VwGH AW 2013/09/0039

VwGHAW 2013/09/00395.12.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der M, vertreten durch Dr. Johannes Buchmayr, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Altstadt 15, der gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11. Oktober 2012, Zl. VwSen-253208/11/Kü/Ba, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), erhobenen und zur hg. Zl. 2013/09/0098 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

AuslBG;
VwGG §30 Abs2;
AuslBG;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde über die Beschwerdeführerin wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in drei Fällen Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 1.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 34 Stunden verhängt und ihr die Bezahlung der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt.

§ 30 Abs. 1 und 2 VwGG lautet:

"(1) Den Beschwerden kommt eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Dasselbe gilt für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist.

(2) Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn die Interessen Dritter berührt werden."

Die Beschwerdeführerin begründet ihren Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass für sie die verhängten Strafen in ihrer Gesamtheit - weil in anderen Verfahren noch weitere Strafen verhängt worden seien - existenzbedrohend seien.

Zwingende öffentliche Interessen stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Daher ist zur Entscheidung über den Antrag das Ergebnis einer "Abwägung aller berührten Interessen" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG maßgeblich. Bei dieser in § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehenen Interessensabwägung ist - vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung - eine Abwägung sämtlicher individueller und öffentlicher Interessen vorzunehmen, das Gesetz sieht insofern keine Einschränkung vor.

Die Beschwerdeführerin hat im Fall einer gegen ein Straferkenntnis gerichteten Beschwerde grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, so lange als unschuldig zu gelten und die gegen ihn verhängte Geldstrafe nicht bezahlen zu müssen, solange nicht durch den Verwaltungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses entschieden ist, ungeachtet dessen, dass es sich bei der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG um ein außerordentliches Rechtsmittel gegen einen formell "rechtskräftigen" Bescheid handelt. Dieses Interesse ist umso stärker zu bemessen, je schwerer der erhobene Vorwurf, je gravierender der Nachteil und je höher die Strafe ist. Der durch die Geldstrafe für die Beschwerdeführerin bewirkte Nachteil wird allerdings dadurch abgemildert, dass die Behörde gemäß § 54b Abs. 3 VStG einer Bestraften, der aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung der Geldstrafe nicht zuzumuten ist, auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen hat. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass eine bereits entrichtete Geldstrafe im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof der Beschwerdeführerin zurückgezahlt wird. Der mit einer möglichen Ersatzfreiheitsstrafe verbundene Freiheitsentzug ist nicht zu berücksichtigen, weil gemäß § 53b Abs. 2 VStG mit dem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe ohnehin bis zur Erledigung der beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerde zuzuwarten ist.

Ein öffentliches Interesse an der baldigen Wirksamkeit des gegen die Beschwerdeführerin ausgesprochenen Schuldspruches sowie an der Bezahlung der ihr auferlegten Strafe und damit an der Erreichung des in der Strafnorm zum Ausdruck gebrachten general- und spezialpräventiven öffentlichen Zwecks besteht ebenfalls - jedenfalls wenn man die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides annimmt. Für die Beurteilung der Intensität der öffentlichen Interessen sind dergestalt die einer ersten Beurteilung unterzogenen Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht ganz ohne Bedeutung (vgl. Müller in Machacek (Hrsg.), Verfahren vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof, 5. Auflage 2004, 213 f, vgl. auch etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 2008, Zl. 2008/21/0224).

Die Antragstellerin hat in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für sie der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, VwSlg. 10.381 A/1981), was auch hinsichtlich einer Beschwerde gegen die Verhängung einer Verwaltungsstrafe gilt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 7. April 2006, Zl. AW 2006/09/0006). Diese Konkretisierungspflicht ist grundsätzlich umso genauer einzuhalten, je weniger offensichtlich die Schwere und Unumkehrbarkeit der mit dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides für die Beschwerdeführerin verbundenen Nachteile sind.

Der vorliegende Antrag lässt mangels jeglicher Darlegung konkreter Verhältnisse der Beschwerdeführerin die Beurteilung nicht zu, dass für sie mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides tatsächlich ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Höhe der im vorliegenden Fall verhängten Geldstrafen für sich allein ist hier keine ausreichende Begründung. Die Beurteilung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ergibt im vorliegenden Fall daher angesichts der geringen Darlegung im Antrag, inwiefern die sofortige Bezahlung der Geldstrafen die Beschwerdeführerin unverhältnismäßig hart träfe, und im Hinblick darauf, dass die Erfolgsaussicht der Beschwerde prima facie nicht ohne Weiteres bejaht werden kann, dass dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben werden konnte. Wien, am 5. Dezember 2013

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