BVwG W131 2238132-1

BVwGW131 2238132-111.3.2021

BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
VwGG §30 Abs2
VwGG §30a Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W131.2238132.1.00

 

Spruch:

 

 

W131 2238132-1/73E

 

 

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK über den Antrag der XXXX (= ASt), vom 01.03.2021, betreffend ein Revisionverfahren gegen das abweisliche Erkenntnis betreffend einen Nachprüfungsantrag gegen eine Ausscheidensentscheidung im Vergabeverfahren der ÖBB-Personenverkehr AG (= AG) mit der Bezeichnung: „Rahmenvereinbarung über die Konstruktion, Herstellung und Lieferung von Doppelstock-Elektrotriebzügen" wie folgt:

Der ordentlichen Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 iVm § 30a Abs. 3 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

0. Die AG führt das gegenständliche vergabeverfahren seit der ersten Jahreshälfte 2019 zu und hat in diesem zweistufigen Vergabeverfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung bis heute (nach dem Inhalt ihres Vorbringens auch in diesem Verfahren nach § 30 Abs 2 VwGG) noch keine Auswahlentscheidung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung versandt bzw auch keine Rahmenvereinbarung abgeschlossen.

1. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 11.02.2021, GZ: W131 2238132-1/59E, den Nachprüfungsantrag gegen die Ausscheidensentscheidung vom 18.12.2020 zu Lasten der XXXX nach Durchführung einer großteils nicht öffentlichen mündlichen Verhandlung (am 04.02.2021 und 05.02.2021) ab und ließ die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis zu.

2. Mit Schriftsatz vom 01.03.2021 brachte die Revisionswerberin (= ASt) eine ordentliche Revision gegen das Erkenntnis des BVwG vom 11.02.2021, GZ: W131 2238132-1/59E, ein. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führte die Revisionswerberin aus:

Mit dem unmittelbaren Vollzug des Erkenntnisses sind für die Revisionswerberin folgende unverhältnismäßigen Nachteile verbunden:

„Die Rahmenvereinbarung umfasst die Lieferung und Instandhaltung von bis zu 186 Doppelstockelektrotriebzügen in unterschiedlichen Längen, 41 Zuggarnituren davon werden als „Fixabruf“ jedenfalls bestellt (Punkte 1.1 und 3.2 der Rahmenvereinbarung). Die Rahmenvereinbarung hat damit nach Schätzung der Revisionswerberin insgesamt einen Wert

von ungefähr EUR XXXX Milliarden; bereits der Wert des „Fixabrufs“ beträgt EUR XXXX Millionen (ohne Optionen).

Der Umsatz der Revisionswerberin betrug im Jahr 2019 insgesamt EUR XXXX ; sie beschäftigt rund XXXX Mitarbeiter in Deutschland und Österreich. Alleine der „Fixabruf“, dessen Entgelt gemäß der Zahlungsbedingungen auf drei Jahre aufgeteilt wird (somit ca EUR XXXX Mio jährlich), hat einen Anteil von XXXX am Gesamtumsatz der Revisionswerberin (gerechnet am durchschnittlichen Umsatz der Revisionswerberin der vergangenen drei Jahre).

Die Rahmenvereinbarung zählt daher zu den wichtigsten Verträgen für die Revisionswerberin

und ist entscheidend für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Sie ist somit für die Revisionswerberin von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung.

Diese Rahmenvereinbarung hat darüber hinaus weitreichende Bedeutung: Der Standort XXXX ist das gebündelte Kompetenzzentrum für Nah- und Regionalverkehrszüge der XXXX Gruppe. Dort ist der Vertrieb, das Angebotsmanagement, das Design, der Einkauf, die Ressourcenplanung, die Entwicklung/Engineering, Konstruktion, Fertigung, Inbetriebsetzung, das Testing und die Zulassung von Schienenfahrzeugen sowie das Projektmanagement angesiedelt. Insgesamt sind dort ca XXXX Mitarbeiter beschäftigt.

An diesem Standort wurde der im gegenständlichen Vergabeverfahren angebotene Zug „ XXXX “ als neues Produkt für den XXXX Raum entwickelt. Heutzutage ist ein wesentliches Standbein des Standorts noch die Produktion vonXXXX . Angesichts der europäischen Klimaschutzziele ist absehbar, dass diese Produktion in den nächsten Jahren auslaufen wird. Mit dem „ XXXX “ soll der Standort und die Beschäftigung langfristig gesichert werden. Dazu beteiligt sich die Revisionswerberin an drei Vergabeverfahren, darunter das gegenständliche. Die beiden weiteren Vergabeverfahren sind in der vertraulichen Beilage mit Namen des jeweiligen des Auftraggebers und Wert angeführt. Die gegenständliche Rahmenvereinbarung ist der wertmäßig bedeutendste Vertrag. Die Auswahl als Partner für diese Rahmenvereinbarung ist daher für die Entwicklung dieses Standorts sowie generell dieser Produktlinie wesentlich.

