Zurücknahme der Beschwerde und Gegenstandsloserklärung im fortgesetzten Verfahren
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100319.2020
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterX. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Porzellangasse 51, 1090 Wien, betreffend Beschwerde vom 31. August 2015 gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom 9. Juni 2015 betreffend Umsatzsteuer 2011, 2012 und 2013, Steuernummer beschlossen:
Die Beschwerde vom 31. August 2015 wird gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Im Unternehmen der Beschwerdeführerin (Bf.) fand eine abgabenbehördliche Außenprüfung statt. Im Prüfungsbericht wird ausgeführt, die Bf. sei eine 100% kanadische Tochtergesellschaft (Inc.) der schwedischen Muttergesellschaft (AB) und Niederlassung des AB-Konzerns in Kanada. Diese vertreibe weltweit Produkte für den Bereich von Erkundungsbohrungen, wobei ein Teil der Produkte von der inländischen M. GmbH in Lohnfertigung ausschließlich für die Bf. erzeugt werde. Die M. GmbH könne Teile der Produktion von der Bf. zurückkaufen und dann weiterverkaufen.
Bei den in der Folge festgestellten Geschäftsfällen handle es sich ausschließlich um Reihengeschäfte. Die Warenlieferung erfolge immer vom Standort der M. GmbH (Österreich) direkt an die jeweiligen Endabnehmer der Bf. im Gemeinschafts- oder Drittlandsgebiet. Es handle sich dabei um Konzernunternehmen der AB.
Sowohl dem Vorlieferanten M. GmbH als auch der Bf. sei das Bestimmungsland bzw. der Entladeort der Warenbewegungen bekannt gewesen. Transportauftraggeber sei jeweils die Bf. gewesen und habe die Transportkosten in der Folge nahezu zur Gänze weiterverrechnet. Die Lieferkondition zwischen der M. GmbH und der Bf. laute laut Vertrag "EXW" und auf den Rechnungen werde diese mit "FCA" bezeichnet. Der Bf. sei am 26.9.2011 eine UID-Nummer ATU xxx vom Finanzamt erteilt worden.
Bei den innergemeinschaftlichen Geschäftsfällen sei wie folgt vorgegangen worden:
Die Bf. erhalte eine Kundenbestellung und beauftrage die M. GmbH mit der Produktion. Diese verrechne der Bf. das Fertigprodukt unter Ausweis inländischer Umsatzsteuer und unter Anführung sowohl ihrer als auch der UID der Bf. auf ihrer Rechnung. In der weiteren Folge beauftrage die Bf. einen Spediteur mit dem Transport von Österreich zum Kunden in das übrige Gemeinschaftsgebiet und bezahle die Spedition (Anmerkung: 1. Umsatz).
Die anschließende Lieferung der Bf. an ihren Kunden werde unter Anführung ihrer österreichischen UID-Nummer und der UID-Nummer des Kunden im Gemeinschaftsgebiet als steuerfrei ausgewiesen und in die Zusammenfassende Meldung aufgenommen (Anmerkung: 2. Umsatz).
In ihrer Sachverhaltswürdigung kommt der angefochtene Bescheid zum Ergebnis, die erste Lieferung in der Reihe sei die "bewegte", weil der erste (M. GmbH) oder der zweite Unternehmer (Bf.) in der Reihe den Transport durchführt oder beauftragt.
Da die Bf. den Transportauftrag erteilt habe, tätige die M. GmbH die innergemeinschaftliche Lieferung (igL), welche steuerfrei sei, wenn die Bf. unter der jeweiligen UID-Nr. des Bestimmungslandes auftrete und den Erwerb im Bestimmungsland versteuere. Sie habe bei den oa. Geschäftsvorgängen unabhängig von der tatsächlichen Warenbewegung und unabhängig vom Ort der Beendigung der Warenbewegung (Bestimmungsland) ihrem Lieferanten (M. GmbH) jeweils die österreichische UID-Nummer bekanntgegeben.
In diesem Zusammenhang bemerkte die Bf., es sei gängige Praxis der M. GmbH gewesen, sobald sie Kenntnis von einer UID ihrer Kunden erlange, diese in die Kundenstammdaten aufnehme und entsprechend auf den Rechnungen aufdrucke.
In rechtlicher Hinsicht folgerte der angefochtene Bescheid weiters, gemäß Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 entstehe die Steuerschuld für den innergemeinschaftlichen Erwerb (igE) im Bestimmungsland der gekauften Waren d.h. das ist der Ort des igE in dem Mitgliedstaat bewirkt werde, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befinde. Verwende der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat (als dem Bestimmungsmitgliedstaat) erteilte UID, so gelte der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates (zusätzlich) bewirkt, bis der Erwerber nachweise, dass der Erwerb bereits durch den anderen Mitgliedstaat (Bestimmungsland) besteuert ist.
Die Bf. habe als Erwerber der ig. Lieferungen die österreichische UID-Nummer und nicht die des Bestimmungslandes verwendet. Auf Grund dieser Verwendung der "falschen" UID-Nummer entstehe eine zusätzliche Erwerbsteuerpflicht gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994. Der Hinweis der Bf., sie habe die österreichischen UID nicht aktiv verwendet und habe dies auch nicht gewusst, wurde nicht anerkannt, zumal eine entsprechende Informationspflicht der Bf. zugerechnet werden könne.
