Beschwerde gegen einen Bescheid betreffend Zurückweisung einer Berufung (nunmehr Beschwerde) als verspätet
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2015:RV.3300006.2013
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2016/16/0028. Zurückweisung mit Beschluss vom 2.5.2016.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter in der Finanzstrafsache gegen A vertreten durch Rechtsanwälte , wegen Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) und Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Beschwerde der Beschuldigten vom 18. April 2013 gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 19. März 2013, StNr. X , betreffend Zurückweisung einer Berufung zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Nach einer in Abwesenheit der Beschuldigten durchgeführten mündlichen Verhandlung hat der Spruchsenat I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz diese mit Erkenntnis vom 2. Juli 2012, StrNr. Y , schuldig erkannt, sie hat im Bereich des Finanzamtes Innsbruck fortgesetzt vorsätzlich als verantwortliche Unternehmerin
1. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1994 entsprechenden Voranmeldungen betreffend die Voranmeldungszeiträume 03/2009, 07/2009, 10-12/2009 und 01-09/2010 Verkürzungen an Umsatzsteuer in Höhe von € 30.537,30 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und
2. Lohnsteuer für die Zeiträume 02-03/2009, 11/2009 und 01-06/2010 in Höhe von € 1.477,32 sowie Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe samt Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen für die Zeiträume 12/2009 und 01-06/2010 in Höhe von € 2.747,88 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet und der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages nicht bekannt gegeben.
Sie hat hiedurch begangen zu 1. Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und zu 2. Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG und wurde hiefür nach § 33 Abs. 5 FinStrG iAd § 21 FinStrG mit einer Geldstrafe in Höhe von € 11.000,00, im Falle deren Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Wochen bestraft. Die zu ersetzenden Kosten des Verfahrens wurden mit € 500,00 bestimmt.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2013, beim Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz eingelangt am 4. März 2013, brachte die Beschuldigte durch ihren nunmehrigen Verteidiger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in eventu eine Berufung gegen das Erkenntnis des Spruchsenates ein. Am 1. Februar 2013 sei der Beschuldigten die schriftliche Ausfertigung dieses Erkenntnisses zugestellt worden.
Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führte die Beschuldigte im Wesentlichen aus, das Erkenntnis sei ihr erstmals am 1. Februar 2013 zugestellt worden. Erst mit diesem Schreiben, wobei es sich um die schriftliche Ausfertigung des Straferkenntnisses des Spruchsenats I gehandelt habe, habe die Beschuldigte erstmals Kenntnis darüber erlangt, dass am 2. Juli 2012 eine mündliche Verhandlung bei der genannten Behörde stattgefunden hat. Eine ordnungsgemäße Ladung zu dieser mündlichen Verhandlung sei ihr demgegenüber zu keiner Zeit zugekommen, sodass sie keinerlei Kenntnis über das Stattfinden dieser mündlichen Verhandlung gehabt habe und ihr aus diesem Grunde auch nicht habe beiwohnen können. Auf entsprechende Erhebungen der nunmehrigen Vertreter der Beschuldigten bei der zuständigen Behörde aus Anlass der Zustellung des Straferkenntnisses hin sei ihr mitgeteilt worden, dass hinsichtlich der Ladung mehrere Zustellversuche durch Hinterlegung erfolgt seien. Tatsächlich habe die Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt Kenntnis von einer Hinterlegung gehabt. Verständigungen über die Hinterlegung habe die Beschuldigte nicht erhalten.
Die Beschuldigte habe aufgrund eines unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses, nämlich dem Nichtvorfinden einer Hinterlegungsanzeige des Zustellorgans betreffend die Vorladung(en) zur mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2012, ohne ihr Verschulden keine Kenntnis von der Hinterlegung der Ladung erlangt. Die Beschuldigte sei sohin nicht in der Lage gewesen, der Ladung zur anberaumten mündlichen Verhandlung Folge zu leisten und im Rahmen der mündlichen Verhandlung die ihr zukommenden Rechte wahrzunehmen. Der Beschuldigten sei es sohin aus nicht von ihr zu vertretenden Gründen nicht möglich gewesen, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen und sich dort zu verantworten. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Beschuldigten habe für diese ohne Zweifel einen wesentlichen Nachteil dargestellt.
