BFG RV/7102092/2017

BFGRV/7102092/201728.9.2021

Erwerb einer Eigentumswohnung zur Nutzungsüberlassung an den mittelbar beteiligten Gesellschafter; Feststellung der Renditemiete

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102092.2017

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Sommer & Zarits Steuerberatung GmbH, Robert Graf-Platz 1 Tür 3, 7000 Eisenstadt, und Fidas Eisenstadt Steuerberatung GmbH, Kaiserallee 8a, 7000 Eisenstadt, über die Beschwerden vom 24. November 2016 gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 25. Oktober 2016 betreffend Körperschaftsteuer 2014, den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 25. Oktober 2016 betreffend Umsatzsteuer 2014 und den Haftungsbescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 27. Oktober 2016 betreffend Kapitalertragsteuer 2014 zu Recht:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Haftungsbescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 27. Oktober 2016 betreffend Kapitalertragsteuer 2014 wird - ersatzlos - aufgehoben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben (Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer) sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden diese einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die ***Bf1*** (im Folgenden bezeichnet als Beschwerdeführerin) hat in der für den Monat April 2014 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung Vorsteuern im Gesamtbetrag von 147.685,- Euro geltend gemacht.

(i) Außenprüfung

Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung betreffend Umsatzsteuer 4/2014 wurden von der Prüferin im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen (vgl Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 19.11.2014 Tz 1):

Es handle sich bei den in der UVA 04/2014 beantragten Vorsteuern zum größten Teil um Vorsteuern aus dem Kauf einer Wohnung in ***PLZ1*** Wien, ***Objektadresse1***. Der Kaufpreis der Wohnung habe 700.000,- Euro zuzüglich 20 % Umsatzsteuer (140.000,- Euro) betragen. Finanziert sei der Wohnungskauf durch die Eigentümerin der Beschwerdeführerin, die deutsche ***GmbH1***, worden. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, Herr ***AB***, sei eigenen Angaben zufolge der Geschäftsführer und Gesellschafter der ***GmbH1***. Anlässlich der USO Prüfung sei eine "Prognose" vorgelegt worden, die folgenden Inhalt aufweise:

Miete 12,00/m2 108 m2 1.296,00 Monatsmiete
Jahresmiete Netto 15.552,00
abzüglich AfA 13.200,00
Überschuss 2.352,00

Beginn Mietverhältnis 1.8. 2014 wären 6.480,00
abzüglich AfA 13.200,00
- 6.720,00

Anlässlich einer am 16.7.2014 erfolgten Besprechung habe der steuerliche Vertreter mitgeteilt, dass die Wohnung noch nicht fertiggestellt sei aufgrund eines Wasserschadens. Die Sanierung werde noch ca 2 Monate in Anspruch nehmen. Im Zuge der Unterredung seien folgende Unterlagen abverlangt worden: Mietvertrag, Berechnung einer Renditenmiete und Angebot des Bauträgers.

Es seien daraufhin der Mietvertrag mit Mietbeginn 1.5.2014 (richtig: 1.6.2014) sowie oben angeführte Prognoserechnung und der Immobilienpreisspiegel der WKO für 2012 vorgelegt worden. Laut Aussage des steuerlichen Vertreters habe es kein Anbot des Verkäufers gegeben. Eine Berechnung der Renditemiete sei nicht vorgelegt worden.

Die Renditemiete sei jene Miete, mit der für das eingesetzte Kapital die durchschnittliche Rendite einer Immobilienveranlagung in der betreffenden Lage erreicht wird. Vom Finanzamt sei zu prüfen gewesen, ob die tatsächlich bezahlte Miete angemessen ist, dh ob es zu einem Vermögensnachteil für die GmbH kommt. Nach der Judikatur setze die körperschaftsteuerliche Nichtanerkennung von Mietverhältnissen zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter zu Wohnzwecken (Steuerneutralität von Betriebsvermögen) und die gemäß § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG daraus abzuleitende umsatzsteuereliche Rechtsfolge (Versagen des Vorsteuerabzuges) materiell-rechtlich voraus, dass der Mietzins (Nutzungsentgelt) kalkulatorisch unangemessen niedrig ist (kalkulatorischer Fremdvergleich) und die "üblichen Werte" der Investitionskosten wesentlich überschritten werden (Baukostenvergleich).

Daran anschließend wurde im BP-Bericht ein kalkulatorischer Fremdvergleich (Berechnung einer Kostenmiete) wiedergegeben. Den Ausführungen im BP-Bericht zufolge drücke die Kostenmiete den Wert aus, den ein Anleger als Rendite aus der Investition der konkret aufgewendeten Geldsumme erwartet. Die Berechnung sei auf Basis der vorgelegten Ankaufsrechnung erfolgt und sei ein Liegenschaftszinssatz von 3% angewendet worden, der in der Bandbreite der gültigen Empfehlung des Hauptverbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreich für Wohnliegenschaften in guten Lagen (3,0 bis 5,0%) Deckung finde. Konkret zeigt die im BP-Bericht wiedergegebene Berechnung folgendes Bild:

"Ermittlung der Kostenmiete
(durch Umkehrung der Ertragswertrechnung)

Nutzungsdauer bzw. Restnutzungsdauer 80,00 Jahre
Liegenschaftszinssatz 3,00
monatliche Marktmiete/bezahlte Miete 1.296,00

