BVwG I403 2247285-2

BVwGI403 2247285-215.1.2025

AsylG 2005 §57
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs2 Z7
FPG §53 Abs2 Z8
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2025:I403.2247285.2.00

 

Spruch:

 

I403 2247285-2/27E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ägypten, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Hubert WAGNER, LL.M., gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (BFA-W) vom 25.02.2022, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

A)

I. Der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und VI. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und diese behoben.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

III. Spruchpunkt V. hat zu lauten: „Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Zum Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, die belangte Behörde, wurde mit Schriftsatz der Magistratsabteilung 35 der Stadt Wien vom 26.09.2016 gemäß § 55 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz ersucht, eine mögliche Aufenthaltsbeendigung zu prüfen, da die frühere slowakische Ehefrau des Beschwerdeführers das Bundesgebiet im Jänner 2015 verlassen habe und die Ehe im Mai 2016 geschieden worden sei; der Beschwerdeführer, der seit 2012 eine Aufenthaltskarte als Angehöriger eines EWR-Bürgers habe, habe am 22.09.2016 einen Antrag auf Ausstellung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gestellt. Die belangte Behörde teilte der MA 35 am 04.05.2017 mit, dass keine Bedenken gegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ bestehen würden.

Dem Beschwerdeführer wurde am 04.08.2017 ein entsprechender Aufenthaltstitel erteilt.

Die LPD Wien erklärte in einem Bericht vom 03.05.2018, dass bei der vom Beschwerdeführer mit einer slowakischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe von einer Aufenthaltsehe auszugehen sei, allerdings eine Verjährung der Straftat vorliege.

Mit Bescheid der Magistratsabteilung 35 der Stadt Wien vom 17.04.2020 wurde das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren aufgrund des Antrages vom 17.08.2012 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte als Angehöriger eines EWR-Bürgers von Amts wegen wiederaufgenommen. Ebenso wurde das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren aufgrund des Antrages vom 22.09.2016 auf Ausstellung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ von Amts wegen wiederaufgenommen. Zugleich wurden sowohl der Antrag vom 17.08.2012 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte als Angehöriger eines EWR-Bürgers wie auch der am 22.09.2016 eingebrachte Zweckänderungsantrag auf Ausstellung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ abgewiesen. Dies wurde mit der vom Beschwerdeführer geschlossenen Aufenthaltsehe begründet.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht XXXX vom 10.02.2021 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der Magistratsabteilung 35 der Stadt Wien vom 17.04.2020 zurückgezogen und das Verfahren in der Folge eingestellt.

I.2. Zum ersten Verfahren des BFA zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

Mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 14.05.2021 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass gegen ihn ein Verfahren hinsichtlich der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot eingeleitet worden sei und ihm die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von vierzehn Tagen ab Zustellung eine schriftliche Stellungnahme hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse bei der belangten Behörde einzubringen. In seiner Stellungnahme vom 01.06.2021 erklärte der Beschwerdeführer im Wege seines Rechtsvertreters, dass man die Beschwerde gegen den Bescheid der Magistratsabteilung 35 der Stadt Wien vom 17.04.2020 nur zurückgezogen habe, da er der Ansicht gewesen sei, dass ihm aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes jedenfalls ein Aufenthaltstitel zustehe sowie dass die Ehe mit seiner früheren slowakischen Ehefrau aber jedenfalls aus Liebe geschlossen worden sei. Der Beschwerdeführer habe engen Kontakt zu seinem in Österreich lebenden Bruder bzw. Neffen; er spreche Deutsch auf Niveau A2 und sei am Arbeitsmarkt integriert. Beigelegt waren ein Arbeitszeugnis, das Prüfungszeugnis A2, Mietvertrag, E-Card, Versicherungsdatenauszug und Meldezettel in Kopie.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.09.2021 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Zugleich wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6, 7, 8 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Gegen den Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 11.10.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und moniert, dass dem Beschwerdeführer „unfassbarer Weise eine Scheinehe vorgeworfen“ werde; diese hätte mit einer Nichtigkeitsklage der Staatsanwaltschaft festgestellt werden müssen. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei durchgehend rechtmäßig gewesen, auch aufgrund eines slowakischen Aufenthaltstitels. Er sei gut integriert, berufstätig und werde von seinen Verwandten finanziell unterstützt; er sei daher nicht mittellos. Eine Abschiebung nach Ägypten wäre „mit einem erheblichen psychischen und physischen Ungemach verbunden“ und wäre er in Ägypten obdach- und arbeitslos. Es wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 13.10.2021 vorgelegt. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.10.2021, GZ. I403 2247285-1/3Z wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Am 31.01.2022 wurde eine mündliche Verhandlung abgehalten. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.02.2022, GZ. I403 2247285-1/15E wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I., mit dem dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wurde, als unbegründet abgewiesen, ansonsten der Bescheid vom 10.09.2021 aber behoben, was damit begründet wurde, dass der Beschwerdeführer über einen slowakischen Aufenthaltstitel verfüge und daher zunächst gemäß § 52 Abs. 6 FPG zur freiwilligen Ausreise in die Slowakei aufzufordern gewesen wäre. Erst wenn er dieser Ausreiseverpflichtung nicht unverzüglich nachkomme, sei ein Verfahren zur Prüfung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG 2005 durch das BFA zu führen. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Gegen das Erkenntnis vom 02.02.2022 erhob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 07.03.2022 eine außerordentliche Revision und begründete diese damit, dass das Bundesverwaltungsgericht aufgrund des erst in der Beschwerdeverhandlung vorgelegten slowakischen Aufenthaltstitels den Beschwerdeführer selbst gemäß § 52 Abs. 6 FPG auffordern hätte müssen, sich unverzüglich in die Slowakei zu begeben. Im Revisionsfall stelle sich die Rechtsfrage, ob die Verpflichtung, einen Drittstaatsangehörigen gemäß § 52 Abs. 6 FPG vor Erlassung der Rückkehrentscheidung aufzufordern, sich unverzüglich ins Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaates, der dem Drittstaatsangehörigen einen Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung erteilt hat, zu begeben, nur das BFA oder auch das BVwG treffe.

Die Revision gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.02.2022, GZ. I403 2247285-1/15E wurde allerdings vom revisionswerbenden Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Schriftsatz vom 28.08.2024 zurückgezogen und in der Folge das Verfahren vom VwGH mit Beschluss vom 25.09.2024, Ra 2022/17/0044, gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt.

I.3. Zum gegenständlichen Verfahren:

Noch vor Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hatte die belangte Behörde das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung fortgesetzt. Bereits am 11.02.2022 wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ein „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ betiteltes Schreiben, datiert mit 07.02.2022, übermittelt, wonach der Beschwerdeführer sieben Tage ab Zustellung dieses Schriftstückes Zeit habe, seinen (Fehler im Original) „illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet nachweislich im Sinne § 52 (6) FPG zu beenden und dies binnen 14 Tagen nachzuweisen“. Zugleich wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, Fragen zu seiner persönlichen Situation zu beantworten (im Übrigen identisch mit dem bereits am 14.05.2021 beantworteten Fragekatalog). In einer Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 16.02.2022 wurde nochmals auf die lange Aufenthaltsdauer in Österreich und den slowakischen Aufenthaltstitel verwiesen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.02.2022 wurde – im Wesentlichen in Wiederholung des Bescheides vom 10.09.2021 - dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Zugleich wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6, 7, 8 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Gegen den Bescheid vom 25.02.2022, zugestellt am 01.03.2022, wurde vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 29.03.2022 Beschwerde erhoben. Es wurde moniert, dass die belangte Behörde aufgrund des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.02.2022 dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 6 FPG auftragen hätte müssen, sich in die Slowakei zu begeben, dies sei aber nicht erfolgt. Zudem wurde auf den Aufenthalt von 13 Jahren im Bundesgebiet und die fehlenden Bindungen zu Ägypten verwiesen.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 01.04.2022 vorgelegt. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom selben Tag, GZ. I403 2247285-2/3Z, wurde Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides, mit welchen der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, ersatzlos behoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2022, GZ. I403 2247285-2/4Z wurde zudem das Verfahren gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.02.2022, GZ. I403 2247285-1/15E erhobene außerordentliche Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ausgesetzt.

Gegen den Aussetzungsbeschluss erhob das Bundesamt ebenfalls außerordentliche Revision.