Die Erwerbsteuer wurde entsprechend festgesetzt und hiervon kein Vorsteuerabzug gewährt.
Von einer ursprünglich geplanten Streichung der in den Rechnungen der M. GmbH ausgewiesenen Vorsteuern wurde unter Hinweis auf Rz. 1825 UStR Abstand genommen.
In ihrer rechtzeitig überreichten Beschwerde führt die Bf. aus:
"1. betreffend Zuordnung der bewegten Lieferung bei Reihengeschäften:
Die Zuordnung der bewegten Lieferung im Rahmen von Reihengeschäften hänge von einer umfassenden Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls ab und sei nicht einzig auf Grund der Transportbeauftragung vorzunehmen, wie dies die österreichische Finanzverwaltung mache. Das EuGH Urteil C-587/10 , "VSTR" vom 27.9.2012 wird unter Hinweis auf die Relevanz der Bestimmung des Zeitpunkts zu dem die Befähigung wie ein Eigentümer zu verfügen, dem Endempfänger übertragen wird, zitiert. Im EuGH Urteil C-430/09 , "Euro Tyre", vom 16.12.2010 habe der Gerichtshof entschieden, dass bei der Bestimmung der bewegten Lieferung die Absichten, die der Ersterwerber zum Zeitpunkt des Erwerbs hatte, soweit wie möglich zu berücksichtigen sind, sofern sie durch objektive Gesichtspunkte gestützt werden. Aus Rz. 35 des Urteils sei abzuleiten, dass die Wahl der verwendeten UID entscheidend ist, ob die bewegte Lieferung dem Ersterwerber oder dessen Abnehmer zuzurechnen ist. Beim Dreiecksgeschäft würde die Verwendung der UID des Abgangslandes die Vereinfachungsregelung hinfällig machen und an die steuerpflichtige Inlandslieferung würde sich eine innergemeinschaftliche Lieferung (igL) anschließen.
Bei der Transportbeauftragung durch den mittleren Unternehmer sei hinsichtlich der Zuordnung der bewegten Lieferung relevant, ob der mittlere Unternehmer, der den Transport beauftragt hat, dem Erstlieferanten mitgeteilt habe, dass der Gegenstand, bevor er den Abgangsstaat verlassen hat, an einen anderen weiterverkauft werde. In einem solchen Fall sei die Lieferung des Ersterwerbers an den Letzterwerber die igL.
Die Bf. habe den Letztabnehmern (den Dritten in der Reihe) bereits im Inland die Verfügungsmacht verschafft - dies ergäbe sich auf Grund der verwendeten Incoterms (FCA). Der Übergang der Gefahr des zufälligen Untergangs erfülle den Tatbestand der Lieferung (Hummel, UR, 2007, Seite 757, zitiert in: Achatz/Ruppe, § 3 Rz. 33). Im gegenständlichen Fall habe der Erstlieferant M. GmbH auf Grund der ausgestellten CMR gewusst, dass die Ware von der Bf. an eine andere Bf.- Konzerngesellschaft verkauft werde.
Wenn lt. EuGH bereits eine nachträgliche Verständigung über den Weiterverkauf ausreiche, müsse dies umso mehr für eine Verständigung vor der Lieferung gelten. Die Vorgangsweise, die erste Lieferung (zwischen M. GmbH und Bf.) als ruhend zu behandeln und die zweite Lieferung zwischen der Bf. und deren Abnehmer als bewegte Lieferung zu sehen, sei richtig. Dies stünde nicht im Widerspruch zu VwGH 2006/14/0107 vom 25.6.2007, da durch den Gefahrenübergang besondere Umstände vorlägen, die dies rechtfertigen. Verstärkt wurde diese Begründung durch die entsprechende Verwendung der UID. Die Übergabe der Ware an den vom Letztabnehmer beauftragten Spediteur sei geeignet, dem Letzterwerber das zivilrechtliche Eigentum an den Waren in Österreich zu verschaffen. Die Verschaffung des zivilrechtlichen Eigentums führe zur Verschaffung der umsatzsteuerrechtlichen Verfügungsmacht (VwGH 2014/15/0015 vom 4.9.2014, VwGH 2010/15/0078 vom 23.9.2010, UFS Wien RV/1617-W/06 vom 11.10.2007).
2. betreffend (zusätzlicher) innergemeinschaftlicher Erwerb (igE) gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 in Österreich:
Aus dem EuGH-Urteil, Euro Tyre, sei abzuleiten, dass der Auftritt des Ersterwerbers unter der UID des Abgangsstaates keinen Zweiterwerb gem. Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG auslösen könne.
Die Bf. ist nicht Empfänger der bewegten Lieferung und kann daher in Ermangelung eines "ig. Ersterwerbs" keinen "Zweiterwerb" in Österreich verwirklicht haben.
