Parkometerabgabe; Einleitung des ordentlichen Verfahrens, da die Behörde die mit der richtigen Identifikationsnummer fristgerecht veranlasste Bezahlung der mit Organstrafverfügung verhängten Geldstrafe wegen eines nicht im Verschulden des Bf. liegenden Übertragungsfehlers nicht zuordnen konnte
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500653.2021
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Judith Leodolter über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom 8. November 2021, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 7. Oktober 2021, Zl. MA67/Zahl/2021, iZmVerwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde teilweise stattgegeben.
Die von der belangten Behörde mit € 60,00 verhängte Geldstrafe wird auf € 36,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit zu verhängende Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden auf 8 Stunden herabgesetzt.
Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der bereits einbezahlte Betrag von € 36,00 wird gemäß § 50 Abs. 7 VStG auf die verhängte Geldstrafe von € 36,00 angerechnet.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu bezahlen.
Es ist daher nur mehr der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von € 10,00 binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna wurde von einem Kontrollorgan der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien am 15. April 2021 in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1160 Wien, Michalekgasse 44, beanstandet, da zur Beanstandungszeit 10:58 Uhr ein gültiger Parkschein fehlte.
Im Zuge der Beanstandung wurde mit Organstrafverfügung BOM-Nr. 123 eine Geldstrafe von € 36,00 verhängt.
Nachdem von der Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, auf dem Bezug habenden Konto binnen der zweiwöchigen Zahlungsfrist kein Zahlungseingang zugeordnet werden konnte, wurde die Organstrafverfügung gemäß § 50 Abs. 6 VStG gegenstandslos und dem Beschwerdeführer (Bf.) als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit Anonymverfügung vom 10. Mai 2021 eine Geldstrafe von € 48,00 vorgeschrieben.
Der Bf. teilte der MA 6, BA 32, daraufhin mit E-Mail vom 18. Mai 2021 mit, dass er die mit Organstrafverfügung vom 15. April 2021 verhängte Geldstrafe von € 36,00 fristgerecht einbezahlt habe. Zu seiner Verwunderung sei der Betrag am 3. Mai 2021 kommentarlos zurücküberwiesen und per 10. Mai 2021 eine Anonymverfügung über € 48,00 ausgestellt worden. Er bitte um Überprüfung.
Mit E-Mail vom gleichen Tag wurde der Bf. von der MA 6, BA 32, informiert, dass bei Zahlungen ohne Zahlungsreferenz/Verwendungszweck eine Rücküberweisung auf das Einzahlerkonto erfolge. Der Bf. habe bei der Überweisung keine Zahlungsreferenz angegeben. Er werde daher um neuerliche Überweisung unter Angabe der richtigen Zahlungsreferenz/des richtigen Verwendungszweckes ersucht.
Der Bf. veranlasste daraufhin erneut die Überweisung des Betrages von € 36,00.
Der Differenzbetrag zwischen Organstrafverfügung und der inzwischen an den Bf. ergangenen Anonymverfügung (€ 12,00) wurde binnen der vierwöchigen Zahlungsfrist nicht entrichtet.
Mit Strafverfügung vom 14. Juni 2021 wurde dem Bf. angelastet, er habe das in Rede stehende Fahrzeug zur bereits angeführten Zeit am angegebenen Ort ohne gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe verkürzt.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Der inzwischen erneut einbezahlte (und zuordenbare) Betrag von € 36,00 wurde auf die Geldstrafe angerechnet (zu zahlen daher € 24,00).
Gegen die Strafverfügung wurde vom Bf. fristgerecht Einspruch erhoben (E-Mail vom 21. Juni 2021) und vorgebracht, dass er die mit Organstrafverfügung verhängte Geldstrafe von € 36,00 unter nachweislicher Angabe der Identifikationsnummer fristgerecht am 27. April 2021 online eingezahlt habe. Am 3. Mai 2021 sei der Betrag auf sein Konto zurücküberwiesen worden, da vermutlich die Identifikationsnummer nicht registriert worden sei. Er habe dies nach telefonischer Rücksprache mit Frau A per E-Mail beeinsprucht und nach Beantwortung durch Frau B von der Buchhaltungsabteilung die Geldstrafe neuerlich überwiesen.