Nach Zustellung des Beschlusses des VwGH vom 25.09.2024, Ra 2022/17/0044, wurde das Verfahren wieder fortgesetzt und am 12.11.2024 eine mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher der Beschwerdeführer erschien. Das Bundesamt verzichtete auf die Entsendung eines Vertreters. Am 18.11.2024 informierte der Beschwerdeführer das Gericht per E-Mail, dass er die Bustickets zur Bestätigung seiner Ausreise in die Slowakei im Jahr 2022 nicht mehr gefunden habe; beigelegt war dem Schreiben neben einer Kopie seines slowakischen Aufenthaltstitels eine „Bestätigung“ seiner ehemaligen Schwiegermutter, wonach er bereits im Februar 2022 in die Slowakei gezogen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof erklärte mit Beschluss vom 09.12.2024, Ra 2022/17/0084 die gegen den Aussetzungsbeschluss erhobene Revision für gegenstandslos und stellte das Verfahren ein.

Das Bundesverwaltungsgericht forderte den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 23.12.2024 zur Stellungnahme auf; in Beantwortung der Anfrage gab der Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 08.01.2025 bekannt, dass er im Mai 2021 in persönlichem Kontakt mit dem Beschwerdeführer gestanden habe, danach nur mehr telefonisch oder über soziale Medien. Der Beschwerdeführer sei noch mit seiner ägyptischen Ehefrau verheiratet, die mit den beiden Kindern in Ägypten lebe. Dort habe sich der Beschwerdeführer zuletzt im Dezember 2024 aufgehalten. In der Slowakei gehe der Beschwerdeführer keiner Beschäftigung nach.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer und seinem Aufenthalt in Österreich:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Ägyptens. Der Beschwerdeführer, der ein Diplom als Klimatechniker hat, war bis zu seiner Ausreise aus Ägypten im Jahr 2010 im Tourismus tätig. Sein Bruder hält sich bereits seit mehr als 30 Jahren im Bundesgebiet auf und ist österreichischer Staatsbürger. Der Beschwerdeführer hatte erstmals im Jahr 2002 versucht, eine Niederlassungsbewilligung für Österreich zu erhalten, welche allerdings nicht bewilligt wurde.

Der Beschwerdeführer war zunächst mit einer ägyptischen Staatsbürgerin verheiratet; die Ehe wurde 2009 geschieden; unmittelbar darauf, am 20.07.2009, heiratete er in Kairo eine slowakische Staatsbürgerin (im Folgenden: P.G.). Die Ehe ist als Aufenthaltsehe zu qualifizieren.

Der Beschwerdeführer reiste im Februar 2010 mit einem slowakischen Aufenthaltstitel in das Bundesgebiet ein. Nach einem dreimonatigen Aufenthalt von P.G. in Österreich wurde dem Beschwerdeführer ab dem 12.09.2012 ein Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet erteilt, der immer wieder verlängert wurde. Die entsprechenden Verfahren wurden allerdings von Amts wegen wiederaufgenommen und die Anträge in der Folge abgewiesen. Der Beschwerdeführer verfügte daher zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes im Bundesgebiet über eine Aufenthaltsberechtigung.

Die Ehe mit P.G. wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 10.05.2016, Zl. XXXX rechtskräftig geschieden.

Am 16.12.2016 heiratete der Beschwerdeführerin (nochmals) seine erste ägyptische Ehefrau. Mit ihr hat er zwei gemeinsame Kinder, wobei seine Tochter am 25.12.2008, somit knapp vor der Eheschließung mit der slowakischen Staatsbürgerin P.G., zur Welt kam, sein Sohn am 04.03.2011, somit während der aufrechten Ehe mit P.G. Am 01.11.2017 stellte die Ehefrau des Beschwerdeführers für sich und ihre zwei Kinder bei der Österreichischen Botschaft in Kairo einen Antrag auf die „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“, dem nicht stattgegeben wurde.

Der Beschwerdeführer war vom 17.02.2010 bis 25.03.2022 im Bundesgebiet gemeldet. Er war ab dem 15.10.2012 – mit kurzen Unterbrechungen – im Bundesgebiet als Arbeiter beschäftigt. Am 30.06.2021 wurde er durch Beamte der Finanzpolizei bei einer Beschäftigung ohne Arbeitsbewilligung angetroffen und wurde das Arbeitsverhältnis am selben Tag beendet.