Dass die falsche Zuordnung der bewegten Lieferung durch den Ersterwerber zu einem zusätzlichen igE führt, finde in der EuGH Judikatur keine Deckung, da die Endbesteuerung im Bestimmungsland nicht gefährdet werde.
Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 erfordere, dass der Erwerber eine vom Bestimmungsland verschiedene UID verwende, was ein aktives Tun voraussetze. Eine im Briefkopf eingedruckte UID des Leistungsempfängers reiche nicht aus - eine Auffassung, die sich auch im Umsatzsteueranwendungserlass des deutschen BMF vom 1.10.2010 (Stand 3.8.2015, BStBI I S. 846) finde. Die Auffassung, dass die Bf. der Verwendung der österreichischen UID widersprechen hätte müssen, sei unrichtig, da dies nur für Fälle der Abrechnung im Gutschriftsverkehr vorgesehen sei."
In ihrer Beschwerdevorentscheidung führte die belangte Behörde u.a. Folgendes aus:
"Es konnten keine durch objektive Gesichtspunkte gestützten Hinweise auf eine Verschaffung der Verfügungsmacht an den Letztempfänger durch die Bf. vor der Übergabe der Ware im Bestimmungsland gefunden werden. Die Bf. habe die Transporte beauftragt und bezahlt, sie sei gegenüber dem beauftragten Transportunternehmer für die Dauer des Transportauftragsverhältnisses weisungsberechtigt. Der Transportauftraggeber habe die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht über die transportierte Ware, er könne bis zur Ausfolgung der Ware den Transport stoppen, umleiten oder zurückbeordern. Er verfüge bis zur Übergabe am Bestimmungsort wie ein Eigentümer über diese körperlichen Gegenstände.
Angesichts der vielen Spielarten sachenrechtlicher Normierungen von Eigentumsübertragung in den EU-Mitgliedsstaaten konnte für Zwecke der Mehrwertsteuer in der MwStSystRL nicht am zivilrechtlichen Eigentumsübergang angeknüpft werden, sondern musste mit der "Verfügungsmacht" ein eigenes umsatzsteuerliches Rechtsinstitut geschaffen werden, deren Verschaffung bestimmte steuerliche Konsequenzen auslöst.
Incoterms ("weltweit anerkannte, standardisierte Regeln über die Verteilung von Pflichten, Kosten und Risiko im internationalen Warenverkehr") komme auch nach Ruppe/Achatz, UStG, Kommentar4, § 3 Rz 33, allenfalls Indizwirkung hinsichtlich der Verschaffung der Verfügungsmacht zu; die weitergehende Auffassung von Hummel werde offensichtlich nicht geteilt. Lieferkonditionen haben je nach Rechtsordnung des Landes, in dem sie zur Anwendung kommen (Trennungs- oder Einheitsprinzip und nationale Besonderheiten) unterschiedliche Indizwirkung für den zivilrechtlichen Eigentumsübergang. In Österreich mag ihnen vielleicht Indizwirkung für das zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft (z.B. Kaufvertrag, Titel) zukommen, nicht jedoch für das Verfügungsgeschäft (Modus). Es lasse sich nicht beurteilen, ob im Falle eines Rechtsstreits die Lieferkondition EXW, wie in den Verträgen vereinbart, oder die Lieferkondition FCA ,wie auf den Rechnungen ausgewiesen und lt. Behauptung der Bf. in der Schlussbesprechung faktisch gültig, von einem Gericht als anzuwenden festgestellt werden würde. Im Zweifelsfall könne eine in einem zweiseitigen Rechtsgeschäft (Vertrag) vereinbarte Regelung nicht durch einen einseitigen Akt eines Vertragspartners geändert werden. Lieferkonditionen sprechen über den Zeitpunkt des zivilrechtlichen Übergangs von Gefahren, z.B. der Gefahr des zufälligen Untergangs, ab.
Die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht werde damit nicht verschafft. Erst wenn die wirtschaftliche Substanz des Gegenstands endgültig zugewendet ist, liege eine Verschaffung der Verfügungsmacht an den Abnehmer vor. Die Aussagekraft von einander nicht entsprechenden Lieferkonditionen in Dokumenten, die dieselben Geschäftsfälle betreffen, sei noch einmal eingeschränkt.
Auch wenn sich die Verschaffung des zivilrechtlichen Eigentums mit der Verschaffung der umsatzsteuerlichen Verfügungsmacht decken kann, sei die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht eigenständig zu beurteilen und nicht allgemein mit der Verschaffung des zivilrechtlichen Eigentums gleich zu setzen. Das Umsatzsteuerrecht stelle jedenfalls nicht auf das zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft der österreichischen Rechtsordnung ab, aber auch das sachenrechtliche Verfügungsgeschäft entspreche nicht immer der umsatzsteuerlichen Verschaffung der Verfügungsmacht. Die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums ist für die Lieferung weder unbedingt erforderlich, noch immer ausreichend (Ruppe Achatz, UStG Kommentar4, § 3 Rz. 36 m.w.N.).