Vervielfacher 30,20

Baukosten 560.000,00
Grund und Boden 140.000,00

Baukostenverzinsung 18.543,05
Grund und Boden Verzinsung 4.200,00
Jahresreinertrag 22.743,05 97%

Mietausfallwagnis 522,83 2%
Instandhaltungskosten 2.352,73 9%
Verwaltungskosten 522,83 2%
Kostenmiete=Jahresrohertrag 26.141,43 100%

Gegenüberstellung
Kostenmiete 2.178,45 100%
Marktmiete/bezahlte Miete 1.296,00 68%
Differenz 882,45"

Aus dieser Umkehrung der Ertragswertberechnung der Immobilie sei den Ausführungen im BP-Bericht zufolge erkennbar, dass die laut Mietvertrag in Rechnung gestellte Miete wesentlich niedriger als die berechnete Sollmiete ist. Die angesetzte durchschnittliche Miete laut Immobilienpreisspiegel der WKO sei keine fremdübliche Miete, da die erworbene Immobilie um 21,62 % über den durchschnittlichen Anschaffungskosten liege (tatsächliche Anschaffungskosten [netto] pro m2 iHv 5.185,19 versus durchschnittliche Anschaffungskosten [netto] Wien - ***Bezirk1*** pro m2 iHv 4.263,33).

Es entspreche "mittlerweile einer zu steuerlichem Gemeingut avancierenden Erkenntnis, dass es prima facie im Widerspruch zu einer Entfaltung marktkonformen Strebens steht, exklusivere bzw aufwendig gestaltete ,Sachwertobjekte' (Luxusvillengrundstück, Penthousewohnung, Einfamilienhaus, Schloss etc) anzuschaffen/herzustellen/zu sanieren, um diese (an wen auch immer) gegen Entgelt zur Nutzung zu überlassen. Die Anschaffung/Herstellung/Sanierung ,luxuriöser' Wohnliegenschaften für Zwecke der Vermietung ergibt betriebswirtschaftlich keinen Sinn, weswegen - in typisierender Betrachtungsweise - davon ausgegangen werden kann, dass die Summe der iZm der Errichtung (Umbau, Sanierung) geltend gemachten Vorsteuerbeträge - im Laufe der Gebäuderestnutzungsdauer - höher sein wird als die Summe der iZm den Nutzungsentgelten stehenden Umsatzsteuerlasten. Der Vorsteuerabzug steht dem Bestandgeber selbst dann nicht zu, wenn die - durch die Umkehrung des Ertragswertverfahrens hergeleitete ,Kostenmiete' zwar vom Bestandnehmer tatsächlich bezahlt wird, im gewöhnlich-redlichen Geschäftsverkehr aber nicht zu erzielen wäre."

(ii) Bescheiderlassung

Am 25. Oktober 2016 erließ die belangte Behörde die im Rahmen der Außenprüfung getroffenen Feststellungen berücksichtigende Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2014 und betreffend Umsatzsteuer 2014 und wich die belangte Behörde insoweit von den von der Beschwerdeführerin eingereichten Steuererklärungen ab, als von den geltend gemachten Vorsteuern iHv 167.236,38 Euro nur ein Betrag von 21.519,56 Euro berücksichtigt wurde und betreffend die Körperschaftsteuer eine Korrektur der Einkünfte aus Gewerbebetrieb von - 9.421,53 Euro auf - 6.254,96 erfolgte.

In der Bescheidbegründung betreffend Umsatzsteuer 2014 wurde in diesem Zusammenhang im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Kaufvertrag vom 27.03.2014 eine Wohnung in ***PLZ1*** Wien, ***Objektadresse1*** um 700.000,- Euro zuzüglich 20 % Umsatzsteuer im Betrag von 140.000,-Euro, somit um 840.000,- Euro erworben worden sei und diese Wohnung sodann an den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin vermietet worden sei. Die Berechnungen der Außenprüfung hätten nach angewendeter Rendite von 3 % eine Nettomonatsmiete in Höhe von 2.178,45 Euro als fremdüblich und marktorientiert ergeben. Dieser Berechnung stünden die bisher lukrierten Einnahmen der Beschwerdeführerin von 1.296,- Euro monatlich gegenüber. Es liege somit keine unternehmerische Tätigkeit iSd § 2 Abs 1 UStG und damit auch keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug vor.

In der Bescheidbegründung betreffend Körperschaftsteuer 2014 wurde nach einleitendem Verweis auf die Feststellungen der Außenprüfung im Wesentlichen ausgeführt, für September sei eine Miete in Höhe von 762,55 Euro und für die Monate Oktober bis Dezember seien 3.888,- Euro (pro Monat 1.296,- Euro) bezahlt worden. Insgesamt wurden Mieteinnahmen in Höhe von 4.650,55 lukriert. Die (fremdübliche) Nettomonatsmiete laut Betriebsprüfung betrage demgegenüber für September 1.281,77 Euro und für die Monate Oktober bis Dezember 6.535,35 Euro (pro Monat 2.178,45 Euro), insgesamt somit 7.817,12 Euro. Die Differenz in Höhe von 3.166,57 Euro sei den Einnahmen hinzuzurechnen.

