Pauschale Reiseaufwandsentschädigung beschränkt steuerpflichtiger Sportler bei Berechnung der Abzugsteuer nach Nettosystem abzugsfähig?
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.7103612.2015
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2016/13/0005. Mit Erk. v. 12.6.2019 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7103552/2019 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache Sportverein, Adresse, vertreten durch Stb., gegen die Bescheide des Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom 18.02.2015 betreffend Haftung des Dienstgebers für Lohnsteuer 2009 bis 2013 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen, die bekämpften Bescheide bleiben unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Fussballverein Sportverein (Beschwerdeführer, Bf.) wurde im Februar 2015 einer gemeinsamen Prüfung aller Lohnabgaben (GPLA) unterzogen. Als Ergebnis der GPLA erließ das Finanzamt (FA) am 18.2.2015 für die Jahre 2009 bis 2013 Haftungsbescheide gemäß § 82 EStG und setzte folgende Beträge fest:
2009 | 2.164,00 € |
2010 | 3.040,00 € |
2011 | 2.212,50 € |
2012 | 1.285,00 € |
2013 | 780,00 € |
Summe | 9.481,50 € |
Begründend wurde auszugsweise ausgeführt, dass Einkünfte von im Ausland ansässigen und in Österreich bloß der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Personen aus einer im Inland ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit in Österreich der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Ein Verein der beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer beschäftige habe daher den Lohnsteuerabzug vorzunehmen. Bei beschränkt steuerpflichtigen Sportlern trete an die Stelle des Lohnsteuertarifs eine pauschale Besteuerung mit 20 % des vollen Betrages (Brutto) oder 25 % vom Netto dieser Bezüge (Einnahmen einschließlich aller Kostenersätze, Sachbezüge, steuerfreier Bezüge gemäß § 3 EStG 1988, nicht steuerbarer Bezüge gemäß § 26 EStG 1988 sowie Zuschläge gemäß § 68 EStG 1988).
Die Steuerbefreiung für pauschale Reiseaufwandsentschädigungen sei für Sportler, die der pauschalen Abzugsteuer nach §§ 70 oder 99 EStG 1988 bei beschränkter Steuerpflicht unterliegen, grundsätzlich nicht anwendbar.
In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom 12.3.2015 wird eingewendet, dass § 3 EStG eine Reihe von Einkommensteuerbefreiungen aufzähle, welche auch die pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen für Sportler beinhalte. Steuerfreie Einkünfte würden nicht unter § 2 Abs. 2 EStG 1988 fallen (VwGH 12.9.2001, 96/13/0066). Derartige sachliche Befreiungen seien auch auf beschränkt Steuerpflichtige anzuwenden. Nach VwGH 20.2.1997, 95/15/0135 sei Voraussetzung für § 99 EStG, dass Einkünfte iSd des § 98 EStG vorliegen. Für steuerfreie Einkünfte könne es daher keine Steuerpflicht geben.
Durch die ordnungsgemäße Führung der Aufzeichnungen über die Einsätze und den Erhalt der pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen gem § 3 Abs.1 Z 16c EStG hätten die ausländischen Spieler gemeinsam mit dem Bf. die Pflichten erfüllt und sei daher keine Abzugssteuer vorzuschreiben.
Bei Anwendung der Bruttobesteuerung von 20% würde somit etwas besteuert werden, was von der Einkommensteuer befreit sei. Die Nettobesteuerung bestünde seit Mai 2007 und würden die Einkommensteuerrichtlinien sowie die Vereinsrichtlinien auf das "Scorpio" Urteil des EuGH vom 3.10.2006 Bezug nehmen. Dieses Urteil solle gewährleisten, dass ein Ausländer durch die Nettobesteuerung dieselben Rechte habe wie ein Inländer. Die Rechtsansicht des BMF, dass der Verein die Abzugssteuer abzuführen habe und der Ausländer im Veranlagungswege die pauschale Reiseaufwandsentschädigung absetzen könne, stünde im Widerspruch mit der zitierten EuGH Rechtssprechung. Eine ausdrückliche Erwähnung von steuerfreien Einkünften in dieser Rechtssprechung sei anders als bei Betriebsausgaben und Werbungskosten deshalb nicht erfolgt, weil diese ja gar nicht der Einkommensteuer unterlägen. Die Steuerbefreiung gelte automatisch für (nicht-)selbständige Einkünfte, denn sonst hätte man die Regelung in § 4 (4) EStG oder § 16 (1) EStG anführen müssen.
