BFG RV/1100358/2012

BFGRV/1100358/201224.10.2014

Sind ausländische Verluste vor Entstehung der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland ausgleichs- und vortragsfähig?

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2014:RV.1100358.2012

 

Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2015/15/0004. Mit Erk. v. 29.3.2017 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl, über die Beschwerden der bf , adr , vertreten durch Metzler&Partner, Steuer- und Wirtschaftsberatung GmbH, Dorf Rieden 7, 6900 Bregenz, gegen die Bescheide des Finanzamtes Bregenz, St.Nr. xxx, vom 30.4.2010 betreffend Körperschaftsteuer 2008 sowie vom 22.6.2011 betreffend Körperschaftsteuer 2009 zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

 

Entscheidungsgründe

In den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheiden hat das Finanzamt Bregenz deutsche Verlustvorträge der a steuerlich nicht anerkannt.

In der Berufung vom 27. Mai 2010 gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2008 brachte die ab im Wesentlichen vor:

„Gemäß § 8 Abs 4 Z 2 sind Verlustabzüge im Sinne des § 18 Abs 6 und 7 EStG als Sonderausgaben abzuziehen. Gemäß § 2 Abs 8 Z 3 EStG sind im Ausland nicht berücksichtigte Verluste anzusetzen, sofern diese nicht mit positiven inländischen Einkünften ausgeglichen werden können, steht für den ausländischen Verlust ein inländischer Verlustvortrag zu (RZ 204 EStR).

Die a stellte ihre betriebliche Tätigkeit in Deutschland mit Beginn 2004 ein und entfaltet ihre gesamte betriebliche Tätigkeit seit diesem Zeitpunkt durch die Zweigniederlassung in L. In Deutschland besteht nur mehr eine Geschäftsadresse. Der letzte deutsche Jahresabschluss ist 31.12.2003. Aus diesem ergibt sich nach Anpassung an die Österreichischen Gewinnermittlungsvorschriften ein Verlustvortrag in Höhe von € 109.356,99. In Deutschland konnte dieser Verlust nicht verwertet werden. Zusammen mit den Österreichischen Verlustvorträgen der Jahre 2004 - 2007 ergibt sich ein Verlustabzug für 2008 in Höhe von 462.783,94. Beiliegend finden Sie den Jahresabschluss per 31.12.2003 sowie die Berechnung des Verlustabzuges.“

Im Aussetzungsantrag vom 27. Mai 2010 brachte die a vor:

„[…]

Die a stellte ihre betriebliche Tätigkeit in Deutschland mit Beginn 2004 ein und entfaltet ihre gesamte betriebliche Tätigkeit seit diesem Zeitpunkt durch die Zweigniederlassung in L. In Deutschland besteht nur mehr eine Geschäftsadresse. Der letzte deutsche Jahresabschluss ist 31.12.2003. Aus diesem ergibt sich nach Anpassung an die österreichischen Gewinnermittlungsvorschriften ein Verlustvortrag in Höhe von 109.356,99 €. In Deutschland konnte dieser Verlust nicht verwertet werden. Zusammen mit den österreichischen Verlustvorträge der Jahre 2004-2007 ergibt sich ein Verlustabzug für 2008 in Höhe von 462.783,94 €.“

Im Vorhalt vom 19. Jänner 2011 übermittelte das Finanzamt Bregenz dem Gesellschafter-Geschäftsführer Herrn b d ua folgende Fragen:

„Lt. Unterlage des Finanzamtes Bregenz verfügen Sie über keinerlei Einkünfte in Österreich. Sie werden aufgefordert, dem Finanzamt Bregenz bekannt zu geben, wie Sie in den Jahren 2005 bis 2008 Ihren Lebensunterhalt, den Ihrer Gattin und den der gemeinsamen Kinder finanziert haben. Die Stellungnahme Ihrerseits ist mit geeigneten Unterlagen (Sparbücher, Bankauszüge, …) zu dokumentieren.

Im Zuge der Betriebsprüfung gibt Herr b an, dass er über 180 Tage im Jahr in Griechenland lebe, dort ein weiteres Unternehmen betreibe und daher auch dort steuerpflichtig wäre. Um Vorlage der Griechischen Steuererklärungen und Steuerbescheide der Jahre 2005 bis 2008 samt beglaubigter Übersetzung wird ersucht. Weiters ist eine beglaubigte und übersetzte Medebestätigung aus Griechenland beizubringen mit welcher das Innehaben eines Wohnsitzes dokumentiert wird.“

Aus einem Aktenvermerk des Finanzamtes Bregenz vom 16. Februar 2011 über die Vorhaltsbeantwortung geht hervor:

„Lt. Bankauszügen der Raiba […] besteht zum 31.12.2010 eine Schuld von 332.148,33 €. Das Geld wurde für den Lebensunterhalt und zur Zahlung von Rechnungen der a verwendet. Das Konto ist NICHT im BV der GmbH, sondern im Privatvermögen von Herrn b. Die Gattin Ka hat ein Gehalt, sowie die Familienbeihilfe für 2 Kinder zur Verfügung. Sonst wurde in den Jahren 2004-2007 vor allem von dem genannten Bankkonto gelebt.

In den Jahren 2008 (€ 143.680,00) und 2009 (€ 120.158,00) bezog Herr b von seinem Ingenieurbüro in Griechenland eine GF-Vergütung welche lt. vorgelegten Steuerbescheiden auch in GR versteuert worden ist.

Herr b hat seit 12.11.2002 einen Wohnsitz in [Österreich], wo er gemeinsam mit seiner Gattin Ka und 2 mj. Kindern wohnt. Daneben hat er lt. amtlichen Meldezettel seit Geburt auch einen Ganzjahreswohnsitz […] in Griechenland.

Herr b hält sich nach eigenen Angaben über 180 Tage im Jahr in Griechenland auf, weshalb die Griechischen Steuerbehörden seine Einkünfte aus einem Ingenieurbüro in GR dort besteuert haben - siehe Griechische Steuerbescheide 2008 und 2009.

Gemäß Art. 4 DBA Griechenland "Ansässigkeit" gilt eine Person, die in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnung verfügt und in beiden Vertragsstaaten ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat als in jenem Staat als ansässig, dessen Staatsbürgerschaft sie hat. Herr b ist griechischer Staatsbürger!

Gemäß Art. 7 DBA Griechenland "Unternehmensgewinne" sind diese in jenem Staat zu besteuern, in dem sie anfallen. Die Gewinne aus dem Ingenieurbüro in Griechenland sind daher jedenfalls dort steuerpflichtig.“

In einem ergänzenden Schriftsatz vom 25. Mai 2011 zur Berufung gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2008 brachte die a im Wesentlichen vor:

„Die a wurde im Jahre 2001 mit Sitz in K gegründet. Geschäftsführer waren ab diesem Zeitpunkt Herr d b und Herr e c . Herr c war zwar ebenso wie Herr b Geschäftsführer mit Einzelvertretungsbefugnis (siehe beiliegenden Anstellungsvertrag), diese wurde aber durch eine interne Vereinbarung (siehe Beilage) auf den Fall von Krankheit oder Betriebsunfähigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters (Herrn b) eingeschränkt. Faktisch war Herr c in K lediglich ausführendes Organ und hatte dort vorwiegend Personalaufgaben. Die Geschäftsleitung selbst wurde seit Gründung des Unternehmens von Herrn b von seinem Wohnort aus geführt. Im Jahr 2001 war Herr b in La (Deutschland) wohnhaft, Anfang 2002 erwarb er in L ein Haus und begründete seinen Wohnsitz dort. Das Unternehmen in K wurde Anfang 2004 eingestellt und der Sitz nach Li verlegt, wo allerdings keine feste örtliche Einrichtung bestand.

Herr b hat in seinem Haus in L, in dem er mit seiner Familie lebt, ein Büro eingerichtet und von dort ab 2002 die Geschäftsleitung des Unternehmens ausgeübt. Tatsächlich hat er alleine alle wichtigen strategischen und operativen Entscheidungen des Unternehmens getroffen, Herr c hatte diese lediglich auszuführen. Herr b hat sich im Unternehmen in K lediglich zwei bis dreimal im Jahr kurzfristig für Besprechungen aufgehalten (siehe beiliegende Bestätigung).

Die tatsächliche Geschäftsleitung wurde somit ab 2002 nahezu ausschließlich in L ausgeübt, wodurch die a gemäß § 1 Abs 2 KStG seit 2002 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig war.

Nach § 2 Abs 8 EStG sind im Ausland nicht berücksichtigte Verluste bei der Ermittlung des Einkommens anzusetzen. Seit der VwGH-Rspr des Jahres 2001 (VwGH 25.9.01, 99/14/0217) sind ausländische Verluste Teil des Verlustausgleichsregimes nach § 2 Abs 2 und damit inländischen Verlusten gleichzuhalten. Die ausländischen Verluste sind daher ab 2001 anzusetzen (Jakom/Laudacher, EStG 2011, § 2 RZ 199). Die ausländischen Verluste der Jahre 2002 und 2003 sind somit als Sonderausgaben gem § 8 Abs 4 Z 2 KStG anzuerkennen.“

In der Berufung vom 25. Juli 2012 gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2009 brachte die a im Wesentlichen vor:

„Gegen die Veranlagung des Jahres 2008 sind derzeit zwei Berufungen anhängig. Einerseits gegen den im Rahmen einer Außenprüfung verhängten Sicherheitszuschlag und andererseits gegen die Nichtanerkennung ausländischer Verlustabzüge. Bei Stattgabe der Berufungen ergibt sich für das Jahr 2009 ein Rest an verrechenbaren Vorjahresverlusten in Höhe von € 31.713,10. Wir regen deshalb an, mit der Entscheidung über unsere Berufung bis zur Entscheidung über die Rechtsmittel für das Jahr 2008 zuzuwarten und erst in der Folge zu entscheiden.“

Die Berufungen gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2008 und 2009 wurden vom Finanzamt Bregenz mittels Berufungsvorentscheidungen vom 16. Juli 2012 als unbegründet abgewiesen. In den Begründungen führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

„Betreffend inländischer Verlustvortrag:

Der Vortrag der inländischen Verluste der Jahre 2004 -2007 wurde von € 335.887,18 auf € 307.643,18 gekürzt. Die Kürzung ist Folge einer Schätzung gem. § 184 BAO, welche auf Grund von groben formellen Mängel der Buchhaltung, die bei der Betriebsprüfung über die Jahre 2005 - 2008 festgestellt worden sind, veranlasst wurde. Durch die Schätzung wurden die Aufwendungen der Tauchsportartikelsparte der Jahre 2005 - 2008 um jeweils 5% gekürzt.

Folglich verringerten sich auch der vortragsfähigen Verluste aus den Jahren 2005 - 2007. Die weitere Begründung für die Schätzungsbefugnis entnehmen Sie bitte der BVE vom 13.07.2012 betreffend USt 2008 sowie Haftungs- und Zahlungsbescheid 2008. Betreffend Auslandsverluste der Jahre 2002 und 2003:

In der Berufung wird die Anerkennung der im Ausland in den Jahren 2002 und 2003 erwirtschafteten, und dort nicht mehr verwertbaren Verluste, bei der Berechnung der Körperschaftsteuer 2008 beantragt. Die a stellte Ihren Angaben zufolge, ihre betriebliche Tätigkeit in Deutschland mit Beginn 2004 ein und entfaltet ihre gesamte betriebliche Tätigkeit seit diesem Zeitpunkt durch die "Zweigniederlassung" in L. In Deutschland würde nur mehr die Geschäftsadresse bestehen. Der letzte deutsche Jahresabschluss habe den Stichtag 31.3.2003. Aus einem Feststellungsbescheid über den verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.2003 vom 12.04.2006 ergibt sich, adaptiert auf österreichisches Recht (laut dem Abgabepflichtigen), der berufungsgegenständliche Verlustvortrag iHv € 109.356,99.

Im Jahr 2004 erklärte die a erstmals (negative) Einkünfte in Österreich.