Am 27. Oktober 2016 erließ die belangte Behörde einen Haftungsbescheid für den Zeitraum 2014 und zog die belangte Behörde die Beschwerdeführerin damit aufgrund eines Zuflusses von Kapitalerträgen beim Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zur Haftung für Kapitalertragsteuer iHv 1.055,52 Euro heran. Nach einleitender Wiedergabe der nach Ansicht der belangten Behörde einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und Verweis auf die Feststellungen der Außenprüfung wurde in der Bescheidbegründung folgende "Berechnung der verdeckten Gewinnausschüttung" wiedergegeben:

"Mieteinnahmen € 4.650,55
Kostenmiete laut Betriebsprüfung € 7.812,12
Differenz € 3.166,57
von der GmbH zu tragende KESt € 1.055,52
Bemessungsgrundlage für KESt € 4.222,09
Kapitalertragsteuer € 1.055,52"

(iii) Beschwerden

Mit gesonderten Schriftsätzen, jeweils vom 24. November 2016, wurde vom damaligen steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die oa Bescheide erhoben und wurde die Berücksichtigung der von der belangten Behörde nicht anerkannten Vorsteuern iHv 145.716,82 Euro, die Streichung der von der belangten Behörde für Zwecke der Körperschaftsteuerfestsetzung angesetzten zusätzlichen Einnahmen iHv EUR 3.166,57 Euro sowie (in verständiger Würdigung des Anbringens) die ersatzlose Aufhebung des KESt-Haftungsbescheides beantragt. In den weitgehend gleichlautenden Begründungen wurde in den Beschwerden zunächst die von der Beschwerdeführerin seinerzeit durchgeführte Kalkulation des vereinbarten Mietzinses erläutert. Demnach führe der von der Beschwerdeführerin vereinbarte Mietzins von 1.296,- Euro zu einer Rendite von 2,2%. Die Berechnung des Mietzinses basiere auf dem Immobilienpreisspiegel der WKO aus dem Jahr 2014. Der dort "empfohlene" Wert für Mietwohnungen im ***Bezirk1*** (mehr als 60 m2; sehr gute Wohnlage) liege bei 11,60 Euro brutto. Eine Vergleichsrechnung mache eindeutig ersichtlich, dass der (vereinbarte) Mietzins über der "Empfehlung" der Wirtschaftskammer Österreich liege:

 

Brutto/m2

m2

Brutto

Netto

WKO Empfehlung

11,60

108

1.252,80

1.138,91

Kalkulation Bf.

13,20

108

1.425,60

1.296,00

Aufgrund der Entwicklungen am Kapitalmarkt in den vergangenen Jahren seien Renditen von Immobilien und anderen Anlageformen sehr stark gesunken. Es sei kritisch zu hinterfragen, ob man bei einer Rendite iHv 3% aufgrund der aktuellen Wirtschaftssituation noch von Marktkonformität sprechen könne (Verweis auf Beilage "Österreich 10-Jahre Anleihen Rendite"). Dennoch würden Judikatur sowie Literatur bei Immobilien in sehr guter Lage von einem Liegenschaftszinssatz von 2 bis 3% ausgehen. Der Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreich gebe in seiner Empfehlung für Wohnliegenschaften in hochwertiger Lage eine Bandbreite von 1,5 bis 3,5% vor. Der kalkulierte Mietzins der Beschwerdeführerin liege in dieser Bandbreite, wobei bei der seinerzeitigen Berechnung des Mietzinses eine Rendite von über 2,5% als nicht marktkonform angesehen worden sei.

Bei der Berechnung der Rendite sei außerdem die Wertveränderung der Immobilie zu berücksichtigen. Es sei unbestritten, dass Immobilien in dieser Lage eine Wertsteigerung in Zukunft erfahren werden, welche in der GmbH steuerhängig bleibt. Die Argumentation in der Niederschrift vom 18. November 2015 könne nicht nachvollzogen werden. ("... Die Anschaffung/Herstellung/Sanierung "luxuriöser" Wohnliegenschaften für Zwecke der Vermietung ergibt betriebswirtschaftlich keinen Sinn ..."). Als exemplarisches Beispiel könne in diesem Zusammenhang die folgende Preisentwicklung gem WKO Immobilienspiegel 2011 bis 2014 angeführt werden:


 

 

 

2011

2012

2013

2014

€/m2

2650

3166,7

3420

3697

Steigerung in %

 

19,50

8,00

8,10

Ein Kauf auf Basis der damals zur Verfügung stehenden Preisentwicklungsstatistiken sei somit sehr wohl als betriebswirtschaftlicher Anreiz zu sehen. Unter Berücksichtigung der Wertsteigerung ergebe sich eine Rendite pro Jahr von über 10%.

Angemerkt werde, dass Organe der belangten Behörde im Zuge der "USO" erwähnt hätten, dass der Beschwerdeführerin bzw Herrn ***AB*** die Vorsteuer nicht rückerstattet werden solle, "da er Millionär ist und er sich das ohnehin leisten kann". Die Fremdüblichkeit sei somit offenbar "hochgerechnet" worden, um eine Begründung der Nichtgewährung zu argumentieren. Dies allein stehe im diametralen Widerspruch zur Gleichbehandlung von Steuersubjekten. Betreffend die umsatzsteuerliche Anerkennung des Mietverhältnisses sei ein schriftlicher Mietvertrag mit fremdüblichem Inhalt, welcher auch tatsächlich gelebt wird, vorauszusetzen. Beide Voraussetzungen seien erfüllt, die gegenständliche Vermietung sei daher fremdüblich und liege somit eine unternehmerische Tätigkeit vor.