Mit Straferkenntnis vom 7. Oktober 2021 wurde dem Bf. die bereits näher bezeichnete Verwaltungsübertretung angelastet und wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Zudem wurde gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Der verspätet einbezahlte Organstrafbetrag von € 36,00 wurde auf die verhängte Geldstrafe angerechnet.
Begründend stellte die Behörde zunächst fest, dass die Übertretung vom Bf. im Einspruch nicht bestritten worden sei.
Nach Wiedergabe des Einspruchsvorbringens führe die Behörde zusammengefasst aus, dass auf ein Organmandat kein Rechtsanspruch bestehe. Die Unterlassung der Einzahlung des Strafbetrages mittels des am Tatort hinterlassenen Beleges binnen einer Frist von zwei Wochen gelte gemäß § 50 Abs. 6 VStG 1991 als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages. In diesem Fall sei die Anzeige an die Behörde zu erstatten.
Als fristgerechte Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges gelte auch die Überweisung des Strafbetrages auf das im Beleg angegebene Konto, wenn der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer des Beleges enthalte und der Strafbetrag dem Konto des Überweisungsempfängers fristgerecht gutgeschrieben werde.
Im gegenständlichen Fall seien die Voraussetzungen für eine automationsunterstützte Überweisung nicht gegeben gewesen, da durch das Bankinstitut des Bf. bei der Überweisung die Identifikationsnummer nicht weitergeleitet worden sei, daher keine automatische Zuordnung erfolgen habe können und der Betrag laut den Angaben des Bf. auf sein Konto rücküberwiesen worden sei.
Da sich der Bf. bei der Einzahlung des Strafbetrages eines Geldinstitutes bedient und diese Bank gleichsam als Gehilfe die Überweisung des Betrages übernommen habe, habe die Zahlung auf Grund des fehlenden Verwendungszwecks - mag auch die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG selbst von ihm die korrekten Daten erhalten haben - nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen, deren Zweck es sei, durch die Verwendung des Originalbeleges bzw. der automationsunterstützt lesbaren, vollständigen und richtigen Identifikationsnummer, der Behörde den Einsatz einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage zu ermöglichen, mit deren Hilfe eine schnelle und genaue Kontrolle der ordnungsgemäßen Einzahlung der Strafbeträge sichergestellt werde. Es sei somit das Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten gewesen.
Es seien im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen hätten können.
Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an.
Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde (E-Mail vom 8. November 2021) und brachte erneut vor, dass er die mit Organstrafverfügung verhängte Geldstrafe von € 36,00 am 27. April 2021 unter Angabe der Identifikationsnummer 123 auf das angegebene Konto online überwiesen habe. Dass der Betrag am 3. Mai 2021 auf sein Konto rücküberwiesen worden sei, sei ihm erst nach Erhalt der Anonymverfügung am 16. Mai 2021 aufgefallen. Auf telefonische Nachfrage habe er die Mitteilung erhalten, dass es schon mal vorkomme, dass die Bank die Identifikationsnummer im Feld Verwendungszweck bei der Überweisung nicht mitschicke. Insbesondere sei ihm da auch seine Bank genannt worden, die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG.