Zudem wurde bzw wird das gegenständliche Vergabeverfahren parallel zu dem in der Beilage

erstgenannten Vergabeverfahren durchgeführt und soll auch die Auslieferung parallel erfolgen.

Ohne die gegenständliche Rahmenvereinbarung verliert die Revisionswerberin wertvolle Mengeneffekte (insbesondere im Material- und Komponenteneinkauf) und Synergieeffekte (z.B. beim Engineering, bei der Schulung der Mitarbeiter, Beschaffung von Spezialwerkzeugen für die Fertigung, Testing und Zulassung).

Wird die Revisionswerberin nicht als Partner für diese Rahmenvereinbarung ausgewählt, entstehen ihr aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung des Vertrags und der weiteren Auswirkungen, die der Verlust der Rahmenvereinbarung mit sich bringen würde, somit unverhältnismäßige Nachteile. Diese Nachteile können nur durch Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und der damit verbundenen Möglichkeit zur Anfechtung allfälliger weiterer gesondert anfechtbarer Entscheidungen der mitbeteiligten Partei verhindert werden.

Wenn die Revisionswerberin die Chance auf Auswahl als Partner der Rahmenvereinbarung verliert, verliert sie überdies ein bedeutendes Referenzprojekt. Das hätte auch aus dem Grund erhebliche Nachteile, da die Auftraggeber der Revisionswerberin in diesem Bereich ca 75 % öffentliche Auftraggeber im Sinn des Vergaberechts sind, welche entsprechende Referenzen zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit verlangen.

Die Rahmenvereinbarung hat eine Vertragslaufzeit von 10 Jahren (Punkt 7.1 der Rahmenvereinbarung). Die Auswahl als Partner der Rahmenvereinbarung gewährleistet daher

auch eine verlässliche Auslastung der Infrastruktur der Revisionswerberin für Instandhaltungen für mehrere Jahre und stellt eine stabile Einnahmenquelle dar.

Laut Vorbringen der Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren ist die Revisionswerberin der XXXX Bieter gemäß den Zuschlagskriterien und hätte daher beste Chancen bei Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung als Partner der Rahmenvereinbarung ausgewählt zu werden. Sollte die Ausscheidensentscheidung (mangels Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung) in Rechtskraft erwachsen, verliert sie diese Chance. Bei unmittelbarem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses droht der Revisionswerberin daher ein unverhältnismäßiger Nachteil iSv § 30 VwGG. Durch Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung kann dieser abgewendet werden.“

 

Die ASt argumentiert dabei im Nachprüfungsverfahren und auch in der Revision - auch - mit einem Widerrufssachverhalt.

3. Mit Verfügung vom 02.03.2021 wurde der mitbeteiligten Partei = AG die Revision, die mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist, mit der Aufforderung zugestellt, sich dazu binnen einer Woche zu diesem Antrag zu äußern.

 

4. Die AG entgegnete insb wie folgt:

 

[...]

2. Keine Voraussetzungen für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

15 Festgehalten wird, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision nicht vorliegen. Dazu im Detail:

 

2.1. Unionsrecht: Gebot der raschen Nachprüfung

16 In Art 1 Abs 1 der RL 92/13/EWG idgF ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass […] die Entscheidungen der Auftraggeber wirksam und vor allem möglichst rasch […] auf Verstöße gegen des Unionsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die nationalen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können.

17 Es würde dem Grundgedanken der RL 92/13/EWG idgF, wonach die Entscheidungen der Auftraggeber wirksam und möglichst rasch nachzuprüfen sind, widersprechen, wenn jeder Revision, die sich gegen eine Abweisung des Antrages auf Nichtigerklärung einer Ausschei-densentscheidung richtet, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist.

18 Wird § 30 VwGG richtlinienkonform interpretiert, ist nicht jeder Revision, die sich gegen eine Abweisung des Antrages auf Nichtigerklärung einer Ausscheidensentscheidung richtet, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Ansonsten wäre die Ausscheidensanktion des Auftraggebers (vorübergehend) unwirksam. Dies widerspricht der Effektivität des Rechts-schutzes.

