B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:L517.2271703.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Daniel MERTEN und Mag. Dr. Klaus MAYR als Beisitzer über die Beschwerde des Arbeitgebers XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom XXXX , XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
20.11.2022- Antrag des Arbeitgebers XXXX (beschwerdeführende Partei bzw. „bP“) auf Erteilung einer Kontingentbewilligung für Saisonarbeitskräfte für die mitbeteiligte XXXX (in der Folge „B“) als Reinigungskraft, beim Arbeitsmarktservice (AMS) XXXX
22.11.2022- Anforderungsschreiben des AMS XXXX an die bP
26.11.2022- Antwortschreiben der bP
12.12.2022 - Behandlung des Antrags im Beirat: nicht befürwortet
15.12.2022 - negativer Bescheid
28.12.2022- Zustellung des Bescheids an die bP
13.01.2023 - Beschwerde der bP
20.01.2023- Beschwerdevorlage an das BVwG
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Am 20.11.2022 beantragte die bP die Erteilung einer Kontingentbewilligung für Saisonarbeitskräfte für die B, StA. Neapel, als Reinigungskraft im Ausmaß von 40 Wochenstunden für eine monatliche Entlohnung von brutto EUR 1.700,00, beim AMS XXXX . Dem Antrag legte die bP den Reisepass der B bei.
Mit Anforderungsschreiben vom 22.11.2022 wurde die bP vom AMS XXXX aufgefordert, den genau gewünschten Erteilungszeitraum für die Kontingentbewilligung binnen 14 Tage bekannt zu geben.
Am 26.11.2022 gab die bP dem AMS XXXX bekannt, dass die Einstellung einer Arbeitskraft ehestmöglich und so lange wie möglich angestrebt werde. Sämtliche Bemühungen des AMS ihr Personal zu vermitteln, seien bisher fruchtlos geblieben. Es gäbe keine Bewerberinnen. Ihr Hotel müsse geschlossen werden, falls sie kein Personal bekommen würde.
Der Regionalbeirat des AMS XXXX stimmte gegen die Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung mit Beschluss vom 12.12.2022 ab.
Hinsichtlich des Ersatzkraftverfahrens wurde Folgendes protokolliert:
„[…] Das Matching brachte Vermittlungserfolge mit o.a. Ergebnis, die zu keinem Vermittlungserfolg führten. Seitens des AMS-, bzw. SfU-Gmunden konnten sohin KEINE geeigneten/qualifizierten Personen im lokalen und überregionalen Bereich laut übermittelten Anforderungsprofil im Zuge des „EKV“ gefunden werden- aufgrund dieser Gegebenheiten „POSITIVE STELLUNGNAHME“. Abschließende Beurteilung der rechtlichen Voraussetzungen zur Erteilung oder Versagung der Bewilligung durch das AFZ (lt. BRL SFU-SAB-Richtlinie Aus/2-2014):
[…]“
Mit Bescheid des AMS XXXX (in weiterer Folge „bB“) vom 15.12.2022, ABB-Nr: XXXX wurde ausgesprochen, dass der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die B gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 AuslBG abgewiesen werde. Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen der Anhörung des Regionalbeirates vom Vertreter der AK mitgeteilt worden wäre, dass gegen die Antragstellerin wegen vorenthaltenem Entgelt 2019 ein arbeitsrechtliches Verfahren geführt und abgeschlossen (Zahlung nach Intervention) worden sei. 2021 seien zwei Verfahren eingeleitet, eines davon am 04.01.2022 abgeschlossen (Zahlung nach Klage) und das andere 02.05.2022 (Zahlung nach Vergleich). Zwei weitere derartige Verfahren würden derzeit noch laufen. Aufgrund dieser Häufung arbeitsrechtlichen Streitfälle würde daher die Gewähr der Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen durch die bP nicht gegeben erscheinen.
Der bP wurde, betreffend des im Bescheid aufgezeigten Beweisaufnahmeergebnis (gegen sie geführte/offene arbeitsrechtliche Verfahren), zu keiner Zeit die Möglichkeit der Erhebung einer Stellungnahme eingeräumt.
Der bekämpfte Bescheid der bB wurde an die bP adressiert und ihr mit RSb am 28.12.2022 vom Zustellorgan ausgehändigt.