Die Beschuldigte hätte dem Senat insbesondere darlegen können, dass sie der Ansicht sei, alle erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Erstattung der Umsatzsteuervoranmeldungen der steuerlichen Vertretung rechtzeitig erteilt und übergaben zu haben. Alle von der steuerlichen Vertretung vorgelegten Unterlagen seien dann von der Beschuldigten unterfertigt und unverzüglich eingereicht worden. Sollten daher Umsatzsteuervoranmeldungen nicht oder nicht zeitgerecht erstattet worden sein, würde die Beschuldigte kein strafrechtlich relevantes Verschulden daran treffen, da sich die Beschuldigte auf die ordnungsgemäßen und zeitgerechten Veranlassungen der steuerlichen Vertretung habe verlassen dürfen. Aufgrund der Einlassung der Beschuldigten hätte der Senat jedenfalls weitere Erhebungen betreffend die ordnungsgemäße Erstattung der Umsatzsteuervoranmeldungen durchführen müssen. Weiters hätte die Beschuldigte darlegen können, dass tatsächlich nicht alle von ihr geleisteten Zahlungen erfasst worden seien und tatsächlich die Umsatzsteuer vollständig – wenn auch mitunter verspätet – entrichtet worden sei.
Da die Beschuldigte erst mit Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses (am 1. Juli 2013) vom Stattfinden der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt habe, sei es ihr zudem nicht möglich gewesen, zu einem früheren Zeitpunkt einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu stellen. Der Beschuldigte könne kein, jedenfalls kein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden an der Versäumung der mündlichen Verhandlung vorgeworfen werden.
Die Beschuldigte habe regelmäßig die Post an ihrer Zustelladresse gewissenhaft bearbeitet und diese auch genau kontrolliert. Die Beschuldigte gehe daher davon aus, dass tatsächlich vom zuständigen Zustellorgan gar keine Hinterlegungsanzeige(n) hinterlassen worden sei[en]. Sollte dies doch erfolgt sein, bestünde nur die Möglichkeit, dass die Beschuldigte die Hinterlegungsanzeige in der täglichen Flut von Zeitschriften, Prospekten oder diversen Werbematerialien übersehen und unentdeckt weggeworfen habe. Dies erscheine jedoch unwahrscheinlich, da die Beschuldigte die Post immer besonders gewissenhaft auf wichtige Schreiben und insbesondere behördliche Zustellungen hin prüfen würde (Bescheinigungsmittel: Einvernahme des Zustellorgans, PV).
Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand würden aus diesen Gründen vorliegen und die Beschuldigte stellte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der mündlichen Verhandlung insbesondere durch Aufhebung des Straferkenntnisses, Ladung zu einer mündlichen Verhandlung und Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat I als Finanzstrafbehörde erster Instanz beim Finanzamt Innsbruck.
Weiters erhob die Beschuldigte mit diesem Schriftsatz eventualiter das Rechtsmittel der Berufung gegen das gegenständliche Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 2. Juli 2012 und erstattete dazu Vorbringen hinsichtlich des Schuldausspruchs und der Strafzumessung.
Mit Bescheid vom 18. März 2013 hat der Spruchsenat I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.
Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, das Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verhindert, dass einer Partei, die gegen ein unverschuldet oder nur leicht fahrlässig bzw. nicht auffallend sorglos verschuldet unvorhergesehenes oder unabwendbar eintretendes Ereignis nichts unternehmen kann, wegen der prozessualen Folgen dieses Ereignisses die Prüfung ihres materiellen Anspruches verweigert wird. Die Anwendung des § 167 FinStrG setzt voraus, dass eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt wurde und die betreffende Partei dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Die Versäumung einer mündlichen Verhandlung tritt dann nicht ein, wenn eine Partei hierzu nicht (oder nicht ordnungsgemäß) geladen wurde. Die Behauptung, dass die Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht bzw. nicht ordnungsgemäß zugestellt worden wäre, bildet somit keinen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 167 FinStrG.