Zudem regle Art. 23 des DBA Österreich Ungarn die Gleichbehandlung der in den jeweilig anderen Staaten ansässigen Steuerpflichtigen. Für einen österreichischen Spieler der die Grenzen des § 3 Abs. 1 Z 16c EStG überschreite, seien keine weiteren Veranlassungen erforderlich, für einen im Ausland ansässigen Spieler müsse demgegenüber Abzugssteuer einbehalten und ein Lohnzettel an das Finanzamt übermittelt werden. Der Spieler müsse sich dann im Veranlagungswege die Abzugssteuer zurückholen. Da der Spieler dafür einen steuerlichen Vertreter benötige seien damit zusätzliche Kosten und jedenfalls eine "damit zusammenhängende Verpflichtung" verbunden welche zu Art. 23 DBA Österreich Ungarn in Widerspruch stehe.
Beim DBA Österreich Kroatien sei die Gleichbehandlung in Art 24 gleichgelagert geregelt.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom 28.4.2015 führte das FA aus, dass bei Sportlern welche ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen anhand der allgemeinen Kriterien das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zu prüfen sei, wobei dies bei Mannschaftssportarten in der Regel zu bejahen sei. Bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses habe der Steuerabzug vom Arbeitslohn und sämtlichen geldwerten Vorteilen zu erfolgen.
Bei beschränkt steuerpflichtigen Dienstnehmern regle Art 15 des jeweiligen DBA das Besteuerungsrecht an diesen Einkünften, wobei bei Arbeitsleistung in einem anderen Staat als dem Ansässigkeitsstaat dem Ersteren das Besteuerungsrecht (hier Österreich) zukomme.
Im Falle des Vorliegens eines Dienstverhältnisses unterliege der Bf. den in den §§ 69, 76, 78, 79, 80, 82, 84, 87, 128 und 129 EStG 1988 normierten Pflichten des Arbeitgebers.
Bei Beschäftigung beschränkt steuerpflichtiger Sportler trete an die Stelle des Lohnsteuertarifs eine pauschale Besteuerung mit 20% des vollen Betrages
dieser Bezüge wobei nach den Lohnsteuerrichtlinien (LStR) die steuerfreien Bezüge (§ 3) und die nicht steuerbaren Bezüge (§ 26 EStG) nicht auszuscheiden und Absetzbeträge nicht zu berücksichtigten wären.
Werbungskosten und pauschale Kostenersätze im Sinne der Rz 772 und 773
Vereinsrichtlinien stünden nicht zu.
Die Steuerbefreiung für pauschale Reiseaufwandsentschädigungen sei für Sportler, die der pauschalen Abzugsteuer nach §§ 70 oder 99 EStG 1988 bei beschränkter Steuerpflicht unterliegen, grundsätzlich nicht anwendbar. Eine Berücksichtigung der Steuerbefreiungen komme lediglich im Wege einer Antragsveranlagung in Betracht.
Die Steuer betrage 20% des vollen Betrages der Einkünfte bzw. bei Übernahme der Abzugssteuer durch den Dienstgeber wie hier betrage sie 25%.
Im Falle der mit Budgetbegleitgesetz 2007 (BBG 2007) eingeführten Nettobesteuerung - für ua Sportler - könnten die vom Dienstnehmer (DN) schriftlich an den Dienstgeber (DG) mitgeteilten und mit den Einnahmen unmittelbar zusammenhängenden Werbungskosten berücksichtigt und vom verbleibenden Nettobetrag 35% pauschale Lohnsteuer in Abzug gebracht werden.
