Gemeiner Wert von teilweise betrieblich genutzten Grundstücken
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100282.2013
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Freilinger in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch Eurocon Wirtschaftstreuhand Steuerberatungs- und Unternehmensberatungsgesellschaft m.b.H., Teuflau 64, 4770 Andorf, über die Beschwerde vom 28. Februar 2012 gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Braunau Ried Schärding vom 22. Dezember 2011, betreffend Feststellungen gemäß § 92 Abs. 1lit b BAO über den gemeinen Wert des betrieblichen Anteils am Grund und Boden der Grundstücke EZ 1 und EZ 2, KG E, St.Nr. 000/0000, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Der gemeine Wert des betrieblichen Anteils (70% laut Bilanz-Kto. 210) am Grund und Boden der EZ 1, KG E, wird zum 31.12.2010 in Höhe von 10.794 Euro festgestellt.
Der gemeine Wert des betrieblichen Anteils (50% laut Bilanz-Kto. 210) am Grund und Boden der EZ 2, KG E, wird zum 31.12.2010 in Höhe von 11.820 Euro festgestellt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (vorher Berufungswerber, im Folgenden kurz als Bf. bezeichnet) betreibt in E eine Bäckerei und ein Gasthaus.
Im Betriebsvermögen dieses Gewerbebetriebes befinden sich auch zwei unbebaute Grundstücke, die als Parkplatz für Kunden dienen.
In der Beilage Afa-Verzeichnis zum Jahresabschluss zum 31.12.2010 wurden u.a. folgende Sachverhalte dargestellt:
Zum Konto unbebaute Grundstücke:
Pkt. 4: Abwertung Parkplatz Nr. 4 , 214,2 m² auf EUR 30 pro m², Anschaffungswert zum 1.1.2010 minus € 6.566,00
Zum Konto bebaute Grundstücke,
Pkt. 2: Aufwertung 50% E Nr.3 394 m² auf EUR 35, Anschaffungswert zum 1.1.2010 € 5.298,00
Pkt. 3: 70% betr. Anteil G+B Nr. 4 (Gasthaus u. Bäckerei) 359,8 m² auf EUR 35, Anschaffungswert zum 1.1.2010 € 12.593,00
Mit Vorhalt des Finanzamtes vom 14.12.2011 wurde der Bf. ersucht, die Wertansätze in Konto 210 „Bebaute Grundstücke (Grundwert)“ - Aufwertung auf 35 €/m² sowie den Vorgang „Abwertung Parkplatz“ zu belegen.
In der Vorhaltsbeantwortung vom 20.12.2011 gab der Vertreter des Bf. bekannt, dass der Wert von 35 €/m² nach Rücksprache mit einem renommierten Immobilienmakler gewählt worden sei, nach dessen Auskunft es sich dabei um einen ortsüblichen Preis handle. Mit diesem Wert seien dann sämtliche Betriebsgundstücke bewertet worden, darunter auch der Parkplatz. Laut Anlageverzeichnis zum 1.1.2010 habe der Wert des Parkplatzes € 14.063,00 betragen und nach der Bewertung mit 35 €/m² € 7.497,00. Daraus habe sich eine Abwertung um € 6.566,00 ergeben.
Daraufhin führte das Finanzamt Ermittlungen über den Grundstückspreise in der Gemeinde E durch. Laut der Zeitschrift Gewinn habe der im Jahr 2011 in der Gemeinde E geschätzte Wert für Baugrundstücke lediglich 9 Euro pro Quadratmeter betragen. Eine Auswertung der in der Kaufpreissammlung der KG E bezahlten Kaufpreise ergab einen durchschnittlichen Kaufpreis von 12 Euro pro Quadratmeter.
Mit Feststellungs bescheid gemäß § 92 Abs. 1lit b BAO vom 22.12.2011 stellte das Finanzamt Braunau Ried Schärding den gemeinen Wert des betrieblichen Anteils (70% laut Bilanz-Kto. 210) am Grund und Boden der EZ 1, KG E, zum 31.12.2010 in Höhe von 4.317,60 Euro fest.