Der Beschwerdeführer war am österreichischen Arbeitsmarkt integriert, aufgrund der rückwirkenden Aberkennung seiner Aufenthaltsberechtigung allerdings ohne entsprechende Arbeitsbewilligung. Sein Bemühen, am Erwerbsleben teilzunehmen und den österreichischen Gebietskörperschaften nicht zur Last zu fallen, ist aber positiv hervorzuheben, ebenso seine strafrechtliche Unbescholtenheit. Er hatte in Österreich auch ein soziales Netzwerk aus Freunden und der Familie seines Bruders. Einfache Deutschkenntnisse sind vorhanden. Eine nachhaltige Aufenthaltsverfestigung liegt allerdings nicht vor, zumal er seit bald drei Jahren nicht mehr in Österreich lebt.

Die Ehefrau und die beiden Kinder des Beschwerdeführers leben ebenso wie weitere Verwandte in Sharkia, wo der Beschwerdeführer geboren und aufgewachsen ist. Etwa 2018 erwarb der Beschwerdeführer ein Grundstück in Sharkia, seine Frau und seine beiden Kinder leben in dem darauf erbauten Haus. Der Beschwerdeführer besucht seine Familie regelmäßig in Ägypten, zuletzt im Dezember 2024.

1.2. Zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Slowakei:

Der Beschwerdeführer verfügte bis 27.07.2021 über einen slowakischen Aufenthaltstitel. Am 12.11.2021 wurde ihm eine bis zum 11.11.2031 gültige slowakische Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt. Er lebt aktuell bei seiner früheren Schwiegermutter in der Slowakei und geht keiner Beschäftigung nach.

1.3. Zum Zeitpunkt des Verlassens des Bundesgebiets:

Der Beschwerdeführer hat den Zeitpunkt seiner Ausreise nicht nachgewiesen. Er verließ das Bundesgebiet nach Zustellung des gegenständlich angefochtenen Bescheides am 01.03.2022.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Beschwerdeführer:

Die Stellung eines Antrages auf eine Niederlassungsbewilligung im Jahr 2002 ergibt sich aus dem Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 35, vom 17.04.2020, Zl. XXXX . Die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung ergibt sich aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister, aus dem im Akt einliegenden Schreiben des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 35, vom 26.09.2016, Zl. XXXX („Mitteilung gemäß § 55 Abs. 3 NAG“) und aus dem Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 35, vom 17.04.2020, Zl. XXXX . Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit 17.02.2010 ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Die beruflichen Tätigkeiten des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergeben sich aus einem Sozialversicherungsdatenbankauszug. Die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem im Akt befindlichen Zeugnis A2 aus dem Jahr 2014 und dem persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung zur aufrechten Ehe mit seiner in Ägypten lebenden Frau, mit welcher der Beschwerdeführer zwei Kinder hat, ergibt sich aus einer Stellungnahme des Rechtsvertreters vom 10.01.2025.

2.2. Zur Aufenthaltsehe:

Die Feststellung, dass es sich bei der mit P.G. 2009 geschlossenen Ehe um eine Aufenthaltsehe handelt, gründet sich auf die folgenden Erwägungen:

Nach seinen Angaben in der Verhandlung heiratete der Beschwerdeführer unmittelbar nach der Scheidung von seiner ägyptischen Ehefrau, mit der er gerade ein Kind bekommen hatte, P.G.. Zugleich ist unbestritten, dass 2011 ein weiteres gemeinsames Kind mit seiner ägyptischen Ehefrau zur Welt kam und dass es 2016 zu einer neuerlichen Eheschließung kam. Bereits diese Chronologie legt nahe, dass die Ehe mit P.G. nur zum Schein geschlossen wurde und der Beschwerdeführer sich nur zur Erlangung eines Aufenthaltstitels von seiner früheren und aktuellen Ehefrau getrennt hatte. Diese These wird dadurch gestützt, dass sich der Beschwerdeführer nach seiner Einreise in die EU nicht zu seiner Ehefrau in die Slowakei begab und dass diese nur für einen kurzen Zeitraum - exakt, als der Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel beantragte - im Bundesgebiet beschäftigt war (was sich aus dem Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 35, vom 17.04.2020, Zl. XXXX 3 ergibt). Vor der LPD (Erhebungsbericht der LPD vom 03.05.2018, Zl. XXXX ) bestritt der Beschwerdeführer zudem, vor seiner Ehe mit P.G. schon einmal verheiratet gewesen zu sein (obwohl sich dies aus der slowakischen Heiratsurkunde ergibt), während er in der mündlichen Verhandlung zugestand, mit seiner nunmehrigen Ehefrau schon vorher verheiratet gewesen zu sein. Vor der Polizei scheint er versucht zu haben, seine erste Ehe zu verheimlichen, um eine Ehe mit P.G. aufgrund einer emotionalen Bindung wahrscheinlicher zu machen.