Die Immobilie sei weder auf die Bedürfnisse des Gesellschafters zugeschnitten, noch diene sie repräsentativen Zwecken. Sie könne jederzeit im betrieblichen Geschehen durch Vermietung an Dritte eingesetzt werden. Im Mietvertrag sei eine beiderseitige fremdübliche Kündigungsfrist von 3 Monaten vereinbart. Der VwGH habe klargestellt, dass auch ein niedriger Mietzins nicht gegen die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen spricht (Verweis auf VwGH 21. April 2016, Ra 2014/15/0042). Es sei nochmals auf die Tatsache zu verweisen, dass der Mietzins im vorliegenden Fall fremdüblich und marktorientiert sei.

(iv) Beschwerdevorentscheidungen

Am 16. Februar 2017 erließ die belangte Behörde betreffend die oa Beschwerden abweisende Beschwerdevorentscheidungen. Die jeweils identische Begründung lautete wie folgt: "Ihre Beschwerdeausführungen ändern nichts an der im bekämpften Bescheid dargestellten Beurteilung der Sach- und Rechtslage."

(v) Vorlageantrag

Mit Schreiben vom 14. März 2017 stellte der damalige steuerliche Vertreter Bezug nehmend auf die oa Beschwerdevorentscheidungen einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht gem § 264 BAO.


 

(vi) Vorlage

Am 20. April 2017 legte die belangte Behörde die oa Beschwerden zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht vor. Im Vorlagebericht wurde im Wesentlichen ausgeführt wie in den zu den angefochtenen Bescheiden ergangenen Begründungen.

(vii) Verwaltungsgerichtliches Verfahren

Mit Beschluss des BFG vom 10. Dezember 2020 wurde die Beschwerdeführerin unter anderem um Vorlage diverser Unterlagen (Kaufvertrag; Grundrissplan der Wohnung) sowie um Beantwortung mehrere Fragen ersucht (insbesondere betreffend Jahr der Errichtung; Durchführung von Umbauarbeiten; Nutzung durch den Voreigentümer etc).

Mit Schreiben vom 7. Jänner 2021 gab der ehemalige steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin bekannt, dass er von der Beschwerdeführerin bevollmächtigt worden sei, sie im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht zu vertreten. Mit Schreiben vom 29. Jänner 2021 wurde ua bekanntgegeben, dass die Wohnung in den Jahren 2013/14 neu errichtet worden sei und folglich keine Umbauarbeiten durchgeführt worden seien und wurden dem Bundesfinanzgericht die angeforderten Unterlagen (Kaufvertrag; Grundrissplan der Wohnung) übermittelt.

Mit Beschluss des BFG vom 3. Februar 2021 wurden dem Finanzamt Österreich als Partei gemäß § 265 Abs 5 BAO nachfolgende Unterlagen zur Kenntnis gebracht:

Zudem wurde die Amtspartei darauf hingewiesen, dass sich seit der am 20.4.2017 erfolgten Vorlage der gegenständlichen Beschwerden an das Bundesfinanzgericht die höchstgerichtliche Rechtsprechung in wesentlichen Punkten geändert habe bzw seien vom VwGH in wesentlichen Punkten Klarstellungen zu seiner bisherigen Rechtsprechung vorgenommen worden (Verweis auf die Erkenntnisse vom 7.12.2020, Ra 2020/15/0004, und vom 18.10.2017, Ra 2016/13/0050) und werde vom Richter vor diesem Hintergrund die Anberaumung eines Erörterungstermins gem § 269 Abs 3 BAO angedacht.

Daraufhin teilte die Amtspartei am 1. März 2021 telefonisch zusammengefasst mit, dass es nach der von der Amtspartei vertretenen Rechtsansicht im vorliegenden Fall auf die Höhe der vom Bundesfinanzgericht ermittelten Marktmiete nicht ankomme, da das Vorliegen eines funktionierenden Mietenmarktes für das gegenständliche Objekt nicht als erwiesen angenommen werden könne. Maßgeblich sei ausschließlich die Renditemiete. Betreffend die Höhe der Renditemiete sei nach der Rsp des VwGH von einer Bandbreite von 3 bis 5% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auszugehen, wobei im Beschwerdefall - abweichend von der bisher von der belangten Behörde vertretenen Ansicht - ein Wert realistisch erscheine, der im Vergleich zur vereinbarten Miete mehr als doppelt so hoch sei und sich ein Vorsteuerausschluss somit aus § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG ergebe. Für den Bereich der Körperschaftsteuer sei folglich von einer Verböserung auszugehen.

Am 2. März 2021 teilte die Amtspartei dem Bundesfinanzgericht schriftlich mit, dass sie angesichts der aktuellen VwGH-Erkenntnisse an der bisherigen Rechtsmeinung festhalte und die Beantragung der Abweisung der Beschwerde aufrechterhalte.

Mit Beschluss vom 10. März 2021 wurde vom Bundesfinanzgericht ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Immobilien (Bewertung, Verwaltung, Nutzung) gemäß § 177 Abs 1 BAO als Sachverständiger beigezogen, um insbesondere die Frage nach dem im Zeitpunkt des vertraglich vereinbarten Beginns der Vermietung am 1. Juni 2014 marktüblichen Mietzins sowie die Frage nach der Höhe der sog "Renditemiete", somit nach der Renditeerwartung eines "marktüblich agierenden Immobilieninvestors" iSd Rsp des VwGH (E vom 7.12.2020, Ra 2020/15/0004) aus der Investition der konkret für die Anschaffung des gegenständlichen Mietobjektes aufgewendeten Geldsumme, zu klären.