Die Bf. irre, wenn sie meint, durch Verwendung der UID eines bestimmten Landes oder auf eine andere Art ein Wahlrecht hinsichtlich der bewegten Lieferung im Reihengeschäft ausüben zu können. Im Gegenteil: der Unternehmer sei verpflichtet, die "richtige" UID-Nummer zu verwenden und der Anwendung einer "falschen" UID-Nummer durch den Lieferanten zu widersprechen, wenn er unliebsame Rechtsfolgen, wie z.B. die des "Zweiterwerbs" gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 vermeiden will. Dulde ein Unternehmer als Empfänger der bewegten Lieferung die Verwendung einer UID-Nummer, die nicht die des "Bestimmungslandes" der igL ist, so werde damit in diesem Land ein sogenannter "Zweiterwerb", verwirklicht, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtige. Dies gilt für die Verwendung oder die Duldung jeder von der UID-Nummer des Bestimmungslandes verschiedenen UID, somit auch für die des Abgangslandes der igL.
Betreffend Kommunikation und Transparenz zwischen der M. GmbH und Bf. wurde weiters ausgeführt:
Die M. GmbH hätte bei den igL. analog den (beim do. Finanzamt angefragten) Ausfuhrlieferungen steuerfrei an die Bf. liefern/verrechnen und bei den igL. die UID-Nummer des Bestimmungslandes der Bf. verwenden bzw. die Bf. darauf aufmerksam machen müssen, dass eine Registrierung im Bestimmungsland erforderlich sei. Die Bf. hätte der Verwendung ihrer österreichischen UID sofort widersprechen müssen. Die Rechtsmeinung, dass, wenn die Beteiligten wussten oder an Hand von CMR das Vorliegen von Reihengeschäften erkennen konnten, die bewegte Lieferung um eine oder mehrere Stufen "zurückrutscht" werde nicht geteilt, zumal ein solches Wissen keine Auswirkung auf die Verschaffung der Verfügungsmacht habe. Teilte man die Rechtsansicht der Bf., so würde - einen ordnungsgemäß ausgestellten CMR vorausgesetzt - die bewegte Lieferung immer nach "hinten rutschen", unabhängig davon, wer gerade über den Gegenstand disponieren kann und wer über ihn die Verfügungsmacht hat.
Unstrittig sei, dass ein zusätzlicher Erwerb gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG einen Ersterwerb auf Grund der Warenbewegung in einem anderen Mitgliedstaat voraussetze. Der EuGH hatte in seiner Entscheidung vom 22. April 2010, Rs. C-536/08 und C-539/08 mangels Verwendung einer UID des Abgangslands beim Zweiterwerb keine Gelegenheit zu diesem Thema Stellung zu nehmen.
Verwende der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte UID, so gelte der Erwerb zusätzlich in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt. In diesem Fall sei der Erwerber nicht zum Abzug der auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entrichteten Mehrwertsteuer als Vorsteuer berechtigt (EuGH 22.04.2010, Rs C-536/08 und Rs C-539/08 , X und Facet BV/Facet Trading BV).
Der Erwerbsort der verwendeten UID verdränge den Erwerbsort des Endes der Warenbewegung grundsätzlich nicht, sondern trete vielmehr hinzu. Der Erwerbsort der verwendeten UID sei solange aufrecht, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb bereits durch den Mitgliedstaat des Endes der Warenbewegung besteuert worden ist. Es sei dies eine auflösende Bedingung. Bis zu deren Eintritt können die beiden Orte unbegrenzt lange nebeneinander Geltung beanspruchen. Kann der Unternehmer den Nachweis führen, dass der Erwerb in dem Mitgliedstaat des Endes der Warenbewegung besteuert worden sei, fällt der zweite Erwerbsort weg. Dabei werde sich der Nachweis nicht auf eine tatsächliche Besteuerung beziehen, sondern vielmehr darauf, dass der Erwerb in dem Bestimmungsmitgliedstaat tatsächlich erklärt wurde. Erfolgt der genannte Nachweis, sei die Korrektur der Steuer nach den Grundsätzen des § 16 UStG 1994 - also ex nunc - durchzuführen.
Innerhalb offener Frist beantragte die Bf. die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vorzulegen und über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung vor dem gesamten Senat abzuhalten.
Nach Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht durch die belangte Behörde am 27.7.2016 ergänzte die Bf. ihr Beschwerdevorbringen am 28.9.2016 und führte aus, es stelle sich die Frage, ob überhaupt ein Reihengeschäft vorliege, da die M. GmbH in ihrem Werk in F. (Österreich) Lagerräumlichkeiten zur Verfügung stellte, die exklusiv für die Produktlagerung der an die Bf. verkauften Produkte genutzt werden und entsprechende Lagergebühren bezahlt würden. Ihres Erachtens liege daher eine gebrochene Lieferung bzw. es lägen zwei Lieferungen vor. Gemäß dem abgeschlossenen Vertrag würden die von der M. GmbH erzeugten Produkte "ex Works" geliefert, wobei Gefahr und Risiko mit der Lieferung in den Lagerräumlichkeiten auf die Bf. übergehe. Sie werde mit der Einlagerung wirtschaftlicher Eigentümer und könne darüber nach Belieben verfügen.