Der Nettobesteuerung würden auch Bezüge gemäß § 3 EStG 1988 (einschließlich § 3 Abs. 1 Z 16c EStG 1988), Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 sowie Zuschläge gemäß § 68 EStG 1988 unterliegen. Ebensowenig seien bei der Nettobesteuerung die Bestimmungen des § 67 EStG 1988 über die Besteuerung von sonstigen Bezügen anwendbar.
Abschließend weist das FA darauf hin, dass Art. 23 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) im gegenständlichen Fall nicht relevant sei, da dort die Methoden zur Vermeldung der Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat geregelt sein. Das Besteuerungsrecht im Tätigkeitsstaat regle Art. 15.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender unstrittiger Sachverhalt ergibt sich aus dem übereinstimmenden Vorbringen und dem Akteninhalt:
Der beschwerdeführende Verein Sportverein beschäftigte in den Jahren 2009 bis 2013 neben unbeschränkt steuerpflichtigen auch beschränkt steuerpflichtige Fussballspieler aus Ungarn und Kroatien. Das Vorliegen von Dienstverhältnissen zwischen dem Bf. und den Spielern ist ebenso unstrittig wie die Höhe der ausbezahlten Beträge, welche der Niederschrift der GPLA zu entnehmen sind. Auf die diesbezüglichen Darstellungen und Berechnungen wird verwiesen.
Bei der Berechnung der Basis für die Abzugssteuer wählte der Bf. in Abstimmung mit den betroffenen Spielern das System der Nettobesteuerung und - führte von der GPLA unbestritten - ordnungsgemäße Aufzeichnungen über die Einsätze sowie über die Auszahlung der Bezüge bzw. der pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen nach § 3 Abs. 1 Z 16c EStG 1988 (entsprechend ausgefüllte Formulare).
Unstrittig ist zudem, dass beide anzuwendenden Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) nämlich das DBA Österreich - Ungarn sowie das DBA Österreich - Kroatien jeweils in Art. 15 der Republik Österreich das Besteuerungsrecht für die durch die Spieler erzielten Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit zuordnen.
Strittig ist allein die Rechtsfrage, ob im Falle der Nettobesteuerung von beschränkt steuerpflichtigen, als Dienstnehmer einzustufenden, Sportlern die nach § 3 Abs. 1 Z 16c steuerbefreiten pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen aus der Berechnungsgrundlage für die Abzugssteuer auszuscheiden sind.
§ 70 EStG 1988 lautet auszugsweise:
(1) Beschränkt lohnsteuerpflichtig sind Arbeitnehmer, bei denen die Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 3 und 98 Z 4 vorliegen.
(2) Die Lohnsteuer wird berechnet
1. Soweit nicht Z 2 zur Anwendung kommt, nach § 33 Abs. 5 Z 1 und 2 sowie Abs. 6 und § 66 mit der Maßgabe, dass Absetzbeträge nach § 33 Abs. 4 Z 1 und 2 nicht zu berücksichtigen sind.
2. Bei Bezügen als Arbeitnehmer aus einer Tätigkeit im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 1 mit 20% des vollen Betrages dieser Bezüge. Mit den Bezügen unmittelbar zusammenhängende Werbungskosten können vom vollen Betrag der Bezüge abgezogen werden, wenn sie ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes ansässiger beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vor Zufließen der Bezüge schriftlich mitteilt. Zieht der Arbeitgeber diese Werbungskosten ab, beträgt die Lohnsteuer 35 %......"
§ 98 Z 4 EStG 1988 nennt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25), die im Inland ausgeübt wird....oder worden ist. Die Arbeit wird im Inland ausgeübt, wenn der Steuerpflichtige im Inland persönlich tätig geworden ist.