Die Eintragung der Zweigniederlassung der a im Firmenbuch erfolgte am 29. August 2006.

Eine Niederschrift über die Neuaufnahme der GmbH beim Finanzamt Bregenz unter der Steuernummer xxx erfolgte am 11. August 2004. Die Meldung zur Nachschau zur Vorbereitung der Neuaufnahme erging am 28.Juli 2004.

Mit der Begründung dieser Zweigniederlassung entstand auch die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich.

Dieser Umstand schließt nun jedoch bereits die Anerkennung der ausländischen Verluste aus den Jahren 2002 und 2003 aus. Verluste, die im Ausland vor Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich erlitten wurden, kommen weder für einen Verlustausgleich nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 noch für einen Verlustabzug nach § 18 Abs. 6 und 7 EStG 1988 in Betracht (VwGH 28.05.2009, 2008/15/0034).

Die bfg GmbH hat augenscheinlich ihren operativen Betrieb im ersten Halbjahr 2004 von Deutschland nach L verlegt. Erst von diesem Zeitpunkt an ist die GmbH in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig. Die Verluste aus den Jahren 2002 und 2003 die die GmbH erlitten hat waren für eine etwaige Körperschaftsteuerberechnung nicht zu berücksichtigen. Daher können diese Verluste weder für einen Verlustausgleich nach § 7 KStG iVm § 2 Abs. 2 EStG 1988, noch für einen Verlustabzug nach § 8 Abs. 4 KStG iVm § 18 Abs. 6 und 7 EStG 1988 in Betracht kommen.

Nach der Durchführung einer Betriebsprüfung zu Beginn des Jahres 2011 bei welcher die gegenständliche Berufung auch thematisiert wurde, reichte die steuerliche Vertretung am 25. Mai 2011 eine Ergänzung zu dieser Berufung nach. Darin wird ausgeführt, dass die Geschäftsführung der a von Herrn b bereits ab 2002 von seinem Wohnort in L aus ausgeübt wurde. Dies würde bedeuten, dass auf Grund des sich in L befindlichen Ort der Geschäftsleitung der a gem. § 1 Abs. 2 KStG diese seit Anfang 2002 in Österreich der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen würde.

Um die Richtigkeit dieser Angaben zu belegen, wurde ein Anstellungsvertrag zwischen der GmbH und Herr Klaus-Günter c, eine Interne Vereinbarung, in der der 100% Gesellschaftergeschäftsführer Herr b von der Pflicht der Anwesenheit am Firmenort entbunden wird, sowie eine Bestätigung von Herrn Klaus-Günter c darüber, dass Herr b lediglich an 2-3 Tagen im Jahr die Firma besuchte, dem Finanzamt vorgelegt. Diese Bestätigung wurde am 23.5.2011 von Klaus-Günter c in La (Deutschland) unterfertigt. Zumindest geht dies aus eben dieser Bestätigung hervor. Am 12. Juli 2012 gab Herr c auf Anfrage des Finanzamtes per E-Mail unter anderem bekannt, dass er diese Bestätigung in K unterfertigt habe. Weshalb die Angaben differieren bzw. diese Bestätigung angeblich in La unterzeichnet werden sollte oder tatsächlich eventuell auch wurde, gibt Rätsel auf. Vor allem deshalb, weil laut Herr b er seinen Wohnsitz sowie seine örtlich damit verbundene Geschäftstätigkeit im Jahr 2002 von eben dort nach L verlegt habe bzw. hatte.

Abgesehen davon, dass dadurch die Bestätigung, im Rahmen einer freien Beweiswürdigung, an Beweiskraft verliert, hilft sie der Berufung auch sonst nicht zum Erfolg. Sie sagt zwar aus, wie oft Herr b angeblich vor Ort bei der produktiven Betriebstätte war, aber nicht wo der tatsächliche Ort der Geschäftsleitung gelegen ist.

Würde man jedoch davon ausgehen, dass durch die Geschäftsleitung in L, die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich gegeben gewesen wäre, wäre nicht der ganze Verlust aus dem Jahr 2002 vortragsfähig, sondern lediglich der Teil des Verlustes, der ab jenem Zeitpunkt entstanden ist, ab dem die Geschäftstätigkeit bzw. -führung in L aufgenommen wurde (Herr b ist ab dem 6.5.2002 in L gemeldet). Ab diesem Zeitpunkt wäre zudem Mindestkörperschaftsteuer angefallen. Eine Eintragung des im Frühjahr 2004 nach L übersiedelten operativen Betriebes der a erfolgte erst Ende August 2006, und da lediglich als "Zweigniederlassung".

Strittig bleibt die Frage ab welchem Zeitpunkt die a in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Nach § 1 Abs. 2 KStG 1988 sind Körperschaften unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz (§ 27 BAO) haben, mit ihren Einkünften iSd § 21 Abs. 1 KStG 1988. Nach § 27 Abs. 2 BAO ist als Ort der Geschäftsleitung der Ort anzunehmen, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet.

Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung iSd § 27 Abs. 2 BAO ist dort, wo der für die Geschäftsführung entscheidende Wille gebildet wird. Im Erkenntnis vom 6.4.1995, 94/15/0206, setzt der VwGH den Ort, wo der für die Geschäftsleitung entscheidende Wille gebildet wird, mit jenem gleich, wo die für die Führung des Unternehmens notwendigen und wichtigen Maßnahmen getroffen werden (Ritz, BAO, § 27, Rz 2).

Der Ort der Geschäftsleitung wird idR in den Büroräumlichkeiten des Geschäftsführers sein, dieser Ort kann auch in der Wohnung liegen. Entscheidend ist das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse in organisatorischer Hinsicht, daher ist entscheidend, wo alle für die

Geschäftsführung nötigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden. Maßgebend ist die laufende Geschäftsführung. Zu ihr gehören die tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt und solche organisatorischen Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung der Gesellschaft gehören (Tagesgeschäfte; Ritz, BAO, § 27 Rz 3 und 4).

Eine Körperschaft kann nur einen Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung haben.

Dieser liegt nach Ansicht der Behörde in gegenständlichem Fall am Sitz des Unternehmens in Deutschland, an dem sich auch der operative Betrieb befindet, der, wie aus dem Anstellungsvertrag zwischen der a und Herrn Klaus-Günter c vom 1. Februar 2001 ersichtlich ist, vom eingestellten Geschäftsführer im Tagesgeschäft geführt wird.

Eine weitere Analyse darüber welcher der beiden Geschäftsführer für welche Aufgaben zuständig und verantwortlich war, um den Ort der geschäftlichen Oberleitung zu identifizieren, kann aus folgenden Überlegungen unterlassen werden:

Denn, auch wenn man dem Vorbringen des Steuerpflichtigen Glauben schenkt und die Geschäftsleitung an seinem ständigen Aufenthaltsort ausgeübt würde und dort somit die geschäftliche Oberleitung wäre, würde dies keine unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich begründen. Dies deshalb, da Herr b der Behörde im Rahmen der Betriebsprüfung der Jahre 2005 - 2008 glaubhaft versichert hat, dass er in Österreich seit Begründung seines Wohnsitzes in L im Jahr 2002 deshalb nicht der Einkommensteuer unterliegt, da er weit über 183 Tage im Jahr aus geschäftlichen Gründen in Griechenland tätig ist. Als Beweis dafür wurde eine Wohnsitzbestätigung bzw. Wohnurkunde vorgelegt, aus welcher hervorgeht, dass Herr b dauerhaft in Griechenland wohnt. In der Vereinbarung zwischen der a und Klaus-Günter c vom 3. Februar 2001, in der die Geschäftsführeragenden des Herrn c, welche ihm erst zwei Tage davor eingeräumt worden sind, auf das minimalste eingeschränkt werden, wird unter anderem ausgeführt, dass der Geschäftsführer, der dem Vorbringen des Berufungswerbers und Herrn c nach eigentlich keiner ist bzw. sein soll, die Pflicht hat, täglich oder spätestens wöchentlich dem geschäftsführenden Gesellschafter (Herr b) zu berichten. Wenn unter anderem damit der Ort der Geschäftsleitung vom Sitz in Deutschland weg verlegt werden soll bzw. dies auch tatsächlich der Fall ist, dann nur an jenen Ort, an dem Herr b die Entscheidungsgewalt über das Tagesgeschäft auch ausüben kann. Dies kann in gegenständlichem Fall nur sein ständiger Aufenthaltsort sein und dieser ist, wie er selbst glaubhaft versichert, (im Jahr) überwiegend in Griechenland.

Die Behörde gelangt somit zum Schluss, dass eine unbeschränkte Steuerpflicht der a vor dem Jahr 2004 mangels Sitz und mangels Ort der Geschäftsleitung nicht bestanden hat. Somit kommen die Verluste aus den Jahren 2002 und 2003 die die GmbH in Deutschland erlitten hat, wie oben bereits näher erläutert, weder für einen Verlustausgleich noch für den Verlustvortrag in Betracht.

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Die angeführten Ausführungen sind Bestandteil des oben bezeichneten Bescheides. Ein nach Maßgabe der Rechtsmittelbelehrung zulässiges Rechtsmittel kann nur gegen den Spruch des oben bezeichneten Bescheides, nicht aber gegen die Begründung erhoben werden. Im Übrigen wird auf die entsprechende Rechtsmittelbelehrung bzw. Rechtsbelehrung verwiesen.“

In den Vorlageanträgen vom 13. August 2012 brachte die a im Wesentlichen vor:

„Unsere Berufungsbegehren halten wir mit dem ganzen Inhalt aufrecht und beantragen die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

Mit den Berufungsvorentscheidungen vom 18.07.2012 wurden die Berufungen gegen die KöSt-Bescheide 2008 und 2009, betreffend Auslandsverluste der Jahre 2002 und 2003 abgewiesen.

Begründet wird dies damit, dass in den Jahren 2002 und 2003 keine unbeschränkte Steuerpflicht bestanden habe, weil die Geschäftsführung nicht in Österreich ausgeübt worden sei.

Die Schlussfolgerung, dass die Geschäftsführung nicht seit Anfang 2002 in Österreich ausgeübt worden sei, ist nicht begründet. In diesem Zeitraum waren Herr e c und Herr Dipl. Ing. b als einzelzeichnungsberechtigte Geschäftsführer bestellt. Herr e c war an der Gesellschaft nicht beteiligt, während Herr Dipl.-Ing. b 100% Anteile an der Gesellschaft hat. 1996/1997 hat Herr Dipl.-Ing. b in La das Unternehmen als Einzelunternehmen eröffnet und erfolgreich geführt. Aus strategischen Überlegungen wurde eine Verlegung und gleichzeitige Einbringung des Einzelunternehmens in eine neu gegründete GmbH in K vorgenommen. Ziel war es für die angebotenen Tauchsportartikel die Wassersportregion K als Absatzgebiet zu nützen. Der vom 100%igen Gesellschafter Herr Dipl.-Ing. b als weiteren Geschäftsführer nominierte Herr c war Kampftaucher bei den Marineeinheiten, für Herrn Dipl. Ing. b ein Qualifikationsmerkmal, für die Geschäftsführerbestellung und Überlegung damit mit diesen Marineeinheiten ins Geschäft zukommen. Die Beziehungen von Herrn c dahin sollten Türöffner für diese neuen Geschäftsbeziehungen sein. Herr c hatte keine kaufmännische Ausbildung und keine kaufmännischen Qualifikationen, sodass sich im Laufe der Zeit herausgestellt hat, dass er die Erwartungen als Kontaktmann nicht erfüllen konnte und auch die allgemeinen Umsätze zurückgegangen sind. Auch in der Lagerhaltung, die eine Aufgabe von Herrn c gewesen ist, gab es Pannen und Versäumnisse, die letztendlich zu einem Schadensereignis und Auseinandersetzung mit der Versicherung geführt hat.

