BFG RV/5100454/2015

BFGRV/5100454/201524.11.2020

Immobilienertragsteuer, Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100454.2015

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Freilinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Ulrich Weichselbaumer, öffentlicher Notar, Roosveltstraße 12, 4400 Steyr, über die Beschwerde vom 17. Februar 2015 gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 19. Jänner 2015 betreffend Abweisung des Antrages vom 12. Jänner 2015 auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2013, Steuernummer 266/1232, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Kaufvertrag vom 8. Mai 2013 verkauften Ehefrau, ***Bf1*** (Beschwerdeführer, im Folgenden kurz als Bf. bezeichnet) und Sohn die Grundstücke A und B sowie x-tel Miteigentumsanteile aus dem Grundstück C, KG G, (Kaufobjekt 1) an Frau H und y-tel Miteigentumsanteile aus dem Grundstück C, KG G, (Kaufobjekt 2) an Frau K.

Mit Vorhalt des Finanzamtes vom 6. Oktober 2014 wurde der Bf. darauf hingewiesen, dass die beantragte Wohnsitzbefreiung nur für das Gebäude sowie für Grund und Boden gelte, soweit als das Grundstück der Nutzung des Eigenheimes oder der Eigentumswohnung als Garten oder Nebenfläche diene. Bei Grundstücken, die größer als 1.000 m² seien, sei der übersteigende Gartenanteil steuerpflichtig.
Die Abgabebehörde forderte daher den Bf. auf, eine Berechnung des Veräußerungsgewinnes für den 1.000 m² übersteigenden Grund- und Bodenanteil von 3.044 m² vorzunehmen.

In der Vorhaltsbeantwortung vom 13. Oktober 2014 übermittelte der Vertreter des Bf. die von den drei Verkäufern unterfertigten Formulare betreffend die Grundlagen der Immobilien-besteuerung bei Selbstberechnung Grunderwerb.
Aus diesen Unterlagen ergab sich, dass die beim Ansatz der Hauptwohnsitzbefreiung darüber hinaus veräußerten Grundflächen ebenfalls mit € 0,00 bewertet wurden, weil der anteilige Anschaffungswert hinsichtlich jener Grundfläche, die über die 1.000 m² hinausging, zum aliquot berechneten Verkaufspreis einen rechnerischen Verlust von € 6.197,17 ergab.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vom 11. November 2014 stellte das Finanzamt die Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%) in Höhe von 1.462,10 € fest.
In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt:
Die Kanalanschlussgebühren, Wasseranschlussgebühren, Strom-Energie AG Anschlusskosten, Kosten für die Verlegung der 30-KV Starkstromleitung der Energie AG und die Netzbereit-stellungsgebühr i.H.v. gesamt € 27.423,95 stellen keine Anschaffungsnebenkosten von Grund und Boden dar, sondern sind aufgrund der Gebäudeerrichtung als Herstellungsnebenkosten des Gebäudes zu qualifizieren (Urtz (Hg.) Die neue Immobiliensteuer Update 2013, B.V.2.2.). Diese Kosten erhöhen daher nicht die Anschaffungskosten von Grund und Boden, sondern sind dem Gebäude zuzurechnen, das aufgrund der Hauptwohnsitzbefreiung gem. § 30 Abs. 1 Z 2 lit b EStG 1988 von der Besteuerung ausgenommen ist. Die Entschädigung aufgrund der Liegen-schaftstransaktion zu GeoL-C-370240/68-2007 i.H.v. € 2.082,32 vermindert die Anschaffungs-kosten von Grund und Boden. Der sohin anteilig pro Verkäufer anfallende Veräußerungsgewinn i.H.v. € 5.848,40 ist zu versteuern.

Mit Eingabe vom 12. Jänner 2015 stellte der Bf. durch seinen Vertreter einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2013.
Er führte aus, dass er für den Ankauf des Baugrundes (anteilig) im Jahr 2005 einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken aufgenommen hatte, für den in den Jahren 2005 bis 2013 insgesamt 28.353,65 Schweizer Franken an Zinsen und Spesen entrichtet worden seien. Bei einem Umrechnungskurs von 1,20 CHF = 1 € entspreche dies einem Gegenwert von € 23.628.-.
Der Bf. stellte den Antrag, das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2013 wieder aufzunehmen und die Immobilienertragsteuer unter Zuerkennung eines anteiligen Finanzierungsaufwandes von € 11.812,50 neu festzusetzen.

Mit Bescheid vom 19. Jänner 2015 wurde der Antrag auf Wiederaufnahme unter Hinweis auf das Abzugsverbot von Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 30 EStG abgewiesen.
In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt:
Wiederaufnahmegründe sind nur entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente, das heißt solche, die geeignet sind, den Spruch des neuen Sachbescheides zu beeinflussen. Schon im Wiederaufnahmeverfahren ist daher die materiell-rechtliche Frage der möglichen Auswirkung auf den Sachbescheid zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus § 30 EStG sind nach der Rechtslage ab dem 01.04.2012 lediglich die im Gesetz ausdrücklich aufgezählten Arten von Werbungskosten abzugsfähig. Dieser abgeschlossene Katalog von Werbungskosten ergibt sich aus § 30 Abs. 3 1. und 2. Teilstrich, sowie aus § 20 Abs. 2 EStG. Nicht abzugsfähig sind daher auch Zinsen für eine Fremdfinanzierung der Anschaffungskosten.
Da es sich bei den im Wiederaufnahmeantrag geltend gemachten Kosten um Zinsen und Spesen für den anlässlich des Ankaufs des Baugrundes aufgenommenen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken handelt, kommt das oben genannte Abzugsverbot zum tragen.