19 Ziel einer Ausscheidensentscheidung ist es einen Bieter, der ein nicht ausschreibungskonformes Angebot abgegeben hat, aus dem weiteren Vergabeverfahren auszuschließen. Würde jeder Revision, die sich gegen eine Abweisung des Antrages auf Nichtigerklärung einer Ausscheidensentscheidung richtet, die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden, dann müsste der Auftraggeber einen Bieter mehrere Monate „mitschleppen“, obwohl dessen Angebot bereits ausgeschieden wurde und die Ausscheidensentscheidung von einer unabhängigen Nachprüfungsbehörde bestätigt wurde. Dies widerspricht der Richtlinie 2014/25/EU bzw dem BVergG 2018 wonach Bieter, die kein ausschreibungskonformes Angebot abgegeben haben, auszuscheiden sind. Ein diesbezügliches Nachprüfungsverfahren soll wirksam und vor allem möglichst rasch abgeschlossen werden. Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung steht diesen Zielen entgegen.

20 Die Revisionswerberin führt zwei Entscheidungen des VwGH an und behauptet, dass die Entscheidung im vorliegenden Fall einem Vollzug zugänglich wäre. Zutreffend ist, dass der VwGH in diesen Fällen ausgesprochen hat, dass die jeweilige Ausscheidensentscheidung ei-nem Vollzug zugänglich ist, dabei hat es sich jedoch nicht um Vergabeverfahren zum Ab-schluss einer Rahmenvereinbarung gehandelt. Eine entsprechende Entscheidung für ein Verfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung liegt soweit ersichtlich nicht vor.

2.2. Es liegen zwingende öffentliche Interessen vor

21 Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dürfen keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind unter zwin-genden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG besonders qualifizierte öf-fentliche Interessen zu verstehen, die den sofortigen Vollzug der angefochtenen Entscheidung zwingend gebieten.

22 Im vorliegenden Fall steht das qualifizierte öffentliche Interesse der Aufrechterhaltung des öffentlichen Personenverkehrs der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegen.

23 Durch den öffentlichen Personenverkehr soll der die Umwelt und die Allgemeinheit belastende Individualverkehr verringert werden und Mobilität für alle gewährleistet werden. Der öffentliche Personenverkehr dient daher einerseits der Straßenentlastung, aber auch der Verkehrserschließung dünn besiedelter Gebiete und somit der Daseinsvorsorge und der Unterstützung sozial schwacher Gruppen. Die umfassenden Leistungen des öffentlichen Personenverkehrs werden unter anderem unter gesetzlichen und behördlichen Auflagen wie der Betriebspflicht, der Fahrplanpflicht und der Beförderungspflicht erbracht.

24 Die mitbeteiligte Partei bietet Schienenverkehrsdienstleistungen im öffentlichen Personenverkehr in Österreich und teilweise grenzüberschreitend an. Grundlage dafür sind die abgeschlossenen Verkehrsdienstverträge.

25 Zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Personenverkehrs müssen zu bestimmten Zeitpunkten neue Fahrzeuge beschafft werden, um das Ziel eines leistungsfähigen öffentlichen Personenverkehrs sowohl für den Nahverkehr, als auch im Fernverkehr zu gewährlisten.

[...]

28 Das gegenständliche Beschaffungsvorhaben dient darüber hinaus der Erhöhung der Verkehrssicherheit im öffentlichen Personenverkehr, weil ältere Fahrzeuge ersetzt werden und führt in diesem Zusammenhang auch zu einer Umweltentlastung. Auch diese qualifizierten öffentlichen Interessen stehen einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegen.

29 Festzuhalten ist, dass es sich bei der Aufrechterhaltung des öffentlichen Personenverkehrs, der Erhöhung der Verkehrssicherheit im öffentlichen Personenverkehr und der Umweltentlastung um qualifizierte öffentliche Interessen handelt, welche einen sofortigen Vollzug des Erkenntnisses zwingend gebieten. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird daher schon aus diesem Grund nicht stattzugeben sein.

2.3. Kein unverhältnismäßiger Nachteil

30 Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH hat die revisionswerbende Partei in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für sie der unverhältnismäßige Nachteil liegt. Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessensabwägung vornehmen zu können, muss die revisionswerbende Partei schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegen, aus welchen Umständen sich der von ihr behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt.