Sollte man jedoch nach wie vor von einem Reihengeschäft ausgehen, so wäre die Transportbeauftragung (allein) für die Zuordnung der Warenbewegung nicht entscheidend. Die Verwendung der UID des Ursprungslandes durch den Ersterwerber (Bf.) könne ein Hinweis sein, dass er eine im Inland steuerpflichtige Leistung erhalten möchte, da er noch vor dem Grenzübertritt die Verfügungsmacht seinem Zweiterwerber übertragen habe. Eine innergemeinschaftliche Lieferung innerhalb von Österreich sei schon begrifflich ausgeschlossen, weshalb die Verwendung der österreichischen UID durch die Bf. auch nicht zu einem fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerb nach Art. 3 Abs. 8 UStG führen könne und ein solcher im Ursprungsland nicht denkmöglich sei. Das BFH habe in einer Entscheidung vom 2.6.2016, RV/2101353/2014 erkannt, dass auch bei einer Transportbeauftragung durch den ersten oder zweiten Unternehmer und unter Befolgung des Grundsatzes, die Teilnehmer nicht über Gebühr zu belasten, die innergemeinschaftliche Lieferung zwischen dem Erst- und dem Zweiterwerber stattgefunden habe. Durch die Aufnahme der Lieferung in die ZM (zusammenfassende Meldung) und der Erwerbsbesteuerung durch den Zweiterwerber werde dem Grundsatz der Besteuerung im Bestimmungsland Genüge getan. Die zusätzliche Besteuerung nach Art. 3 Abs. 8 UStG stelle eine nicht rechtfertigende überschießende Maßnahme dar, die mit dem Grundsatz der Steuerneutralität nicht vereinbar sei.
In einer weiteren Ergänzung vom 12.9.2017 führt die Bf. unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 26.7.2017, Rs. C-386/16 , "Toridas", aus, der EuGH habe erneut darauf hingewiesen, dass dabei insbesondere zu klären sei, zu welchem Zeitpunkt die zweite Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, zugunsten des Endabnehmers stattgefunden habe. Falls nämlich die zweite Übertragung dieser Befähigung, d.h. die Zweitlieferung, vor der innergemeinschaftlichen Beförderung stattfand, könne diese nicht der Erstlieferung an den Ersterwerber zugeordnet werden. Demnach handle es sich bei der zweiten Lieferung immer dann um die "bewegte Lieferung", wenn die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, an den Dritten in der Lieferkette übertragen wurde, bevor die Beförderung der Ware stattgefunden habe. Nach der Rechtsprechung des EuGH handle es sich bei Reihengeschäften bei der ersten Lieferung, wenn der Zwischenhändler (also der Zweite in der Lieferkette) den Erstlieferanten darüber informiert, dass die Waren unmittelbar an einen in einem dritten Mitgliedstaat niedergelassenen Steuerpflichtigen weiterverkauft werden, bevor sie aus dem erstem Mitgliedstaat ausgeführt und zum dritten Steuerpflichtigen befördert wurden, um die nicht bewegte Lieferung.
Insbesondere betont die Bf. nochmals, dass die Gefahrenübertragung an den Letztabnehmer bereits in Österreich auf dem Betriebsgelände des Zwischenhändlers erfolgte. Zivilrechtlich sei das Eigentum aufgrund des Transports durch verkehrsübliche Versendung mit der Übergabe an den Transporteur in Österreich auf den jeweiligen Letztabnehmer übergegangen. Die M. GmbH sei vor der Beförderung der Waren darüber informiert worden, dass die Waren unmittelbar von ihr an in anderen Mitgliedstaaten ansässige Zweiterwerber weiterverkauft wurden. Daher handle es sich bei den zwischen der M. GmbH und der Bf. um unter gemäß § 3 Abs. 7 UStG 1994 fallende "ruhende" Lieferungen, weil sich die betreffenden Waren zum Zeitpunkt, indem die Bf. die Verfügungsmacht erlangte, in Österreich befanden. Aus diesen Gründen scheide auch ein innergemeinschaftlicher Erwerb aus, weil sie keinen solchen getätigt habe.
Mit Schreiben vom 22.9.2017 wurde die belangte Behörde von der Beschwerdeergänzung vom 12.9.2017 in Kenntnis gesetzt und darauf hingewiesen, der EuGH habe sich in der Rs. Toridas dahingehend geäußert, der Ersterwerber hätte die Verfügungsmacht bereits vor Ausführung der innergemeinschaftlichen Lieferung (2. Umsatz) erlangt und daher sei die erste Lieferung als "ruhende" zu betrachten. Sie werde daher eingeladen, an der Feststellung mitzuwirken, wann das Recht, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen wurde. Insbesondere sei zu klären, zu welchem Zeitpunkt die zweite Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer zu verfügen, zu Gunsten des Erstabnehmers stattgefunden habe. Falls nämlich die zweite Übertragung dieser Befähigung, d.h. die Zweitlieferung, vor der innergemeinschaftlichen Beförderung stattfand, könne diese nicht der Erstlieferung zugeordnet werden.
