BFG RV/3200020/2019

BFGRV/3200020/201911.3.2020

Rücknahme einer begünstigenden Entscheidung (Übersiedlungsgut)

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.3200020.2019

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri. in der Beschwerdesache B., vertreten durch Rechtsanwalt C., über die Beschwerde vom 29.08.2019 gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Innsbruck vom 05.08.2019, Zahl *** betreffend Rücknahme einer begünstigenden Entscheidung zu Recht erkannt: 

 

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben.

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:
Mit Eingabe vom 24.11.2016 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) unter Verwendung des Formblattes ZBefr 2a die Ausstellung eines Grundlagenbescheides "Feststellung der Zollbefreiung für Übersiedlungsgut" für Hausrat und einen PKW der Marke Porsche Turbo S, Baujahr 2012, Fahrgestellnummer ***.

Dem Ansuchen wurde mit Bescheid des Zollamtes Innsbruck vom 30.11.2016, Zahl*, antragsgemäß stattgegeben.

Mit Bescheid vom 5.8.2019, Zahl**, stellte das Zollamt fest, dass der Bf. im Zollgebiet lediglich einen Nebenwohnsitz begründet hat, so dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Zollbefreiung für Übersiedlungsgut nicht vorliegen. Der Bescheid vom 30.11.2016, Zahl*, wurde gemäß Art. 23 Abs. 3 UZK zurückgenommen.

In der fristgerecht erhobenen Bescheidbeschwerde brachte er vor, dass es keine rechtliche Basis für die Zurücknahme des Bescheides gebe, da die Zurücknahme einer zollrechtlichen Entscheidung gem. Art. 23 UZK nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig sei, die im gegenständlichen Fall nicht vorliegen würden.

Der Bf. habe sich vor der Einfuhr des Übersiedlungsgutes im Hinblick auf die komplizierte Sach- und Rechtslage detailliert und präzise, sowohl in Telefongesprächen mit dem Zollamt D. sowie anlässlich der persönlichen Vorsprache am 30.11.2016 bei Herrn A. informiert. Er habe von Anfang an dargelegt, dass er in Österreich einen Ferienwohnsitz begründen werde und seine Angaben durch Vorlage des Meldezettels bescheinigt.
Der im Antrag vom 24.11.2016 angeführte Wohnsitzwechsel im März 2017 habe sich auf den Wohnsitzwechsel in der Schweiz bezogen. Er habe zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Hauptwohnsitz in der Schweiz aufzugeben.
Im Zuge der persönlichen Vorsprache am 30.11.2016 und der ca. einstündigen Besprechung sei ihm der Grundlagenbescheid ausgehändigt worden, obwohl dem vorgelegten Meldezettel zu entnehmen war, dass er sich mit Nebenwohnsitz in Österreich angemeldet habe.
Ein allfälliges Versehen der Behörde könne nicht zur Zurücknahme des Grundlagenbescheides führen.
Weiters wurde vorgebracht, der PKW sei in der Schweiz zum Verkehr zugelassen und in Betrieb, so dass der Befreiungstatbestand der vorübergehenden Verwendung vorliege.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17.10.2019, Zahl**, wies das Zollamt die Beschwerde als unbegründet ab. Es erscheine merkwürdig und nicht glaubhaft, dass jemand einen Antrag auf Zollbefreiung für Übersiedlungsgut stelle, aber die Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes nach Österreich nicht geplant habe. Wesentliche Informationen zu den Voraussetzungen betreffend Abgabenfreiheit für Übersiedlungsgut ergeben sich bereits aus dem Antragsformular bzw. sind diese Informationen auch auf der Homepage des BMF ersichtlich.
Entgegen den Ausführungen habe der Bf. die Meldebescheinigung erst anlässlich der Übergabe des Grundlagenbescheides am 30.11.2016 vorgelegt.
Die Zurücknahme des Grundlagenbescheides sei nicht sofort erfolgt, da die Befreiung als Übersiedlungsgut auch dann erfolgen könne, wenn sich der Antragsteller verpflichte, den gewöhnlichen Wohnsitz innerhalb von 6 Monaten tatsächlich im Zollgebiet der Gemeinschaft zu begründen.