31 Die Revisionswerberin macht einerseits Umsatzeinbußen (und daraus resultieren wirtschaftliche Folgen) als unverhältnismäßigen Nachteil geltend. Dazu ist festzuhalten, dass in Punkt 3.3. der Rahmenvereinbarung (siehe Beilage./D) geregelt ist, dass die mitbeteiligte Partei mit Ausnahme des Fixabrufes gem. Punkt 3.2 der Rahmenvereinbarung nicht verpflichtet ist, auch nur einen einzigen Abruf aus der Rahmenvereinbarung zu tätigen. Einem späteren Auftragnehmer steht somit kein Recht auf Lieferung auch nur einer Zuggarnitur aus der Rahmenvereinbarung oder daraus abgeleitete Ansprüche wie z.B. Schadenersatzansprüche oder Aufwandersatzansprüche zu. Die Revisionsweberin kann daher, wenn überhaupt – entgegen ihren Behauptungen – bloß mit dem Betrag des Fixabrufes kalkulieren. Dieser betrifft gemäß Punkt 3.2 der Rahmenvereinbarung lediglich 41 Zuggarnituren. Der von der Revisionswerberin aufgezeigte (finanzielle) Nachteil – Verlust des Fixabrufes – würde jeden nicht zum Zug kommenden Bieter treffen.

32 Die Revisionswerberin hat darüber hinaus das Vorliegen des unverhältnismäßigen Nachteils damit begründet, dass sie eine realistische Chance auf den Abschluss der Rahmenvereinbarung haben würde und ein wichtiges Referenzprojekt verlieren würde.

33 Ein solcher unverhältnismäßiger Nachteil liegt im vorliegenden Fall gerade nicht vor: Die Revisionswerberin hat keinesfalls eine realistische Chance auf den Abschluss der Rahmenvereinbarung, weil sie kein ausschreibungskonformes Angebot abgegeben hat und daher für den Abschluss der Rahmenvereinbarung keinesfalls in Betracht kommt. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies in seiner Entscheidung vom 11.2.2021 zu GZ W131 2238132-1/59E bestätigt und dabei lediglich zwei von insgesamt 24 vorliegenden Ausscheidensgründen aufgegriffen. Über die anderen 22 Ausscheidensgründe hat das BVwG in seiner Entscheidung nicht abgesprochen. Dies ändert nichts daran, dass jedenfalls weitere Ausscheidensgründe vorliegen. Die Revisionswerberin könnte erst dann für den Abschluss der Rahmenvereinbarung in Betracht kommen, wenn entschieden wurde, dass keiner der 24 Ausscheidensgründe der Ausscheidensentscheidung vom 18.12.2020 tatsächlich vorliegt.

34 Die Revisionswerberin hat in ihrem Antrag auf Zuerkennung zur aufschiebenden Wirkung daher nicht ausreichend dargelegt, worin sich ihr unverhältnismäßiger Nachteil begründet. Insbesondere ist sie nicht darauf eingegangen, weshalb sie eine realistische Chance auf den Abschluss der Rahmenvereinbarung haben sollte.

2.4. Interessensabwägung schlägt zu Gunsten der mitbeteiligen Partei aus

35 Das anhand des unverhältnismäßigen Nachteils zu beurteilende Interesse der Revisionswerberin ist gegen die anderen Interessen am alsbaldigen Vollzug des Erkenntnisses abzuwägen.

36 Folgende Interessen der mitbeteiligten Partei stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegen:

37 Die mitbeteiligte Partei hat ihre vertraglichen Verpflichtungen aus den abgeschlossenen Verkehrsdienstverträgen über die Bereitstellung von öffentlichen Personenverkehr zu erfüllen.[...]

40 Sollte es zu einem verspäteten Abschluss der gegenständlichen Rahmenvereinbarung kommen, kann die mitbeteiligte Partei ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen.

41 Diese Interessen der mitbeteiligten Partei überwiegen jedenfalls die Interessen der Revisionswerberin, weswegen die Interessensabwägung zugunsten der mitbeteiligten Partei ausschlägt.

2.5. Zu den Erfolgsaussichten der Revision

42 Nach Rudolf Müller in Müller (Hrsg), Verfahren vor dem VfGH, dem VwGH und den Vwg7(2020) Rz 681 sind auch die Erfolgsaussichten der Revision bei der Interessensab-wägung zumindest grob zu prüfen:

„Demgegenüber verpflichten nicht nur unionsrechtliche Überlegungen dazu, neben der Gefährdung “periculum in mora“) auch den rechtlichen Boden, auf welchem die Gefährdungsbehauptung erhoben wird “fumus boni iuris“), maW die Erfolgsaussichten der Revision, zumindest grob zu prüfen: Denn der Begriff des „unverhältnismäßigen Nachteils“ erfordert einen Maßstab, nach welchem dieser Nachteil in ein „Verhältnis“ zu setztn ist, um die gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung anstellen zu können. Lässt sich schon aus der Revisionsschrift erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, sodass die Revision in nicht öffentlicher Sitzung gem § 35 Abs 1 VwGG abzuweisen […] so ist die Zumutbarkeit der Erduldung vorläufiger Vollstreckungsschritte anders zu beurteilen als im Falle des § 35 Abs 2 VwGG, bei dem – umgekehrt – schon aus dem Beschluss oder Erkenntnis hervorgeht, dass die in der Revision behauptete Rechtsverletzung vorliegt. […] hingegen ist der Nachteil hinzunehmen, wenn die Revision offenkundig nur der Verschleppung dient“