Gegen ein tatsächliches Eheleben spricht allerdings auch der Umstand, dass sich im Facebook-Profil von P.G. in den Jahren 2010 bis 2016 kein Hinweis auf den Beschwerdeführer findet, wie die MA 35 im Bescheid vom 17.04.2020 feststellte.

Zudem machte der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben zum Kennenlernen von P.G.: Während er vor der LPD (Erhebungsbericht der LPD vom 03.05.2018, Zl. XXXX ) erklärte, dass er P.G. im Sommer 2008 kennengelernt und sie vor der Ehe ein halbes Jahr bei ihm in Ägypten gewohnt habe, gab er in der mündlichen Verhandlung an, dass er sie im Sommer 2009 kennengelernt und dann gleich geheiratet habe.

Zu den Umständen nach seiner Einreise in die EU im Februar 2010 machte der Beschwerdeführer ebenfalls unterschiedliche Angaben: Vor der LPD (Erhebungsbericht der LPD vom 03.05.2018, Zl. XXXX ) gab er an, dass seine Frau bis Juli 2012 in der Slowakei gelebt und er sie am Wochenende besucht habe. Dagegen sagte er am 03.02.2020, dass er zunächst gemeinsam mit seiner Frau in der Slowakei gelebt haben würde und dann beide gemeinsam Ende 2010 nach Österreich gezogen seien (was den Meldungen im zentralen Melderegister widerspricht). In der Verhandlung am 31.01.2022 wiederum kehrte er zur ursprünglichen Version zurück und meinte, er sei vorab nach Österreich gezogen, weil die Chancen hier für eine Arbeitsstelle besser gewesen seien.

Der Beschwerdeführer tätigte auch unstimmige Angaben zur Trennung: Vor der LPD (Erhebungsbericht der LPD vom 03.05.2018, Zl. XXXX ) erklärte er, es sei im Juni 2014 zur Trennung gekommen, da P.G. im dritten Monat schwanger von einem anderen Mann gewesen sei. Tatsächlich kam die Tochter von P.G. bereits am 27.11.2013 zur Welt, wie sich aus dem Scheidungsurteil ergibt.

Bei einer Befragung am 03.02.2020 (wiedergegeben im Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 35, vom 17.04.2020, Zl. XXXX ) wurden der Beschwerdeführer und P.G. getrennt voneinander befragt: Es ergab sich, dass beide den Namen des jeweils anderen nicht richtig schreiben konnten und auch das jeweilige Geburtsdatum nicht wussten. Der Beschwerdeführer wusste auch nicht, dass P.G. vor der Ehe bereits zwei Kinder hatte. Auch die Angaben zur Hochzeitsfeier divergierten vollkommen. Aus diesen widersprüchlichen Angaben bzw. den fehlenden Kenntnissen übereinander ergibt sich ebenfalls eindeutig, dass es sich um eine Aufenthaltsehe handelte.

Dem Beschwerdeführer wurde in der mündlichen Verhandlung am 31.01.2022 Gelegenheit gegeben, die Widersprüche und Unstimmigkeiten zu entkräften, doch erstattete er kein substantiiertes Vorbringen.

Zusammengefasst ist es für das Bundesverwaltungsgericht unzweifelhaft, dass die Ehe mit P.G. nur geschlossen wurde, um eine Aufenthaltsberechtigung für Österreich zu erhalten. Soweit in der Beschwerde erklärt wurde, dass eine Scheinehe nur durch eine Nichtigkeitsklage der Staatsanwaltschaft festgestellt werden könne, wird die höchstgerichtliche Judikatur außer Acht gelassen, wonach die Nichtigerklärung einer Ehe gemäß § 23 EheG keine Voraussetzung für die Feststellung des Bestehens einer Scheinehe darstellt und das Unterbleiben einer solchen Nichtigerklärung nicht gegen die Beurteilung einer solchen Ehe als Aufenthaltsehe spricht (VwGH 21.01.2013, Zl. 2012/23/0040). Auch setzt die Annahme des Vorliegens einer Aufenthaltsehe iSd § 30 Abs 1 NAG nicht voraus, dass der Ehepartner gem § 117 FPG bestraft oder eine Anzeige gem § 117 FPG erstattet worden ist (VwGH 9. 8. 2018, Ra 2018/22/0033).