Einer Besteuerung gemäß § 70 Abs. 2 Z 2 EStG unterliegen Tätigkeiten iS des § 99 Abs 1 Z 1 EStG. Danach werden beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer mit einer im Inland ausgeübten Tätigkeit Sportler mit dem vollen Betrag dieser Bezüge ohne Abzug von Werbungskosten oder Sonderausgaben dem Lohnsteuerabzug in Höhe von 20 % unterworfen. Steuerbefreiungen nach § 3, Kostenersätze nach § 26 und Begünstigungen für sonstige Bezüge (§ 67) und Zulagen (§ 68) sind dabei nicht zu berücksichtigen (Doralt EStG 1988, § 70 Rz 18; Rz 1182 LStR). Die Berücksichtigung von Werbungskosten und Sonderausgaben mit Inlandsbezug kann gemäß § 102 im Rahmen einer Veranlagung erfolgen, wobei der besondere Tarif gemäß § 102 Abs 3 zur Anwendung kommt.
§ 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 normiert daher wie § 99 eine pauschale Besteuerung, welche grundsätzlich als Bruttobesteuerung konzipiert ist. Die mit BBG 2007 eingefügte optionale Nettobesteuerung verändert die Bruttobesteuerung nur insofern als von den vollen Bezügen (insofern keine Veränderung gegenüber der Bruttobesteuerung), bei Vorliegen bestimmter zusätzlicher Voraussetzungen - die mit den Einnahmen unmittelbar zusammenhängenden Werbungskosten bei der Lohnsteuerberechnung berücksichtigt können. Sowohl die Bruttoabzugssteuer als auch die Nettoabzugssteuer stellen eine pauschale Besteuerung dar. Die pauschale Besteuerung erfolgt in beiden Formen vom vollen Betrag der Bezüge. Die Einnahmenbasis "voller Betrag der Bezüge" bzw. "volle Bezüge" umfasst nach einhelliger Rechtsansicht auch steuerfreie Bezüge gemäß § 3 EStG und Zuschläge gemäß § 68 EStG (Doralt, § 70 Rz 18; Fellner in Hofstätter/Reichel, § 70 Tz 5; Jakom/Lenneis, § 70 Rz 4; Quantschnigg/Schuch, § 70 Tz 7; Knechtl in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 70 Rz 15).
§ 70 Abs. 2 EStG 1988 nimmt - entgegen den Beschwerdeausführungen - an keiner Stelle Bezug auf den Begriff des steuerpflichtigen Einkommens iSd § 2 Abs. 2 EStG 1988. Der VwGH führt in dem vom Bf. zitierten Erkenntnis (VwGH 20.2.1997, 95/15/0135) zur grundsätzlich vergleichbaren Vorgängerbestimmung im EStG 1972 wörtlich aus, dass sich aus dem klaren Wortlaut des § 99 Abs. 2 EStG 1972 ergibt, dass Bemessungsgrundlage der dem Steuerabzug unterliegenden Einkünfte iSd § 99 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. der volle Betrag der Einnahmen (Roheinnahmen) ist; eine vorherige Kürzung um Betriebsausgaben ist unzulässig (vgl. Hofstätter/Reichel, § 99 EStG 1972 Tz 3). § 26 EStG findet auf diese Einkünfte keine Anwendung; der Anwendungsbereich dieser Bestimmung ist nämlich auf die Abgrenzung bestimmter Leistungen des Arbeitgebers von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beschränkt. Es trifft sohin zu, dass jegliche im Rahmen der Einkünfte iSd § 99 Abs. 1 Z. 1 EStG erzielten Einnahmen, sohin auch der Ersatz allfälliger Fahrtspesen und Verpflegungsmehraufwendungen, bei Berechnung der Abzugssteuer einzubeziehen sind. Dies gilt bei dieser Pauschalierungsregelung auch dann, wenn der einzelne Geschäftsvorfall zu negativen (Teil)Einkünften führt.