Bereits im Jahre 2001 hat die Ehegattin von Herrn Dipl. Ing. b in L ein Haus erworben und sogleich nach Kauf mit der ganzen Familie bezogen. Die Anmeldung der Ehegattin erfolgte vor der Anmeldung von Herrn Dipl. Ing. b. Jedoch war Herr Dipl. Ing. b seit dem Kauf des Hauses bereits dort wohnhaft. Die tatsächliche Wohnsitznahme erfolgte bereits vor Beginn des Jahres 2002, auch wenn die Anmeldung erst danach erfolgte.

Die Präsenz von Herrn Dipl. Ing. b in K war, wie schon erwähnt, höchstens zwei- bis dreimal im Jahr. Er hat von seinem Wohnsitz in L aus die Gesellschaft geleitet. Die kaufmännische Leitung des Unternehmens lag ausschließlich in den Händen von Herrn Dipl. Ing. b, Herr c wäre dafür überhaupt nicht geeignet gewesen. Obwohl er ständig mit dem Unternehmen in K in Kontakt war und entsprechende Anweisungen erteilt hat, musste er zunehmend erkennen, dass die Leitung des Unternehmens aus der Entfernung von L aus auf die Dauer untragbar ist. Auch bei Einstellung von Personal hat Herr Dipl.-Ing. b jeden Besetzungsvorschlag einzeln geprüft und genehmigt. Für die Buchführung, Jahresabschlusserstellung und die kaufmännischen Bilanzen war ausschließlich Herr Dipl.-Ing. b zuständig. Herr c durfte in diesen Bereichen überhaupt nicht mitwirken.

Umsatzrückgänge und die schlechten Ergebnisse des Unternehmens veranlassten Herrn Dipl. Ing. b die Verlegung des Unternehmens nach Österreich vorzunehmen, weil der Erfolg des Unternehmens ausschließlich von seinen Entscheidungen und von seiner Präsenz abhing. Seit der Wohnsitznahme in L, noch vor Beginn des Jahres 2002, wurde der für die Geschäftsführung maßgebende Wille an diesem Wohnsitz gebildet. Von diesem Ort aus hat er auch die notwendigen und wichtigen Maßnahmen angeordnet. Herrn c war die Aufgabe zugedacht, die angeordneten Maßnahmen zu vollziehen. Es bestehen keine Zweifel daran, dass die geschäftliche Oberleitung von Herrn Dipl.-Ing. b ausgeübt wurde.

Dass sich Herr Dipl.-Ing. b im fraglichen Zeitraum öfters auch in Griechenland aufgehalten hat, um dort für sein Einzelunternehmen tätig zu werden, hat ihn nicht daran gehindert, die geschäftliche Oberleitung überwiegend von seinem Wohnort L aus auszuüben.

Die interne Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und Herrn c regelt insbesondere die Verpflichtungen von Herrn c gegenüber dem geschäftsführenden Gesellschafter bzw der Gesellschaft. In der Berufungsvorentscheidung wird der völlig falsche Eindruck erweckt, dass diese interne Vereinbarung nur eine Regelung enthalte, die Herrn Dipl.-Ing. b von der Pflicht der Anwesenheit am Firmenort entbindet. Aus dieser internen Vereinbarung geht klar hervor, dass die geschäftliche Oberleitung vom 100-%igen Gesellschafter/Geschäftsführer Herrn Dipl. Ing. b ausgeübt wurde. Die Frage, wo Herr c seine Bestätigung vom 23.05.2011 unterzeichnet habe, in La oder in K, ist für die Frage der tatsächlichen geschäftlichen Oberleitung nicht von Belang. Das angebliche Rätsel ist von Herrn c selbst aufgelöst worden, indem er erklärt hat, diese Bestätigung in K unterfertigt zu haben.

Bereits mit Beginn 2002 hat Herr Dipl. Ing. b mit seiner Familie seinen Wohnsitz in L begründet, und von diesem Standort aus die geschäftliche Oberleitung der a ausgeübt. Die Feststellung des Finanzamtes, dass nur ein Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung bestehen könne ist richtig, daraus lässt sich aber nicht der Schluss ableiten, dass dieser sich dort befindet, wo der operative Betrieb ist. Weiters trifft es nicht zu, dass Herr Dipl. Ing. b die geschäftliche Oberleitung überwiegend in Griechenland ausgeübt habe, viel mehr trifft es zu, dass er diese von seinem Wohnsitzort L ausgeübt hat.

Der tatsächliche Sachverhalt ergibt, dass die Gesellschaft in fraglichen Zeitraum unbeschränkt steuerpflichtig ist und somit ein Verlustausgleich und ein Verlustvortrag zu berücksichtigen ist.“

Im ergänzenden Schriftsatz vom 20. Oktober 2014 brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:

„Der nachstehende Schriftsatz wird in Ergänzung zur Berufung am 27. Mai 2010, der ersten Ergänzung vom 25. Mai 2011 und des Vorlageantrages vom 13. August 2012 eingebracht.

ln der Bescheidbegründung des Finanzamtes Bregenz vom 18.07.2012 wird auf Seite 2 festgehalten, dass der operative Betrieb der a im ersten Halbjahr 2004 von Deutschland nach L verlegt wurde. Erst von diesem Zeitpunkt an sei die GmbH in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.

Das Finanzamt Bregenz geht somit aus, dass erst ab ersten Halbjahr 2004 die unbeschränkte Steuerpflicht der a in Österreich bestanden habe. Sollte das Bundesfinanzgericht dieser Auffassung folgen und ebenfalls davon ausgehen, dass erst ab 2004 die unbeschränkte Steuerpflicht der a in Österreich begründet wurde, ist es wesentlich zu beurteilen; ob die Verluste die in den Jahren 2002 und 2003 in Deutschland erlitten wurden, final geworden sind und somit nach dem Unionsrecht verpflichtend in den Körperschaftsteuerbescheiden 2008 und 2009 in Österreich zu berücksichtigen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hatte bereits Gelegenheit zur Frage der Berücksichtigung ausländischer Verluste, die zum Zeitpunkt der beschränkten Steuerpflicht entstanden sind, zu einem Zeitpunkt zu dem die unbeschränkte Steuerpflicht begründet wurde, zu entscheiden (Verlustimport). Die Entscheidung des VwGH betraf allerdings nur die Berücksichtigung laufender Verluste. Unter Bezugnahme auf die EuGH Rechtssache Futura Participations and Singer, hielt der VwGH fest, dass eine derartige Verlustberücksichtigung nicht möglich sei. Begründet wird diese Ansicht damit, dass die streitgegenständlichen Verluste in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den in Österreich erzielten Einkünften stünden. In weiterer Folge wies der VwGH darauf hin, dass es keinesfalls sichergestellt sei, dass der Ausgleich der strittigen Verluste mit deutschen Einkünften der a in Zukunft noch möglich sein werde. Der VwGH stellte daher darauf ab, dass eine allfällige Verlustverwertung in Deutschland noch möglich sei und verwehrt somit die Verlustberücksichtigung in Österreich für die laufenden Verluste.

Handelt es sich um finale Verluste, hat aus unionsrechtlicher Sicht eine andere Beurteilung der Verlustberücksichtigung zu erfolgen. Bereits in der Rechtssache Marks & Spencer hat der EuGH entschieden, dass finale Verluste zu berücksichtigen sind. Diese Rechtsprechung hat der EuGH weiterentwickelt und in der Rechtssache A Oy konkretisiert. ln der Rs A Oy ging es um ein finnisches Unternehmen, das eine Tochtergesellschaft in Schweden unterhielt. Die Tochtergesellschaft betrieb in Schweden drei gemietete Geschäftslokale, die Verluste erlitten haben. Daraufhin wurden die drei Verkaufsstellen geschlossen. Die Tochtergesellschaft hatte keine Absicht mehr die wirtschaftliche Tätigkeit in Schweden wieder aufzunehmen. Allerdings war die Tochtergesellschaft noch an zwei langfristigen Mietverträgen für zwei Geschäftslokale in Schweden gebunden. Nach Einstellung der Tätigkeit erfolgt die Fusion der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft.

Der EuGH hielt fest, dass dieser grenzüberschreitende Sachverhalt vergleichbar sei mit einem innerstaatlichen Sachverhalt. Es sei zu prüfen, ob in einem innerstaatlichen Sachverhalt in dieser Konstellation ein Verlustvortag auf Ebene der Mutter möglich ist. Ist ein solcher Verlustvortag und Verlustverwertung auf Ebene der Muttergesellschaft in einem innerstaatlichen Fall möglich, sei diese Möglichkeit auch im grenzüberschreitenden Sachverhalt zu gewähren, ansonsten würden vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich behandelt und dies würde zu einer Diskriminierung führen.

Eine solche Diskriminierung kann gerechtfertigt werden mit dem Grund der Vermeidung der Gefahr der doppelten Berücksichtigung von Verlusten oder mit dem Grund der Vermeidung der Gefahr der Steuerflucht. Allerdings ist im weiteren Schritt zu prüfen, ob die Maßnahme auch verhältnismäßig ist. Auf Verhältnismäßigkeitsebene entschied der EuGH, dass eine finale Verlustberücksichtigung geboten sei und eine solche vorliegt, wenn die Tochtergesellschaft in Schweden alle Möglichkeiten zur Verlustberücksichtigung ausgeschöpft habe. Ob eine weitere Verlustverwertung in Schweden möglich sei, habe das nationale Gericht festzustellen. Der EuGH konkretisierte jedoch, dass aus dem konkreten Umstand, dass die Verkaufsstellen geschlossen werden und die Tochter auf die Mutter fusioniert wird, noch nicht davon ausgegangen werden könne, dass keine Möglichkeit mehr besteht, die Verluste im Sitzstaat der Tochtergesellschaft zu berücksichtigen. Im Verfahren wurde beispielsweise vorgebracht, dass eine solche Verlustberücksichtigung in Schweden nach wie vor bestehen könnte, wenn beispielsweise die laufenden Mietverträge übertragen werden und dadurch Einkünfte erzielt werden. Weiters könnte im Zuge einer Wegzugsbesteuerung eine Verlustverwertung möglich sein. Aus diesem Urteil lässt sich ableiten, dass finale Verluste zu berücksichtigen sind und sich die Finalität der Verluste aus den faktischen Umständen ergibt.

Im November 2013 der EuGH in Rechtssache K erneut über die Berücksichtigung finaler Verluste zu entscheiden. Aus diesem geht dass eine finale Verlustberücksichtigung im Ansässigkeitsstaat nur dann vorzunehmen ist, wenn eine Verlustberücksichtigung im Quellenstaat rechtlich vorgesehen ist. Dies bedeutet, dass in dem Staat in dem Verluste erzielt werden eine rechtliche Verlustverwertungsmöglichkeit oder Vortragsmöglichkeit bestehen muss. Besteht eine solche rechtliche Möglichkeit nicht, kann nicht dem Ansässigkeitsstaat die Bürde aufgelastet werden, die Einschränkungen des anderen nationalen Rechtes zu tragen und die rechtlichen Verlustverwertungsmöglichkeiten des eigenen Ansässigkeitsstaates zur Anwendung zu bringen.

Der deutsche Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 09.06.2010, I R 107/09, entschieden, dass eine Schließung einer Betriebsstätte zur Finalität der Verluste führen kann und daher eine Verlustberücksichtigung im Ansässigkeitsstand der Gesellschaft erforderlich ist. Der Bundesfinanzhof stellte im ersten Schritt ebenfalls darauf ab, ob im Betriebstättenstaat eine Verlustverwertungsmöglichkeit rein rechtlich bestand und bejahte diese Rechtsfrage. Weiters führte der Gerichtshof ausdrücklich aus, dass die Schließung einer Betriebsstätte zur Finalität der Verluste führen kann.

Von Interesse ist vor allem, dass der Bundesfinanzhof in einer Situation, in der bei einer späteren Neugründung einer Betriebsstätte die ursprünglich entstandenen Verluste doch wieder verwertet werden könnten, dies ein Fall für ein rückwirkendes Ereignis wäre und nachträglich die Berücksichtigung der finalen Verluste entfallen würde. Der Bundesfinanzhof kommt zu dieser Ansicht, weil der festgestellte Sachverhalt keinerlei Anhalt dafür bietet, dass eine solche Situation, in der zukünftigt eine Verlustverwertung ermöglicht wird, entstehen könnte.