In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt:
Gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO ist für die Feststellung abgabenrechtlich bedeutsame „Tatsachen die Möglichkeit der Erlassung eines esse, da die Wertfeststellung in einem späteren Abgabenverfahren durch den Zeit ablauf jedenfalls schwieriger ist.
Der Wertfeststellung liegt eine Schätzung zu Grunde, die zum spruchgegenständlichen Wert geführt hat. Hierbei wurde ein ortsüblicher Grundstückspreis von € 12,00 zu Grunde gelegt.“
Ebenfalls mit Feststellungs bescheid gemäß § 92 Abs. 1lit b BAO vom 22.12.2011 stellte das Finanzamt Braunau Ried Schärding den gemeinen Wert des betrieblichen Anteils (50% laut Bilanz-Kto. 210) am Grund und Boden der EZ 2, KG E, zum 31.12.2010 in Höhe von 4.728,00 Euro fest.
In der Bescheidbegründung wurden im Wesentlichen die Ausführungen des am gleichen Tag erlassenen oben angeführten Bescheides wiederholt.
Nach Verlängerung der Beschwerdefrist erhob der Bf. durch seinen Vertreter gegen diese Feststellungsbescheide vom 22.12.2011 Berufung und wandte sich gegen die Bewertung der betrieblichen Anteile der Liegenschaften E Nr. 3 und Nr. 4.
Zur Begründung führte der Vertreter aus, dass bei Erstellung des Jahresabschlusses per 31.12.2010 nach Rücksprache mit einem Immobilienmaklerbüro die Auskunft gegeben worden sei, dass die ortsüblichen Grundstückspreise für diese Lage (zentral, mitten im Ortskern an der Hauptstraße gelegen) zwischen € 30 und € 35 pro m² lägen. In den angefochtenen Feststellungsbescheiden sei ein Grundstückspreis von jeweils € 12 pro m² geschätzt worden. Nach Auskunft des Maklerbüros handle es sich dabei um Preise für Grundstücke, die außerhalb des Ortes gelegen seien und von der Gemeinde günstig gekauft und aus Gründen der Ansiedlungspolitik auch wieder günstig weiterverkauft worden seien (Förderung der Entstehung von Wohnsiedlungen). Diese Preise könnten für die beiden Betriebsgrundstücke wegen der Lage in der Ortsmitte an der Hauptstraße nicht übernommen werden. In den letzten Jahren seien in der Nähe des Betriebes mehrere Grundstücke zu wesentlich höheren Preisen verkauft worden. Eine ausschließliche Schätzung auf Basis des Immobilienpreisspiegels berücksichtige nicht die jeweiligen grund stücksspezifischen Gegebenheiten.
Mit Vorhalt vom 27.8.2012 forderte das Finanzamt den Bf. auf, jene Grundstücke bekannt zu geben, die laut Berufung in den letzten Jahren in der näheren Umgebung verkauft worden seien.
Mit Vorhaltsbeantwortung vom 3.10.2012 teilte der Vertreter mit, dass der Bf. betreffend die in der näheren Umgebung verkauften Grundstücke keine näheren Angaben machen könne.
Er verwies wiederum darauf, dass bei Erstellung des Jahresabschlusses per 31.12.2010 Rücksprache mit einem Immobilienmaklerbüro gehalten worden sei und sie die Auskunft erhalten hätten, wonach die ortsüblichen Grundstückspreise für diese Lage (zentral, mitten im Ortskern an der Hauptstraße gelegen) zwischen € 30 und € 35 pro m² lägen. Aus diesem Grund seien die betreffenden Grundstücke mit 35 Euro bewertet worden.