2.3. Zum Aufenthalt in Slowenien:

Der gültige slowakische Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers ergibt sich aus der dem Bundesverwaltungsgericht am 18.11.2024 übermittelten Kopie einer slowakischen Aufenthaltskarte (Nr. XXXX ). Der Wohnsitz in der Slowakei ergibt sich aus der Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 12.11.2024 und dem Schreiben seiner früheren Schwiegermutter vom 18.11.2024. Dass er aktuell keiner Beschäftigung nachgeht, ergibt sich aus dem Schreiben seines Rechtsvertreters vom 10.01.2025.

2.4. Zum Zeitpunkt der Ausreise aus dem Bundesgebiet:

Mit „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ des Bundesamtes vom 07.02.2022 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, seinen „illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet nachweislich im Sinne des § 52 (6) FPG zu beenden und dies binnen 14 Tagen nachzuweisen“. Diese „Verständigung“ wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 11.02.2022 zugestellt. Der Beschwerdeführer hätte daher bis zum 25.02.2022 seine Ausreise nachweisen müssen. Ein entsprechender Nachweis wurde nicht erbracht. In der vom Rechtsvertreter am 18.02.2022 eingebrachten Stellungnahme ist auch keine Rede von einer Ausreise des Beschwerdeführers, vielmehr kommt zum Ausdruck, dass er sich zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufhielt („Ich habe mich schon in Österreich eingelebt und es wird mir schwerfallen, mich nochmal in einem neuen Land durchkämpfen zu müssen (…) Ich lebe seit 13 Jahren in Wien (…)“).

Der Beschwerdeführer brachte allerdings vor, seiner Ausreiseverpflichtung noch vor Bescheiderlassung nachgekommen zu sein: Er behauptete in der mündlichen Verhandlung am 12.11.2024, unmittelbar nach Erhalt des „Briefes“ in die Slowakei gefahren zu sein; sein als Zeuge befragter Bruder konnte nicht mehr genau sagen, ob der Beschwerdeführer das Bundesgebiet nach Erhalt des Parteiengehörs oder nach Zustellung des Bescheides verlassen hatte. Mit Schreiben seiner früheren Schwiegermutter vom 18.11.2024 erklärte diese, dass der Beschwerdeführer entweder am 15. oder am 16.02.2022 in die Slowakei zurückgekehrt sei.

Dies erscheint aus mehreren Gründen nicht glaubhaft: Zunächst ist festzuhalten, dass die Abmeldung im Zentralen Melderegister erst am 25.03.2022 erfolgte und dass auch in der am 18.02.2022 verfassten Stellungnahme nicht erwähnt wurde, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet bereits verlassen hat. Entsprechend wurde auch in der Beschwerde ausgeführt: „Es wäre der Beschwerdeführer daher im vorliegenden Fall zunächst zur freiwilligen Ausreise in die Slowakei aufzufordern gewesen. Nun ist der BF zwischenzeitig nicht dazu aufgefordert worden das österreichische Bundesgebiet zu verlassen. Vielmehr wurde er lediglich dazu aufgefordert binnen sieben Tagen eine Stellungnahme zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung abzugeben, was er auch getan hat“. Offenbar wurde vom Rechtsvertreter, an den die „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ des Bundesamtes am 11.02.2022 zugestellt worden war, übersehen, dass der Beschwerdeführer mit diesem Schreiben sehr wohl eine entsprechende Aufforderung erhalten hatte. Der zitierte Satz vermittelt auch nicht den Eindruck, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Verfassens der Beschwerde am 29.03.2022 das Bundesgebiet bereits seit mehr als einem Monat verlassen hatte; ebenso wenig tut dies der folgende Satz in der Beschwerde: „Auf Grund der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerde und Nichteinräumung einer freiwilligen Frist zur Ausreise könnte dieser hiermit angefochtene Bescheid zur Folge haben, dass der BF abgeschoben wird.“ Tatsächlich geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet erst nach Zustellung des Bescheides am 01.03.2022 verlassen hat.