43 Auch der VwGH hält in seiner Rechtsprechung fest, dass die Erfolgsaussichten der Revision gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechen können:

„[…]Im Rahmen der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotene Abwägung aller berührten Interessen ist nicht zu ersehen, inwiefern dieses Interesse geringer als das von der Revisionswerberin geltend gemachte öffentliche Interesse ("wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen" daran, dass der Zweitmitbeteiligte keinen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalte) zu werten wäre zumal auch die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Revision im Rahmen der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen Abwägung nicht für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechen (vgl. dazu, dass die einer ersten Beurteilung (prima facie) unterzogenen Erfolgsaussichten der Revision nicht ohne Bedeutung sind, vgl. Müller in Machacek (Hrsg.), Verfahren vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof, 5. Auflage 2004, 213 f, und etwa auch das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 2008, 2008/21/0224, und den hg. Beschluss vom 5. Dezember 2013, AW 2013/09/0039).[…]“

44 Ferner hat der VwGH im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern hat zunächst von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen.

45 Im vorliegenden Fall steht die offensichtliche Unbegründetheit der Revision der Annahme eines unverhältnismäßigen Nachteils und damit einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegen. Festgehalten wird, dass die gegenständliche Revision gemäß § 35 Abs 1 VwGG bereits ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen sein wird, weil die behaupteten Rechtsverletzungen der Revisionswerberin nicht vorliegen. Dies ist bereits aufgrund der Aktenlage ersichtlich. Dazu im Detail:

[...]

 

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Spruchrelevante Tatsachen

Die AG hat die ASt aus dem Vergabeverfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einer Unternehmerin ausgeschieden, wobei das Vergabeverfahren seit der ersten Jahreshälfte 2019 dauert.

Die Ausscheidensentscheidung der AG wurde mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis vom BVwG am 11.02.2021 bestätigt.

Am 01.03.2021 wurde die gegenständliche Revision beim BVwG samt dem hier erstmalig zu entscheidenden Antrag gemäß § 30 Abs 2 VwGG protokolliert.

Die AG spricht sich gegen die Zuerkennung der aufscheinenden Wirkung aus, hat aber nicht vorgebracht, dass die Rahmenvereinbarung zwischen 11.02.2021 und 01.03.2021 bereits abgeschlossen worden wäre. Die AG hat auch nicht vorgebracht, dass die Auswahlentscheidung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung gemäß § 315 Abs 1 BVergG 2018 (= BVergG), so eine solche vor diesem AW - Beschluss wegen Dringlichkeit zu ergehen gehabt hätte, bis zu dieser AW - Entscheidung an andere Bieter kommuniziert worden wäre. Die AG befürchtet in ihrer Stellungnahme im Verfahren nach § 30 Abs 2 VwGG eine Verzögerung beim Abschluss der Rahmenvereinbarung; und ist damit nach dem AG Vorbringen davon auszugehen, dass die streitige Rahmenvereinbarung noch nicht abgeschlossen ist und dass auch noch keine diesbezügliche Auswahlentscheidung versandt wurde.

Die ASt ihrerseits hat notorisch - gemäß dem Akteninhalt - Interessen, dass sie eine anstehende Auswahlentscheidung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung zugemittelt erhält, damit sie diese Auswahlentscheidung zu Gunsten einer Konkurrenz noch bekämpfen kann. Sie befürchtet, nach der abweislichen Entscheidung des BVwG die Auswahlentscheidung der AG nicht mehr zwecks allfälliger Anfechtung - zugemittelt zu erhalten, zumal sie im bisherigen vergabebezüglichen Verfahrensgeschehen vor dem BVwG mitunter auch mit der Auftragschance in einem Folgevergabeverfahren argumentiert hat.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 333 BVergG finden in Angelegenheiten der Vergabe von Aufträgen subsidiär die dort verwiesenen Bestimmungen ua auch des AVG Anwendung.

§ 30 Abs. 2 VwGG lautet:

„Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.“

Gemäß § 30a Abs. 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden.

Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das BVwG gegenständlich durch den Einzelrichter.