Mit Eingabe vom 24.10.2019 beantragte der Vertreter des Bf. die Vorlage an das Bundesfinanzgericht.

Sachverhalt:
Am 24.11.2016 richtete der Bf. folgendes Email an das Zollamt Innsbruck:
"Ich habe Ihre Kontaktdaten vom Zollamt Innsbruck mit der Bitte um Bewilligung des beigefügten Antrags (Diesen werden wir Ihnen per Fax senden wenn er so OK ist):
Ich plane eine erste Sendung gebrauchter Möbel nächste Woche - sollte dies möglich sein (Einfuhr via Götzis). Der Rest inkl. KFZ folgt Anfang 2017.
Sollten Sie weitere Fragen haben erreichen Sie mich am Besten per EMail."
Angeschlossen war der noch am gleichen Tag mit Telefax eingereichte Antrag auf Feststellung der Zollbefreiung für Übersiedlungsgut (Antrag auf Ausstellung eines Grundlagenbescheides) unter Verwendung des Formulares ZBefr 2a.
Dem Antrag war eine Reisepasskopie, die Meldebestätigung Hauptwohnsitz Gemeinde T. (CH), eine Kopie des Zulassungsscheins des PKW Porsche 911, eine Aufstellung über den zu übersiedelnden Hausrat sowie den Mietvertrag vom 1.9.2016 über die Wohnung in Adresse angeschlossen.

Am 30.11.2016 übergab der Bf. anlässlich einer Vorsprache beim Zollamt die noch fehlende Meldebescheinigung. Darin war festgehalten, dass es sich beim österreichischen Wohnsitzes in der Gemeinde G. um einen Nebenwohnsitz handelt. Ungeachtet dieser Tatsache wurde dem Bf. der Grundlagenbescheid (mit der Feststellung, dass "aufgrund der vorhandenen Akten- und Sachlage die Begründung des gewöhnlichen Wohnsitzes mit 30.11.2016 erfolgt") ausgehändigt.

Ob und wann der Beamte den Bf. aufmerksam gemacht hat, dass der Zollbefreiungsbescheid nur dann gelte, wenn er tatsächlich seinen gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet verlege, läßt sich nicht mehr feststellen. Nachvollziehbare Veranlassungen (Aktenvermerk über Telefonate mit dem Bf.) wurden nicht getroffen.

Erst am 2.3.2018 erfolgte eine Nachschau bei der festgestellt wurde, dass der Bf. am 4.4.2017 beim Zollamt H. die Abfertigung der Waren als Übersiedlungsgut durchgeführt hat.

Aus den vom Zollamt vorgelegten Akten geht zweifelsfrei hervor, dass der Meldezettel betreffend Anmeldung in der Gemeinde G. als Nebenwohnsitz, im Zuge der Ausfolgung des Grundlagenbescheides erfolgt ist.
Der Bf. hat sich bei der Gemeinde G. erst am 30.11.2016 angemeldet und kann daher den Meldezettel dem Antrag, welchen er am 24.11.2016 dem Zollamt gefaxt hat, nicht angeschlossen haben.

Beim Wohnsitz in der Gemeinde G. handelt es sich um einen Nebenwohnsitz (Ferienwohnsitz).

Da der Bf. den gewöhnlichen Wohnsitz in der Schweiz beibehalten und in Österreich einen Nebenwohnsitz begründet hat, konnte er die Abgabenfreiheit für Übersiedlungsgut nicht in Anspruch nehmen.
Die Feststellung im Bescheid vom 30.11.2016, "aufgrund der vorhandenen Akten- und Sachlage erfolgt die Begründung des gewöhnlichen Wohnsitzes mit 30.11.2016" war rechtlich nicht möglich.

Rechtsgrundlagen:

Art 23 UZK (Zollkodex der Union, Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (ZK))
Verwaltung von Entscheidungen auf Antrag

(3) unbeschadet der Vorschriften in anderen Bereichen, in denen festgelegt ist, in welchen Fällen Entscheidungen unwirksam oder nichtig sind, können die Zollbehörden, die eine Entscheidung getroffen haben, diese jederzeit zurücknehmen, ändern oder widerrufen können, sofern sie den zollrechtlichen Vorschriften widerspricht.