Weiters hat das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 19. März 2013 die Berufung gegen das Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 2. Juli 2012 zurückgewiesen.
Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, die Berufung sei nicht fristgerecht. Die Rechtsmittelfrist würde einen Monat betragen und mit der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses beginnen. Im gegenständlichen Fall sei das Erkenntnis mit 7. November 2011 beim Postamt 1 hinterlegt worden. An diesem Tag würde das Dokument als zugestellt gelten. Die neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments würde keine Rechtswirkungen auslösen. Die am 28. Februar 2013 eingebrachte Berufung sei somit 83 Tage verspätet.
Mit Schriftsatz vom 18. April 2013 brachte die Beschwerdeführerin am 22. April 2013 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der gegenständlichen Rechtsmittelfrist, in eventu eine Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 19. März 2013, in eventu einen Antrag auf Zahlungserleichterung (siehe dazu den abweisenden Bescheid des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde vom 15. Mai 2013) ein.
Zum Antrag auf Wiedereinsetzung führte die Beschwerdeführerin begründend im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführerin sei das Erkenntnis des Spruchsenates vom 2. Juli 2012 erstmals am 1. Februar 2013 wirksam zugestellt und in weiterer Folge fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht worden.
Daraufhin sei der Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 19. März 2013 erlassen und am 21. März 2013 zugestellt worden.
Erst mit Erhalt des Zurückweisungsbescheides habe die Beschwerdeführerin erstmals Kenntnis davon erlangt, dass das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates vom 2. Juli 2012 bereits am 7. November 2012 beim Postamt 1 hinterlegt worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Beschwerdeführerin keinerlei Kenntnis von einer Hinterlegung vom 7. November 2012 beim Postamt 1 gehabt. Eine Verständigung der Hinterlegung habe die Beschwerdeführerin nämlich nicht erhalten.
Die Beschwerdeführerin habe daher aufgrund eines unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses, nämlich dem Nichtvorfinden einer Hinterlegungsanzeige des Zustellorgans betreffend die Zustellung des Erkenntnisses des Spruchsenates vom 2. Juli 2012, ohne ihr Verschulden keine Kenntnis von der Hinterlegung erlangt. Die Beschwerdeführerin sei sohin nicht in der Lage gewesen, das Straferkenntnis zu beheben und ein Rechtsmittel zu erheben.
Erstmals habe anhand des Zurückweisungsbescheides über die Berufung vom 28. Februar 2013 des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz, welcher am 21. März 2013 zugestellt worden sei, seitens der Beschwerdeführerin festgestellt werden können, dass das angefochtene Straferkenntnis bereits am 7. November 2012 hinterlegt worden und mit 7. Dezember 2012 in Rechtskraft erwachsen sei. Aus diesem Grunde sei es der Beschwerdeführerin keinesfalls möglich gewesen, fristgerecht (gerechnet ab dem Tag der Hinterlegung) Berufung gegen das Straferkenntnis einzubringen. Erst mit der eigenhändigen Übernahme des Straferkenntnisses am 1. Februar 2013 sei das Schriftstück erstmals in den Verfügungsbereich der Beschwerdeführerin gelangt, sodass erst ab diesem Zeitpunkt eine wirksame Zustellung erfolgt sei und daher tatsächlich binnen offener Frist ein Rechtsmittel erhoben worden sei.