Am 16. Juli 2021 wurde dem Bundesfinanzgericht das beauftragte Sachverständigengutachten übermittelt. Der Sachverständige gelangte dem vorgelegten Gutachten zufolge ua zu dem Ergebnis, dass der von der Beschwerdeführerin vereinnahmte Mietzins als angemessen sowie marktüblich und nachhaltig erzielbar einzustufen sei. Die Bruttoanfangsrendite für die gegenständliche Wohnung iHv 2,22 % könne als marktkonform beurteilt werden und würden auch andere durchschnittliche Marktteilnehmer (Investoren) diese Investition getätigt haben; sie entspreche folglich der Renditeerwartung eines marktüblich agierenden Immobilieninvestors.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 10. August 2021 wurde den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens das Sachverständigengutachten zur Kenntnis gebracht und wurde den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, zu diesem Gutachten Stellung zu nehmen.

Mit E-Mail vom 31. August 2021 teilte die Amtspartei mit, dass auf die Abgabe einer Stellungnahme seitens der Abgabenbehörde verzichtet werde.

Am 13. September 2021 endete die vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom 10. August 2021 für die Übermittlung einer Stellungnahme zum Sachverständigengutachten gesetzte Frist und langte beim Bundesfinanzgericht bis dato keine Stellungnahme ein.

 

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Laut Kaufvertrag vom 27. März 2014 hat die ***Bf1*** (im Folgenden bezeichnet als Beschwerdeführerin) 4/100 Anteile der Liegenschaft ***EZ1***, ***KG1*** ***Bezirk1***, welche mit dem Recht auf Wohnungseigentumseinräumung gem § 40 Abs 2 WEG 2002 an der als "***Top1***" bezeichneten Dachgeschoßwohnung mit Balkon und Terrasse verbunden sind, um einen Kaufpreis iHv EUR 840.000,00 (brutto) erworben. Die Wohnung weist eine Größe von 108,22 m2 (zzgl 16,36 m2 Terrasse und 8,99 m2 Balkon) auf und war diese im Jahr 2014 im Zuge eines Ausbaus des Dachgeschoßes des Gebäudes, in dem sich diese befindet, gemeinsam mit sechs weiteren Wohnungen errichtet worden.

Es handelt sich bei der gegenständlichen Wohnung ***Top1*** um kein auf die Bedürfnisse einer bestimmten Person abgestimmtes Objekt und werden am Markt zahlreiche Wohnungen mit vergleichbarer Größe und Ausstattung zur Miete angeboten.

Mit schriftlichem Mietvertrag vom 30. Mai 2014, abgeschlossen zwischen der Beschwerdeführerin als Vermieterin und Herrn ***AB*** als Mieter, hat die Beschwerdeführerin die Nutzungsüberlassung an der oa Wohnung an ihren Geschäftsführer, Herrn ***AB*** vereinbart. Herr ***AB*** ist auch Geschäftsführer und (alleiniger) Gesellschafter der ***GmbH1***, welche ihren statutarischen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat und welche 100% der Anteile an der Beschwerdeführerin hält.

Gemäß § 2 des Mietvertrages beginnt das Mietverhältnis "am 01. Juni 2014 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Dem Mieter sowie dem Vermieter wird das Recht eingeräumt, unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist, das Mietverhältnis aufzukündigen. Der Vermieter verzichtet ausdrücklich auf das Recht, das gegenständliche Mietverhältnis vor Ablauf eines Zeitraumes von 5 Jahren zu kündigen."

Der vereinbarte Mietzins beträgt gemäß § 3 des Mietvertrages EUR 1.296,00 zuzüglich 10 % USt, somit EUR 1.425,60 brutto pro Monat exklusive Betriebskosten. Der Mietzins ist nach dem VPI 2010 wertgesichert, wobei als Bezugsgröße der Index aus Juni 2014 dient. Unter Heranziehung der Wohnfläche von 108,22 m2 errechnet sich somit ein Mietpreis von 11,98 Euro exkl USt pro m2 Nutzfläche.

Gemäß § 4 des Mietvertrages ist der Mieter zur Tragung sämtlicher Betriebskosten verpflichtet. Zudem ist der Mieter gemäß § 6 des Mietvertrages zur Instandhaltung verpflichtet.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es sich bei den im Mietvertrag getroffenen Regelungen um solche handelt, die im Wirtschaftsleben üblich sind und die in dieser Form auch zwischen Fremden vereinbart werden (Fremdüblichkeit dem Grunde nach).

Der tatsächliche Mietbeginn war aufgrund von Sanierungsarbeiten, die aufgrund eines Wasserschadens durchgeführt werden mussten, im September 2014 und hat die Beschwerdeführerin für September 2014 eine Miete in Höhe von 762,55 Euro und für die Monate Oktober bis Dezember 2014 - in Übereinstimmung mit der entsprechenden vertraglichen Regelung im Mietvertrag - (Netto-)Mieterlöse von 3.888,- Euro (pro Monat 1.296,- Euro) vereinnahmt.