Der Beschwerdeführer hatte in der Verhandlung noch erklärt, Bustickets oder ähnliches für die Bestätigung des Zeitpunktes der Ausreise vorlegen zu können. Tatsächlich wurde aber nur das Schreiben seiner früheren Schwiegermutter vorgelegt, welche von einer Rückkehr des Beschwerdeführers am 15. oder am 16.02.2022 in die Slowakei spricht. Aufgrund des Naheverhältnis zu seiner früheren Schwiegermutter, bei der der Beschwerdeführer lebt, ist die Beweiskraft des Schreibens zu relativieren, zumal es im Gegensatz zu den Ausführungen in der Beschwerde steht.

Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers konnte auf entsprechende Nachfrage des Gerichts keine Auskunft darüber geben, wann der Beschwerdeführer das Bundesgebiet verlassen hat; laut Stellungnahme vom 10.01.2025 habe man sich im Mai 2021 persönlich getroffen, dann aber telefonisch oder über Whats App kommuniziert.

Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer den Zeitpunkt des Verlassens des Bundesgebietes nicht nachgewiesen hat und das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass er das Bundesgebiet erst nach Zustellung des Bescheides am 01.03.2022 verlassen hat.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Nicht-Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Ausspruch, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 werde nicht erteilt, seine Grundlage in § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat. Danach ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG fällt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet sich der Beschwerdeführer jedoch nicht mehr im Bundesgebiet.

 

Damit ist die Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 weggefallen (vgl. VwGH 5.5.2020, Ra 2019/21/0061, Rn. 13, mit Hinweis auf VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rn 23). Deshalb ist dieser Spruchpunkt ersatzlos zu beheben (VwGH 21.12.2021, Ra 2020/21/0135).

3.2. Zur Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 hat die belangte Behörde gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Aufgrund des Bescheides des Amtes der Wiener Landesregierung vom 17.04.2020, mit dem die Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers rückwirkend aufgrund seiner Aufenthaltsehe für nichtig erklärt wurden, war der Beschwerdeführer im Bundesgebiet unrechtmäßig aufhältig.

Gemäß § 52 Abs. 6 FPG 2005 kann gegen einen nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen, der im Besitz eines Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates ist, nur dann eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG 2005 erlassen werden, wenn er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommt oder seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Der Bescheid wurde am 01.03.2022 zugestellt; zu diesem Zeitpunkt verfügte der Beschwerdeführer über einen slowakischen Aufenthaltstitel, der ihn gemäß § 31 Abs. 1 Z 3 FPG 2005 allerdings nur zu einem Aufenthalt bis zu drei Monaten und nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigte. Nach dem Regelungskonzept des Artikel 6 der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) berechtigt ein von einem Schengen-Staat ausgestellter Aufenthaltstitel den Inhaber grundsätzlich, sich mit einem gültigen Reisedokument bis zu 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen frei im Hoheitsgebiet der übrigen Schengen-Mitgliedstaaten zu bewegen.

Der Beschwerdeführer war seiner Ausreiseverpflichtung trotz Aufforderung mit „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ vom 11.02.2022 nicht nachgekommen. Daher war die belangte Behörde berechtigt nach § 52 Abs. 1 FPG 2005 vorzugehen.

Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim BVwG erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das BVwG gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich oder auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten. Sein Bruder ist österreichischer Staatsbürger. Ob außerhalb des Bereiches des insbesondere zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden im Sinne des Art. 8 EMRK ein Familienleben vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte jeweils von den konkreten Umständen ab, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung gegebenenfalls auch die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sind. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 12.3.2020, Ra 2019/20/0035, mwN). Nachdem zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Bruder nie ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis oder eine stark ausgeprägte persönliche Nahebeziehung behauptet wurde und es auch keine Hinweise darauf gibt, kann nicht vom Vorliegen eines Familienlebens ausgegangen werden.