In ihrem Antwortschreiben vom 10.10.2017 wird seitens der belangten Behörde auf die bisherigen Vorbringen (Anfragebeantwortung des Finanzamtes an die M. GmbH vom 10.11.2011, Sachverhaltsdarstellung der M. GmbH vom 5.2.2015, Aktenvermerk vom 16.7.2015 und dem BP-Bericht vom 25.6.2015 sowie die Begründungen in den Beschwerdevorentscheidungen sowie weiters darauf, dass Lagergebühren zu keiner Zeit erkannt wurden) verwiesen.
Mit Telefax-Eingabe vom 30.11.2017 wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Anrufung des (gesamten) Senates zurückgenommen. In seinem Erkenntnis GZ. RV/2101122/2016 vom 30.11.2017 wurde vom Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge gegeben und die Abgaben antragsgemäß festgesetzt.
Gegen diese Entscheidung erhob die belangte Behörde Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hob mit Erkenntnis vom 5.3.2020, Ro 2018/15/0004 die oa. Entscheidung des Bundesfinanzgerichts wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf und führte u.a. aus, wie er mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2018/15/0011, zu einem vergleichbaren Revisionsfall ausgesprochen hat, sei zur Beantwortung der Frage, welcher der beiden Lieferungen die innergemeinschaftliche Beförderung zuzuordnen ist, insbesondere zu klären, zu welchem Zeitpunkt die zweite Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, zugunsten des Endabnehmers stattgefunden hat. Falls die zweite Übertragung dieser Befähigung vor der innergemeinschaftlichen Beförderung stattfand, kann diese nicht der Erstlieferung an den Ersterwerber zugeordnet werden (vgl. EuGH 26.7.2017, C-386/16 , Toridas, Rn. 36; EuGH 19.12.2018, C-414/17 , Arex, Rn. 70). Es kommt insoweit also auf den Zeitpunkt an, zu dem die Voraussetzungen in Bezug auf die innergemeinschaftliche Beförderung einerseits und die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, jeweils erfüllt sind (vgl. EuGH Arex, Rn. 74). Die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, liegt vor, wenn die Partei ermächtigt ist, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer. Die Übertragung der Befugnis verlangt weder, dass die Partei, der dieser Gegenstand übertragen wird, physisch über ihn verfügt, noch, dass der Gegenstand physisch zu ihr befördert wird und/oder physisch von ihr empfangen wird (vgl. neuerlich EuGH Arex, Rn. 75). Im Revisionsfall habe das Bundesfinanzgericht die Warenbewegung der zweiten Lieferung mit der Begründung zugeordnet, dass dies der Ansicht der mitbeteiligten Partei entspreche und das Finanzamt trotz Aufforderung keine "weitergehenden" Feststellungen getroffen habe. Das Bundesfinanzgericht sei nicht davon entbunden, selbst Feststellungen zu treffen, die die rechtliche Beurteilung ermöglichen, welcher der beiden Lieferungen die Warenbewegung zuzuordnen ist. Erweise sich der Begründungsmangel auch als relevant für den Verfahrensausgang (Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der M GmbH) habe dieser zur Folge, dass dem Verwaltungsgerichtshof die inhaltliche Prüfung des Erkenntnisses verwehrt bleibe und daher führe der Begründungsmangel zu dessen Aufhebung.
Mit Vorhalt vom 26.5.2020 forderte das Bundesfinanzgericht die Bf. unter ausdrücklichem Hinweis auf die entsprechend angeführten Textpassagen des aufhebenden Erkenntnisses des VwGH auf, nachzuweisen, zu welchem Zeitpunkt die zweite Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, zugunsten des Endabnehmers stattgefunden hat. Die im bisherigen Verfahren von der Bf. vorgelegten Unterlagen lassen dies nicht erkennen, zumal auch der 34-seitige in englischer Sprache vorgelegte Vertrag über den zweiten Umsatz keine ausreichenden Informationen enthält. Er enthält lediglich Informationen über das Beschaffungsgeschäft der Bf. bei der M. GmbH. Abgesehen davon hat der VwGH die reklamierten Gefahrtragungsregelungen und von der bisherigen Verwaltungspraxis maßgebliche Transportverantwortlichkeit einschließlich Handelsklauseln nicht weiter erörtert, sondern sich lediglich auf die dem Bundesfinanzgericht damals noch nicht bekannten Rz. 70, 74 und 75 der Rs. Arex, EuGH v. 19.12.2018, C-414/17 gestützt. Daher geht das Bundesfinanzgericht vorläufig (in typisierender Betrachtungsweise) von der Auffassung aus, dass die erste Lieferung die innergemeinschaftliche und damit die bewegte sei. Für die in der Ergänzung vom 28.9.2016 zum Vorlageantrag vom 1.6.2016 aufgestellten nicht näher substantiierten Prozessbehauptungen des Vorliegens einer "gebrochenen Lieferungen" in einem von der Bf. angemieteten Lager bei der Firma M. finden sich keine ausreichenden Hinweise auf bezahlte Lagermieten. Abgesehen davon geht bereits aus der Anfrage der M. GmbH an das Finanzamt Villach-Spittal vom 7.11.2011 unmissverständlich hervor, dass die Warenlieferung direkt an einen Kunden der Bf. ins das Drittland erfolgen werde. Von einer vorherigen Lieferung in ein von der Bf. betriebenes Lager ist hiervon keine Rede.
In ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 19.11.2020 verwies die Bf. unter anderem unter Wiederholung der Beurteilung durch die belangte Behörde wiederum darauf, dass - wie bereits im Vorlageangtrag vom 28.9.2016 ausgeführt - es sich ihres Erachtens um eine sogenannte "gebrochene Lieferung" handle und daher kein Reihengeschäft, sondern zwei unabhängig voneinander zu beurteilende Lieferungen vorlägen, was sich aus Art. 4.1 und 3.3 des zwischen der Bf. und der M. GmbH abgeschlossenen Contract Manufactoring Agreement ableiten ließe. Die M. sei verantwortlich für die Lagerung und Inventar aller Rohmaterialien und Produkte, die im Eigentum der Bf. seien. Gemäß Art. 4.1 werden die von der M. GmbH erzeugten Produkte "ex Works F. (Österreich)" Incoterms 2010 an die Bf. geliefert. Diese wäre lediglich verpflichtet, die Waren auf ihrem Betriebsgelände verladebereit zur Verfügung zu stellen und die Bf. zu benachrichtigen, an welchem Ort und zu welcher Zeit diese abholbereit sei. Zu diesem Zeitpunkt gingen somit die Preisgefahr und die Gefahr des zufälligen Untergangs der Ware (und damit auch die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht über die Ware) auf die Bf. über und zwar unabhängig davon, ob die Ware von der Bf. zu diesem Zeitpunkt tatsächlich abgeholt werde oder nicht. Da die Bf. die Waren nicht sofort abholte, habe die M. GmbH der Bf. Lagerräumlichkeiten zur Verfügung gestellt, die exklusiv für die Produktlagerung der an die Bf. verkauften Produkte genutzt wurden. Somit wurde die Bf. mit der Einlagerung der Produkte in die angemieteten Lagerräume wirtschaftlicher Eigentümer der Produkte und konnte nach Belieben verfügen. Die von der Bf. weiterverkauften Produkte wurden in der weiteren Folge von dieser aus dem Lager entnommen und an den jeweiligen Käufer geliefert. Der in der Anfrage der M. GmbH an das do. Finanzamt angeführte Sachverhalt entspreche nicht der Vereinbarung und dem gesetzten Sachverhalt. Zu diesem Thema könnte auch Herrn DI O.C. zeugenschaftlich befragt werden. Unter Berücksichtigung der "gebrochenen Lieferung" habe die Bf. in Österreich die Verfügungsmacht über die von der M. GmbH erworbenen Produkte erlangt und diese in der weiteren Folge aus dem bei der M. GmbH unterhaltenen Lager weiterverkauft (innergemeinschaftliche Lieferung).
Sollte das Bundesfinanzgericht weiterhin vom Vorliegen eines Reihengeschäfts ausgehen, verwies die Bf. darauf, dass die Zuordnung der bewegten Lieferung im Rahmen von Reihengeschäften von einer umfassenden Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere von der Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen worden ist, ab und nicht einzige auf Grund der Transportbeauftragung vorzunehmen. Im vorliegenden Fall sei der Gefahrübergang auf Grund der Vertragsbestimmungen und der verwendeten Incoterms bereits in Österreich auf den Letztabnehmer erfolgt. Somit handle es sich bei der ersten Lieferung der M. GmbH an die Bf. um die "ruhende Lieferung" iSd. § 3 Abs. 7 UStG 1994. Nach dem EuGH- Urteil C-430/09 vom 16.12.2010, Rs. Euro Tyre, führe der EuGH aus, dass bei der Bestimmung der bewegten Lieferung soweit wie möglich die Absichten zu berücksichtigen sind, die der Ersterwerber zum Zeitpunkt des Erwerbs hatte. Ferner werde festgehalten, dass der Erstlieferant dann davon ausgehen könne, dass seine Lieferung die innergemeinschaftliche Lieferung sei, wenn der Abnehmer die Absicht, die Waren in einen anderen Mitgliedstaat zu befördern, bekundet und die UID-Nummer des Bestimmungslandes verwendet. Die Verwendung der UID des Ursprungslandes durch den Ersterwerber (Bf.) sei somit ein Hinweis, dass er im Inland steuerpflichtige Leistungen erhalten möchte, da er noch vor Grenzübertritt die Verfügungsmacht dem Zweiterwerber übertragen habe. Im vorliegenden Fall war die M. GmbH informiert, dass die Ware von der Bf. an andere Konzerngesellschaften weiterkauft werde.