Voraussetzung der Steuerpflicht nach § 99 EStG ist allerdings - dies ergibt sich unzweifelhaft aus dem Text des Gesetzes -, dass EINKÜNFTE vorliegen, die einer der in § 98 EStG 1972 aufgezählten Fallgruppen zuzuordnen sind.
Entgegen den Beschwerdeausführungen (Seite 2, vorletzter Absatz) schränkt der VwGH die der Pauschalbesteuerung unterliegenden Beträge nicht auf steuerpflichtige Einkünfte sein, sondern stellt vielmehr ausdrücklich klar, dass jegliche Einnahmen bei der Berechnung der Abzugssteuer einzubeziehen sind.
Der EuGH hat im Urteil vom 3. Oktober 2006, C-290/04 , FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH, ausgesprochen, dass die Dienstleistungsfreiheit nationalen Rechtsvorschriften entgegen stehe, nach denen der Dienstleistungsempfänger, der Schuldner der an einen gebietsfremden Dienstleister zu zahlenden Vergütung ist, im Steuerabzugsverfahren die Betriebsausgaben, die der Dienstleister ihm mitgeteilt hat und die im unmittelbaren Zusammenhang mit dessen Tätigkeiten im Mitgliedstaat der Leistungserbringung stehen, nicht steuermindernd geltend machen kann.
Nach § 3 Abs. 1 Z 16c EStG 1988 sind pauschale Reiseaufwandsentschädigungen, die von begünstigten Rechtsträgern im Sinne der §§ 34 ff BAO, deren satzungsgemäßer Zweck die Ausübung oder Förderung des Körpersportes ist, an Sportler... gewährt werden, in Höhe von bis zu 60 Euro pro Einsatztag, höchstens aber 540 Euro pro Kalendermonat der Tätigkeit von der Einkommensteuer befreit.
Die pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen sind sohin Einnahmen, die unabhängig vom tatsächlichen Vorliegen einer Reise iSd § 26 Z 4 EStG 1988 steuerfrei gestellt sind. Der Nachweis tatsächlich entstandener Kosten des Zahlungsempfängers ist dabei nicht erforderlich. Es besteht kein Zusammenhang zwischen der Behandlung der ausbezahlten Beträge und damit allenfalls verbundenen Ausgaben. Auch ohne das Vorliegen jeglicher Ausgaben seitens des Zahlungssempfängers wird unter den gesetzlichen Vorgaben die Steuerfreiheit gewährt. Die pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen stellen daher keine Ausgaben dar, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen und daher im Sinne des Urteils in der Rs Scorpio und des Erkenntnisses des VwGH vom 19.10.2006, 2006/14/0109 zur Vermeidung von Diskriminierung abzuziehen wären.
Zu den Ausführungen, dass die verfahrensrechtlichen Unterschiede und damit verbundene zeitliche Verschiebung der Geltenmachung der Steuerbefreiung sowie die behauptete Erforderlichkeit eines steuerlichen Vertreters eine EU-rechtswidrige Beschränkung darstellen könnten, ist auf die Ausführungen des EuGH in der C-290/04 Rs Scorpio zu verweisen. Unter Rz 51 des genannten Urteils führt der Gerichtshof aus, dass Artikel 59 und 60 EWG-Vertrag einer etwaigen Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben, die nicht unmittelbar mit der wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhängen, aus der die zu versteuernden Einkünfte erzielt worden sind, in einem anschließenden Erstattungsverfahren nicht entgegen.
Im Urteilstenor stellt er zudem im Zusammenhang mit Steuerbefreiungen klar, dass Art 59 und 60 EWG-Vertrag nicht verbieten, dass eine Steuerbefreiung, die einem gebietsfremden Dienstleister zusteht erst in einem späteren Freistellungs- oder Erstattungsverfahren berücksichtigt wird. Aus dem Urteilstenor ist bezüglich Steuerbefreiungen zudem ausgeführt, dass auch weitere Voraussetzungen die an die Steuerfreistellung für gebietsfremde Dienstleister geknüpft sind, dem EU-Recht nicht entgegen stehen.