In einer Aufstellung listete das Finanzamt insgesamt 16 Grundstücke auf, die im Zeitraum zwischen 2006 und 2010 in der Gemeinde E verkauft wurden. Die Kaufpreise für diese unbebauten Grundstücke betrugen zwischen 5,95 und 17,38 Euro pro m². Weiters wurden aus einer Immobilienplattform Grundstücksangebote aus den Nachbar gemeinden für Baugrundstücke ausgedruckt. Als Kaufpreise für diese unbebauten Grundstücke wurden Preise zwischen 18 und 28 Euro pro m² angegeben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 25. Oktober 2012 wies das Finanzamt Braunau Ried Schärding die Berufung als unbegründet ab.
In der Begründung wurde ausgeführt:
„Mit Bescheiden gem. § 92 Abs. 1lit. b BAO wurde festgestellt, dass der gemeine Wert des betrieblichen Anteils am Grund und Boden E Nr. 4 zum 31.12.2010 Euro 4.317,60 und am Grund und Boden E Nr. 3 Euro 4.728,00 beträgt. Dieser Preis wurde anhand der in der Kaufpreissammlung erfassten Grund stücks verkäufe in E in den Jahren 2006 bis 2010 errechnet. Dabei handelt es sich um Grund stücke mit Widmung Bauland Wohngebiet, welche ohnehin höher bewertet sind als die berufungs gegenständlichen Betriebsgrundstücke.
Demgegenüber wurde in Ihrer Berufung – gestützt auf die Auskunft eines Immobilienmaklerbüros – ein Preis von 30 – 35 Euro/m² als ortsüblich genannt. Weiters wurde vorgebracht, dass in den letzten Jahren in der näheren Umgebung des gegenständlichen Betriebes mehrere Grundstücke zu einem weit höheren Preis als die geschätzten 12 Euro verkauft worden seien. Die Anfrage des Finanzamtes, um welche Grundstücke es sich dabei konkret handle, konnte allerdings nicht beantwortet werden. Da der in der Umgebung beantragte Grund stückspreis von 30 Euro/m² nicht ausreichend nachgewiesen wurde, wird der den Feststellungsbescheiden zu Grunde gelegte Preis von 12 Euro/m² als ortsüblich erachtet."
Mit Eingabe vom 10. Jänner 2013 beantragte der Bf. durch seinen Vertreter die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und stellte weiters den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.
Der Vertreter führte folgende Gründe an, die seiner Ansicht nach für einen Grundstücks preis von 30 bis 35 Euro sprechen:
1. Der gewählte Wert habe sich auf Grund einer Rücksprache mit einem renommierten Immobilienmaklerbüro ergeben (Einholung einer Fachmeinung)
2. Bei dem vom Finanzamt gewählten Grundstückspreis von 12 Euro/m² handle es sich um Preise für Grundstücke, welche außerhalb des Ortes gelegen seien und von der Gemeinde günstig gekauft und aus Gründen der Ansiedlungspolitik auch wieder günstig weiterverkauft worden seien (Förderung der Entstehung von Wohnsiedlungen)
3. Der vom Finanzamt unterstellte Wert von 12 Euro/m² könne nicht übernommen werden, da es sich um Grundstücke am Ortsrand handle. Die betreffenden Betriebs grundstücke lägen dagegen direkt in der Ortsmitte mit unmittelbarer Anbindung an die Hauptstraße.
4. In dem Grundstückspreis von 12 Euro/m² seien die Aufschließungskosten noch nicht berücksichtigt. Bei den Betriebsgrundstücken handle es sich um voll aufgeschlossene Grundstücke.
5. Das Finanzamt hatbe Grundstücksverkäufe aus den Jahren 2006 bis 2010 heran gezogen. Dies berücksichtige nicht die Wertsteigerungen der letzten Jahre von schätzungs weisen 30 Prozent.