Wird die zitierte Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzgerichts auf den im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vorliegenden Sachverhalt angewendet, bedeutet dies Folgendes:

Die a hatte mit ihrer Betriebsstätte in Deutschland in den Jahren 2002 und 2003 Verluste erlitten. Gemäß § 10g dEStG besteht die Möglichkeit Verluste auf ein zurückzutragen oder zeitlich unlimitiert in die Zukunft vorzutragen. Nach dem nationalen deutschen Steuerrecht besteht somit die rechtliche Möglichkeit die im Jahr 2002 und 2003 erlittenen Betriebstättenverluste in Deutschland zu verwerten.

Durch die Verlagerung des Betriebes von Deutschland nach Österreich im Jahr 2004 sind die Verluste final geworden, weil in Deutschland kein Betrieb weiter geführt wurde. Zum 30.3.2004 wurden die Arbeitsverträge des Personals gekündigt. Im April 2004 wurden auch die Räumlichkeiten in Fli fristlos gekündigt. Alle Lagerbestände und Büromaterialien wurden im März und April 2004 nach L in die Lagerräumlichkeiten der […] transportiert. Der Standort in K wurde komplett aufgegeben. Der Sitz wurde an die Adresse des deutschen Steuerberaters verlagert. An diesem Sitz der Gesellschaft standen weder Räumlichkeiten zur Verfügung, noch wurden wirtschaftliche Tätigkeiten ausgeübt. Am 19.4.2010 wurde der Sitz in Er angemeldet. Bei dem Sitz in Li und bei dem Sitz in Er handelte es sich lediglich um Konstrukte zur Beibehaltung des deutschen Gesellschaftsstatuts, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar war, wie sich die Geschäftstätigkeit zukünftig in Österreich weiterentwickeln würde.

2011 wurde die a auf die bfg T GmbH, mit Sitz in L, grenzüberschreitend verschmolzen. Somit wurde 2011 die a aus dem deutschen Handelsregister gelöscht.

Im Jahr 2004 war bereits eindeutig klar, dass die Verluste aus den Jahren 2002 und 2003 in Deutschland faktisch nicht mehr verwertet werden können und daher final geworden sind.

Eine Verlustverwertung in Österreich war erst aufgrund der positiven Ergebnisse in den Jahren 2008 und 2009 möglich.

Eine Wegzugsbesteuerung im Jahr 2004 wurde in Deutschland keine ausgelöst, da eine allfällige Bemessungsgrundlage € 0,- betragen hat. Eine Gegenverrechnung der Betriebstättenverluste mit einem allfälligen Wegzugsbesteuerungsgewinn war daher nicht möglich.

Wir beantragen daher die deutschen Verluste aus den Jahren 2002 und 2003 in den Körperschaftsteuerbescheiden 2008 und 2009 zu berücksichtigen.

Sollte das Bundesfinanzgericht der Ansicht des Finanzamtes folgen, dass erst ab dem Jahr 2004 der Ort der Geschäftsleitung sich nach Österreich verlagert hat und somit erst zu diesem Zeitpunkt die unbeschränkte Steuerpflicht begründet wurde, stellt sich die Rechtsfrage, ob die in Deutschland erlittenen Verluste aus den Jahren 2002 und 2003 bereits "final" geworden sind und einer Verlustberücksichtigung in Österreich in den Jahren 2008 und 2009 bedürfen.

Da es für die Frage der finalen Verlustberücksichtigung bisher keine höchstrichterlichen Entscheidungen in Österreich gibt und die ergangenen Urteile des EuGH zu ausländischen Rechtsgrundlagen erfolgten, kommt der gegenständlichen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zu.

Da es sich hinsichtlich der Berücksichtigung finaler Verluste um eine grundsätzliche Entscheidung handelt, die nicht nur im Anwendungsbereich des EStG und des KStG, sondern auch des UmgrStG eine Rolle spielt, handelt es sich um eine rechtssystematische Frage mit der ein abstraktes Interesse der Allgemeinheit berührt wird.“

In der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2014 wurde im Wesentlichen vorgebracht:

Dr. Vanessa Englmair: Der 1. Punkt, der zu klären ist, ist der Ort der Geschäftsleitung und wann die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich begonnen hat. Das würde ich gerne beim 1. Punkt ausführen und dazu gleich noch einmal darauf zurückkommen was die Voraussetzungen sind, wie der Sachverhalt ist und warum wir eben der Ansicht sind, dass sich bereits 2002 der Ort der Geschäftsleitung in Österreich befunden hat. Der 2. Punkt - da haben Sie hoffentlich auch noch mein Schreiben/meine Ergänzung bekommen – ist jener Punkt, bei dem ich darauf eingegangen bin, dass selbst wenn man jetzt nicht davon ausgeht, dass der Ort der Geschäftsleitung schon im Jahr 2002 in Österreich war, trotzdem eine Verlustberücksichtigung stattzufinden hat, aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben, weil diese Verluste in Deutschland im Jahr 2002 und 2003 entstanden sind, final geworden sind und das Unionsrecht hier die Verpflichtung vorsieht, die finalen Verluste zu berücksichtigen. Gehen wir erst zum Punkt 1 zurück: Ort der Geschäftsleitung. Der Ort der Geschäftsleitung ist in der BAO definiert als die Oberleitung der täglichen Geschäfte, wo diese Oberleitung tatsächlich stattfindet. Da ist eben auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen, wo die täglichen/die gewöhnlichen Geschäfte geleitet werden. Als erstes muss man in dem Fall sich vor Augen führen, was denn die tatsächliche Geschäftsleitung der a ist. Hier ist sicherlich erforderlich, herauszufinden, mit welchen Lieferanten ich Verträge schließe, welches Produktsortiment ich habe, welche Tauchartikel ich am Markt verkaufe/kaufe und wie ich die Beziehung zu den Kunden ausgestalte. Das sind so die wesentlichen Geschäftsleitungstätigkeiten, die die a hat. Wenn man sich jetzt anschaut, wer diese Tätigkeiten ausübt, dann ist meines Erachtens unstrittig und ganz klar, dass das nur Herr b macht. Wir haben diesen Geschäftsführer – den Herrn Kn – der in Deutschland – in K – vor Ort tätig war und den Herrn b als Geschäftsführer. Beide sind allein zeichnungsberechtigt. Wenn man sich diesen Anstellungsvertrag zwischen der a und dem Herrn Kn anschaut, dann steht dort drinnen, dass er Geschäftsführer ist. Zudem gibt es diese Nebenvereinbarung zwischen Herrn Kn und Herrn b und dort ist ganz klar ausgeführt, dass diese Geschäftsführertätigkeit nur in Krankheit auszuüben ist, diese Alleinzeichnungsberechtigung vom Herrn Kn. Das heißt, im ganz allgemeinen Geschäftsverkehr ist Herr b der allereinzige, der die Entscheidungen trifft, wie die Geschäfte zu führen sind. Das geht aus dieser internen Vereinbarung heraus. Da steht eben, im Arbeitsvertrag wurde die Einzelvertretungsbefugnis für Herrn Kn eingeräumt und diese gilt nur im Falle von Krankheit und Betriebsunfähigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters, also wenn Herr b krank oder betriebsunfähig ist. Ansonsten hat der Herr Kn nur ausführende Tätigkeiten durchzuführen. Das heißt, er arbeitet dann nur auf Anweisung von Herrn b. Also ich glaube, von diesem Sachverhalt heraus, aufgrund dieser internen Vereinbarung und so wie die Geschäftsführung tatsächlich gelebt wurde, besteht hier überhaupt kein Zweifel, dass Herr b der Geschäftsführer ist. Nachdem wir geklärt haben, was denn so die Tätigkeiten für die Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung sind, nach der Bestimmung, wer diese Tätigkeiten ausübt, bleibt als 3. Punkt zu klären, von wo/von welchem Ort diese Geschäftsführertätigkeit ausgeübt wird. Grundsätzlich stellt man ja darauf ab, wo die Willensbildung stattfindet, also wo die maßgebliche Willensbildung stattgefunden hat. Das kann bei einer Gesellschaft, die ihren alleinigen Gesellschafter hat, natürlich zu Hause in der Badewanne oder wo auch immer stattfinden. Es ist schwer festzustellen, wo dann dieser Wille für die Führung der Geschäfte stattgefunden hat. Man wird im Zweifel darauf abstellen, wo dieser Wille kundgetan oder umgesetzt wird. Und dann muss man wieder auf die faktischen Gegebenheiten abstellen. Nehmen wir an, Herr b hätte wirklich seinen gewöhnlichen Aufenthalt 2002 in Griechenland gehabt, dann wäre das noch kein Grund, auszuschließen, dass der Ort der Geschäftsleitung in Österreich stattgefunden hat, weil es kommt wirklich auch diese faktische Gegebenheit an. Wenn er sagt, während seiner Aufenthalte in Griechenland hat er seine Tätigkeit in Griechenland ausgeübt und die Geschäftsführertätigkeit für die a während seiner Aufenthalte in Österreich, dann ist ganz eindeutig klar, dass sich der Ort der Geschäftsleitung schon im Jahr 2002 auch in Österreich befunden hat. Also hier plädiere ich dafür, dass man wirklich auf die Fakten abstellt. Und nur darauf abzustellen, wo sich allenfalls – und das ist ja auch nicht eindeutig  - der gewöhnliche Aufenthalt von Herrn b befunden hat, wäre sicherlich verkürzt und würde nicht der Auslegung von dem Begriff „Ort der Geschäftsleitung“ entsprechen. Also wir sind nach wie vor der Ansicht, dass sich der Ort der Geschäftsleitung bereits im Jahr 2002 in Österreich befunden hat, aufgrund dieser Umstände, die ich jetzt vorgebracht habe. Der 2. Punkt betrifft jetzt nun die Situation, in der man davon ausgeht, dass sich der Ort der Geschäftsleitung im Jahr 2002 noch nicht in Österreich befunden hat und allenfalls erst dieser im Jahr 2004 sich verlagert hat. Dann ist natürlich die Situation so, dass im Jahr 2002 und 2003 Verluste in Deutschland entstanden sind, indem noch kein Berührungspunkt der a in Österreich bestanden hat. Die war bis 2004 in dem Fall nur beschränkt steuerpflichtig. 2004 ist sie unbeschränkt steuerpflichtig geworden, diese a und hat im Jahr 2004 auch alle Geschäftstätigkeiten in Deutschland aufgegeben. Ws wurden die Verträge zu den Mitarbeitern in K gekündigt und es wurden die ganzen Büromaterialien und die ganzen Handelswaren nach Österreich verbracht. Das heißt, in Deutschland war überhaupt nichts mehr übrig, bis auf den eingetragenen Sitz. Dieser Sitz wurde beibehalten. Alles, was die wirtschaftliche Tätigkeit anbelangt, wurde komplett aufgegeben in Deutschland. Es bestanden auch keine Mietverträge mehr. Die Mietverträge wurden auch gekündigt. Es bestanden weder die Büroräumlichkeiten, noch Personal, noch langfristige Mietverträge. In Deutschland wurde alles abgebaut, geschlossen und nach Österreich verlagert. Also die Betriebsstätte von Deutschland hat sich komplett nach Österreich verlagert. Wenn man sich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes jetzt anschaut, dann gibt es eine Latte an Rechtsprechung zur Berücksichtigung von ausländischen Verlusten. Das hat angefangen mit der Rechtssache „Schumacker“. Da hat der Europäische Gerichtshof in einem obiter dictum ausgeführt, dass Verluste innerhalb dieser persönlichen und familiären Sphäre anzusehen sind, das gilt zu einer natürlichen Person und dass diese Verhältnisse zumindest einmal zu berücksichtigen sind. Das war das obiter dictum, das der Europäische Gerichtshof hier festgestellt hat. Diese Verlustberücksichtigung hat stattzufinden. Also einer der Staaten zumindest hat diese vorzunehmen. Von dort an gab es eine Latte von Rechtsprechung zu Verlusten und jetzt im betrieblichen Bereich zur finalen Verlustberücksichtigung gab es in jüngster Zeit jetzt einige Neuerungen. Da hat es eigentlich in der Rechtspreche Marks & Spencer begonnen. Das war eben eine UK-Gesellschaft mit europäischen Tochtergesellschaften, für die es möglich war, eine Gruppe zu bilden und Verluste dadurch in UK zu berücksichtigen. Und dort hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, für die laufende Verlustberücksichtigung würde es Rechtfertigungsgründe geben. Nämlich, dass eben keine doppelte Verlustberücksichtigung stattfinden darf, dass eben diese Nichtberücksichtigung der ausländischen Verluste gerechtfertigt werden kann mit dem Grund der Vermeidung eines Missbrauches und mit der Wahrung der Kohärenz der Steuersysteme oder der Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Staaten. Also für die laufenden Verluste, sagt der Europäische Gerichtshof selbst, die ist dafür nicht zwingend jetzt im Ansässigkeitsstaat oder im Gruppenmitgliedsstaat zu berücksichtigen. Allerdings auf Verhältnismäßigkeitsebene - sagt der Europäische Gerichtshof regelmäßig in seiner Rechtsprechung - müssen finale Verluste berücksichtigt werden, weil ansonsten würde es zu gar keiner Verlustberücksichtigung kommen. Und diese gar keine Verlustberücksichtigung wäre ein Verstoß gegen das Unionsrecht, gegen die Niederlassungsfreiheit oder Kapitalverkehrsfreiheit. Der Europäische Gerichtshof hat dann eben dies in einem Schriftsatz ausgeführt. Und hat in der Rechtssache OAY und K weiter ausgeführt, was denn die Voraussetzungen sind, dass Verluste final sind, dass sie in einem der Staaten zu berücksichtigen sind. Dort ist klar herausgekommen, dass wenn man Betriebsstätten schließt, austritt und hier im Betriebsstättenstaat kein Anknüpfungspunkt für eine zukünftige Verlustberücksichtigung mehr besteht, dass es am Ansässigkeitsstaat liegt, diese Verluste dann zu berücksichtigen. Das habe ich in diesem Schriftsatz ziemlich ausführlich ausgeführt. Ich hätte den Schriftsatz auch auf 30 Seiten ausführen können, weil es gibt eine Latte an Literatur. Und natürlich auch einigen Entscheidungen zu Verlusten. Also diese Frage brennt in Europa bei allen Staaten, wie mit diesen finalen Verlusten umzugehen ist, wann eine Finalität gegeben ist und ob der Ansässigkeitsstaat diese Verluste berücksichtigen muss. Ich habe es bewusst kurz gehalten, aber ich möchte wirklich darauf hinweisen, dass diese Frage von sehr hoher Aktualität ist innerhalb des Gemeinschaftsgebietes und somit absolut noch nicht bis zum Ende geklärt ist, weil man es sich ja vor Augen halten muss, dass die Entscheidungen vom Europäischen Gerichtshof immer zu den einzelnen nationalen Gesetzen der Staaten, die vor dem Europäischen Gerichtshof stehen, ergangen sind. Und somit diese Entscheidungen natürlich nicht 1:1 auf das österreichische nationale Recht umgelegt werden können, aber die Grundsätze. Und wenn man jetzt diese Grundsätze vom Europäischen Gerichtshof auf diesen Fall der bfg GmbH Germany umlegt, dann bin ich der Meinung, dass die a im Jahr 2004 alles Erdenkliche getan hat, damit diese Verluste in Deutschland final werden. Es wurden alle Wirtschaftsgüter, die noch vorhanden waren, Büromaterial und Ausstattungen nach Österreich verbracht. Sie haben die Mietverträge und das Personal gekündigt. In Deutschland war für eine weitere betriebliche Tätigkeit der a kein Anhaltspunkt mehr gegeben. Durch die Verlagerung der Betriebsstätte nach Österreich – und wenn man davon ausgeht erst ab diesem Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht  - ist es somit Pflicht des Ansässigkeitsstaates, also das wäre jetzt Österreich. Wenn man sich das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Österreich anschaut, dann wird für doppelt ansässige Kapitalgesellschaften ja die Ansässigkeit so bestimmt, dass der Staat, indem sich der Ort der Geschäftsleitung befindet, der Ansässigkeitsstaat für diese doppelt ansässige Kapitalgesellschaft ist, die wir natürlich im Jahr 2004 noch haben, weil sich der Sitz in Deutschland befindet und der Ort der Geschäftsleitung in Österreich. Also wenn man sich das Doppelbesteuerungsabkommen anschaut, dann ist Österreich der Ansässigkeitsstaat dieser Gesellschaft. Und da es in Deutschland nicht mehr möglich ist, diese Verluste, die aus dem Jahr 2002 und 2003 in der deutschen Betriebsstätte entstanden sind, zu berücksichtigen, ist es nun die Verpflichtung des österreichischen Ansässigkeitsstaates dieser Gesellschaft, diese Verluste zu berücksichtigen. Wenn man sich jetzt die Rechtsprechung des EuGH zum Kriterium, wann eine Finalität vorliegt ansieht, dann hat die Rechtsprechung gezeigt, dass im Betriebsstättenstaat es rechtlich eine Möglichkeit geben muss, diese Verluste zu berücksichtigen. Wenn dieser Betriebsstättenstaat rechtlich gar keine Möglichkeit vorsieht, weil zum Beispiel kein Verlustvortrag im nationalen Recht vorgesehen ist, dann soll das nicht Bürde des Ansässigkeitsstaates sein, das zu kompensieren. In unserem Fall Deutschland ist es aber nicht so. In Deutschland haben wir einen Verlustvortrag und einen Verlustrücktrag, aber nur für ein Jahr. Das heißt, die Voraussetzung, dass im Betriebsstättenstaat, in dem die Verluste entstanden sind, auch eine rechtliche Verlustverwertungsmöglichkeit besteht, ist in diesem Fall gegeben. Dann wird im 2. Schritt geprüft, ob diese faktische Verlustverwertungsmöglichkeit noch besteht. Meines Erachtens nicht mehr, weil dort in Deutschland alle wirtschaftliche betriebliche Tätigkeit aufgegeben wurde. Es bestehen auch keine Möglichkeiten, diese Verluste dann faktisch zukünftig in Deutschland zu verwerten. Eine Wegzugsbesteuerung hat in Deutschland insofern auch nicht stattgefunden, weil hier keine stillen Reserven vorhanden waren. Das war verlustrechtlich die Betriebsstätte. Das heißt eine Bemessungsgrundlage für eine Wegzugsbesteuerung wär Null. Das wäre auch so ein Anknüpfungspunkt, wo man sagen könnte, dass man mit der Wegzugsbesteuerung diese im Jahr 2002 und 2003 entstandenen Verluste noch berücksichtigen könnte. Das liegt auch nicht vor. Also meines Erachtens liegt ganz klar die Verpflichtung in Österreich, diese Verluste zu berücksichtigen. Wenn man sich den weiteren Verlauf der a anschaut, dann wird von der heutigen Betrachtung aus bestätigt, dass keine Verlustverwertungsmöglichkeit mehr besteht, weil 2011 wurde ja die GmbH auf die österreichische neu gegründete bf Österreich grenzüberschreitend verschmolzen. Das heißt, auch der Sitz in Deutschland ist weggefallen. Der Sitz war ja bis zum Jahr 2011 noch das einzige Merkmal, das sich in Deutschland befunden hat. Und da muss man auch dazu sagen, diese Sitze waren zum einen eben beim Steuerberater und dann wurde er noch verlagert nach Er. Das sind nur Adressen. Da steht nichts dahinter. Es sind keine Räumlichkeiten dort angemietet. Das ist nur – wenn man so will – ein Briefkasten/nur eine Registrierung für den Sitz. Das wurde deshalb noch beibehalten, weil noch nicht klar war, wie sich die Geschäftstätigkeit in Österreich weiterentwickelt und wie dann die a dann in Zukunft liquidiert, verschmolzen oder was auch immer wird. Wir wissen mittlerweile, dass die bfg Germany auf die österreichische bf grenzüberschreitend verschmolzen wurde. Zu Punkt 1 „Ort der Geschäftsleitung“: Der war bereits ab 2002 in Österreich. Und zu Punkt 2: Aufgrund der Finalität der Verluste ist eine Verlustberücksichtigung vorzunehmen und eben das in den Jahren 2008 und 2009, weil in diesen Jahren zum ersten Mal auch Gewinne erzielt wurden von der a in Österreich, die der Besteuerung in Österreich unterlegen haben und somit faktisch erst in den Jahren 2008 und 2009 eine Verlustverwertung hier möglich wurde.

Mag. Matthias Metzler: Nur zum letzten Punkt: Aus unserer Sicht stellt sich die Frage, warum man die Verluste erst 2008 und 2009 geltend macht. Das Verlustvortragsregime besagt ja, dass wenn die ausländischen den inländischen Verlusten gleichzustellen sind, man diese in dem Jahr berücksichtigen muss, in dem sie entstanden sind. Also entweder 2002 und 2003 oder spätestens 2004. Aus unserer Sicht müsste man das auch dem Grund schon nicht anerkennen. Grundsätzlich sind wir nach wie vor der Meinung, dass der Ort der Geschäftsleitung in K war, weil es einen Anstellungsvertrag gibt, in dem der Herr Kn ausdrücklich als Geschäftsführer angestellt wurde. Dass zwei Tage später anscheinend eine innerbetriebliche Abmachung unterschrieben wird, in der das alles beschnitten wird, ergibt gar keinen Sinn. Man hat das auch erst relativ spät vorgelegt. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass das eine Schutzbehauptung ist und dass das Schreiben nachträglich erstellt worden ist. Die Beweiskraft der ganzen nachgereichten Sachen ist aus unserer Sicht eher zweifelhaft. Schon allein, wenn ich die Unterschriften anschaue. Die Unterschriften von Herrn Kn vom 01.02. und vom 03.02. sind sich nicht so ähnlich. Aber wenn man die Unterschriften von den nachgereichten Schreiben anschaut – also das eine soll er ja am 03.02.2001 und das andere am 23.05.2011 unterschrieben haben – gleichen sich diese wie ein Ei dem anderen. Darum sehen wir das nicht so, dass den nachgereichten Bestätigungen eine große Beweiskraft angemessen werden kann. Im ersten Geschäftsführervertrag steht drinnen, dass er täglich berichterstatten müssen hätte. Und da der Herr b sicherlich nicht täglich in L war, muss er die Telefonate wohl in Griechenland quasi empfangen haben und muss die Entscheidungen, die da im Tagesgeschäft zu treffen sind, auch da treffen. Auch wenn er das nur wöchentlich macht. Also dass der Herr b nur in Zeiten, in denen L war, über die Befindlichkeiten des operativen Betriebes entschieden hat, wage ich doch stark zu bezweifeln. Also wenn der Ort der Geschäftsleitung nicht in K war, dann auch nicht bei uns. Faktisch wissen wir gar nichts. Wir haben nur Behauptungen. Wir haben nicht einen stichhaltigen Beweis, dass der Ort der Geschäftsleitung in L war. Es ist für uns wirklich sehr schwer nachvollziehbar, warum das dann so sein sollte. Zu den finalen Verlusten: Es gibt eine VwGH-Entscheidung aus dem Jahr 2009, die mit unserem Fall nahezu ident ist. Da wird auch ausgesagt, dass Verluste, die entstanden sind, bevor in Österreich die unbeschränkte Steuerpflicht entsteht, nicht angerechnet werden. Und in der Entscheidung wird auch über die Niederlassungsfreiheit kein Wort verloren. Da ist der VwGH der Meinung, dass gegen diese nicht verstoßen wird. Die Erkenntnisse des EuGH, die Sie im Schriftsatz erwähnt haben, kann man nicht 1:1 auf den gegenständlichen Fall anzuwenden, weil die Verluste, die dann irgendwann final wurden, da immer entstanden sind, wo unbeschränkte Steuerpflicht im jeweiligen Inland vorgelegen hat und das hat es bei uns nicht. Und da geht es ja grundsätzlich darum, dass Verluste, die im Prinzip im Inland nie anrechenbar waren oder aufgrund der DBAs nicht anrechenbar sind, trotzdem im Ansässigkeitsstaat verwertet werden können, weil – wie Sie gesagt haben – im Ausland keine Anrechnungsmöglichkeit besteht. Das hat es ja bei uns in dem Fall auch nicht gegeben. Also da ist aus einem anderen Grund die Anrechenbarkeit nicht da. Und das ist einfach der, dass die Verluste im Zeitraum bevor in Österreich die unbeschränkte Steuerpflicht begonnen hat entstanden sind. Aus unserer Sicht sind diese Verluste bei uns nicht verwertbar. Und falls doch, hätte man das viel früher machen müssen. Dann hätte sich auch der Verlustvortrag, wenn es gegangen wäre, erhöht und dann hätte man den inländischen Verlustvortrag weitergetragen, aber nicht erst in den Jahren, in denen man das erste Mal positive Einkünfte hat.