Gegen diesen Bescheid vom 19. Jänner 2015 betreffend die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 12. Jänner 2015 erhob der Bf. durch seinen Vertreter fristgerecht Beschwerde.
Er wandte sich gegen die ursprünglich mit Einkommensteuerbescheid vom 11.11.2014 festgesetzte Immobilienertragsteuer in Höhe von 1.462,10 €.
Zur Begründung verwies der Vertreter auf den Beschluss des BFG vom 23.6.2014, RN/7100002/2014, mit dem der Antrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt wurde, die Wortfolge "oder § 30a Abs. 1" in § 20 Abs. 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Vorlagebericht vom 26. Februar 2015 legte das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Ergänzend wurde ausgeführt:
Nach der dzt. geltenden Rechtslage (ab dem 01.04.2012) sind bei der Ermittlung der Einkünfte aus § 30 EStG lediglich die im Gesetz ausdrücklich aufgezählten Arten von Werbungskosten abzugsfähig. Die Kosten für eine Fremdfinanzierung der Anschaffungskosten (hier: Zinsen und Spesen aus einem Fremdwährungskredit in Schweizer Franken) sind daher nicht abzugsfähig. Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift die Verfassungswidrigkeit des Verbots bzw. der Einschränkung des Werbungskostenabzugs behauptet, war die Beschwerde gem. § 262 Abs. 3 BAO unmittelbar dem Verwaltungsgericht vorzulegen. Der Beschwerdeführer hat im Wiederaufnahmeantrag keine neuen Tatsachen also Sachverhaltselemente vorgebracht, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten. Kein Wiederaufnahmegrund stellen jedenfalls neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen dar, weswegen Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden keine tauglichen Wiederaufnahmegründe darstellen (vgl. Ritz, BAO, 5. Auflage, Tz 23 zu § 303 mwN).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus dem oben dargestellten Verfahrensgang.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 303 Abs. 1 BAO (Bundesabgabenordnung) kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

§ 20 Abs. 2 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988) in der Fassung des BGBl. I 2012/22 (1. StabG 2012) lautet:
Weiters dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit
- nicht steuerpflichtigen Einnahmen oder
- Einkünften, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 oder § 30a Abs. 1 anwendbar ist,
in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten als Einkünfte anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren. Die Anschaffungskosten sind um Absetzungen für Abnutzungen, soweit diese bei der Ermittlung von Einkünften abgezogen worden sind, sowie um die in § 28 Abs. 6 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern. Müssen Grundstücksteile im Zuge einer Änderung der Widmung auf Grund gesetzlicher Vorgaben an die Gemeinde übertragen werden, sind die Anschaffungskosten der verbleibenden Grundstücksteile um die Anschaffungskosten der übertragenen Grundstücksteile zu erhöhen. Die Einkünfte sind um die für die Mitteilung oder Selbstberechnung gemäß § 30c anfallenden Kosten und um anlässlich der Veräußerung entstehende Minderbeträge aus Vorsteuerberichtigungen gemäß § 6 Z 12 zu vermindern.

§ 30a Abs. 1 EStG 1988 in der für das Veranlagungsjahr 2013 geltenden Fassung des BGBl. I 2012/22 (1. StabG 2012) lautet:
Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 unterliegen einem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.

Der Beschwerdeführer hat im Wiederaufnahmeantrag keine neuen Tatsachen oder Beweismittel (Sachverhaltselemente) vorgebracht, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis führen hätten können.

Die im Wiederaufnahmeantrag angeführten Fremdfinanzierungskosten (Fremdwährungskredit in Schweizer Franken) sind gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 EStG 1988 vom Abzug ausgeschlossen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Entscheidung vom 29. November 2014, G 137/2014 ua die Anträge des Bundesfinanzgerichtes auf Aufhebung der Wortfolge "oder § 30a Abs. 1" in § 20 Abs. 2 zweiter Teilstrich Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988), BGBl 400, in der Fassung des 1. Stabilitätsgesetzes 2012 (1. StabG 2012), BGBl I 22, als verfassungswidrig mangels Präjudizialität zurückgewiesen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Entscheidung vom 30. November 2017, G 183/2017, die Wortfolge "oder § 30a Abs. 1" in § 20 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl Nr. 400 i.d.F. BGBl I Nr. 22/2012 als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung dieser Gesetzesstelle durch den Verfassungsgerichtshof bleibt für den angefochtenen Bescheid aus folgenden Gründen ohne Auswirkung:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. Dezember 2018 in Kraft tritt.
Damit sind alle davor verwirklichten Sachverhalte noch nach der Rechtslage vor der Aufhebung zu beurteilen.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Begründung dargetan, dass sich die in Prüfung gezogene Verfassungswidrigkeit nur auf Fälle bezieht, in denen zur Regelbesteuerung optiert wurde.
Der daraufhin vom Gesetzgeber novellierte § 20 Abs. 2 EStG 1988 schränkt die Abzugsfähigkeit von Ausgaben auf Einkünfte ein, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 angewendet wird.

Der Bf. hat nicht zur Regelbesteuerung optiert. Deshalb könnte auch nach der neuen Rechtslage der von ihm beantragte Abzug von Fremdkapitalzinsen nicht gewährt werden.

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Lösung der berufungsgegenständlichen Rechtsfrage unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Deshalb war zu entscheiden, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.

 

Linz, am 24. November 2020

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30a Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

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