Das Finanzamt habe auch gegen die Bestimmung des § 115 Abs.1 BAO verstoßen, wonach die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln hätten, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Dieser Verfahrensgrundsatz sei verletzt worden, da das Finanzamt die Argumente des Bf. ignoriert habe und eine Beweisführung seitens des Finanzamtes unterlassen worden sei. Nach dem Grundsatz der Amtswegigkeit sei die Finanzbehörde verpflichtet, sich ein objektives Bild des Sach verhaltes anzueignen, das die tatsächlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darlege.
Zur Aufforderung des Finanzamtes zur Bekanntgabe der in den letzten Jahren in der näheren Umgebung verkauften Grundstücke verwies der Vertreter auf die Grenzen der Mitwirkungspflicht der Partei. Diese Grenzen seien die Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit, Erfüllbarkeit und Zumutbarkeit der Mitwirkung. Aufgrund des Datenschutzes sei die Erfüllbarkeit dieses geforderten Beweises nicht gegeben. Ist es dem Steuerpflichtigen nicht möglich, Beweise zu erbringen, dürfe aufgrund der amtswegigen Ermittlungspflicht das von der Partei Nachgewiesene nicht als unzutreffend oder gar falsch gewertet werden.
Mit einem weiteren Vorhalt vom 12.2.2013 gab das Finanzamt dem Bf. bekannt, dass nach Einsichtnahme in die Urkundensammlung des Grundbuches festgestellt worden sei, dass in den Jahren 2011 und 2012 in E in Zentrumsnähe zwei Baugrundstücke inklusive Aufschließungskosten um 18 Euro und um 12 Euro pro m² verkauft worden seien. Etwas außerhalb seien weitere zwei Baugrundstücke exklusive Aufschließungskosten um 9 Euro pro m² verkauft worden. Es werde daher eine Bewertung mit 18 Euro angeboten.
Mit Vorhaltsbeantwortung vom 15.3.2013 brachte der Vertreter des Bf. vor, dass in E und in einer vergleichbaren Nachbargemeinde Grundstücke um ca. 12 Euro pro m² verkauft worden seien. Diesen Preisen seien aber Aufschließungskostenbeiträge hinzuzurechnen und dann dürften sich schätzungsweise die vom Finanzamt angebotenen 18 Euro pro m² ergeben. Da es sich um Siedlungsgrundstücke am Ortsrand handle, seien die 18 Euro pro m² inklusive Aufschließungskosten durchaus angebracht. Dieser Wert berücksichtige aber nicht die Lage direkt im Ortszentrum mit direkter Anbindung an die Hauptstraße. Bei Berücksichtigung dieser Faktoren ergebe sich für die Betriebsgrundstücke ein höherer Wert als für Siedlungsgrundstücke. Der Bf. beantragte daher einen Wert von 30 Euro pro m² anstatt des bisher angesetzten Wertes von 35 Euro pro m².
Mit Vorlagebericht vom 22. März 2013 legte das Finanzamt Braunau Ried Schärding die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.
Ergänzend wurde ausgeführt, dass Streitgegenstand die Feststellung des gemeinen Wertes des betrieblichen Anteils eines Grundstückes mit 12 € sei. Der Bf. beantrage einen Wert von 30 Euro pro m². Nach Durchsicht der Kaufpreissammlung und Einsichtnahme in die Urkundensammlung des Grundbuches lägen die Verkaufspreise von Baugrundstücken im näheren Umkreis der Betriebsliegenschaft zwischen 9 € und 18 €/m² (teilweise ohne, teilweise mit Aufschließungskosten). Der Bf. habe das Angebot mit einem Wert von 18 Euro pro m² ausgeschlagen.
Da die Berufung am 31. Dezember 2013 noch unerledigt war, war sie vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Mit elektronischer Eingabe vom 13.5.2019 übermittelte der Vertreter des Bf. den Nachtrag vom 11.7.1996 zum Kaufvertrag vom 11.6.1996. Mit diesem Kaufvertrag hatte der Bf. das Grundstück G (zum strittigen Zeitpunkt Teil der EZ 1) um einen Kaufpreis von ATS 75.600.- gekauft. Da sich herausstellte, dass das Grundstück in Bauland umgewidmet wurde, wurde der Kaufpreis in dem nunmehr vorgelegten Nachtrag vom 11.7.1996 auf ATS 151.200.- erhöht.