2.2. Gegenständlich ist zwischen der ASt und der AG unstrittig das Sektorenvergaberecht des Oberschwellenbereichs iSd RL 2014/25/EU bzw gemäß BVergG (BGBl I 2018/65) anwendbar.

2.3. Unionsverfahrensrechtlich ist der Abschluss der Rahmenvereinbarung gemäß Art 1 Abs 1 der RL 92/13/EWG idgF der Abschluss eines Auftrags, womit nach hier vertretener Auffassung unionsrechtlich die Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer - national gemäß § 315 BVergG) eine Zuschlagsentscheidung gemäß Art 2a der RL 92/13/EWG idgF ist.

2.4. Materiell - vergaberechtlich hat der EuGH in der Rs 216/17 in der Rdnr 62 zum Unionsvergaberecht ausgeführt wie folgt:

... Die Rahmenvereinbarung fällt nämlich allgemein unter den Begriff „öffentlicher Auftrag“, da sie die verschiedenen Aufträge, für die sie gilt, zu einem einheitlichen Auftrag zusammenfasst (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Mai 1995, Kommission/Griechenland, C‑79/94, EU:C:1995:120, Rn. 15, vom 29. November 2007, Kommission/Italien, C‑119/06, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:729, Rn. 43, und vom 11. Dezember 2014, Azienda sanitaria locale n. 5 „Spezzino“ u. a., C‑113/13, EU:C:2014:2440, Rn. 36). ...

Der EuGH bewertet damit eine Rahmenvereinbarung - hier gemäß der RL 2014/25/EU - unions-materiell-vergaberechtlich gleichfalls als einen Auftrag.

2.5. Nationalgesetzlich wird im anwendbaren BVergG zwischen der Auswahlentscheidung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer einserseits und der Zuschlagsentscheidung andererseits differenziert, siehe dazu die §§ 305 BVergG zur Zuschlagsentscheidung einerseits und 315 BVergG zur Auswahlentscheidung beim Abschluss der Rahmenvereinbarung andererseits.

Die Zuschlagsentscheidung ist gemäß BVergG idR an die verbliebenen Bieter zu kommunizieren, die Auswahlentscheidung idR an die nicht berücksichtigten Bieter.

2.6. Unbeschadet der wortlautmäßigen nationalgesetzlichen Differenzierung zwischen den Regeln für die Auswahlentscheidung bei einer Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer und den Regeln für die Zuschlagsentscheidung ist nach hier vertretener Auffassung unionsrechtskonform davon auszugehen, dass die Verfahrensrechtslage gemäß § 30 Abs 2 VwGG für den nicht berücksichtigten Bieter gemäß § 315 BVergG - vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Gleichstellung der Rahmenvereinbarung mit dem Auftrag - die gleiche sein muss wie für den (nicht) verbliebenen Bieter gemäß § 305 BVergG; dies zumal das Revisions - Vorverfahren vor dem Verwaltungsgericht nach hier vertretener Auffassung sachlich nicht der Platz für Fragestellungen gemäß Art 267 AEUV durch das hier nicht vorlagepflichtige BVwG ist.

(Somit wird diesem Beschluss nicht die Auffassung zu Grunde gelegt, dass ein nicht berücksichtigter Bieter nach § 315 auch noch ein durch das Verwaltungsgericht bestätigt mit seinem Angebot ausgeschiedener Bieter ist; bei einer derartigen Wortlautauslegung, dass der bestätigt ausgeschiedene Bieter dennoch immer auch ein nicht berücksichtigter Bieter gemäß § 315 BVergG wäre, hätte dieser Bieter nämlich dann immer einen Anspruch auf Mitteilung der Auswahlentscheidung gemäß § 315 BVergG, auch ohne Zwischenverfahren gemäß § 30 Abs 2 VwGG.)

Das BVwG geht daher maW hier davon aus, dass die ASt gegenständlich gleichbehandelnd mit der Spruchpraxis des VwGH zum (nicht) verbliebenen Bieter bei der Frage der Anfechtbarkeit der Zuschlagsentscheidung (jedenfalls) ab Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hier Anspruch auf Zumittlung einer Auswahlentscheidung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einer Konkurrentin - bei sonstigen Rechtsfolgen gemäß § 315 Abs 2 BVergG - hat.

Damit hat auf den vorliegenden Fall - gleichheitskonform - die Spruchpraxis des VwGH (iZm Zuschlagsentscheidungen) zu § 30 Abs 2 VwGG bei Revisionen durch einen durch das Verwaltungsgericht bestätigt ausgeschiedenen Bieter zur Anwendung kommen, wie sie nachstehend aufzuzeigen ist.