Nach der Maßgabe des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 15. Juli 2021 liegt der von der Beschwerdeführerin erzielte Mietpreis um 3,28 % über dem durchschnittlichen am Markt erzielbaren Mietpreis für vergleichbare Wohnungen und kann dieser damit als angemessen sowie marktüblich und nachhaltig erzielbar beurteilt werden.

Der Netto-Kaufpreis für die gegenständliche Wohnung ***Top1*** in Höhe 700.000,00 Euro (m2-Preis in Höhe von 6.468,31 Euro je m2 Nutzfläche) bewegt sich dem vorliegenden Sachverständigengutachten zufolge innerhalb der aus Marktbeobachtungen heraus festzustellenden üblichen Bandbreite und kann somit als marktüblich eingestuft werden.

Die Bruttoanfangsrendite (Jahresmieteinnahmen exkl USt / Kaufpreis * 100) für die gegenständliche Wohnung ***Top1*** beträgt 2,22 %. Dem vorliegenden Sachverständigengutachten zufolge kann diese Rendite aus der Marktbeobachtung heraus als marktkonform beurteilt werden und würden auch andere durchschnittliche Marktteilnehmer (Investoren) die gegenständliche Investition getätigt haben; sie entspricht folglich der Renditeerwartung eines marktüblich agierenden Immobilieninvestors.

 

Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde im übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das Sachverständigengutachten, auf welches sub Punkt 1 Bezug genommen wird, wurde von einem gem § 177 Abs 1 BAO vom Bundesfinanzgericht beigezogenen, allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständiger für Immobilien (Bewertung, Verwaltung, Nutzung) erstellt. Sachverständigengutachten iSd §§ 177 ff BAO sind Beweismittel, die der freien Beweiswürdigung unterliegen (vgl zB VwGH 27.2.2019, Ra 2017/15/0015). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde bzw das Verwaltungsgericht ein Gutachten auf seine Schlüssigkeit dahingehend zu überprüfen, ob das Gutachten den Gesetzen des richtigen, zur Kenntnis der Wahrheit führenden Denkens entspricht (vgl VwGH 31.01.2019, Ra 2018/16/0216). Das vorliegende Sachverständigengutachten enthält einen Befund iS einer Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten aufbaut, und werden daran anschließend in nachvollziehbarer, den Denkgesetzen entsprechender Weise die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus diesem Befund dargelegt. Eine vom Verwaltungsgericht wahrzunehmende Unvollständigkeit oder Unschlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens liegt somit nicht vor und wurde derartiges von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auch nicht behauptet. Soweit sich die unter Punkt 1 getroffenen Feststellungen auf das vorliegende Sachverständigengutachten vom 15. Juli 2021 beziehen, können diese somit gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Die Feststellung, dass es sich bei der gegenständlichen Wohnung ***Top1*** um kein auf die Bedürfnisse einer bestimmten Person abgestimmtes Objekt handelt und dass am Markt zahlreiche Wohnungen mit vergleichbarer Größe und Ausstattung zur Miete angeboten werden, beruhen auf den aktenkundigen Grundrissplänen in Verbindung mit auf dem Onlineportal www.immowelt.at durchgeführten Recherchen (vgl Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 3. Februar 2021) sowie dem glaubwürdigen, nicht der Aktenlage widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widersprochenen Ausführungen des Beschwerdeführers (vgl Beschwerden vom 24. November 2016 sowie Stellungnahme vom 29. Jänner 2021).

Die Feststellungen betreffend den tatsächlichen Beginn der Vermietung, die Fremdüblichkeit der Regelungen des Mietvertrages dem Grunde nach sowie betreffend die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen des Herrn ***AB*** zur Beschwerdeführerin ergeben sich aus den glaubwürdigen, nicht der Aktenlage widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widersprochenen Ausführungen des Beschwerdeführers (vgl Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 19.11.2014 sowie Beschwerden vom 24. November 2016).

Im Übrigen beruhen die obigen Sachverhaltsfeststellungen auf den jeweils angeführten aktenkundigen Unterlagen.

Vor diesem Hintergrund können die unter Punkt 1 getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

 

Rechtliche Beurteilung

Vorsteuerabzug

Im Zusammenhang mit der Nutzungsüberlassung an eine der Körperschaft nahestehende Person kann es nach der Rsp des VwGH im Ergebnis in drei Fällen zu einer Versagung des Vorsteuerabzuges kommen (vgl VwGH 7.12.2020, Ra 2020/15/0004, Rn 38; 7.12.2020, Ra 2020/15/0067, Rn 32):

  1. 1. Beim ersten Fall handelt es sich um die bloße Gebrauchsüberlassung, bei der keine unternehmerische Betätigung vorliegt.
  2. 2. Der zweite Fall erfasst die (nicht fremdübliche) Nutzungsüberlassung an besonders repräsentativen Wohngebäuden, welche schon ihrer Erscheinung nach bloß für die private Nutzung durch den Gesellschafter bestimmt sind.
  3. 3. Der dritte Fall betrifft die Vermietung von im betrieblichen Geschehen einsetzbaren Gebäuden um weniger als 50 % der Renditemiete.

In den letzten beiden Fällen ordnet § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG 1994 den Vorsteuerausschluss an.