Dr. Vanessa Englmair: Zum Ort der Geschäftsleitung: Sie haben diese interne Vereinbarung angesprochen. Dass diese nicht nachvollziehbar wäre, dass es eine Schutzbehauptung wäre und dass es sinnwidrig ist. Also wenn Sie das behaupten, dann ist das ein starkes Stück. Wenn das nur eine Schutzbehauptung ist, dann müssen da auch wirklich nähere Anhaltspunkte da sein. Das finde ich ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen ehrlich gesagt.

Mag. Matthias Metzler: Ab 2001 hatte ja der Herr b oder die Firma bfg gar nichts mehr in Deutschland. Warum wird dann bei dieser Bestätigung, die von Herr Kn unterschrieben wurde, beim Ort der Unterschrift La angeführt? Das kann ein Versehen sein, oder auch nicht. Witzigerweise hat er aber die innerbetriebliche Bestätigung auch in La unterschrieben. Und selbst wenn man davon ausgeht, dass das ein Fax ist, war 2011 doch gar nichts mehr in La. Das sind eben Merkmale, die an der Beweiskraft zweifeln lassen.

Dr. Vanessa Englmair: Wo er die Vereinbarung unterschreibt, ist absolut nicht maßgebend.

Mag. Matthias Metzler: Wie komme ich dann hier darauf, dass ich La hinschreibe?

Dr. Vanessa Englmair: Er kann das auch in einem Restaurant oder einem Café in La unterschreiben, wenn man sich dort trifft beispielsweise. Wo ich etwas unterschreibe, hat überhaupt gar keine Auswirkung.

Mag. Matthias Metzler: Unterschrieben hat er es in K. Das ist soweit geklärt, aber warum steht da denn La? Ich komme ja nicht auf die Idee, wenn ich nun hier sitze, zu sagen, dass ich das in Vandans unterschreibe. Also ist für mich die Vermutung naheliegend, dass man da einfach im Zuge dessen, dass man davor etwas geschrieben hat, wo La 2001 bestand hatte, weil anscheinend da die Geschäftsleitung noch in seinem Wohnhaus in La war, man da einen Flüchtigkeitsfehler gemacht hat.

Dr. Vanessa Englmair: Das kann sein. Aber meines Erachtens ist es absolut nicht maßgebend, ob da K, La oder L draufsteht. Sie haben Recht, man kann es in Zweifel ziehen, ob das Beweisstück dann auch aussagekräftig ist und wie das zu würdigen ist, aber schauen Sie sich den faktischen Sachverhalt an. Der Herr b ist 100%iger Gesellschafter und er setzt jetzt einen Angestellten ein und überträgt ihm Geschäftsführertätigkeiten. Selbst wenn man die Vereinbarung komplett ausblendet, kommt man ganz schnell zu diesem Schluss - und das wird auch in den Kommentierungen zum Ort der Geschäftsleitung ausgeführt: Wenn ein 100%iger Gesellschafter in einer GmbH besteht dann ist es unzweifelhaft, wer die Geschäftsführungstätigkeit faktisch ausübt. Nämlich wenn der andere Geschäftsführer einen Fehler macht, was soll der dann machen? Hat der irgendeine Möglichkeit? Der ist abhängig von diesem 100%igen Gesellschafter. Der ist weg vom Fenster. Der hat überhaupt keine Machtposition, dieser Herr Kn in unserem Fall. Faktisch hat sich die Situation ja so abgespielt, dass alle Entscheidungen der Herr b getroffen hat. Er hat sich den Herrn Kn geholt und hat versucht, die Geschäfte aufzubauen, weil der Marinetaucher war. Er hat gedacht, er hätte gute Kontakte und kann sein Geschäftsfeld erweitern. Defacto war das ein Schuss nach hinten und er hat alle Entscheidungen selber getroffen. Herr Kn war dann nur noch ausführendes Organ. Er wurde beschnitten in seinen Rechten aufgrund dieser schriftlichen Vereinbarung, dass er hier überhaupt keine Geschäftsführerfunktion ausführen darf bzw. nur eben in diesen Notsituationen. In der Vereinbarung steht es und die faktischen Gegebenheiten waren so. Und bei einem 100%igen Gesellschaftergeschäftsführer ist es ganz eindeutig, wer da der Geschäftsführer ist auch faktisch, selbst wenn der Angestellte auch als Geschäftsführer bestellt wird und hier auch allenfalls Rechte eingeräumt werden. Wenn man Ihrer Auffassung folgt, und sagt er wäre der Geschäftsführer, was ist dann der Herr b? Der ist ja ebenfalls Geschäftsführer und 100%iger Gesellschafter.

Mag. Matthias Metzler: Geschäftsführer können durchaus beide sein.

Dr. Vanessa Englmair: Ja genau. Und der nächste Punkt ist der Ort der Geschäftsleitung. Da gibt es halt nur einen Ort der Geschäftsleitung. Und dann ist die Frage auf welchen Geschäftsführer man abstellt bzw. bei faktischen Gegebenheiten wie die Willensbildung stattgefunden hat. Das kann passieren über Internet oder über modere T. Dann ist das gar nicht mehr so einfach herauszufinden, wo die Willensbildung stattgefunden hat, sollten beide Organe willensbildende Geschäftsführer sein. In unserem Fall beim 100%igen Geschäftsführergesellschafter ist es ganz klar, dass das nicht Herr Kn ist, sondern der Herr b war. Und dass er auch jener ist, der den Ort bestimmt, wo die Geschäftsführertätigkeit dann ausgeübt wird. Meines Erachtens ist das ganz eindeutig. Und dann ist eben darauf abzuzielen, wie Sie gesagt haben, wo er der Geschäftsführungswillen/diese Meinungsbildung stattfindet. Wie Sie gesagt haben, hat er der Finanz erklärt, dass sein gewöhnlicher Aufenthalt in Griechenland war. Gewöhnlicher Aufenthalt in Griechenland ist nett, wenn man sich das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Griechenland anschaut. Da steht drinnen: Wenn eine doppelt ansässige Person in beiden Staaten eine ständige Wohnstätte hat – das hat Herr b in Griechenland und in Österreich in L – dann kommt es darauf an, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet, und nicht wo sich der gewöhnliche Aufenthalt befindet. Seine Frau lebt in Österreich. Seine Kinder leben in Österreich. In Griechenland übt er eine Geschäftstätigkeit aus – in Österreich auch. In Griechenland hat er halt die Wohnung aber die Familie hier in Österreich. Wenn man sich das grob betrachtet, wird man schnell zum Schluss kommen, dass eigentliche die Ansässigkeit allenfalls sogar hier in Österreich gegeben wäre. Das will ich jetzt nur mal hier in den Raum stellen. Also es ist nicht ausgeschlossen, dass es selbst im Griechisch-Österreichischen-Verhältnis hier zu einer Ansässigkeit in Österreich kommt würde. Faktisch wird man darauf abstellen, wo er die Geschäftsführertätigkeit ausübt. Und die Geschäftsführertätigkeit kann er natürlich, wenn er in Griechenland ist, primär sich um das griechische Unternehmen kümmert, wahrscheinlich nicht so intensiv ausüben, als wie wenn er zurück ist in Österreich und sich dann primär wieder um die a kümmert. Also nur darauf zu schließen, dass Ort der Geschäftsleitung in Griechenland ist, weil sich dort ein gewöhnlicher Aufenthalt befinden sollte, ist meines Erachtens viel zu kurz gegriffen. Weil eben nur auf die faktischen Gegebenheiten abzustellen ist.

Mag. Matthias Metzler: Wir gehen nicht auf den gewöhnlichen Aufenthalt. Wir gehen auf eine Aussage, die der Herr b getätigt hat, in der er sagt, dass er weit über 183 Tage im Jahr in Griechenland sei. Das hat er natürlich in einem anderen Zusammenhang gesagt. Wir gehen einfach davon aus, wo er faktisch ist und er ist faktisch weit überwiegend in Griechenland. Wenn ich aber nur 3 oder 4 Monate in Österreich bin, kann ich nicht nur 3-4 Monate eine Firma führen, die ganz wo anders gegeben ist. Mit dem Vertrag, bei dem ich quasi täglich Meldung bekommen muss.

Dr. Vanessa Englmair: Tägliche oder wöchentliche Meldung über den Lauf der Geschäfte. Dieser wöchentliche oder tägliche Report ist ja nur ein Report über die Umsatzzahlen bzw. über die Ausführung der Geschäftstätigkeit und nicht ein Report darüber, welche Geschäftsführertätigkeiten ausgeübt worden sind. Er muss täglich oder wöchentlich Report erstatten. Er wird da eben reinschreiben, welche Artikel gekauft und verkauft wurden, was der Lagerbestand ist und allenfalls ob neue Aufträge hereingekommen sind usw. Das heißt ja noch lange nicht, dass der Herr b im selben Atemzug jetzt sich das E-Mail anschauen muss und eine Geschäftsführerentscheidung treffen muss. Der wird es wahrscheinlich um ganz banale Informationen gehen.

Mag. Matthias Metzler: Das kommt aber aus den ganzen Einwänden, die aus Ihrer Kanzlei kommen, als man das beschrieben hat, anders rüber. Sie können sich das gerne nochmals durchlesen.

Dr. Vanessa Englmair: Der Punkt ist ja, er kann das ja lesen und allenfalls auch später lesen. Die Willensbildung kann er allenfalls schon in Griechenland gehabt haben oder in Österreich. Das werden wir nie herausfinden, weil das auch in der Badewanne gewesen sein kann. Nur wo er dann die Willensbildung manifestiert, wo er nach außen hin in Erscheinung tritt und wo er dann diese Geschäftsführungstätigkeit umsetzt, ist dann der maßgebende Ort.

Mag. Matthias Metzler: Sie meinen also, dass es in Zeiten mit Internet, er drei Monate wartet, bis er wieder in L im Büro sitzt, um irgendeine Bestellung per E-Mail abzuschicken.

Dr. Vanessa Englmair: Ich weiß nicht, in welchen regelmäßigen Abständen, der Herr b nach Österreich gekommen ist. Dazu müssten wir ihn näher befragen. Aber wenn er mal eine Woche in Griechenland war und wieder eine Woche hier, kann ich mir durchaus vorstellen, dass der Ort der Geschäftsleitung in Österreich ist. Also ausgeschlossen ist es meines Erachtens überhaupt nicht, sondern im Gegenteil. Wenn diese Anleitungen an Herrn Kn von Österreich aus durchgeführt wurden, dann ist auch die Geschäftsleitung in Österreich schon 2002.

Mag. Matthias Metzler: Warum ist dann die steuerliche Erfassung erst ab 2004? Warum hat man das nicht vorher bereits gemacht?