Er sei von der MA 6, BA 32, per E-Mail vom 18. Mai 2021 um neuerliche Überweisung unter Angabe der richtigen Zahlungsreferenz ersucht worden. Den weiteren Vorgang in dieser Sache habe er bereits in seinem Einspruch vom 21. Juni 2021 ausführlich dokumentiert. Darin befinde sich auch die SEPA-Auftragsbestätigung mit der gültigen Identifikationsnummer für die Überweisung der € 36,00 am 27. April 2021. Diese sei ihm auf seine Anfrage hin nochmals von der Rechtsabteilung der Erste Bank als Beweis für die korrekte Durchführung der Zahlung bestätigt worden (Verweis auf Beilage). Der Fehler liege also weder bei der Bank noch bei ihm als Einzahler. Die Kommunikation zwischen der MA 67 und der MA 6, BA 32, sei also diesbezüglich nicht gegeben gewesen, denn am 12. Oktober 2021 habe er das Straferkenntnis zugestellt erhalten. Seine Beweisführung mittels SEPA-Auftragsbestätigung und Dokumentation der Telefonate (Verweis auf Beilage) seien überhaupt nicht zur Kenntnis genommen worden, weshalb er hiermit Beschwerde gegen das Straferkenntnis erhebe.
Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: 18. November 2021).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Der Bf. hat das in Rede stehende Fahrzeug unstrittig am 15. April 2021 in der gebühren-pflichtigen Kurzparkzone in 1160 Wien, Michalekgasse 44, ohne einen für den Beanstandungs-zeitpunkt 10:58 Uhr gültigen Parkschein abgestellt.
Der Bf. hat somit die ihm von der Behörde angelastete Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 in objektiver Hinsicht verwirklicht.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.
Zur Strafbarkeit genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG fahrlässiges Verhalten.
Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, die keine qualifizierten Schuldvoraussetzungen fordert.
Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, wonach dem Bf. nicht zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen war. Damit hat der Bf. auch das subjektive Tatbild verwirklicht.
Der Bf. bestreitet auch weder den objektiven noch den subjektiven Tatbestand der fahrlässigen Abgabenverkürzung, wendet aber ein, dass er die ihm mit Organstrafverfügung vorgeschriebene Geldstrafe von 36 Euro am 27. April 2021 fristgerecht und unter Angabe der richtigen Identifikationsnummer beglichen habe, jedoch sei das Geld auf sein Konto rücküberwiesen worden.
Abgekürztes Verfahren gemäß §§ 47 bis 50 VStG
Organstrafverfügung und Anonymverfügung ergehen im abgekürzten Verfahren (§§ 47 bis 50 VStG) und ermöglichen den Behörden bei geringfügigen Verwaltungsübertretungen, wie zB Verwaltungsübertretungen nach dem Parkometergesetz oder der Straßenverkehrsordnung, ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens (keine Ausforschung des wahren Täters) eine zweckmäßige, einfache, rasche und kostensparende Erledigung standardisierter Straffälle mit im Vorhinein festgesetzten Geldstrafen (§ 50 Abs. 1 VStG, § 49a Abs. 1 VStG)(vgl zB Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 50 (Stand 1.5.2017, rdb.at).
Wird auf Grund einer Verwaltungsübertretung eine Organstrafverfügung ausgestellt und erfolgt binnen der zweiwöchigen Zahlungsfrist - warum auch immer - keine, keine fristgerechte oder keine ordnungsgemäße Einzahlung der damit vorgeschriebenen Geldstrafe, wird die Organstrafverfügung gemäß § 50 Abs. 6 VStG gegenstandslos und die Verwaltungsstrafbehörde hat die Möglichkeit, eine Anonymverfügung (§ 49a VStG) und/oder eine Strafverfügung (§ 47 VStG) zu erlassen oder das ordentliche Verfahren (§§ 40 ff VStG) einzuleiten.
Wird von der Behörde eine Anonymverfügung erlassen und wurde die mit Organstrafverfügung verhängte Geldstrafe nicht entrichtet, so ist der mit der Anonymverfügung vorgeschriebene Betrag zu entrichten (Zahlungsfrist: vier Wochen).