Der Beschwerdeführer war vom 17.02.2010 bis März 2022 in Österreich aufhältig; sein zwölfjähriger Aufenthalt in Österreich wurde allerdings aufgrund seiner Aufenthaltsehe rückwirkend für unrechtmäßig erklärt. Auch wenn der Beschwerdeführer am Arbeitsmarkt integriert war und grundlegende Deutschkenntnisse erworben hatte, hatte der Beschwerdeführer auf der anderen Seite noch enge Bindungen zu Ägypten, wo seine Ehefrau und seine Kinder leben und der Beschwerdeführer ein Haus gebaut hatte. In einer Zusammenschau dieser Elemente erscheint die Erlassung einer Rückkehrentscheidung durch das Bundesamt nicht unverhältnismäßig.

Zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt hält sich der Beschwerdeführer im Übrigen seit mehr als zwei Jahren nicht mehr im Bundesgebiet auf.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers darstellt.

Die Beschwerde war daher hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde zudem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ägypten zulässig ist. Der Beschwerdeführer brachte zu keinem Zeitpunkt vor, im Falle einer Rückkehr nach Ägypten in irgendeiner Form gefährdet zu sein. Vielmehr kehrte er zu Urlaubszwecken immer wieder dorthin zurück, baute ein Haus und leben zudem seine Ehefrau und seine Kinder dort. Zuletzt war er im Dezember 2024 in Ägypten.

Es gibt keine Hinweise, dass bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Ägypten Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig iSd § 50 Abs. 2 FPG, da der Beschwerdeführer in Ägypten nicht verfolgt wird. Weiters steht der Abschiebung keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

 

 

3.4. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht unter anderem dann keine Frist für die freiwillige Ausreise, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Die belangte Behörde hatte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und entsprechend festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Rückkehr bestehe.

Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.04.2022, GZ. I403 2247285-2/3Z, wurde Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides, mit welchen der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt worden war, ersatzlos behoben.

§ 55 Abs. 1 FPG sieht vor, dass mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt wird. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer von der Behörde vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Dem Beschwerdeführer war daher eine Frist von 14 Tagen für eine freiwillige Ausreise zu gewähren.

3.5. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6, 7, 8 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet, soweit entscheidungsrelevant:

„(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

(…)

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder (…)“

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass § 53 Abs. 2 Z 6 (Mittellosigkeit) vom VfGH, 06.12.2022, G 264/2022 als verfassungswidrig behoben wurde.

§ 53 Abs. 2 Z 7 FPG setzt voraus, dass der Beschwerdeführer bei einer Beschäftigung, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen, betreten wird. Es bedarf daher zumindest der Feststellung der nach dem AuslBG nicht zulässigen Beschäftigung aufgrund der Nachschau durch die dafür berufenen Behörden (VwGH, 24.05.2018, Ra 2017/19/0311). Dieser Tatbestand ist erfüllt, wurde der Beschwerdeführer doch am 30.06.2021 durch Beamte der Finanzpolizei bei einer Beschäftigung ohne Arbeitsbewilligung angetroffen.

Auch soweit sich die belangte Behörde bei der Erlassung eines vierjährigen Einreiseverbotes gegen den Beschwerdeführer auf das Eingehen einer Aufenthaltsehe stützt, bestreitet das Bundesverwaltungsgerichtes weder den festgestellten Sachverhalt noch den damit verbundenen Unrechtsgehalt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Tat fast sechzehn Jahre zurückliegt und sich der Beschwerdeführer ansonsten (abgesehen von der oben genannten Verwaltungsübertretung) nichts mehr hat zuschulden kommen lassen.

Der Beschwerdeführer mag zudem nicht unmittelbar nach Übermittlung der „Verständigung von der Beweisaufnahme“ das Bundesgebiet verlassen haben, aber wenige Wochen danach, als ihm am 01.03.2022 der Bescheid zugestellt wurde, mit welchem eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot ausgesprochen wurden. Er verblieb daher nicht beharrlich im Bundesgebiet und setzte auch seine unerlaubte Beschäftigung nicht fort. Auch ist aufgrund der gegenwärtigen Ehe und der Erfahrung der Auswirkungen der 2009 geschlossenen Aufenthaltsehe, die zu einer rückwirkenden Aberkennung der Rechtmäßigkeit des langjährigen Aufenthaltes in Österreich geführt hatte, nicht davon auszugehen, dass die Gefahr des erneuten Eingehens einer Aufenthaltsehe besteht.

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt daher keine vom unbescholtenen Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung.

Daher war das mit Spruchpunkt VI. erlassene Einreiseverbot zu beheben.

 

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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