Der Vertreter verwies darauf, dass ohne Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühren und die Notarkosten der Grundstückspreis bereits bei € 21,80 pro m² liege und zwar im Jahr 1996. Der Vertreter beantragte, diesen Sachverhalt in die Gesamtbeurteilung einfließen zu lassen.
Mit elektronischer Nachricht vom 6.6.2019 wurde der Vertreterin des Finanzamtes mitgeteilt, dass der Bf. inzwischen den den Nachrtrag vom 11.7.1996 zum Kaufvertrag vom 11.6.1996 vorgelegt habe, mit welchem der Bf. für die strittige Parzelle € 21,80 pro m² bezahlt habe. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes sei davon auszugehen, dass dieser Kaufpreis fremdüblich und daher als Wertmaßstab zu akzeptieren sei. Anzunehmen sei auch, dass sich die Immobilienpreise zwischen 1996 und dem 2010 entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung erhöht hätten. Der vom Bf. beantragte Wert von € 30 pro m² liege daher innerhalb des zulässigen Schätzungsrahmens und könne akzeptiert werden. Dem Finanzamt als Abgabenbehörde werde noch die Gelegenheit gegeben, zu diesem nachträglichen Vorbringen des Bf. Stellung zu nehmen.
Die Vertreterin des Finanzamtes äußerte sich zum Vorbringen des Vertreters vom 13.5.2019 nicht mehr.
Mit Schreiben vom 26. August 2019 zog der Bf. durch seinen Vertreter den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.
Beweiswürdigung
Die Beweiswürdigung erfolgte aufgrund des Vorbringens des Bf., der vom Finanzamt vorgelegten Akten und der im bisherigen Verfahren vorgelegten Beweismittel, insbesondere auch des am 13.5.2019 dem BFG vorgelegten Nachtrages vom 11.7.1996 zum Kaufvertrag vom 11.6.1996.
Strittig war die Höhe des gemeinen Wertes des betrieblichen Anteils zweier teilweise betrieblich genutzter Grundstücke.
Als objektive Grundlagen für eine Schätzung des gemeinen Wertes standen zur Verfügung der Kaufpreis, den der Bf. selbst im Jahr 1996 für eines der jetzt strittigen Grundstücke bezahlt hatte, sowie die vom Finanzamt im vorgelegten Akt dargestellten (und in der Kaufpreissammlung erfassten) Grundstücksverkäufe.
Bei der Schätzung des gemeinen Wertes sind jedenfalls die folgenden Umstände zu berücksichtigen:
1. Noch nicht bezahlte Aufschließungskosten sind zur Vergleichbarkeit den Nettopreisen hinzuzurechnen.
2. Die Lage im Ortskern an der Hauptstraße und die Eignung als Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Gewerbebetriebes.
3. Preise für Grundstücke, die außerhalb des Ortskernes liegen und von der Gemeinde günstig gekauft sowie aus Gründen der Ansiedlungspolitik auch wieder günstig weiterverkauft wurden, sind nur bedingt für einen Vergleich geeignet und können nur mit einem Aufschlag auf einen fremdüblichen Preis (für eine allenfalls gewerbliche Nutzung) für einen Preisvergleich herangezogen werden.
4. Der vom Bf. im Jahr 1996 bezahlte Kaufpreis von € 21,80 pro m² ist der wirtschaftlichen Entwicklung und der dadurch eingetretenen allgemeinen Erhöhung der Immobilienpreise zwischen dem Jahr 1996 und dem Jahr 2010 anzupassen.