Wurde die mit Organstrafverfügung verhängte Geldstrafe zwischenzeitig entrichtet, ist der Differenzbetrag zwischen der mit Organstrafverfügung und der mit Anonymverfügung verhängten Geldstrafe zu zahlen.
Im Fall, dass keine, keine fristgerechte oder keine ordnungsgemäße Einzahlung erfolgt, wird die Anonymverfügung gemäß § 49 Abs. 6 VStG gegenstandslos und die Behörde kann eine Strafverfügung erlassen oder das ordentliche Verfahren einleiten.
Automationsunterstützte Bearbeitung von Einzahlungen
Eine ordnungsgemäße Bezahlung des mit Organstrafverfügung oder Anonymverfügung vorgeschriebenen Strafbetrages liegt bei einer Überweisung nur dann vor, wenn der Überweisungsauftrag die Identifikationsnummer des Beleges enthält und der Strafbetrag dem Konto des Überweisungempfängers fristgerecht, d.h. innerhalb einer zweiwöchigen Frist, gutgeschrieben wird und somit bei der entsprechenden Behörde rechtzeitig einlangt. Die Anführung der automationsunterstützt lesbaren Identifikationsnummer gewährleistet die Zuordnung des Strafbetrages zur betreffenden Organstrafverfügung und ist ein unabdingbares Erfordernis einer fristgerechten Einzahlung.
Die automationsunterstützte Bearbeitung von Einzahlungen erfolgt ausschließlich über die Ziffernfolge im Feld "Kundendaten". Auf dem Originalzahlschein ist in der Lesezone die erforderliche Identifikationsnummer bereits aufgedruckt. Diese Nummer ist je Zahlungsfall eindeutig zuzuordnen. Über diese eindeutige Nummer wird die jeweilige Einzahlung automatisch auf den offenen Betrag gebucht.
Im Fall von Telebanking ist die Identifikationsnummer im Feld "Kundendaten" einzugeben. Nur wenn in diesem Feld - und nicht etwa im Feld "Verwendungszweck" - die korrekte Identifikationsnummer (Belegnummer) angegeben ist, kann diese automationsunterstützt gelesen, korrekt verbucht und dem jeweiligen Fall zugeordnet werden.
Die übrigen Felder auf dem Zahlschein bzw dem Beleg bei elektronischen Banküberweisungen, wie etwa das Feld "Verwendungszweck", sind keine normierten Textfelder, die für eine automationsunterstützte Erfassung und Verarbeitung der Identifikationsnummer verwendet werden können (BFG 03.01.2019, RV/7501001/2018, BFG 08.03.2021, RV/7500161/2021).
Bringschuld
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Geldstrafe um eine Bringschuld, das heißt, dass sämtliche mit der Einschaltung eines Dritten (Kreditinstitut) verbundenen Risiken des Überweisungsverkehrs (z.B. Übermittlungsfehler, Irrtümer, Unterbrechungen, Auslassungen oder Störungen irgendwelcher Art, die dazu führen, dass das Geld nicht oder nicht fristgerecht auf dem Konto der Behörde einlangt, der Sphäre des Beanstandeten (und Auftraggebers der Überweisung) zuzurechnen sind, selbst dann, wenn diesen daran kein Verschulden trifft (vgl. VwGH 18.12.2015, 2013/02/0219, vgl. auch Thienel/Zeleny, Manz, Verwaltungsverfahren, 19. Auflage, S. 247, sowie Lewisch / Fister / Weilguny, VStG, § 50, Rz 22, vgl. auch BFG 20.11.2019, RV/7500762/2019, BFG 01.09.2021, RV/7500551/2021).