Dr. Vanessa Englmair: Das betrifft den Herrn b. Das betrifft nicht die a. Richtigerweise hätte das müssen erfasst werden. Man hätte sicherlich eine Meldung machen müssen. Die ist nicht ergangen. Nur das führt ja nicht dazu, dass nicht die unbeschränkte Steuerpflicht entstanden ist. Natürlich würde eine Meldepflicht bestehen, wäre das nicht erfolgt. Aber trotzdem: Aufgrund der faktischen Gegebenheiten hat sich der Ort der Geschäftsleitung in Österreich befunden. Und nur darauf stellt der Gesetzgeber ab. Auf die faktischen Gegebenheiten. Zum 2. Punkt – der Finalität von Verlusten: Da haben Sie dieses VwGH-Erkenntnis zitiert. Das habe ich in meinem Schriftsatz auch drinnen. Und bitte unterscheiden Sie finale Verluste und laufende Verluste. Und dieses Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis hat sich bezogen auf laufende Verluste. Und auch hier sagt der Europäische Gerichtshof, wie der Verwaltungsgerichtshof, es besteht keine Verpflichtung des neuen Staates, indem die unbeschränkte Steuerpflicht entstanden ist, diesen zu berücksichtigen. Da bin ich vollkommen bei Ihnen. Nur wir sprechen nicht von laufenden Verlusten sondern von finalen Verlusten. Und da gibt es europäische Rechtsprechung. Und Sie haben gesagt, es gibt keine vergleichbare, weil immer bereits eine unbeschränkte Steuerpflicht in einem Staat bestanden hat und im anderen Staat ausländische Verluste. Das stimmt nicht. In der Rechtsache OYA ging es ja um eine finnische Gesellschaft, die in Schweden eine Tochtergesellschaft hatte. Und die Tochtergesellschaft in Schweden hat Verluste erzielt und den Betrieb eingestellt. Und diese Tochtergesellschaft wurde dann verschmolzen auf die finnische Muttergesellschaft. Und jetzt ging es um die Frage, wie diese schwedischen Verluste in Finnland zu berücksichtigen sind, obwohl in Finnland eigentlich zu Zeiten der Verlustentstehung keine Anknüpfung gegeben war. Das war ein eigenständiges Rechtssubjekt. Da gab es für die Tochtergesellschaft keine Anknüpfung in Finnland. Folglich ist meines Erachtens diese Rechtssache fast 1:1 umzulegen auf unseren Sachverhalt. Wir hatten eben die a und die verlegt jetzt ihre Betriebsstätte 2002 oder 2004 – wie auch immer – den Ort der Geschäftsleitung nach Österreich und somit hat sie ja eine Anknüpfung geschaffen, natürlich für Verluste, die vor Zeiten der beschränkten Steuerpflicht entstanden sind. Meines Erachtens ist die Rechtssache OYA hier 1:1 auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Der VwGH schreibt ausdrücklich in das Erkenntnis, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die Verluste noch berücksichtigt werden können.

Mag. Matthias Metzler: Ich glaube nicht, wenn er den Satz weggelassen hätte, dass da das Erkenntnis anders gelautet hätte.

Dr. Vanessa Englmair: Sie unterstellen dem Verwaltungsgerichtshof, dass er unnötige Sätze hineinschreibt. Das glaube ich nicht, weil es nicht ausgeschlossen ist, diese Verluste noch im Ausland zu berücksichtigen. Anhand welcher faktischen Tatsachen der Verwaltungsgerichtshof kommt, weiß ich nicht und das kann ich auch nicht nachvollziehen. Ich weiß auch nicht, was die Vertreter vorgebracht haben. Nur, er schreibt es ja ausdrücklich hinein, dass keine finalen Verluste vorliegen. Das ist ein riesiger Unterschied. Jetzt haben wir die ganze europäische Rechtsprechung. Meines Erachtens haben wir in diesem Fall einen klassischen Fall der Niederlassungsfreiheit und da ist die Unionsrechtsprechung direkt anwendbar Es herrscht ein riesengroßer Literaturstreit darüber und es gibt zig Artikel in der deutschen, der österreichischen und der schweizerischen Literatur über diese Unterschiede: Laufende Verlustberücksichtigung – Finalität der Verluste – wann die wo zu berücksichtigen sind. Der Europäische Gerichtshof hat sich nichts Gutes getan, das Feld zu öffnen. Er hat es getan und jetzt ist eben die Notwendigkeit, diese Rechtsprechung irgendwo aufzufangen und einzugrenzen. Das tut er gerade und es gibt noch anhängige Verfahren. Es werden sicher noch mehrere Entscheidungen vom Europäischen Gerichtshof zur Finalität der Verluste ergehen. Und die sind ja auch in Österreich anwendbar. Meines Erachtens kann man das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes gerne stehen lassen, aber es trifft unseren Fall nicht. Bei der bfg Germany handelt es sich um finale und nicht eben laufende Verluste. Folglich sehe ich das eindeutig, dass die Verluste zu berücksichtigen sind. Sie haben auch Recht, man hätte die Verluste wahrscheinlich früher erklären müssen allenfalls, wenn man hier korrekt vorgegangen wäre. Es war allerdings eine große Rechtsunsicherheit, wie diese Verluste überhaupt zu berücksichtigen sind. Mittlerweile haben wir diese Erkenntnisse von EuGH und haben mehr Klarheit erlangt. Und meines Erachtens ist es mittlerweile unstrittig, dass eine Verlustberücksichtigung in Österreich stattzufinden hat.

Mag. Matthias Metzler: Bei der Niederlassungsfreiheit wird aber nicht eingeschränkt, dass der Ansässigkeitsstaat unterscheiden darf zwischen der beschränkten und der unbeschränkten Steuerpflicht und wie man die Verlusten dann anerkennen muss. Daher glaube ich, dass es einen Unterschied macht, ob die Verluste im Zeitraum entstanden sind, in dem unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht bestanden hat.

Mag. Armin Treichl: Der Herr b hätte den Sitz der Geschäftsleitung jederzeit wieder nach Deutschland verlegen können, dann wären die Verluste ja sofort final gewesen.

Dr. Vanessa Englmair: Danke für den Tipp. Das hat der Bundesfinanzhof auch noch in einem Urteil ganz klar herausgearbeitet. Wenn hier keine Anhaltspunkte mehr bestehen, dass hier in Deutschland eine Tätigkeit wieder aufgenommen wird, ist meines Erachtens und so hat auch der BFH das ausgeführt, die Finalität der Verluste entstanden. Wenn es hier überhaupt keine Anhaltspunkte gibt, dass hier die Geschäftstätigkeit wieder aufgenommen wurde. Es wurde ja in Li der Lagerraum angemietet. Es wurde das Büro hier in Österreich eingerichtet. Alle Tätigkeiten haben sich ja verlagert nach Österreich. Für die Ausübung dieser Tätigkeit braucht man ja auch gewisse Büroräumlichkeiten und einen Standort. Und für den Ort der Geschäftsleitung ja ebenfalls. Der Herr b kann jetzt nicht von heute auf morgen sagen, dass er den Ort der Geschäftsleitung wieder nach Deutschland verlegt. Dazu müsste er sich dort wieder ein Büro anmieten. Seine Familie ist in Österreich. Er hat hier das Büro und sein Mittelpunkt seiner Lebensinteressen ist nach Österreich übergeschwappt. Es wäre für ihn nicht ganz so einfach gewesen, faktisch den Ort der Geschäftsleitung nach Deutschland zu verlagern. Da hätte er aktiv eine Entscheidung treffen müssen, die Büroräumlichkeiten anmieten um das ganze Geschäft von dort zu koordinieren. Natürlich ist sowas nie ausgeschlossen. Aber es gab absolut keine Veranlassung von Herrn b, das zu tun. Es gab absolut faktisch und vom Sachverhalt keine Anhaltspunkte dafür, deshalb sind meines Erachtens die Verluste final. Und ergibt sich aus späteren Jahren, dass er dies doch getan hat bzw. dass er all diese Maßnahmen gesetzt hat und den Ort der Geschäftsleitung wieder nach Deutschland verlegt hat, dann wäre das allenfalls eine Maßnahme, die gemäß § 295 zu beurteilen wäre und die Finalität zu versagen wäre. Ich habe das BFH angeführt. Der Bundesfinanzhof hat das in dem Sinne auch ausgeführt und meines Erachtens auch ganz richtig. Natürlich kann ich nie bis zum letzten alles ausschließen. Ich kann immer wieder dort allenfalls etwas Neues beginnen und besteht nach dem deutschen nationalen Recht danach noch die Möglichkeit, diese Verluste zu verwerten, dann wären sie nicht final und dann muss man das auch hinterfragen. Wenn ich jetzt den Ort der Geschäftsleitung nach Österreich verlagert habe, die Betriebsstätte nach Österreich verlagert habe, was dann nach deutschem Recht passiert, das muss man genau durchleuchten. Wenn man den Ort der Geschäftsleitung jetzt wieder nach Deutschland im späteren Jahr zurückverlagert, ob diese ursprüngliche in Deutschland entstandenen Verluste in Deutschland zu verwerten sind. Da müssen wir das deutsche nationale Recht prüfen, ob da überhaupt rein rechtlich irgendeine Möglichkeit besteht, weil der Sachverhalt ja dann schon sehr verändert hat.

Mag. Armin Treichl: Da wäre noch das Problem, dass die Sitzverlagerung erst im Jahr 2011 mit der Verschmelzung erfolgt ist. Warum habe ich einen Sitz in Deutschland, wenn eh nichts dort ist?

Dr. Vanessa Englmair: Es gibt immer noch die Diskussion, was passiert, wenn ich jetzt einen Sitz verlege. Verlegung einer Gesellschaft von einem Mitgliedsstaat in einen anderen Mitgliedsstaat. Geht die Gesellschaft unter? Bekommt sie dann das Personalstatut des neuen Mitgliedsstaates? Richtet sich das nach der Gründungstheorie, oder nach der Sitztheorie? Man kommt dann in dieses Fahrwasser hinein. Jetzt stellen Sie sich vor, der Herr b hat von dem allen keine Ahnung. 2002 war die Rechtsansicht dazu noch viel rudimentärer. Mittlerweile wissen wir schon mehr. Es gibt fundamentierte europäische Gerichtsentscheidungen dazu. Aber es war nicht klar, was passiert. Ist diese Sitzverlagerung überhaupt möglich? Trägt das Firmenbuchgericht in Österreich diese Gesellschaft dann ein, oder geht sie unter? Muss er sie neu gründen? Habe ich Liquidation allenfalls in Deutschland? Das war ja rein rechtlich nicht klar in 2002 und 2003. Natürlich ist es der bequemere Weg, zu sagen, dass ich nur den Sitz da lasse. Ich schaue mir die Entwicklung in Österreich an. Läuft das Geschäft? Werden hier Gewinne erzielt oder ist es auch ein Flop und dann liquidiere ich eben die ganze Gesellschaft? Und diese Entscheidung ist dann halt erst 2011 gefallen. Die Gesellschaft will weitergeführt werden und dann mache ich diese Verschmelzung indem ich die ganzen Geschäfte in einer Gesellschaft zusammenführe und dann die bf in Österreich weiterführe. Das war der Hintergrund, warum man den Sitz in Deutschland belassen hat. Zurück zur Finalität: Aus welcher Betrachtung hat die Finalitätsüberlegung zu ergehen? 2014 wissen wir, dass sie final geworden sind weil 2011 die Verschmelzung stattgefunden hat. Reicht das aus?

Mag. Armin Treichl: Wenn es 2011 final wird, kann ich nicht sagen, dass es 2008 schon final gewesen ist.

Dr. Vanessa Englmair: Ich meine nur, es wäre ein weiteres Indiz. Sie sind dann tatsächlich später final geworden. Natürlich ist das nur eine Indizwirkung für 2008. Das ist mir schon klar.

Mag. Armin Treichl: Wenn man jetzt sagt, sie sind 2011 final geworden, bringt das für unseren Fall nichts.