Mittels Schriftsatz ihrer rechtsfreundlichen Vertretung erhob die bP fristgerecht am 13.01.2023 Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit, insbesondere wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Verfahrensmängel. Ihrer Ansicht nach hätte nicht bloß aus dem Umstand, dass arbeitsrechtliche Verfahren gegen die bP geführt wurden, darauf geschlossen werden, dass damit auch die Nichteinhaltung von Lohn- und Arbeitsbedingungen einhergehen würden. In einem gegen die bP geführten Verfahren sei lediglich die Beendigungsart des Arbeitsverhältnisses strittig gewesen. Aus diesem Verfahren die Nichteinhaltung von Lohn- und Arbeitsbedingungen abzuleiten, sei schlichtweg nicht nachvollziehbar. Aus den verschiedenen Beendigungsmöglichkeiten würden schließlich unterschiedliche Beendigungsansprüche resultieren. Inhalt der laufenden Verfahren seien zum einen die Beendigungsarten der Arbeitsverhältnisse bzw. Beschäftigungsausmaße als solche und zum anderen lediglich divergierende Ansichten der Parteien im Hinblick auf das konkrete Enddatum der gegenständlichen Arbeitsverhältnisse. Der Bescheid wäre demnach in mehrfacher Hinsicht mit Rechtswidrigkeit belastet.
Weiters führte die bP an, dass es dem angefochtenen Bescheid an jeglichem Tatsachensubstrat zur Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen iSd § 4 Abs 1 Z 2 AuslBG vorliegen würden, fehle. Seitens der bB seien keine relevanten Feststellungen dahingehend getroffen worden, ob konkrete Umstände vorliegen, welche gegen die Gewähr der Einhaltung von Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich sozialrechtlichen Vorschriften sprechen würden. Vielmehr habe die bB auf den Inhalt einer Mitteilung der Arbeiterkammer verwiesen. Da die bB den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht ermittelt hätte, hätte sie gegen den Grundsatz der Amtswegigkeit verstoßen. Nachdem der bP außerdem nie die Möglichkeit eingeräumt worden sei, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, sei auch der Grundsatz des Parteiengehörs verletzt worden. Die bB hätte vor diesen Hintergrund zu einer anderslautenden und für die Beschwerdeführerin günstigeren Entscheidung gelangen können.
Die bP beantragte den angefochtenen Bescheid der bB dahingehend abzuändern, dass die beantragte Beschäftigungsbewilligung erteilt wird; in eventu eine mündliche Verhandlung durchgeführt sowie der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert wird, dass die beantragte Beschäftigungsbewilligung erteilt wird; in eventu der angefochtene Bescheid und die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides an die bB zurückverwiesen wird.
Die bP beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Der Vorlageantrag wurde samt Beschwerde und maßgeblichem Verwaltungsakt von der belangten Behörde am 20.01.2023 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Die vom Bundesverwaltungsgericht anschließend eingeleiteten Ermittlungstätigkeiten ergaben, dass gegen die bP fünf arbeitsrechtliche Verfahren geführt wurden. In diesen Verfahren wurden folgende Ansprüche geltend gemacht:
1. Offene Lohnansprüche (beruhend auf der Frage, ob eine Probezeit vereinbart war und das Dienstverhältnis sohin ohne Kündigungsfrist beendet werden konnte und ob ab einen bestimmten Zeitpunkt eine Vollzeitbeschäftigung vereinbart war).
2. Offene Entgeltzahlungen bzw. Urlaubsentschädigung.
3. unrechtmäßiger Gehaltsabzug trotz Nichtvereinbarung eines Ausbildungskostenrückersatzes, während aufrechten Arbeitsverhältnis und offene Urlaubsentschädigung.
