bezugnehmenden Beilagen und der bisher vorgelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens wird im Rahmen des Provisorialverfahrens folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt.

Die Auftraggeberin führt unter der Bezeichnung Wettbewerblicher Dialog gemäß den Bestimmungen für den OSB (§ 34 Abs 2 BVergG 2006) über die Beschaffung eines "webbasierten Sportfördermanagementsystems"; BMLVS-intern GZ: E90012/7/00-00-KA/2014 einen wettbewerblichen Dialog im Oberschwellenbereich durch.

Mit Schreiben vom 07.03.2016, bei der Antragstellerin am selben Tag eingelangt, wurde der Antragstellerin die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mitgeteilt. Die Antragstellerin hat am 17.03.2016 mit Schriftsatz vom selben Tag einen gegen die Zuschlagsentscheidung gerichteten Nachprüfungsantrag und einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eingebracht.

Der Nachprüfungsantrag verbunden mit dem Antrag auf einstweilige Verfügung ist rechtzeitig. Die Pauschalgebühr wurde entrichtet.

2. Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus der Veröffentlichung und den Unterlagen des Vergabeverfahrens sowie den mit Schriftsatz der Auftraggeberin vom 22.03.2016 erteilten allgemeinen Auskunft. Widersprüche traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs. 1 BVergG ist im Anwendungsbereich des BVergG grundsätzlich die Entscheidung durch Senate vorgesehen. Einstweilige Verfügungen und verfahrensleitende Beschlüsse sind davon ausgenommen. Die Entscheidung ist daher durch einen Einzelrichter zu treffen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, das Agrarverfahrensgesetz - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 311 BVergG sind auf Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neben dem BVergG die Bestimmungen des VwGVG und des AVG anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 345 Abs. 17 Z 3 BVergG tritt u.a. der 4. Teil samt Überschrift am 1. Jänner 2014 in Kraft.

Zu A)

1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit des Antrages:

Auftraggeber gemäß § 2 Z 8 BVergG iVm § 3 Abs. 1 Z 1 BVergG ist die Republik Österreich (Bund). Daher ist die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Prüfung der gegenständlichen Beschaffung gegeben.

Nach Angaben der Auftraggeberin handelt es sich beim gegenständlichen Auftrag um einen Dienstleistungsauftrag iSd § 6 BVergG. Das Verfahren, welches von der Auftraggeberin als "wettbewerblicher Dialog" durchgeführt wird, ist dem Oberschwellenbereich zuzuordnen. Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren ist sohin gegeben. Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin, das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 312 Abs. 2 BVergG zur Nichterklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers und zu Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 320 BVergG nicht offensichtlich fehlen. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten Einstweiligen Verfügung gem. § 328 Abs. 1 BVergG zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 328 Abs. 2 BVergG vorliegen. Die Pauschalgebühr wurde bezahlt.

2. Inhaltliche Beurteilung des Antrags:

Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbare drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 329 Abs. 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahmen für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers, sowie eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 329 Abs. 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Gemäß § 329 Abs. 4 BVergG ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zur Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

Im Rahmen der Interessensabwägung nach § 329 Abs. 1 BVergG, sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten der Auftraggeberin die Vergabe des Auftrages zu Gunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beabsichtigt ist, dies aber bei Zutreffen der Behauptung der Antragstellerin rechtswidrig wäre. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin für den Zuschlag in Betracht kommen würde, wodurch ihr auf Grund der behaupteten Rechtswidrigkeit, der Entgang des Auftrages, mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht.

Diese Nachteile können aber nur durch vorläufiges Untersagen der Zuschlagserteilung abgewendet werden, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht (zB. BVA, 18.01.2012, N/0004-BVA/10/2012-EV19).

Bei der Interessensabwägung ist schließlich auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass die Auftraggeberin bei ihrer zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtsschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (zB. BVA, 14.05.2010 N/0038-BVA/10/2010-EV19), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VwGH vom 01.08.2002, B 1194/02) und schließlich, dass gemäß § 329 Abs. 1 BVergG von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessensabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB. BVA 05.02.2010, N/0007-BVA/10/2010-EV12). Ein solches ist für das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht zu erkennen, zumal die Auftraggeberin diesbezüglich auch kein konkretes Vorbringen erstattet hat.

Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen der Antragstellerin den öffentlichen Interessen, sowie den Interessen der Auftraggeberin gegenüber, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist.

Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich die Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und einer Auftragserteilung an die allenfalls obsiegende Antragstellerin, ist durch eine entsprechende Maßnahme genüge zu leisten.

Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 329 Abs. 4 BVergG verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies mit 6 Wochen begrenzt ist (§ 326 BVergG). Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesvergabeamtes (nunmehr Bundesverwaltungsgericht) davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).

Es war daher spruchgemäß zu beschließen. Die Kostenentscheidung ergeht gesondert.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;

30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;

29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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