Dr. Vanessa Englmair: Ich habe diesen Punkt nur angesprochen, weil Sie gesagt haben, dass für Sie noch nicht so ganz klar war, ob eine Möglichkeit bestanden hätte, in Deutschland wieder den Ort der Geschäftsleitung zu verlagern und die Tätigkeit wieder in Deutschland auszuüben. Das war nicht so ganz klar und da haben Sie Probleme, haben Sie gesagt. Und deshalb sage ich: Aus meiner Sicht war die Finalität bereits 2002 gegeben, weil hier alles verlagert wurde. Es gab keine Anhaltspunkte, dass die Geschäftstätigkeit wieder aufgenommen wurde. Der Sachverhalt war nicht so ausgestattet. Die subjektive Einstellung von Herrn b war nicht dahin ausgerichtet. Das heißt, selbst wenn man hier noch Unsicherheiten hat in diesem Punkt, dann müsste man sagen, sie sind final ergangen und entgegen diesen Sachverhaltsdarlegungen und der subjektiven Einstellung hat sich dann doch ein anderer Sachverhalt ergeben und es wird wieder eine Tätigkeit in Deutschland aufgenommen, dann wäre das ein rückwirkendes Ereignis meines Erachtens. Da tut man sich natürlich jetzt leichter, weil man weiß, es tritt nicht ein dieses rückwirkende Ereignis. Allein von diesem Aspekt her, wollte ich nur darauf hindeuten, dass man bereits 2002 sagen kann, dass die Finalität eingetreten ist, weil man jetzt im Nachhinein sieht, dass es diese allenfalls bestehende Möglichkeit hier in Deutschland noch Geschäftstätigkeiten auszuüben nicht mehr gab.

Mag. Armin Treichl: Ihre Anträge, Herr Mag. Metzler?

Mag. Matthias Metzler : Wir beantragen, die Berufung abzuweisen. Eben aus dem Grund, weil es um die Finalität geht, die 2011 entstanden ist, wie Sie in Ihrem Schriftsatz ausführen. Wenn Sie in Ihrem Schriftsatz ausführen, dass der Sitz absichtlich in Deutschland gehalten wurde um zu schauen, wie sich das ganze in Österreich entwickelt, wäre zumindest die Absicht da gewesen, dass wenn es sich in Österreich nicht so entwickelt hättet, dass man wieder nach Deutschland zurückkehrt. Man hat ja noch den Sitz von Li nach Er verlegt. Wenn das alles „tot“ wäre, warum verlege ich dann den Sitz überhaupt noch?

Dr. Vanessa Englmair: Das kann ich jetzt nicht mehr nachvollziehen, warum er den Steuerberater gewechselt hat. Aber ein Punkt, auf den ich ganz deutlich darauf hinweisen möchte: Der Sitz wurde nicht beibehalten, um zu schauen, ob es in Österreich läuft oder nicht und wenn es in Österreich nicht läuft, geht man zurück nach Deutschland. Sondern laufen die Geschäfte in Österreich? Und wenn sie dort auch nicht laufen dann muss ich die gesamte Gesellschaft schließen. Dann fahre ich nicht den Karren wieder zurück nach Deutschland, wo es auch nicht läuft.

Mag. Armin Treichl: Ihr Antrag, Frau Dr. Englmair?

Dr. Vanessa Englmair: Ich beantrage, die Verluste in den Jahren 2008 und 2009 zu berücksichtigen. Sollte das Gericht dem Antrag nicht folgen, möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass Revisionsgründe vorliegen, weil das einen Bereich betrifft, der nicht nur im EStG und KStG große Bedeutung hat sondern auch im Umgründungssteuerrecht, wie wir in dem Fall vor dem Europäischen Gerichtshof gesehen haben. Jede Verschmelzung, bei der es um Verlustimport geht betrifft auch diese Fragen. Also das sind Rechtsfragen, weder vom EuGH noch gibt es dazu eine Entscheidung vom VwGH in Österreich. Es gibt BFH Rechtsprechung aber nicht in Österreich. Das heißt, es ist eine Rechtsfrage, die große Beachtung und Bedeutung hat, von allgemeinem Interesse ist und absolut noch nicht geklärt ist. Und deshalb beantrage ich, eine Revision zuzulassen.“


 

 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am 31.12.2013 bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde II. Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Die gegenständliche Berufung ist daher als eine Beschwerde zu behandeln.

Das Bundesfinanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Sitz der a war in den Jahren 2002 und 2003 in Deutschland. Es handelte sich um eine GmbH nach deutschem Recht. Geschäftsführer waren ein Herr Kn in Deutschland und der Alleingesellschafter. Der Geschäftsführer Herr Kn hatte die Pflicht täglich oder spätestens wöchentlich dem geschäftsführenden Gesellschafter zu berichten. Die Ehegattin des Alleingesellschafters hat im Jahr 2001 ein Haus in L erworben. Der Gesellschaftergeschäftsführer ist seit 12.11.2002 in Österreich gemeldet. Die a hat ihre Körperschaftsteuererklärungen bis einschließlich 2003 nur in Deutschland eingereicht. Mit Eingabe vom 22. Juli 2004 hat die a dem Finanzamt Bregenz mitgeteilt, dass sie zum 1. April 2004 mit ihrer Betriebsstätte nach Österreich gezogen sei. In Österreich erfolgten seit 1. April 2004 Auftragsannahme, -abwicklung, Produktion und Versand. Der Alleingesellschafter hat sich in den Jahren 2002 und 2003 nach eigenen Angaben zu jeweils mehr als 183 Tagen pro Jahr in Griechenland aufgehalten. Der Sitz wurde in Deutschland beibehalten. Im Lauf des Jahres 2010 wurde der Sitz innerhalb Deutschlands verlegt. 2011 wurde die a grenzüberschreitend auf die Beschwerdeführerin verschmolzen.

Dieser Sachverhalt ist unstrittig.

Dieser Sachverhalt wird vom Bundesfinanzgericht rechtlich folgendermaßen beurteilt:

Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass die Oberleitung der a erst am 1. April 2004 nach Österreich gewechselt ist. Dies geht aus der Eingabe vom 22. Juli 2004 hervor, wonach seit 1. April 2004 eine Betriebsstätte in Österreich besteht und seit diesem Zeitpunkt in Österreich Auftragsannahme, -abwicklung, Produktion und Versand erfolgten. Die Annahme, dass die Oberleitung der a erst im Laufe des Jahres 2004 nach Österreich gewechselt ist, wird auch dadurch erhärtet, dass die a bis einschließlich 2003 Körperschaftsteuererklärungen ausschließlich in Deutschland eingereicht hat. Auch die Tatsache, dass sich der Gesellschaftergeschäftsführer der a in den Jahren 2002 und 2003 jeweils mehr als 183 Tage pro Jahr in Griechenland aufgehalten hat, spricht dafür, dass die Oberleitung der a sich in den Jahren 2002 und 2003 nicht in Österreich befunden hat, zumal der Geschäftsführer Herr Kn dem Gesellschaftergeschäftsführer täglich, spätestens wöchentlich berichten musste. Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass vom Gesellschaftergeschäftsführer zu treffende Entscheidungen zeitnah zu den Berichten von Herrn Kn erfolgten, und sohin der Großteil der die a betreffenden Entscheidungen des Gesellschaftergeschäftsführers für die Jahre vor 2004 in Griechenland getroffen wurden.

Gemäß § 7 Abs 2 KStG idF vor AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13 ist bei der Einkommensermittlung einer Körperschaft ua §  2 Abs 2b und § 2 Abs 8 EStG 1988 anzuwenden.

§ 2 Abs 8 Z 3 bestimmt, dass im Ausland nicht berücksichtigte (wohl auch nicht durch einen ausländischen Verlustrücktrag verwertbare) Verluste bei der Ermittlung des Einkommens anzusetzen sind. Die Verlustberücksichtigung im Inland erfolgt somit subsidiär dann, wenn im entsprechenden Veranlagungsjahr Verluste im Ausland steuerlich nicht verwertet werden können. (Fuchs in Hofstätter/Reichel, § 2, Tz 157).

Ausländische Verluste sind alle, die bei einer (betrieblichen oder außerbetrieblichen) Einkunftserzielung anfallen, deren Quelle im Ausland gelegen ist. Sollte der ausländische Verlust in einem Besteuerungszeitraum anfallen, in dem er nicht oder nicht vollständig mit positiven inländischen Einkünften ausgeglichen werden kann, steht für den ausländischen Verlust insoweit ein inländischer Verlustvortrag zu. Der ausländische Verlust ist für Zwecke der Einkommensbesteuerung in Österreich nach innerstaatlichem Recht zu ermitteln (Fuchs in Hofstätter/Reichel, § 2 EStG, Tz 158).

§ 7 Abs 2 KStG setzt aber voraus, dass die Körperschaft zum Entstehungszeitpunkt der ausländischen Verluste in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist. (Achatz/Kirchmayr, § 7 KStG, Tz 100).

Die a hat die Geschäftsleitung erst im Jahr 2004 nach Österreich verlegt. Die a ist daher erst seit 2004 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig. Einkünfte die die a vor dem Jahr 2004 in Deutschland erzielt hat, waren für die Bemessung der Körperschaftsteuer in Österreich nicht zu berücksichtigten. Daher können auch die in den Jahren 2003 und davor in Deutschland erzielten Verluste weder für einen Verlustausgleich noch für eine Verlustverrechnung in Betracht kommen.

Anders als bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die ihre im Ausland erlittenen Verluste bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen haben, solange keine Verlustverwertung im Ausland Platz greift, können Steuertatbestände, die vor dem Eintritt in die Besteuerungshoheit verwirklicht werden, dem Grunde nach keine Berücksichtigung finden. Die von der a zitierte EuGH-Judikatur betrifft keine Fälle, in denen vor der Betriebsverlagerung keine inländischen Einkünfte vorlagen.

Die Frage, ob ausländische Verluste, die vor Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich entstanden sind, nach dem Wechsel in die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich verwertet werden können, wird zu Recht allgemein verneint (Achatz/Kirchmair, § 21 KStG Rz 144).

Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.

Selbst wenn man davon ausginge, dass ausländische Verluste, die vor Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich entstanden sind, nach dem Wechsel in die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich verwertet werden könnten, würde dies nur für finale Verluste gelten. Aus den Ausführungen der steuerlichen Vertreterin in der mündlichen Verhandlung:

„ Es gibt fundamentierte europäische Gerichtsentscheidungen dazu. Aber es war nicht klar, was passiert. Ist diese Sitzverlagerung überhaupt möglich? Trägt das Firmenbuchgericht in Österreich diese Gesellschaft dann ein, oder geht sie unter? Muss er sie neu gründen? Habe ich Liquidation allenfalls in Deutschland? Das war ja rein rechtlich nicht klar in 2002 und 2003. Natürlich ist es der bequemere Weg, zu sagen, dass ich nur den Sitz da lasse. Ich schaue mir die Entwicklung in Österreich an. Läuft das Geschäft? Werden hier Gewinne erzielt oder ist es auch ein Flop und dann liquidiere ich eben die ganze Gesellschaft? Und diese Entscheidung ist dann halt erst 2011 gefallen.“

geht klar hervor, dass bis zur Verschmelzung im Jahr 2011 eben nicht definitiv feststand, was mit der a passiert. Der Alleingesellschafter wollte sich alle Optionen – einschließlich Reaktivierung der Tätigkeit in Deutschland – offenhalten. Die in Deutschland aufgelaufenen Verluste sind daher erst im Jahr 2011 final geworden. Eine Verlustberücksichtigung in den Jahren 2008 und 2009 scheidet daher aus, da die Verluste in den Jahren 2008 und 2009 noch nicht final geworden sind.

Zulässigkeit einer Revision

Da zur Frage ob ausländische Verluste einer Körperschaft, die vor Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich entstanden sind, nach dem Wechsel in die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich verwertet werden können, keine Rechtsprechung des VwGH exisitiert, wird die Revision zugelassen.

 

 

Feldkirch, am 24. Oktober 2014

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 7 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988

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