 

2.7. Der VwGH hat zu Zl Ra 2019/04/0008 ausgeführt wie folgt:

... Voraussetzung für die Stattgabe eines Aufschiebungsbegehrens ist zunächst, dass die bekämpfte Entscheidung einem "Vollzug" zugänglich ist. "Vollzugsfähigkeit" liegt bereits dann vor, wenn die Entscheidung einen Rechtsverlust herbeizuführen vermag (vgl. die bei Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) § 30 VwGG B. I.1 zitierte hg. Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall kommt es für die revisionswerbende Partei zu einem solchen Rechtsverlust insofern, als nach § 131 Abs. 1 BVergG 2006 der Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen hat, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Nachdem als "verbliebene" Bieter jene Bieter gelten, die nicht ausgeschlossen wurden, deren Angebote nicht ausgeschieden wurden bzw. deren Angebote zwar ausgeschieden wurden, jedoch die Ausscheidensentscheidung noch nicht rechtskräftig ist (vgl. RV 1171 BlgNR 22. GP 85), ist es für die Rechtsposition der revisionswerbenden Partei relevant, ob sie durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in den Rechtszustand vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses rückversetzt wird (siehe auch VwGH 2.12.2016, Ra 2016/04/0132; 31.8.2016, Ra 2016/04/0095). Das angefochtene Erkenntnis ist somit einem Vollzug in Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich.

Die revisionswerbende Partei begründet ihren Antrag damit, dass ihr durch die unmittelbare Vollziehung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes ein unverhältnismäßiger Nachteil drohe, weil sie ohne Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der realistischen Chance auf Erhalt des Zuschlages verlustig ginge und damit ein wichtiges Referenzprojekt verliere. Sollte sich das Vorbringen der revisionswerbenden Partei als richtig herausstellen, wonach sämtliche anderen Angebote im Vergabeverfahren auszuscheiden wären, so müsste das Verfahren widerrufen werden. Es hätte in weiterer Folge eine Neuausschreibung zu erfolgen, an der sich auch die revisionswerbende Partei beteiligen könnte. ...

2.8. Zu Zl Ra 206/04/0132 finden sich im AW - beschluss des vwGH folgende Ausführungen:

...

Voraussetzung für die Stattgabe eines Aufschiebungsbegehrens ist zunächst, dass die bekämpfte Entscheidung einem "Vollzug" zugänglich ist. "Vollzugsfähigkeit" liegt bereits dann vor, wenn die Entscheidung einen Rechtsverlust herbeizuführen vermag (vgl. die bei Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) § 30 VwGG B. I.1 zitierte hg. Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall kommt es für die revisionswerbende Partei zu einem solchen Rechtsverlust insofern, als nach § 131 Abs. 1 BVergG 2006 der Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen hat, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Nachdem als "verbliebene" Bieter jene Bieter gelten, die nicht ausgeschlossen wurden, deren Angebote nicht ausgeschieden wurden bzw. deren Angebote zwar ausgeschieden wurden, jedoch die Ausscheidensentscheidung noch nicht rechtskräftig ist (vgl. RV 1171 BlgNR 22. GP 85), ist es für die Rechtsposition der revisionswerbenden Partei relevant, ob sie durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in den Rechtszustand vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses rückversetzt wird (siehe auch die hg. Beschlüsse vom 31. August 2016, Ra 2016/04/0095, und vom 4. September 2015, Ra 2015/04/0054). Das angefochtene Erkenntnis ist somit einem Vollzug in Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich.

Die revisionswerbende Partei begründet ihren Antrag damit, dass ihr durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes erhebliche Schäden drohen, weil bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung davon auszugehen sei, dass der Zuschlag einem anderen Bieter erteilt werde. Es drohe unter anderem der Verlust eines maßgeblichen Referenzprojektes.

...

2.9. Gleichartig höchstgerichtliche Ausführungen finden sich zb auch zu Zl Ra 2016/04/0095.

2.10 Da bei - hier vertretener Gleichhaltung der Auswahlentscheidung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer mit der Zuschlagsentscheidung - die ASt damit Gefahr läuft, (als nicht einmal mehr nicht berücksichtigte Bieterin gemäß § 315 Abs 1 BVergG, gleich dem nicht verbliebenen Bieter) keine bekämpfbare Auswahlentscheidung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung mehr zugestellt zu erhalten und damit keine Vergabenachprüfung gegen eine derartige Auswahlentscheidung mehr beantragen zu können, liegt Vollzugstauglichkeit vor und ist der ASt derzeit das Interesse zuzubilligen, dass ihr eine Auswahlentscheidung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung zugemittelt wird, so lange der VwGH nicht über die Revision gegen die Abweisung des Nachprüfungsantrags gegen die Ausscheidensentscheidung entschieden hat. Denn ist es doch denkmögliches Ergebnis des Revisionsverfahrens, dass der VwGH - entgegen der hier vertretenen Auffassung - das BVwG - Erkenntnis kassiert; und damit die ASt rückwirkend gemäß § 42 Abs 3 VwGG noch gar nicht als endgültig bzw auch nicht als rechtskräftig ausgeschieden zu bewerten wäre.