Ob sich ein Vorgang als bloße Gebrauchsüberlassung, die nicht als wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit einzustufen ist, darstellt, ist unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten zu beurteilen, die für einen Einzelfall charakteristisch sind (vgl VwGH 10.2.2016, 2013/15/0284; 7.7.2011, 2007/15/0255). An einer wirtschaftlichen Tätigkeit fehlt es der Rsp des VwGH zufolge dann, wenn sich aus dem Gesamtbild der Umstände ergibt, dass die Überlassung der Nutzung eines Wohnobjektes an die Gesellschafter nicht deshalb erfolgt, um Einnahmen zu erzielen, sondern um ihnen einen Vorteil zuzuwenden (vgl VwGH 7.12.2020, Ra 2020/15/0067, Rn 38).

Nach der Rsp des EuGH gehört zu den Gegebenheiten, auf deren Grundlage die Finanzbehörden zu prüfen haben, ob ein Steuerpflichtiger Gegenstände für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten erwirbt, die Art des betreffenden Gegenstands (vgl EuGH 26.9.1996, C-230/94 , Enkler Rn 26 ff unter Verweis auf EuGH 11.7.1991, C-97/90 , Lennartz). Dieses Kriterium ermögliche den Ausführungen des EuGH zufolge auch die Feststellung, ob ein einzelner einen Gegenstand so verwendet hat, dass seine Tätigkeit als wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Sechsten Richtlinie anzusehen ist. Wird ein Gegenstand üblicherweise ausschließlich wirtschaftlich genutzt, so sei dies im Allgemeinen ein ausreichendes Indiz dafür, dass sein Eigentümer ihn für Zwecke wirtschaftlicher Tätigkeiten und folglich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen nutzt. Kann ein Gegenstand dagegen seiner Art nach sowohl zu wirtschaftlichen als auch zu privaten Zwecken verwendet werden, so seien alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird. Im letztgenannten Fall könne der Vergleich zwischen den Umständen, unter denen der Betreffende den Gegenstand tatsächlich nutzt, und den Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird, eine der Methoden darstellen, mit denen geprüft werden kann, ob die betreffende Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ausgeübt wird.

Nach der Maßgabe der im Beschwerdefall getroffenen Sachverhaltsfeststellungen - insbesondere Vorliegen eines nicht auf die persönlichen Bedürfnisse einer bestimmten Person abgestimmten marktgängigen Mietobjektes; Anschaffung zu einem marktüblichen Preis; Vermietung zu fremdüblichen Bedingungen dem Grunde nach; Erzielung marktüblicher Mieteinnahmen - sind gegenständlich keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, um bei der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Vermietungstätigkeit das Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit ausschließen zu können.

Da im Beschwerdefall auch kein repräsentatives Wohngebäude, welches schon seiner Erscheinung nach bloß für die private Nutzung durch den (mittelbaren) Gesellschafter geeignet wäre, sondern vielmehr ein im betrieblichen Geschehen (zur Vermietung an andere Marktteilnehmer) einsetzbares Objekt vorliegt, käme ein Vorsteuerausschluss somit nach der oa Rsp des VwGH nur noch dann in Betracht, wenn eine Vermietung um weniger als 50 % der fremdüblichen Miete erfolgen würde, wobei der VwGH mit "fremdüblicher" Miete in diesem Zusammenhang nicht die Marktmiete meint, also jene Miete, die am Markt von fremden Dritten für ein solches Gebäude erzielbar ist, sondern die Renditemiete (vgl Lachmayer, SWK 2021, 119 [124]).

Bei der Renditemiete handelt es sich um jenen Betrag, den "ein Investor als Rendite aus der Investition der konkret aufgewendeten Geldsumme erwartet" (vgl VwGH 23.2.2010, 2007/15/0003). Mit der Renditeerwartung eines "marktüblich agierenden Immobilieninvestors" ist der Rsp des VwGH zufolge jene Rendite gemeint, "die üblicherweise aus dem eingesetzten Kapital durch Vermietung erzielt wird" (vgl VwGH 10.2.2016, 2013/15/0284).

Wie die Renditemiete berechnet wird, hat der VwGH bisher nicht vorgegeben. Es handelt sich dabei um eine Tatfrage, die die Abgabenbehörde bzw das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung im Einzelfall aufgrund der konkreten Marktverhältnisse zu Beginn der Vermietung zu beantworten hat (vgl Lachmayer, SWK 2021, 119 [125]). Im vorliegenden Beschwerdefall entspricht die vereinbarte Miete, aus der sich eine Rendite auf das eingesetzte Kapital von 2,22 % ergibt, nach der Maßgabe des vorliegenden Sachverständigengutachtens der Renditeerwartung eines marktüblich agierenden Immobilieninvestors und würden auch andere durchschnittliche Marktteilnehmer (Investoren) die gegenständliche Investition getätigt haben. Eine Vermietung um weniger als 50 % der Renditemiete, für die § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG 1994 einen Vorsteuerausschluss nach sich ziehen würde, liegt im Beschwerdefall somit nicht vor.

Körperschaftsteuer

Gemäß § 8 Abs 2 KStG 1988 ist es für die Ermittlung des Einkommens unter anderem ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt wird.

Das entscheidende Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverwendung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben (vgl zB VwGH 31.1.2018, Ra 2015/15/0006).

Voraussetzung dafür, in Zusammenhang mit der Nutzungsüberlassung an den Gesellschafter (oder einen dem Gesellschafter Nahestehenden) eine verdeckte Ausschüttung anzunehmen, ist stets, dass die Vereinbarung über die Nutzungsüberlassung einem Fremdvergleich nicht standhält (vgl VwGH 18.10.2017, Ra 2016/13/0050; 25.4.2013, 2010/15/0139, mwN).