Bei Berücksichtigung aller dieser Umstände kann nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes der vom Bf. beantragte Wert von € 30 pro m² nicht widerlegt werden.
Rechtslage
Gemäß § 10 Abs. 1 BewG 1955 (Bewertungsgesetz 1955) ist bei Bewertungen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen.
Nach Abs. 2 leg.cit. wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Gemäß § 166 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Erwägungen
Im beschwerdegegenständlichen Fall ist die Höhe des gemeinen Wertes des betrieblichen Anteils zweier zumindest auch teilweise betrieblich genutzter Grundstücke strittig.
Nicht strittig war das Ausmaß der betrieblichen Nutzung der Grundstücke sowie die Frage, welcher Wert (gemeiner Wert oder Teilwert) für die in Frage kommenden steuerlichen Belange festgestellt werden sollte. Ebenso wenig strittig war, ob das Finanzamt überhaupt gemäß § 92 BAO berechtigt war, die angefochtenen Feststellungsbescheide zu erlassen. Es war daher auch nur über die Höhe des gemeinen Wertes des betrieblichen Anteils der zwei teilweise betrieblich genutzten Grundstücke zu entscheiden.
Nach dem Kommentar zum Bewertungsgesetz von Twaroch/ Wittmann/ Frühwald (fortgeführt von Rupp/ Fiala /Binder/ Adametz/ Dunst), Rz 19 zu § 10, ist bei der Ermittlung des gemeinen Wertes Folgendes zu beachten:
Beim gemeinen Wert im Sinne des § 10 BewG handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist (VwGH 17.2.1992, 90/15/0155), und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab (VwGH 16. 12. 2014, 2013/16/0168, und 29. 11. 2001, 2001/16/0296). Bei einer solchen Schätzung kommen auch die Grundsätze des § 184 BAO zur Anwendung. Einer solchen Schätzung haftet dabei stets ein gewisses Maß an Ungenauigkeit an, die auch bei strengster Einhaltung der Verfahrensvorschriften und bei Heranziehung sachangemessener Schätzungsmethoden nicht ausgeschlossen werden kann (Hinweis Stoll, BAO-Kommentar, S 1914). Bei einer derartigen Ermittlung des gemeinen Wertes im Wege der Preisschätzung ist insbesondere erforderlich, dass das Ergebnis der von der Behörde durchgeführten Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens in Einklang steht und die Sachverhaltsannahmen der Behörde in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren gewonnen wurden (VwGH 25. 4. 1996, 95/16/0011 und 22. 3. 1995, 92/13/0187). Eingetretene Preisschwankungen infolge veränderter Marktverhältnisse sind durch Abschläge oder Zuschläge auszugleichen.
Nach der vom Bundesfinanzgericht vorgenommenen Beweiswürdigung (s. Pkt. Beweiswürdigung) kann bei Berücksichtigung der dort angeführten Umstände der vom Bf. beantragte Wert von € 30 pro m² nicht widerlegt werden.
Demnach beträgt der gemeine Wert des betrieblichen Anteils (70% laut Bilanz-Kto. 210) am Grund und Boden der EZ 1, KG E
Der gemeine Wert des betrieblichen Anteils (50% laut Bilanz-Kto. 210) am Grund und Boden der EZ 2, KG E, beträgt zum E 11.820.
Aus den angeführten Gründen war daher der (mit Vorhaltsbeantwortung vom 15.3.2013 eingeschränkten) Beschwerde Folge zu geben und die angefochtenen Bescheide entsprechend dem vom Bf. beantragten Wert in Höhe von € 30 pro m² abzuändern.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Strittig war die Höhe des gemeinen Wertes des betrieblichen Anteils zweier betrieblich genutzter Grundstücke. Dies ist keine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage, welche im Rahmen der Beweiswürdigung zu entscheiden war. Aus diesem Grund war auszuführen, dass eine Revision nicht zulässig ist.
Linz, am 5. September 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 10 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