Daraus ist ersichtlich, dass die Behandlung von mit der Tätigkeit zusammenhängenden Betriebsausgaben und Steuerbefreiungen von Einnahmen nicht deckungsgleich zu erfolgen hat. Die rechtlichen Ausführungen des Gerichtshofes zur erforderlichen Berücksichtigung von Betriebsausgaben lassen sich daher nicht auf Steuerbefreiungen und damit auch nicht auf § 3 Abs. 1 Z 16c EStG 1988 übertragen. Eine EU-rechtswidrige Diskriminierung kann daher nicht erkannt werden.
Das Vorbringen zur Diskriminierung nach Doppelbesteuerungsrecht erweist sich ebenfalls als nicht zielführend.
Art 23 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, Ertrag und vom Vermögen, BGBl. Nr. 52/1976 lautet auszugsweise:
(1) Die Staatsangehörigen eines Vertragstaates dürfen in dem anderen Vertragstaat weder einer Besteuerung noch einer damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender sind als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen die Staatsangehörigen des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen unterworfen sind oder unterworfen werden können.
(2) Der Ausdruck “Staatsangehörige" bedeutet:
a) alle natürlichen Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Vertragstaates besitzen;
b) alle juristischen Personen........
Art 24 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der der Republik Kroatien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen vom Vermögen BGBl. III Nr. 119/2001 lautet auszugsweise:
(1) Staatsangehörige eines Vertragsstaats dürfen im anderen Vertragsstaat keiner Besteuerung oder damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender ist als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen Staatsangehörige des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen, insbesondere hinsichtlich der Ansässigkeit, unterworfen sind oder unterworfen werden können. Diese Bestimmung gilt ungeachtet des Artikels 1 auch für Personen, die in keinem Vertragsstaat ansässig sind.
Beide Abkommen beinhalten eine inhaltlich vergleichbare Bestimmung zum Diskriminierungsverbot. Die Regelung des Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zwischen Österreich und Ungarn enthält ebenso wie die Regelung des Art 24 Abs. 1 des DBA zwischen Österreich und Kroatien nach ihrem klaren Wortlaut ein Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsbürgerschaft. Nach dem OECD-Kommentar zu Art. 24 des Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens und Vermögens, auf dem diese Bestimmungen der Doppelbesteuerungsabkommen beruhen, untersagt die Regelung eine an die Staatsangehörigkeit anknüpfende steuerliche Diskriminierung und normiert, dass unter dem Vorbehalt der Gegenseitigkeit die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates im anderen Vertragsstaat unter gleichen Verhältnissen nicht ungünstiger behandelt werden dürfen als die Staatsangehörigen des letzteren Staates. Entscheidend ist somit, ob eine Benachteiligung aufgrund der "Staatsangehörigkeit" vorliegt (VwGH 7.9.1989, 89/16/0085). Nicht wesentlich ist daher die Frage der Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen. Da das EStG 1988 im gegenständlichen Fall keine andere Rechtsfolge herbeiführt, wenn unterstellt wird, die Abgabepflichtigen wären (beschränkt steuerpflichtige) österreichische Staatsbürger, stellt der vorliegende Sachverhalt keine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit und somit keinen Anwendungsfall des Art. 23 bzw. Art. 24 der zitierten Doppelbesteuerungsabkommen dar (VwGH 24.1.1996, 92/13/0306).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur hier entschiedenen Rechtsfrage der Berücksichtigung der Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 16c EStG 1988 im Rahmen der Abzugsbesteuerung gemäß § 70 Abs. 2 Z 2 unter Anwendung der Nettomethode besteht soweit ersichtlich keine explizite Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dementsprechend war eine Revision zuzulassen.
Wien, am 3. Februar 2016
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | pauschale Reiseaufwandsentschädigung, Nettobesteuerung, Diskriminierungsverbot, Staatsangehörigkeit, Rs Scorpio |
Verweise: | EuGH, C-290/04 |