Der Beschwerdeführerin könne kein, jedenfalls kein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden an der Versäumung der fristgerechten Erhebung eines Rechtsmittels angelastet werden. Die Beschwerdeführerin habe hat regelmäßig die Post an ihrer Zustelladresse gewissenhaft bearbeitet und diese auch genau kontrolliert. Sie gehe daher davon aus, dass tatsächlich vom zuständigen Zustellorgan gar keine Hinterlegungsanzeige(n) ordnungsgemäß hinterlassen worden sei[en]. Sollte dies jedoch erfolgt sein, bestünde nur die Möglichkeit, dass die Beschwerdeführerin die Hinterlegungsanzeige in der täglichen Flut von Zeitschriften, Prospekten oder diversen Werbematerialen übersehen und unentdeckt weckgeworfen habe. Dies erscheine jedoch unwahrscheinlich, da die Beschuldigte die Post immer besonders gewissenhaft auf wichtige Schreiben und insbesondere behördliche Zustellungen hin prüfen würde (Bescheinigungsmittel: Einvernahme des Zustellorgans, PV).
Aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellt die Beschwerdeführerin sohin zunächst den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der gegenständlichen Rechtsmittelfrist.
Für den Fall der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erstattete die Beschuldigte unter einem das Rechtsmittel der Berufung gegen das gegenständliche Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 2. Juli 2012 und erstattete dazu Vorbringen hinsichtlich des Schuldausspruchs und der Strafzumessung.
Das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz hat diesen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Bescheid vom 14. Mai 2013 als verspätet zurückgewiesen und dazu begründend ausgeführt, der Antrag auf Wiedereinsetzung müsse gemäß § 167 Abs. 2 FinStrG binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde gestellt werden, bei der die Frist wahrzunehmen war oder die Verhandlung stattfinden sollte. Laut Aktenvermerk vom 28. Februar 2013 sei von einem Mitarbeiter der Kanzlei Rechtsanwälte Akteneinsicht im Amte genommen und diverse Aktenteile in Kopie zur Verfügung gestellt worden. Die Monatsfrist würde somit ab diesem Datum zu laufen beginnen und mit 28. März 2013 enden. Der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung würde das Datum 18. April 2013 und den Poststempel vom 19. April 2013 tragen. Somit sei der Antrag verspätet eingebracht. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei daher gemäß § 156 Abs. 1 FinStrG zurückzuweisen.
Zu der gegen diesen Bescheid vom 14. Mai 2013 erhobenen Beschwerde vom 6. Juni 2013 wird auf das abweisende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 31.12.2015, RV/3300011/2013, verwiesen.
Gegen den Zurückweisungsbescheid vom 19. März 2013 richtet sich die hier gegenständliche Beschwerde der Beschuldigten vom 18. April 2013, in welcher wie folgt vorgebracht wurde:
Die erkennende Behörde würde übersehen, dass unabdingbare Voraussetzung für eine rechtswirksame Zustellung durch Hinterlegung eine ordnungsgemäße schriftliche Verständigung sei. Unterbleibe diese völlig oder würde die Form der Zurücklassung nicht dem Gesetz entsprechen, so bleibe die Hinterlegung ohne Wirkung. In der gegenständlichen Angelegenheit sei eine derartige, für eine wirksame Zustellung erforderliche Verständigung seitens der Beschwerdeführerin jedoch zu keiner Zeit vorgefunden worden.
Darüber hinaus habe die Behörde, bevor sie die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ausspricht, zu prüfen, ob die Zustellung des mit dem Rechtsmittel angefochtenen Bescheides ordnungsgemäß erfolgt sei, insbesondere ob die auf dem Rückschein vermerkten Daten den Tatsachen entsprechen. Die Behörde habe die Feststellung der Versäumung der Berufungsfrist dem Rechtsmittelwerber zur Stellungnahme vorzuhalten. Unterlässt sie dies, würde sie das Risiko der Aufhebung des Bescheides wegen unterlaufener Verfahrensmängel tragen.
Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung (Schriftsatz Seite 4, 1. Absatz) den Hinweis „binnen offener Frist“ angebracht. Dies würde dazu führen, dass für behördliche Erhebungen über die Rechtzeitigkeit oder Verspätung des Rechtsmittels Anlass geben sei. Dass diesem Umstand von der erkennenden Behörde in der gegenständlichen Angelegenheit Rechnung getragen wurde, sei jedoch nicht ersichtlich. Der Zurückweisungsbescheid würde jegliche Angaben hiezu vermissen lassen. Offenbar habe die erkennende Behörde den Zustellvorgang nicht überprüft.
Des Weiteren sei der Beschwerdeführerin auch zu keiner Zeit die Möglichkeit gegeben worden, zur möglichen Verspätung Stellung zu nehmen, bevor ein Zurückweisungsbescheid überhaupt erlassen wird. § 17 Abs. 3 Zustellgesetz würde im Ergebnis lediglich eine Vermutung für eine ordnungsgemäße Zustellung aufstellen. Dies würde die Behörde jedoch nicht von der Verpflichtung, entbinden, einen Einschreiter mit einer allfälligen Verspätung von Prozesshandlungen (insbesondere Rechtsmitteln) zu konfrontieren, was in dieser Angelegenheit nicht erfolgt sei.
Darüber hinaus würde sich die Unwirksamkeit der Zustellung per Hinterlegung daraus ergeben, dass dieser kein erfolgloser Zustellversuch vorausgegangen sei. Dies würde jedoch eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendung des § 17 Zustellgesetz darstellen. Jedenfalls würden für die Annahme, dass mehrere erfolglose Zustellversuche durchgeführt wurden, keine Anhaltspunkte bestehen bzw. sei dies von der Behörde nicht geprüft worden. Vielmehr würden einerseits von der belangten Behörde lediglich Gesetzesstellen wiedergegeben und andererseits werde nur auf die erfolgte Hinterlegung am 7. November 2012 Bezug genommen. Dies würde jedoch keine ausreichende Begründung darstellen. Einerseits seien seitens der Behörde keinerlei Ermittlungen hinsichtlich der Rechtzeitigkeit gesetzt worden und zum anderen habe die Beschwerdeführerin diesbezüglich auch keine Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt, sodass der Zurückweisungsbescheid mit Verfahrensmängeln behaftet sei.
Jedenfalls hätte die Behörde im Rahmen ihrer Überprüfung zu dem Erkenntnis gelangen müssen, dass die Beschwerdeführerin das Schriftstück erst mit 1. Februar 2013 übernommen habe. Mit diesem Zeitpunkt sei das Dokument wirksam zugestellt und würde auch die Rechtsmittelfrist zu laufen beginnen, sodass die Berufung vom 28. Februar 2013 jedenfalls fristgerecht eingebracht worden sei.
Die Beschwerde mündet in den Antrag, die Rechtsmittelbehörde möge in Stattgebung der Beschwerde den vorliegenden Zurückweisungsbeschluss aufheben und die Berufung einer inhaltlichen Behandlung zuführen.
Zur Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 265 Abs. 1s lit. a FinStrG sind die zum 31. Dezember 2013 beim unabhängigen Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz anhängigen Rechtsmittel vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen und wirken bereits gestellte Anträge auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
Gemäß § 56 Abs. 3 FinStrG gelten für Zustellungen das Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, und sinngemäß die Bestimmungen des 3. Abschnittes der Bundesabgabenordnung.
Gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz ist, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 Zustellgesetz regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
Gemäß § 17 Abs. 2 Zustellgesetz ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 Zustellgesetz wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
Gemäß § 17 Abs. 4 Zustellgesetz ist die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.
Das gegenständliche Dokument wurde nach dem im Strafakt der Beschwerdeführerin erliegenden Zustellnachweis nach einem am 6. November 2012 bei der aufrechten Meldeadresse der Beschwerdeführerin durchgeführten Zustellversuch beim zuständigen Postamt hinterlegt und am 7. November 2012 erstmals zur Abholung bereitgehalten.
