OGH 1Ob215/12t; 10Ob62/22y (RS0128586)

OGH1Ob215/12t; 10Ob62/22y22.8.2023

Rechtssatz

Eine Erklärung oder ein sonstiges Verhalten des Empfängers, das eine Zustimmung zum Angebot ausdrückt, stellt eine Annahme gemäß Art 18 Abs 1 erster Satz UN-Kaufrechtsübk dar. Ein sonstiges Verhalten in diesem Sinn besteht in einer stillschweigenden Zustimmungsäußerung des Annehmenden zum Angebot. Die Zustimmungsäußerung erfolgt hier durch die Vornahme oder Nichtvornahme einer bestimmten Handlung, welche das Einverständnis und den Bindungswillen des Annehmenden ernsthaft und zweifelsfrei zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um eine Bestätigung des Vertragswillens durch den Annehmenden. Maßgebend für die Feststellung, ob eine Handlung des Annehmenden ein annahmegleiches Verhalten darstellt oder nicht, ist gemäß Art 8 UN‑Kaufrechtsübk der Erkenntnishorizont eines objektiven Dritten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Beispiele für ein solches Verhalten sind der Weiterverkauf unbestellter Ware und die Verarbeitung gelieferter Ware durch den Käufer.

Normen

UN-Kaufrechtsübk - CISG Art8
UN-Kaufrechtsübk - CISG Art18 Abs1

1 Ob 215/12tOGH13.12.2012
10 Ob 62/22yOGH22.08.2023

nur: Der Oberste Gerichtshof hat schon ausgesprochen, dass ein derartiges, die Zustimmung zu einem Angebot ausdrückendes Verhalten des Empfängers in der Vor- oder Nichtvornahme einer bestimmten Handlung besteht, die das Einverständnis und den Bindungswillen des Annehmenden ernsthaft und zweifelsfrei zum Ausdruck bringt. Für die Beurteilung, ob eine Handlung ein solches Verhalten darstellt, ist nach Art 8 UN-Kaufrecht der Erkenntnishorizont eines objektiven Dritten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls maßgeblich. (T1)<br/>Beisatz: Ein annahmegleiches Verhalten liegt insbesondere in der Versendung und Annahme der Ware, im Übersenden einer Rechnung und deren Abzeichnung durch den Käufer oder im Leisten einer Teil- oder Anzahlung auf den Kaufpreis. (T2)<br/>Beisatz: Verhaltensweisen, die eine Zustimmung zum Ausdruck bringen und unmittelbar als Annahme wirken, sind vor allem Handlungen, bei denen ein Zugang regelmäßig nicht für erforderlich gehalten wird, wie das etwa bei den in Art 18 Abs 3 UN-Kaufrecht ausdrücklich genannten Fällen des Absendens der Ware oder der Bezahlung des Kaufpreises der Fall ist. (T3)

Dokumentnummer

JJR_20121213_OGH0002_0010OB00215_12T0000_002