4. Offene Ansprüche (beruhend auf der Frage von wem und wann, sowie auf welche Weise das Dienstverhältnis vorzeitig beendet wurde)
5. Offene Ansprüche (beruhend auf der Frage wann das Dienstverhältnis einvernehmlich aufgelöst wurde)
Drei der angeführten Verfahren wurden durch außergerichtliche Bereinigung und Mittelung an das zuständige Gericht ruhend gestellt (Pkt. 1.[2023 abgeschlossen], 5.[2022 abgeschlossen]). Zwei Verfahren wurden mit gerichtlichen Vergleich beendet (Pkt. 2.[2020 abgeschlossen],4.[2021 abgeschlossen]), wobei sich die bP in einem verpflichtete einen Restentgeltbetrag an den damaligen Arbeitnehmer zu leisten (Pkt. 2. [2020 abgeschlossen]). In einem Verfahren erging nach erhobener Mahnklage ein bedingter Zahlungsbefehl gegen die bP. Da diese keinen Einspruch dagegen erhob, wurde dieser rechtskräftig (Pkt. 3.[2021 abgeschlossen]).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und unter Punkt II. 1.0. festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, dem Gerichtsakt und der Einsichtnahme in die amtlichen Datenbanken.
2.2. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf (Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage,§ 45 AVG, E 50, Seite 305) führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“ (vgl. dazu auch VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0032).
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde samt dem bekämpften Bescheid.
Die Feststellungen betreffend die gegen die bP geführten arbeitsgerichtlichen Verfahren ergaben sich aus den nachträglichen gerichtlichen Ermittlungstätigkeiten. Das erkennende Gericht rief dabei zunächst das LG XXXX an, welches sie über sämtliche gegen die bP geführten arbeitsgerichtlichen Verfahren informierte. Nach Anrufung der zuständigen Arbeitsgerichte wurden dem BVwG Mitteilungen – von welchen sowohl die Verfahrensgegenstände als auch Beendigungszeiträume – abgeleitet werden konnten, übermittelt.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
- Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz AVG, BGBl Nr. 51/1991 idgF
- Ausländerbeschäftigungsgesetz AuslBG, BGBl Nr. 218/1975 idgF
- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl Nr. 1/1930 idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl I Nr. 10/2013 idgF
- Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz NAG, BGBl I Nr. 100/2005 idgF
- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl Nr. 10/1985 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl I Nr. 33/2013 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20g AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 20g AuslBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
Gemäß § 20g Abs. 5 AuslBG gelten im Übrigen die Bestimmungen des VwGVG.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Verfahrensgegenständlich brachte die bP am 13.01.2023 eine zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen den Ablehnungsbescheid der bB vom 15.12.2022 ein, weshalb das Bundesverwaltungsgericht seiner Prüfung den Inhalt beider Schreiben zugrunde legte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.4. Gemäß § 21 AuslBG hat der Ausländer in allen Verfahren, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, Parteistellung. In allen anderen Verfahren hat der Ausländer die Stellung eines Beteiligten.
Gemäß § 21 AuslBG kommt einem Ausländer Parteistellung im Verfahren nur dann zu, wenn seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind. In den Urteilen vom 27.7.2006, Jurisic und Collegium Mererau gegen Österreich (Appl 62539/00) und Coorplan-Jenni GmbH und Hascic gegen Österreich (Appl 10523/00) kommt der EGMR aber zum Ergebnis, dass das Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung – entgegen der ständigen Rsp des VfGH und VwGH sowie zu § 21 – eine Angelegenheit ist, die zivilrechtliche Ansprüche iSv Art 6 Abs 1 EMRK betrifft. Deshalb müsse auch für Ausländer stets und nicht nur – wie es § 21 vorsieht – bei Maßgeblichkeit der persönlichen Umstände der Zugang zu einem Gericht iSd Art 6 Abs 1 EMRK gewährleistet und für sämtliche Antragsteller eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden.
Dieser Judikatur folgend werden Ausländer daher auch in allen übrigen Verfahren, die seine Zulassung zu einer Beschäftigung bzw. deren Widerruf zum Gegenstand haben, Parteistellung haben (Deutsch/Nowotny/Seitz, AuslBG 2. Auflage 2018, § 20 Rz 9, § 21 Rz 3). Einer Partei kommen alle nach dem AVG zustehenden Rechte, wie Akteneinsicht, Parteiengehör, Kenntnis des Bescheides sowie die Beschwerdelegitimation zu.