Selbst unter Annahme der belangten Behörde, dass die erste Lieferung die steuerbefreite und die zweite die ruhende Lieferung sei, liege auf Seiten der Bf. kein innergemeinschaftlicher Erwerb iSd. Art. 3 Abs. 8 Satz 2 UStG 1994 vor, wenn sowohl der erste als auch der zweite in der Kette unter österreichischer UID auftreten. Eine Erwerbsteuerpflicht im Land des Abgangsortes der Waren sei schon begrifflich ausgeschlossen. Der Zweck dieser Bestimmung, nämlich die Besteuerung im Bestimmungsstaat zu gewährleisten, könne durch die Verwendung der UID-Nummer des Abgangsstaates nicht gewährleistet werden. Die Bf. verwies in diesem Zusammenhang auch auf zwei inzwischen vom VwGH aufgehobene Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts (RV/2100470/2018 v. 27.4.2018 und RV/2101122/2016 v. 30.11.2017) sowie ein in Kraft erwachsenes Erkenntnis (RV/2101353/2014 v. 2.6.2016). Zur Frage des möglicherweise in Frage zu stellenden Vorsteuerabzugs verwies die Bf. auf die Rz. 1825 UStR 2000.
In einem weiteren Vorhalt vom 10.12.2020 wurde die Bf. hinsichtlich der oa. Behauptung der "gebrochenen Lieferung" aufgefordert, weitere Beweismittel wie die strittigen Eingangsrechnungen und die entsprechenden korrespondierenden Ausgangsrechnungen, Mietvertrag über den Lagerplatz und aufgewendete Mietzahlungen vorzulegen. Weiters konnten auf Grund der bisher von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten Rechnungen keine ausreichenden Indizien für diese Sachverhaltsbehauptungen festgestellt werden. In diesen Zusammenhang wurde weiters bemerkt, dass die Argumentation der "gebrochenen Lieferungen" auch im Verfahren vor dem VwGH Ro 2018/15/0004 (Rz. 9) bereits bekannt war und vom VwGH nicht erwähnt wurde. Da zur Beurteilung der Frage, zu welchem Zeitpunkt die zweite Übertragung der Befähigung wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen zugunsten des Endabnehmers stattgefunden habe, die Vertragsbeziehungen der Ausgangsumsätze maßgeblich wären, fänden sich keine ausreichenden Hinweise, um von den von der bereits angeführten Judikatur des VwGH aufgezeigten Kriterien abzuweichen. Die Lieferkonditionen seien nur sehr rudimentär mit "FCA" bekannt. Für die Beantwortung wurde eine Frist von acht Wochen eingeräumt.
Mit Schreiben vom 1.2.2021 beantragte die Bf. eine Erstreckung der Frist zur Beantwortung des Vorhalts vom 10.12.2020 bis 8.3.2021 einzuräumen, weil sich der mit der Sachlage betraute zuständige Steuerberater bis Mitte 2021 in Karenz befinde und es seitens der kanadischen Gesellschaft auf Grund der Pensionierung des dortigen Sachbearbeiters zu Verzögerungen bei der Erhebung der geforderten Unterlagen käme. Diese Zufristung wurde vom Bundesfinanzgericht stillschweigend gewährt.
Mit einem weiteren Schreiben vom 3.3.2021 ersuchte die Bf. erneut um eine weitere Zufristung zur Vorhaltsbeantwortung bis 16.4.2021, weil es im Freigabeprozess des in deutscher Sprache verfassten Antwortschreibens übersetzungsbedingt zu Verzögerungen käme. Wie schon im Schreiben vom 1.2.2021 wurde auf die Pensionierung des damaligen Sachbearbeiters der Bf. hingewiesen.
Mit einer an die Bf. gerichteten E-Mail vom 4.3.2021 verwies das Bundesfinanzgericht unter anderen darauf, dass die Vorhaltsbeantwortung vom 12.11.2020 (nach fünf Monaten) lediglich zur Wiederholung bisheriger im Vorlageantrag ausgeführten und von der belangten Behörde in Abrede gestellten unbewiesenen Prozessbehauptungen geführt habe. Das Bundesfinanzgericht habe sie deshalb mit Schreiben vom 10.12.2020 nochmals zu einer entsprechenden Mitwirkung eingeladen. In diesem Zusammenhang wurde bereits auf das erste Vorhalteverfahren hingewiesen, das trotz gewährter Zufristungen zu keiner ausreichenden Sachverhaltsaufklärung geführt habe. Daher wurde der Bf. gegenüber zum Ausdruck gebracht, das Bundesfinanzgericht sei nicht mehr willens, weitere Zufristungen zu gewähren und sie daher aufgefordert wurde, bis 31.3.2021 eine entsprechende Vorhaltsbeantwortung unter Beischluss sämtlicher Beweismittel einzureichen.
Mit Schreiben vom 29.3.2021 erklärte die Beschwerdevertreterin ihre Beschwerde vom 31.8.2015 gegen die Bescheide über Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer 2011, 2012 und 2013 sowie gegen den Umsatzsteuerbescheid 2011, 2012 und 2013 gemäß § 256 BAO zurückzunehmen.
Gemäß § 256 Abs. 3 BAO ist eine Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn sie zurückgenommen wird.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Gegenstandsloserklärung ergibt sich schon aus dem Gesetzestext, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.
Graz, am 20. April 2021
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | VwGH, 2006/14/0107 |