Die erläuternden Bemerkungen (1167 BlgNR XX. GP , 42) führen zu den durch die Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 geänderten Bestimmungen der §§ 49a Abs. 4 und 49a Abs. 6 wie folgt aus:
"Die Änderungen sollen zunächst die Zahlung von mit Anonymverfügung oder Organstrafverfügung verhängten Geldstrafen im Überweisungsverkehr (insbesondere mit Tele-Banking) ermöglichen. Da die Geldstrafe eine Bringschuld ist, sind sämtliche mit der Einschaltung eines Dritten (des Kreditinstitutes) verbundenen Risiken des Überweisungsverkehrs der Sphäre des Beanstandeten (und Auftraggebers der Überweisung zuzurechnen. Übermittlungsfehler, Irrtümer, Unterbrechungen, Auslassungen oder Störungen irgendwelcher Art, die dazu führen, dass der Strafbetrag nicht fristgerecht auf dem Konto der Behörde einlangt, gehen zu seinen Lasten, und zwar auch dann, wenn ihn daran kein Verschulden trifft. Auch die mit der Überweisung allenfalls verbundenen Kosten sind vom Auftraggeber zu tragen. Wer diese Kosten und Risiken nicht in Kauf nehmen will, dem steht es frei, sich weiterhin des 'zur postalischen Einzahlung geeigneten Beleges' (Erlagscheines) zu bedienen und den Strafbetrag bar einzuzahlen. ..."
Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Bf. die Einzahlung der mit Organstrafmandat verhängten Geldstrafe von € 36,00 via Telebanking fristgerecht am 27. April 2021 veranlasst hat und dass er die richtige Identifikationsnummer/Zahlungsreferenz im dafür vorgesehenen Eingabefeld angeführt hat. Da jedoch bei der Überweisung die Identifikationsnummer nicht weitergeleitet wurde, konnte der Überweisungsbetrag dem Konto der Behörde nicht zugeordnet werden, sodass er am 03. Mai 2021 rücküberwiesen wurde.
Laut Aktenvermerk der Behörde vom 13. September 2021 kommt es beim Internetbanking "George" der Erste Bank immer wieder zu Übertragungsfehlern, indem die Zahlungsreferenz nicht mitübermittelt wird.
Ein solcher Übertragungsfehler lag offensichtlich im vorliegenden Fall vor.
Auch wenn den Bf. daran kein Verschulden trifft, geht der Übertragungsfehler - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - zu seinen Lasten.
Zur Strafhöhe:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Ver-waltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuchessinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist und unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen muss (VwGH 06.04.2005, 2003/04/0031, VwGH 17.02.2015, Ra 2015/09/0008).
Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG 1991 zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht richtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben.
Der Bf. hat das öffentliche Interesse dadurch geschädigt, dass er das Kraftfahrzeug ohne Entrichtung der Parkometerabgabe in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat.
Das Ausmaß des Verschuldens kann in Anbetracht der Außerachtlassung der objektiv gebotenen und dem Bf. zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig angesehen werden.
Milderungs- und Erschwernisgründe wurden von der belangten Behörde berücksichtigt.
Das Bundesfinanzgericht erachtet angesichts des Umstandes, dass der Bf. die Bezahlung der mit Organstrafverfügung verhängten Geldstrafe von € 36,00 fristgerecht und unter Angabe der richtigen Identifikationsnummer veranlasst hat, die Zahlungsreferenz jedoch auf Grund eines Übertragungsfehlers nicht mitübermittelt wurde, als schuld- und tatangemessen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Gemäß § 64 VStG sind die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß in Höhe von 10% der Strafe festzusetzen (Mindestbeitrag € 10,00). Sie wurden somit in Höhe von € 10,00 korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich BFG 13.05.2014, RV/7500356/2014 sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor, da sich aus den Bestimmungen des § 50 Abs. 6 VStG ergibt, unter welchen Voraussetzungen eine fristgerechte bzw. ordnungsgemäße Bezahlung einer mit Organstrafverfügung verhängten Geldstrafe vorliegt.
Wien, am 25. November 2021
Zusatzinformationen | |
|---|---|
Materie: | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen: | § 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 |
Verweise: | VwGH 23.03.1988, 87/03/0183 |
