UFS RV/0081-L/06

UFSRV/0081-L/068.3.2006

Doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten absetzbar bei Landwirtschaft in Bosnien-Herzegowina

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/15/0162 eingebracht. Mit Erk. v. 22.11.2006 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag. Peter Zivic, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Weihburggasse 20, gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2003 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabe betragen:

 

Bemessungsgrundlage

Abgabe

Jahr

Art

Höhe

Art

Höhe

2003

Einkommen

16.224,02 €

Einkommensteuer

2.960,74 €

festgesetzte Einkommensteuer (Abgabenschuld)

211,63 €

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) bezog im berufungsgegenständlichen Jahr 2003 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Entgegen der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung gewährte das Finanzamt bei der Veranlagung den Alleinverdienerabsetzbetrag nicht und ermittelte den Steuersatz unter Berücksichtigung eines Progressionsvorbehaltes (Bescheid vom 11. August 2004).

Gegen diesen Bescheid erhob der Bw. durch seinen steuerlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 9. September 2004 (eingelangt beim Finanzamt am 13. September 2004) Berufung und beantragte vorsorglich die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages, "sofern die Ehefrau im Kalenderjahr tatsächlich an den Beschäftigungsort des Bw. in Österreich zugezogen ist". Als Begründung gab der steuerliche Vertreter an, dass laut seiner Information die Frau des Bw. 2003 keinerlei Einkünfte erzielt habe.

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2004 nahm der Bw. durch seinen steuerlichen Vertreter zu den beantragten Kosten der doppelten Haushaltsführung Stellung und legte Unterlagen vor. Begründend führte er aus, die Österreichische Botschaft in S. habe seiner Frau Nevenka, geb. am 31. August 1960, am 26. April 2002 die erste Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft ausgestellt. Diese jeweils auf ein Jahr befristete Bewilligung sei in der Zwischenzeit mehrmals wiederum für ein Jahr verlängert worden. Tatsächlich sei seine Frau erst 2003 nach Österreich gekommen und seit 5. März 2003 hier gemeldet, habe aber lediglich nur fünf Tage hier verbracht. Er verfüge in Bosnien-Herzegowina über einen nicht unerheblichen, landwirtschaftlich genutzten Grundbesitz (ca. 70.000 m² Acker, ca. 50.000 m² Wiese, 30.000 m² Wald) und Viehbesitz (10 Kühe, 50 Schafe, 10 Schweine, 30 Hühner). Seine Frau sei erst wieder Mitte/Ende März 2004 nach Österreich gekommen, um einen Deutsch-Integrationskurs zu besuchen und nach erfolgreicher Kursteilnahme Mitte Mai 2004 wieder an den Familienwohnsitz in Bosnien-Herzegowina zurückgekehrt.

Was die geltend gemachten Mietaufwendungen betreffe habe er seit 1. März 2003 eine Wohnung gemietet (monatliche Gesamtmiete einschließlich Betriebskosten 102,70 €).

Mit Berufungsvorentscheidung vom 11. Juli 2005 berücksichtige das Finanzamt den Alleinverdienerabsetzbetrag, hingegen nicht die Kosten der doppelten Haushaltsführung (Familienheimfahrten, Mietkosten der Zweitwohnung in Steyr).

Mit Schriftsatz vom 11. August 2005 (eingelangt beim Finanzamt am 17. August 2005) beantragte der Bw. durch seinen steuerlichen Vertreter die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte ergänzend aus:

Seine Frau sei zwar 2003 in Österreich gemeldet gewesen - dies vor allem aus Angst vor dem Verlust der ihr erteilten Niederlassungsbewilligung; sie lebe jedoch nach wie vor am Familienwohnsitz in Bosnien-Herzegowina, um den landwirtschaftlich genutzten Grundbesitz samt Viehbestand zu bewirtschaften und entsprechend zu versorgen. Eine dauerhafte Verlegung des Wohnsitzes nach Österreich sei daher nicht zumutbar.

Zusammengefasst ergibt sich auf Grund der vorgelegten Unterlagen und der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens folgender Sachverhalt:

Laut Bestätigung des Zentralen Melderegisters hat die Frau des Bw. seit 5. März 2003 in Österreich ihren Hauptwohnsitz.

Aus den vorgelegten Passkopien geht hervor, dass die Frau des Bw. eine Niederlassungsbewilligung vom 26. April 2002 bis 26. April 2003 und vom 9. April 2003 bis 9. April 2004 unter dem Aufenthaltstitel "Familiengemeinschaft" besaß.

Die Frau des Bw. hat vom 22. März 2004 bis 11. Mai 2004 einen "Integrationskurs Deutsch" im Ausmaß von 100 Trainingseinheiten besucht (Teilnahmebestätigung vom 11. Mai 2004).

Der Bw. hat einen Mietvertrag - beginnend ab 1. März 2003 - auf unbestimmte Zeit über eine Wohnung in St. zu einem monatlichen Mietentgelt in Höhe von 102,70 € abgeschlossen.

Der Bw. hat in Bosnien-Herzegowina eine Landwirtschaft in dem von ihm beschriebenen Ausmaß (Bestätigung der Ortsgemeinschaft "B." vom 2. Oktober 2002).

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind die Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind auch: Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt: Bei einer einfachen Fahrtstrecke von 2 km bis 20 km 210 € jährlich, 20 km bis 40 km 840 € jährlich, 40 km bis 60 km 1.470 € jährlich, über 60 km 2.100 € jährlich.

Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden: Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge (Z 1).

Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c angeführten Betrag übersteigen (Z 2 lit. e).

Die Frau des Bw. hat im berufungsgegenständlichen Jahr überwiegend in Bosnien-Herzegowina gelebt.

Strittig ist, ob der doppelten Haushaltsführung eine berufliche Veranlassung zu Grunde liegt und die Kosten für die Familienheimfahrten und die Mietkosten für die Wohnung in St. daher als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Liegt nämlich der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen aus privaten Gründen außerhalb der üblichen Entfernung vom Arbeitsplatz, dann können die Aufwendungen für die Wohnung am Arbeitsplatz sowie die Kosten für Familienheimfahrten steuerlich nicht berücksichtigt werden (VwGH 26.4.1989, 86/14/0030; VwGH 19.9.1989, 89/14/0100); die Aufwendungen sind nur dann abzugsfähig, wenn der Doppelwohnsitz (die doppelte Haushaltsführung) berufsbedingt ist (Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 16 Tz 220, § 4 Tz 346; VwGH 29.1.1998, 96/15/0171).

Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus Sicht jener Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, ist niemals durch diese Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung nur dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung kann ihre Ursache auch in weiteren Erwerbstätigkeiten des Steuerpflichtigen haben (VwGH 18.10.2005, 2005/14/0046).

Wie der Bw. aufgezeigt hat, bewirtschaftet seine Frau in Bosnien-Herzegowina für ihn seinen landwirtschaftlichen Besitz, welcher aufgrund seiner Größe die Eigenversorgung der Familie mit landwirtschaftlichen Produkten gewährleistet.

Bei dieser Sachlage erweist sich die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Arbeitsort des Bw. in Österreich als unzumutbar.

Die beantragten Kosten für die doppelte Haushaltsführung sind daher als Werbungskosten abzugsfähig.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Linz, am 8. März 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Familienheimfahrten, doppelte Haushaltsführung

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