Art 27 UZK
Rücknahme begünstigender Entscheidungen

(1) Die Zollbehörden nehmen eine den Inhaber der Entscheidung begünstigende Entscheidung zurück, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a) die Entscheidung wurde auf der Grundlage unrichtiger oder unvollständiger Informationen getroffen,

b) der Inhaber der Entscheidung wusste oder hätte wissen müssen, dass die Informationen unrichtig oder unvollständig waren,

c) wären die Angaben richtig und vollständig gewesen, so wäre eine andere Entscheidung erlassen worden.

(2) Der Inhaber der Entscheidung wird von der Rücknahme der Entscheidung unterrichtet.

(3) Sofern in der Entscheidung in Übereinstimmung mit den zollrechtlichen Vorschriften nichts anderes bestimmt ist, wird die Rücknahme an dem Tag wirksam, an dem die ursprüngliche Entscheidung wirksam wurde.

Art 28 UZK
Widerruf und Änderung begünstigender Entscheidungen

(1) eine begünstigende Entscheidung wird außer in den Fällen des Artikels 27 widerrufen oder geändert, wenn

a) eine oder mehrere Voraussetzungen für ihren Erlass nicht erfüllt waren oder nicht mehr erfüllt sind oder

b) der Inhaber der Entscheidung einen entsprechenden Antrag stellt.
 

Zollbefreiungsverordnung (ZBefrVO), Verordnung (EU) Nr. 1186/2009 :

TITEL II

BEFREIUNG VON DEN EINGANGSABGABEN

KAPITEL I

Übersiedlungsgut von natürlichen Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz aus einem Drittland in die Gemeinschaft verlegen

Artikel 3

Von den Eingangsabgaben befreit ist vorbehaltlich der Artikel 4 bis 11 das Übersiedlungsgut natürlicher Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der Gemeinschaft verlegen.

Artikel 4

Die Befreiung gilt nur für Übersiedlungsgut, das

Die Mitgliedstaaten können die Befreiung ferner davon abhängig machen, dass die normalerweise auf diese Gegenstände anwendbaren Zölle und/oder Steuern im Ursprungs- oder Herkunftsland entrichtet worden sind.

Artikel 5

(1) Die Befreiung kann nur Personen gewährt werden, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz mindestens zwölf aufeinander folgende Monate außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gehabt haben.

(2) Die zuständigen Behörden können jedoch Ausnahmen von der in Absatz 1 genannten Regel zulassen, wenn der Beteiligte nachweist, dass er die Absicht hatte, mindestens zwölf Monate außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft zu verbleiben.

Artikel 6
...

Artikel 7

(1) Außer in Ausnahmefällen wird die Befreiung nur für Übersiedlungsgut gewährt, das von dem Beteiligten innerhalb von zwölf Monaten nach der Begründung seines gewöhnlichen Wohnsitzes im Zollgebiet der Gemeinschaft zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(2) Das Übersiedlungsgut kann innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist in mehreren Teilsendungen in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden.

Artikel 8

Gemäß Art 3 ZBefrVO ist das Übersiedlungsgut natürlicher Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der Gemeinschaft verlegen, vorbehaltlich der Artikel 4 bis 11 von den Eingangsabgaben befreit.

(1) Vor Ablauf einer Frist von zwölf Monaten nach Annahme des Antrags auf Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr darf das unter Befreiung von den Eingangsabgaben eingeführte Übersiedlungsgut ohne vorherige Unterrichtung der zuständigen Behörden weder verliehen, verpfändet, vermietet, veräußert noch überlassen werden.

(2) Bei Verleih, Verpfändung, Vermietung, Veräußerung oder Überlassung vor Ablauf der in Absatz 1 genannten Frist werden die Eingangsabgaben auf die betreffenden Waren nach den zum Zeitpunkt des Verleihs, der Verpfändung, der Vermietung, der Veräußerung oder Überlassung geltenden Sätzen und nach der Beschaffenheit und dem Zollwert erhoben, die von den zuständigen Behörden zu diesem Zeitpunkt festgestellt oder anerkannt werden.