Sohin erscheint es gerade im zwingenden öffentlichen Interesse, dass das BVwG im Revisionsvorverfahren bis zur Vorlage der Revision an den VwGH keine unumkehrbaren Tatsachen schafft.

Insoweit sind auch mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen der AG keine zwingenden öffentlichen Interessen gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zum jetzigen Zeitpunkt dargetan worden.

2.11. Nachdem unionsrechtlich Art 20 und 21 der Charta der Grundrechte der EU (= GRC) sowie insb Art 36 RL 2014/25/EU jedwede Bieterungleichbehandlung und jedwede Bieterdiskriminierung verbieten; und insoweit die AG (auch gemäß BVergG) ohnehin nur eine Auswahlentscheidung auf ein in allen Belangen vergaberechtskonformes Angebot machen darf, verbleibt es gegenständlich va bei der Interessensabwägung, ob das Interesse der ASt an einer Anfechtungsmöglichkeit einer künftigen Auswahlentscheidung zu Gunsten einer Konkurrentin oder das Interesse der AG überwiegt, nicht nochmals durch einen weiteren denkbaren Nachprüfungsantrag der ASt befasst zu werden.

2.12. Bei Berücksichtigung aller rechtserheblichen Interessen ist es hier nicht erkennbar, dass bei diesem Vergabeverfahren, das schon mehr als eineinhalb Jahre dauert, das der ASt zuzubilligende Interesse, Auswahlentscheidungen zu Gunsten einer Konkurrentin bekämpfen zu können und sohin die Chance auf einen Rahmenvereinbarungsabschluss (auch) in einem künftigen Vergabeverfahren zu wahren, durch das Interesse der AG an der Vermeidung eines derzeit denkbaren Nachprüfungsantrags der ASt gegen eine künftige Auswahlentscheidung überwogen wird.

Zur langen Vergabeverfahrensdauer als Aspekt für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bei einer Interessensabwägung "Nachprüfungsmöglichkeit" versus "denkbare weitere Vergabeverfahrensverzögerung bei einem bereits langem Vergabeverfahren" - wie auch hier - siehe bereits VwGH AW 2007/04/0054.

Das BVwG geht hier daher davon aus, dass für die ASt gegenständlich derzeit ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre, wenn für die ASt bereits vor Vorlage der Revision an den VwGH mangels Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Sicherheit verloren ginge, eine Auswahlentscheidung zu Gunsten einer Konkurrentin gemäß § 315 BVergG zugemittelt zu erhalten, die die ASt dann zwecks Wahrung ihrer Rahmenvereinbarungschance (evtl auch in einem künftigen Vergabeverfahren, zB auch iSv EuGH Rs C-333/18 , Rdnri 35ff) bekämpfen kann. Unverhältnismäßig insb auch deshalb, weil nicht substantiiert vorgebracht wurde und auch sonst nicht ersichtlich ist, dass ein künftiges Vergabenachprüfungsverfahren über Antrag der ASt vor einem Rahmenvereinbarungsabschluss der AG mit einer anderen ausgewählten Konkurrentin (als) der ASt in jedem Fall unzumutbar so lange dauern muss, dass diese Rechtsmittelverfahrensdauer in jedem Fall unverhältnismäßig nachteilig lang zu Lasten der AG oder anderer Interessensträger ist.

2.13. Zum Thema der allfälligen Erfolgsaussichten der Revision im Rahmen der Entscheidung gemäß § 30 Abs 2 VwGG ist auszuführen, dass das BVwG im angefochtenen Erkenntnis die Revision zugelassen hat und insoweit zumindest nicht von evident fehlenden Erfolgsaussichten gesprochen werden kann.

2.14. Es war daher der Revision die aufschiebende Wirkung mit der Maßgabe zuzuerkennen, dass die ASt nach der in diesem Beschluss angelegten Rechtsauffassung nunmehr jedenfalls weiterhin eine nicht berücksichtigte Bieterin gemäß § 315 Abs 1 BVergG ist.

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