B hat im gegenständlichen Verfahren daher Parteistellung.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.5. Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) in der Fassung BGBl Nr. 218/1975 idgF lauten:
„Abschnitt II
Beschäftigungsbewilligung
Voraussetzungen
§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und
1. der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt, oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§ 12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder über ein Aufenthaltsrecht gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 oder 3 AsylG 2005 verfügt oder gemäß § 46a FPG geduldet ist und zuletzt gemäß § 1 Abs. 2 lit. a vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen war,
2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,
Z 3 bis 11 […].
(2) […].
(3) Die Beschäftigungsbewilligung darf dem Arbeitgeber bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß Abs. 1 und 2 nur erteilt werden, wenn
1. der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet oder (Anm.: Z 2 bis 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)
Z 5 bis 14 […].
(4) bis (8) […].
3.6. Die belangte Behörde stützt die Abweisung des gegenständlichen Antrages im nunmehr bekämpften Bescheid auf § 4 Abs. 1 Z 2 AuslBG. Demnach ist eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält.
Das zu den Tatbestandsvoraussetzungen gehörende rechtserhebliche Tatbestandsmerkmal des "Gegebenerscheinens der Gewähr" bedeutet, dass keine Umstände vorliegen dürfen, die für das in Aussicht genommene Beschäftigungsverhältnis die künftige Einhaltung der in Betracht kommenden allgemeinen und besonderen lohnrechtlichen und arbeitsrechtlichen (die seit der Nov BGBl 1988/231 auch die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften mitumfassen) Vorschriften, insb der gesetzlichen, satzungsgemäßen und kollektivvertraglichen Bestimmungen sowie jener der Arbeitsverfassung und des Arbeitnehmerschutzes, als zweifelhaft erscheinen lassen (VwGH 06.06.2001, 98/09/0016 mit Hinweis E 21.1.1988, 87/09/0236).
Die bB führte begründend aus, dass aufgrund der vorgelegenen arbeitsrechtlichen Verfahren gegen die bP Zweifel an der tatsächlichen Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen bestehen würden.
Zunächst ist festzuhalten, dass die bB - wie in der Beschwerde zutreffend moniert - unterlassen hat, der bP betreffend die Beweisaufnahmeergebnisse (abgeschlossene und anhängige arbeitsgerichtliche Verfahren gegen die bP) Parteiengehör einzuräumen. Nachdem es sich jedoch bei den vom AMS eingeholten Informationen um solche handelte, welche ohne Mitwirkung der Partei verschafft werden konnten, bedurfte es dahingehend keiner Mitwirkung der bP. Gemäß § 39 Abs. 2 AVG ist es Aufgabe der Behörde, der Partei mitzuteilen, welche Angaben noch benötigt werden, sowie sie aufzufordern, für ihre Angaben Beweise anzubieten und damit insofern wiederum eine Mitwirkungspflicht der Partei auszulösen (vgl. zu all dem Hengstschläger/Leeb, AVG, § 39 Rz. 9 ff, und die dort wiedergegebene hg. Rechtsprechung) (VwGH 22.10.2013, 2012/10/0150). Die Einräumung einer Stellungnahme betreffend der arbeitsrechtlichen Verfahren gegen die bP war angesichts der Faktenlage nicht notwendig und musste die bP als beklagte Partei der Verfahren ohnehin über die genaueren Details der Verfahren Bescheid wissen. Eine Verletzung des Parteigehörs liegt sohin nicht vor.