Artikel 9

(1) Abweichend von Artikel 7 Absatz 1 kann die Befreiung jedoch für vor Begründung des gewöhnlichen Wohnsitzes durch den Beteiligten im Zollgebiet der Gemeinschaft zur Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldetes Übersiedlungsgut genehmigt werden, sofern dieser sich verpflichtet, seinen gewöhnlichen Wohnsitz tatsächlich innerhalb von sechs Monaten dort zu begründen. Gleichzeitig mit dieser Verpflichtung wird eine Sicherheit geleistet, deren Art und Höhe von den zuständigen Behörden bestimmt wird.(2)

Bei Inanspruchnahme des Absatzes 1 beginnt die Frist nach Artikel 4 Buchstabe a zu dem Zeitpunkt der Einfuhr des Übersiedlungsguts in das Zollgebiet der Gemeinschaft.

Artikel 10

(1) Verlässt der Beteiligte das Drittland, in dem er seinen gewöhnlichen Wohnsitz hatte, aufgrund beruflicher Verpflichtungen ohne gleichzeitige Begründung des gewöhnlichen Wohnsitzes im Zollgebiet der Gemeinschaft, jedoch in der Absicht, ihn in der Folge dort zu begründen, so können die zuständigen Behörden das vom Beteiligten zu diesem Zweck in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführte Übersiedlungsgut von den Eingangsabgaben befreien.

(2) Die Befreiung von den Eingangsabgaben für das in Absatz 1 genannte Übersiedlungsgut wird nach Maßgabe der Artikel 3 bis 8 gewährt, wobei

(3) Die Befreiung von den Eingangsabgaben unterliegt ferner der Bedingung, dass der Beteiligte sich verpflichtet, seinen gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet der Gemeinschaft innerhalb eines Zeitraums zu begründen, der von den zuständigen Behörden nach Maßgabe der Umstände festzulegen ist. In Verbindung mit dieser Verpflichtung können die zuständigen Behörden eine Sicherheit verlangen, deren Art und Höhe sie bestimmen.

Gemäß § 87 Abs. 1 ZollR-DG bedarf es für die Feststellung der Einfuhrabgabenfreiheit eines Antrags. Die Feststellung erfolgt in jenen Fällen, in denen für die Feststellung, ob die für die Verwirklichung des Tatbestandes maßgeblichen Umstände gegeben sind, Ermittlungen erforderlich sind, die nicht im Zuge der Abfertigung abgeschlossen werden können, oder der Antrag nicht in der Anmeldung gestellt wird, mit gesonderter Entscheidung (§ 185 BAO). In allen übrigen Fällen durch die Annahme der Anmeldung.

Erwägungen:

Art. 23 (3) regelt einerseits die jederzeitige Korrektur von Entscheidungen, die zollrechtlichen Vorschriften widersprechen. Zum anderen setzt Abs. 3 voraus, dass Entscheidungen unwirksam oder nichtig sein können, wobei Unwirksamkeit und Nichtigkeit durch Vorschriften anderer Bereiche bestimmt sind (Witte/Alexander, UZK Art. 23, Rz. 11).

Sofern es sich um rechtswidrige begünstigende Entscheidungen handelt richtet sich die Rücknahme, der Widerruf und die Änderung nach Art. 27 und 28 UZK (Witte/Alexander, UZK Art. 23, Rz.12).

Bei der Gewährung der Eingangsabgabenbefreiung für den Hausrat und den verfahrensgegenständlichen PKW handelte es sich zweifelsfrei um eine begünstigende Entscheidung.
Das Zollamt stützte die angefochtene Entscheidung auf Art. 23 (3) UZK und erklärte im Bescheidspruch, dass die Entscheidung bezüglich Abgabenfreiheit für Übersiedlungsgut zurückgenommen werde. Der Bf. habe die für die Inanspruchnahme der Zollbefreiung als Übersiedlungsgut notwendige Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes in das Unionsgebiet nicht durchgeführt, sodass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Z. 8 ZollR-DG nicht vorlegen.