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 18.10.2017, Ra 2016/13/0050, dargelegt hat, kann die Höhe einer angemessenen Miete daraus abgeleitet werden, was unter einander fremd gegenüberstehenden Personen vereinbart worden wäre, und damit insbesondere auch daraus, was ein Investor als Rendite aus der Investition der konkret aufgewendeten Geldsumme erwartet (vgl VwGH 23.2.2010, 2007/15/0003). Eine abstrakte Renditeberechnung ist der Rsp des VwGH zufolge aber nur dann gerechtfertigt, wenn es für das zu beurteilende Mietobjekt keinen funktionierenden Mietenmarkt gibt (vgl 10.2.2016, 2013/15/0284, mwN). Gibt es hingegen für ein Mietobjekt in der gegebenen Bauart und Ausstattung einen funktionierenden Mietenmarkt, sodass ein wirtschaftlich agierender, nur am Mietertrag interessierter Investor Objekte vergleichbarer Gediegenheit und Exklusivität (mit vergleichbaren Kosten) errichten und am Markt gewinnbringend vermieten würde, ist eine derartige abstrakte Renditeberechnung nicht geboten (vgl VwGH 15.9.2016, 2013/15/0256).

Im vorliegenden Fall kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob vom Vorliegen eines funktionierenden Mietenmarktes für die gegenständliche Wohnung im vorstehenden Sinn auszugehen ist. So ergibt sich die Fremdüblichkeit der vereinbarten Miete im Beschwerdefall sowohl aus einem Vergleich mit der Marktmiete als auch aus einem Vergleich mit der Renditemiete: Einerseits entspricht der vereinbarte Mietzins der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages nachhaltig erzielbaren Marktmiete. Zudem führt auch das Abstellen auf eine Renditemiete als Vergleichsmaßstab im gegenständlichen Fall zu keinem anderen Ergebnis, da die vereinbarte Miete, aus der sich eine Rendite auf das eingesetzte Kapital von 2,22 % ergibt, nach der Maßgabe des vorliegenden Sachverständigengutachtens ohnehin der Renditeerwartung eines marktüblich agierenden Immobilieninvestors entspricht. Eine verdeckte Ausschüttung iSd § 8 Abs 2 KStG liegt somit nicht vor.

Haftung für Kapitalertragsteuer

Vorteilszuwendungen aus Anteilen an Kapitalgesellschaften unterliegen nach § 93 Abs 2 Z 1 EStG 1988 der Kapitalertragsteuer. Die Kapitalertragsteuer ist eine Erhebungsform der Einkommen- bzw Körperschaftsteuer; sie ist - soweit keine Endbesteuerung vorliegt - im Zuge der Veranlagung der Kapitalerträge auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuerschuld des Empfängers der betreffenden Kapitalerträge anrechenbar. Keine Kapitalertragsteuer fällt an, wenn die Voraussetzungen des § 94 Z 2 EStG 1988 für die so genannte Schachtelbegünstigung erfüllt sind (vgl zum Ganzen zB VwGH 14.12.2005, 2002/13/0022).

Da der von Herrn ***AB*** bezahlte Mietzins als fremdüblich zu qualifizieren ist (siehe dazu unter Punkt 3.2), liegt im Beschwerdefall in Ermangelung einer Differenz zwischen dem fremdüblichen und dem tatsächlich bezahlten Mietentgelt keine als verdeckte Ausschüttung zu qualifizierende Vorteilszuwendung seitens der Beschwerdeführerin an einen (mittelbaren) Anteilseigner vor und mangelt es insoweit von vorneherein an Einkünften aus Kapitalvermögen, die unter § 93 Abs 2 Z 1 EStG 1988 fallen. Auf die Frage, ob eine Einkünftezurechnung an Herrn ***AB*** oder an die ***GmbH1*** zu erfolgen hat (vgl dazu VwGH 14.12.2005, 2002/13/0022; BFG 27.12.2018, RV/7104555/2016, mit weiteren Nachweisen der Rsp des VwGH) und ob allenfalls die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Kapitalertragsteuer gem § 94 Z 2 EStG 1988 gegeben wären, stellt sich somit nicht mehr.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Strittig sind im gegenständlichen Fall im Wesentlichen der Tatsachenebene zuzuordnende Fragen, die als solche einer Revision nicht zugänglich sind. Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen waren, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

 

 

 

Linz, am 28. September 2021

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§§ 177 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 177 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 23.02.2010, 2007/15/0003
VwGH 31.01.2018, Ra 2015/15/0006
VwGH 18.10.2017, Ra 2016/13/0050
VwGH 25.04.2013, 2010/15/0139
VwGH 15.09.2016, 2013/15/0256
VwGH 27.02.2019, Ra 2017/15/0015
VwGH 14.12.2005, 2002/13/0022
VwGH 31.01.2019, Ra 2018/16/0216
VwGH 07.12.2020, Ra 2020/15/0004
VwGH 10.02.2016, 2013/15/0284
VwGH 07.07.2011, 2007/15/0255
VwGH 07.12.2020, Ra 2020/15/0067
EuGH 26.09.1996, C-230/94
EuGH 11.07.1991, C-97/90

Stichworte