Eine Ortsabwesenheit im Sinne des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz wurde von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht. Die entscheidungsrelevanten Beschwerdeausführungen, welche keine Beweisanträge beinhalten, sind darauf gerichtet, dass am 7. November 2012 keine rechtmäßige Zustellung des Erkenntnisses des Spruchsenates erfolgt sein soll, weil eine Verständigung über die Hinterlegung des Dokumentes nicht erfolgt sei bzw. dass der Hinterlegung kein erfolgloser Zustellversuch vorangegangen sei.
Dazu ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Rechtswirksamkeit des Zustellvorganges nicht davon abhängt, dass dieser dem Zustellempfänger zur Kenntnis gelangt. Weder eine Beschädigung noch die Entfernung der Hinterlegungsanzeige durch andere Personen hat Einfluss auf die Gültigkeit der Zustellung (vgl. § 17 Abs. 4 Zustellgesetz). Die Unwirksamkeit der Zustellung kann daraus nicht abgeleitet werden (VwGH 24.3.2004, 2004/04/0033).
Mit der Behauptung, der Hinterlegung sei kein erfolgloser Zustellversuch vorangegangen, bestreitet die Beschwerdeführerin implizit die Richtigkeit der Angaben des Zustellers im Rückschein, wonach ein solcher erfolgt und die Verständigung von der Hinterlegung in das Hausbrieffach eingelegt worden sei. Die vom Zusteller erstellten Zustellnachweise sind öffentliche Urkunden, die den Beweis dafür erbringen, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist. Wird – wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt – behauptet, es würden Zustellmängel vorliegen, so ist diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und sind Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen. Die bloße Behauptung, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, ist nicht als Angebot eines Gegenbeweises anzusehen (VwGH 19.3.2003, 2002/08/0061).
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, ist nicht ausreichend, die sich aus dem Rückschein ergebenden Angaben des Postzustellers, es sei eine solche Anzeige im Hausbrieffach des Empfängers eingelegt worden, zu entkräften.
Nur der Vollständigkeit halber wird darauf verwiesen, dass das Bundesfinanzgericht am 1. Juli 2013 eine schriftliche Anfrage an die für die Beschwerdeführerin zuständige Poststelle gerichtet hat, primär um die Praxis bei der Anzahl der Zustellversuche abzuklären, weil von der Finanzstrafbehörde Vordrucke verwendet wurden, welche noch zwei Zustellversuche vor Hinterlegung vorsahen. Weiters wurden Fragen zum Zustellvorgang gestellt. Dem Bundesfinanzgericht wurde dazu in einem undatierten Schreiben des Distributionsleiters der Zustellbasis mitgeteilt, dass [entsprechend der damals bereits gültigen Rechtslage] die Hinterlegung erfolgte, wenn beim ersten Zustellversuch niemand angetroffen werden konnte. Es seien dort keine Umstände bekannt, wonach die Beschwerdeführerin keine Hinterlegungsanzeige hätte vorfinden können; der damalige Zusteller sei nicht mehr im Unternehmen tätig. Auch aus diesen Angaben des Distributionsleiters ergeben sich somit keine Umstände, welche das Beschwerdevorbringen stützen können.
Es ist somit davon auszugehen, dass die gegenständliche Zustellung am 7. November 2012 erfolgte (§ 17 Abs. 3 Zustellgesetz).
Da somit die Berufung gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vom 2. Juli 2012 nicht innerhalb der in § 150 Abs. 2 FinStrG bestimmten Monatsfrist eingebracht wurde, ist die Zurückweisung als nicht fristgerecht durch die Finanzstrafbehörde zu Recht erfolgt, weshalb die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
Zur Zulässigkeit einer Revision: Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Für die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof besteht daher kein Anlass.
Innsbruck, am 31. Dezember 2015
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | Art. 130 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
Verweise: |