Die Rücknahme einer zollrechtlichen begünstigenden Entscheidung wirkt gem. Art. 27 Abs. 3 UZK grundsätzlich in die Vergangenheit und beseitigt die Rechtswirkungen der begünstigenden Entscheidung ex tunc.
Sie kann jedoch nur dann ausgesprochen werden, wenn der Inhaber der Entscheidung die Ursache für die Unrichtigkeit der Entscheidung gesetzt hat. Die Entscheidung muss auf der Grundlage unrichtiger oder unvollständiger Informationen getroffen worden sein (Art. 27 Abs. 1 lit. a).
Bei den unrichtigen oder unvollständigen Informationen muss es sich um unrichtige oder unvollständige tatsächliche Angaben handeln, die, wenn die Entscheidung auf Antrag des Inhabers der Entscheidung ergangen ist, von diesem übermittelt wurden und Grundlage der Entscheidung gewesen sind (Deimel in KHN AD-GV, Art. 27 RN 4 und 5).

Der Bf. hat in seinem Antrag vom 24.11.2016 weder erklärt, dass er seinen gewöhnlichen Wohnsitz in der Schweiz aufgegeben hat noch dies beabsichtige. Die Anmeldung bei der Gemeinde G. erfolgte "nur" mit Nebenwohnsitz. Diese Anmeldebescheinigung hat er dem Zollamt am 30.11.2016 persönlich übergeben. 
Aus diesem Grund wurden keine unrichtigen Angaben gemacht. Nur wenn der Antragsteller angegeben hätte, dass er seinen gewöhnlichen Wohnsitz in die Union verlegen möchte, dh einen solchen in der Union begründen möchte und würde sich nachträglich herausstellen, dass er einen solchen Wohnsitz bloß vorgetäuscht hat, wäre eine Rücknahme gerechtfertigt gewesen, die zur Vorschreibung von Abgaben berechtige; (s. Summersberger, Abgabenbefreiung für Übersiedlungsgut ZfZ 2020, 30 (33).
Der Bf. hat aber bloß eine Abgabenfreiheit für einen steuerlichen Nebenwohnsitz beantragt, ohne seinen gewöhnlichen Wohnsitz in der Schweiz aufgeben zu wollen. Dieser Antrag wäre als unbegründet abzuweisen gewesen.

Da ein stattgebender Bescheid erlassen worden ist, kommt nur ein Widerruf in Betracht, der allerdings lediglich eine ex nunc Wirkung entfaltet. 
Der rechtswidrige Grundlagenbescheid vom 30.11.2016 wurde nicht durch unrichtige oder unvollständiger Angaben des Bf. verursacht.

Die Begründung des Zollamtes, die sofortige Bescheidrücknahme sei nicht erfolgt, weil der Bf. ja 6 Monate Zeit habe, den gewöhnlichen Wohnsitz in Österreich zu begründen, steht im Widerspruch mit der Feststellung im Grundlagenbescheid, der gewöhnliche Wohnsitz befinde sich bereits seit 30.11.2016 in der Gemeinde G..

Das Zollamt hätte bereits aufgrund der Angaben des Bf. im Antrag, spätestens jedoch bei Übergabe der Meldebescheinigung erkennen müssen, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die beantragte Abgabenbefreiung nicht vorlagen und daher den Grundlagenbescheid nicht ausfertigen dürfen.

Bei dieser Sachlage kann der Widerruf der rechtswidrigen Entscheidung nur unter Zugrundelegung der Art. 23 Abs. 3 iVm. Art. 28 Abs. 1 lit. a UZK erfolgen. Die Wirkung des Widerrufs tritt erst mit der Bekanntgabe ein.
Eine Zurücknahme des Bescheides, mit Wirkung ex tunc, war unzulässig, weshalb der Bescheid aufzuheben war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen.
Tatsachenfragen sind einer ordentlichen Revision im Allgemeinen nicht zugänglich. Die ordentliche Revision war daher als unzulässig zu erklären. Die Lösung der mit dem vorliegenden Erkenntnis zu beantwortenden Rechtsfragen ergibt sich aus dem Wortlaut der anzuwendenden und im Erkenntnis zitierten Bestimmungen. 

 

 

Salzburg-Aigen, am 11. März 2020

 

Zusatzinformationen

Materie:

Zoll

betroffene Normen:

§ 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994

Stichworte