Es sei kurz angemerkt, dass gegenständlich selbst eine tatsächlich vorgelegene Parteiengehörverletzung keine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gem § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG begründet hätte, denn die bB hätte bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu keinem anderen Bescheid kommen können (VwGH 25.09.1989, 87/12/0117). Die in der Beschwerde von der bP montierten Angaben über die Verfahrensgegenstände der gegen sie arbeitsrechtlich geführten Verfahren hätten nichts an der bescheidmäßigen Entscheidung verändert: Nachdem die Rechtsprechung des VwGH den Begriff der Arbeitsbedingungen sehr weit fasst und davon nicht bloß Hauptleistungen aus dem Arbeitsvertrag – also insbesondere das Entgelt und andere aus dem Arbeitsverhältnis entspringende Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien, wie Arbeitszeit, Freizeit, Feiertagsarbeit – umfasst sind, sondern überhaupt jede Frage, welche die Stellung der Arbeitnehmer im Betrieb oder Unternehmen betrifft (VwGH 06.06.2001, 98/09/0016), sind nach Ansicht des BVwG davon auch die mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses entstehen Ansprüche des austretenden Arbeitnehmers (Ausständige Entgeltforderungen, Urlaubsersatzleistung, Abfertigung, Kündigungsentschädigung, Betriebspension, Freizeit während der Kündigungsfrist, Rückzahlung von Ausbildungskosten…) umfasst. Sämtliche gegen die bP geführten arbeitsrechtlichen Verfahren (Offene Lohnansprüche; Offene Entgeltzahlungen bzw. Urlaubsentschädigung; unrechtmäßiger Gehaltsabzug trotz Nichtvereinbarung eines Ausbildungskostenrückersatzes während aufrechten Arbeitsverhältnis und offene Urlaubsentschädigung; Offene Ansprüche) betrafen daher Arbeitsbedingungen iSd § 4 Abs. 1 Z 2 AuslBG.
Wenn die bP in ihrer Beschwerde vermeint, dass keine zureichenden Feststellungen betreffend den vorgelegenen Zweifel an der Einhaltung Lohn-und Arbeitsbedingungen durch die bP getroffen wurden, hält das erkennende Gericht dem entgegen, dass das AMS lediglich verpflichtet war in seinem Bescheid die zu Zweifeln Anlass gebende Umstände in einem der nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun (VwGH 02.07.1987; 87/09/0046). Indem das AMS in ihrem Bescheid in Zusammenhang mit der Frage der Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen durch die bP auf die vermeintlich in der näheren Vergangenheit beendeten bzw. aktuell anhängigen arbeitsrechtlichen Verfahren verweist, ist sie dieser Verpflichtung nachgekommen. Aufgrund dieser Angaben konnte das erkennende Gericht diesen Zweifel im Zuge seiner nachträglichen Ermittlungstätigkeiten nachgehen und durch Auskunftseinholung bei den zuständigen Arbeitsgerichten eruieren, welche arbeitsrechtlichen Verfahren betreffend die bP eingeleitet wurden.
In Anbetracht der Beendigungsart zwei gegen die bP geführter arbeitsgerichtlicher Verfahren (Vergleich in welchen sich die bP zur Zahlung einer Restentgeltzahlung verpflichtet hat; rechtskräftiger Zahlungsbefehl wegen unrechtmäßiger Gehaltskürzung trotz Nichtvereinbarung eines Ausbildungskostenrückersatzes und einer ausständigen Urlaubsentschädigung), den rechtlich einschlägigen ruhendgestellten Verfahren, den Umstand, dass sämtliche Verfahren in den vergangenen vier Jahren anhängig waren und auch die diesbezüglichen Verfahrensgegenstände gleichzeitig Arbeitsbedingungen iSd § 4 Abs. 1 Z 2 AuslBG betrafen, fiel die von der bB gefällte Prognoseentscheidung (VwGH 1.9.2022, Ro 2021/09/0002-4, Hinweis auf VwGH 21.1.1994, 93/09/0406) hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Arbeitgebers zu Recht negativ aus.
3.7. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung erfüllt, wenn die Tatsachen oder die Glaubwürdigkeit von Zeugen unbestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (EGMR 2010-05-12 Bsw 32435/06; vgl. VwGH 18.12.2020, Ra 2019/08/0100, mwN).
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.
Gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Auf Grundlage der im Akt befindlichen Ermittlungsergebnisse, betreffend der in den vergangenen vier Jahren gegen die bP geführten arbeitsgerichtlichen Verfahren, insbesondere des rechtskräftigen Zahlungsbefehls (wegen unrechtmäßiger Gehaltskürzung trotz Nichtvereinbarung eines Ausbildungskostenrückersatzes und einer ausständigen Urlaubsentschädigung) und des gerichtlichen Vergleiches (worin die bP eine Restentgeltzahlung zugestand) steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest, welcher auch durch eine Verhandlung keine Änderung erfahren würde. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht daher bereits aufgrund der Aktenlage fest und war auch nicht ergänzungsbedürftig.
Zu Spruchpunkt B)
3.8. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum AuslBG. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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